das ist die Vorstellung des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV).
Wenn das hier nicht mein Blog sondern Twitter wäre, dann würde ich den Hashtag #findedenFehler setzen. Da ich den Artikel nicht vollständig lesen kann, setze ich erst mal voraus, dass der in der LVZ gebrauchte Ausdruck auch so gemeint ist.
Wo ist der Fehler?
In einem älteren Artikel habe ich schon mal die Frage gestellt:
„Was kostet die LVB, oder den MDV, der Vertrieb und die Kontrolle der Tickets?“
Diese Kosten mögen unwichtig erscheinen, aber es fallen meines Erachtens nach große Summen an. Beginnend mit den Fahrscheinautomaten inkl. Wartung und Energie, den Verkaufsstellen, den KontrolleurInnen, bis hin zu den Beschäftigten, teils Volljuristen, die die Bußgelder eintreiben.
Meine Frage, in welchem Verhältnis diese Kosten zu den Einnahmen stehen, konnte mir niemand beantworten.
Ein „Zwangsticket“ für alle Leipziger bedeutet ja, dass die „Nicht-Leipziger“ etwas zahlen müssen. Oder wie ist das gemeint?
Ein „Zwangsticket“ bedeutet auch, dass die o.g. Kosten weiter, zumindest teilweise, anfallen.
Ich sehe die Zukunft nicht in einem, wie auch immer gestalteten, „Zwangsticket“.
Reden wir über fahrscheinlosen, in der Bedeutung „umlagefinanzierten“, öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Alle Leipziger finanzieren diesen über eine Umlage, der soziale Aspekt für Behinderte, kinderreiche Familien, Hartz-IV-Empfänger und weitere wird durch die Berechnung der Umlage automatisch beachtet, das muss natürlich sicher gestellt werden.
Dann erst hat das ganze Sinn.
Für die Nicht-ÖPNV-Nutzer, die jetzt vielleicht schreien „Ich will doch eure Straßenbahn nicht bezahlen!“, nur so viel: Ihr bezahlt sie jetzt schon mit – nur ihr merkt es nicht.
Ihr tragt aber auch die unnötigen, oben aufgeführten, Kosten.
Vielleicht sollte das mal jemand ausrechnen, könnte ja interessant werden.
An sich finde ich die Idee gar nicht so schlecht. Die Einsparungen liegen auch auf Seiten der Stadt: die Straßen werden entlastet und sind nicht so schnell sanierungsbedürftig.
Die Überschrift „Zwangsticket“ ist da ziemlich negativ-suggestiv.
Ich glaube aber nicht, dass das in den nächsten Jahren kommen wird. Da gibt es auch viele Argumente dagegen. Dennoch: ich finde das sinnvoller als die GEZ oder wie man sich auch immer nennen mag.
Wie schon geschrieben, man muss es erst einmal richtig nachrechnen. Es gibt aber Beispiele, dass mit 20,00 € pro Einwohner der fahrscheinlose ÖPNV finanzierbar ist. Nachzulesen unter dem verlinkten älteren Artikel.
Hier hast du die komplette Schlagzeile. Der MDV spricht nicht von einer Zwangsabgabe, sondern die Gegensprecher 😉
„Leipzig. Die Geldnot im öffentlichen Nahverkehr wird immer prekärer. Weil die Verkehrsunternehmen seit Jahren von ihrer Substanz zehren und bis zum Jahr 2025 zusätzlich 130 Millionen Euro für den laufenden Betrieb sowie 50 Millionen Euro Investitionsmittel benötigen, hat der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) auf Wunsch der Politik alternative Finanzierungsvorschläge unterbreitet.
Damit die Fahrgäste nicht Jahr für Jahr deutlich mehr für ihre Tickets zahlen müssen, wird die Einführung eines monatlich 20 Euro teuren Bürger-Tickets vorgeschlagen, für das jeder Leipziger vom Baby bis zum Greis bezahlen soll. Im Gegenzug kann der öffentliche Nahverkehr genutzt werden. „Ein Single würde dadurch mit 240 Euro und ein Drei-Personen-Haushalt mit 720 Euro im Jahr belastet“, skizziert MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann den Vorschlag.
