Am 29.09.2011 machte ich mir bei einer Zigarette und viel Kaffee meine Gedanken über einen Artikel. Am gleichen Tag auf Google+ veröffentlicht.
Donnerstag Morgen – Zeit für DIE ZEIT
Und was ist da zu lesen? Aufmacher auf Seite 1:
5 Wahrheiten über Europa und
Fragt das Volk! (über Europa)
Gut und schön, aber was ist nun mit den Inhalten?
Eine der Wahrheiten über Europa ist dem Aufmacher nach: Europa wird nie bürgernah sein(Seite 3)
Warum eigentlich nicht?
Da haben wir ja schon das Problem, welches mit diesem Fragt das Volk! zusammenhängt.
Demokratiedefizite, oder auch das Fehlen von Demokratie.
Aber mal zu den Grundlagen. Nehmen wir also das große Europa und Hans Franz und Lieschen Müller aus Klein-Kleckersdorf, geschüttelt mit folgendem Zitat von Alexis de Tocqueville (1805-1859) in