Mit den Studententickets in Leipzig gibt es bereits eine Solidargemeinschaft, in die auch Studenten einzahlen, die das Ticket nicht nutzen. Kritiker nennen das Verfahren allerdings eine Zwangsabgabe. „Mit diesem Bürger-Ticket müssten wir die Verkehrsleistung um rund 25 Prozent erhöhen, um die steigende Nachfrage abzudecken“, betont Lehmann. Wenn Leipzig auf 600 000 Einwohner anwüchse, gebe es für die Stadt keine Alternative zum attraktiven Nahverkehr. „Leipzig ist so lebenswert, weil die Stadt viel Grün hat, nicht wegen lärmender Straßen“, sagt der Geschäftsführer. „Mit einem guten Nahverkehr erhält sich die Stadt die Möglichkeit, noch einmal einen deutlichen Boom zu erleben.“
Vorgeschlagen wird auch eine Grundsteuererhöhung um 1,1 Prozent, mit der sich in Leipzig eine Million Euro jährlich für den Nahverkehr einnehmen ließe. Auch ein Parkaufschlag von 10 Cent auf jedes Parkticket wird in die Diskussion gebracht. „In Leipzig gibt es 203 000 zugelassene Autos, wenn nur ein Viertel täglich auf einem bewirtschafteten Parkplatz steht, lassen sich 1,5 Millionen Euro im Jahr einnehmen“, so Lehmann. „Bei 20 Cent wären es drei Millionen Euro.“
Auch ein zusätzlicher Erschließungsbeitrag wird den kommunalen Entscheidungsträgern nahegelegt. Bei Leipzigs Quadratmeterpreisen von 100 bis 150 Euro sei ein Aufschlag von 1,50 Euro je Quadratmeter für die Erschließung eines Wohngebietes nicht zu viel. Schließlich koste das Anlegen einer Doppelhaltestelle rund 15 000 Euro und ein zusätzlicher Bus 230 000 Euro. Lehmann hofft, dass die MDV-Vorschläge keine aufgeregte und unsachliche Diskussion auslösen. „Das Finanzierungsthema ist komplex“, sagte er. „Es muss sachlich mit der Politik diskutiert werden.“
In Frankreich gibt es bereits Nahverkehrsabgaben. Dort müssen Arbeitgeber in Städten von über 20 000 Einwohnern zwischen 0,55 bis 2,6 Prozent der Lohnsumme an die Stadt überweisen, weil sie von Nahverkehrsangeboten profitieren. In Bordeaux und Strasbourg ist die Erweiterung der Straßenbahnnetze ebenfalls durch Abgaben von Unternehmen finanziert worden. In Wien gibt es seit 1970 eine Dienstgeberabgabe, für die Arbeitgeber zwei Euro in der Woche für jeden Arbeitnehmer zahlen, damit das Wiener U-Bahn-System finanziert werden kann.
Aus der Leipziger Volkszeitung vom 17.10.2014″
Einen fahrscheinlosen ÖPNV bedeutet es trotzdem nicht. Alleine die zusätzlichen Kosten bis 2025 würden 180 Mio bedeuten. 20€ pro Person bei bis dahin 600000 Einwohnern jedoch nur 120 Mio.
Kann natürlich sein, dass momentan 20€ reichen würden und nach und nach dieser Betrag angepasst wird, wie die normalen Fahrkarten momentan auch. Da bräuchte man wirklich einmal die komplette Vorschlagsliste.
So gut ich diese Sache auch finde, kommen mir Bedenken. Wohin mit den ganzen zusätzlichen Fahrgästen? Die Bahnen sind jetzt schon mehr als gut besucht. Die Depots tagsüber leer. Man kann natürlich mehr Bahnen anschaffen, aber wo stellt man diese ab?
Also Abstellanlagen bauen, neue Bahnen kaufen, Takt verdichten. Das alles dauert Jahre!!!
Und dann kommen die nächsten Probleme. Der Hauptbahnhof beispielsweise ist für eine Taktverdichtung gar nicht aufnahmefähig genug. Schon zu Messen, wo der Takt auf der 16 verdichtet wird, bricht gelegentlich das Chaos aus. Man müsste also vorher auch noch die ganzen Knotenpunkte umbauen, um sie durchlassfähiger zu machen. Auch das braucht erstmal Geld, Zeit und die Mithilfe der Stadt und am Geld und der Mithilfe der Stadt wird es scheitern.
Danke für den Text, inzwischen hatte ich den auch schon. Ich habe ja auch darauf hingewiesen, dass ich nicht weiß woher der „Kampfbegriff“ kommt.
Zu Deinen Bedenken, natürlich sind viele Maßnahmen nötig um steigende Passagierzahlen abzufangen. Unter „Verkehrspolitik“ habe ich mir dazu meine Gedanken gemacht. Ein Umstieg auf den ÖPNV bringt ja auch große Veränderungen im Pasagier-Gepäck-Verhältnis mit sich, man bedenke allein das Aufkommen an Gepäck wenn mehr Menschen die Einkäufe mit der Bahn erledigen. Da gibt es nicht nur Bedarf an mehr Straßenbahnen und Bussen, es entsteht ein anderer Ausstattungsbedarf.
Aber soll alles so bleiben wie es ist?
Der mIV steigt, der ÖPNV-Anteil sinkt – d.h. er steigt auch aber nur durch Umsteiger vom Rad- und Fußverkehr und die Preise erhöhen sich ständig.
Ich meine, es muss endlich mal ein umfassendes innerstädtisches Verkehrs- und Finanzierungprojekt erarbeitet werden. Das muss über den jetzigen Plan hinausgehen.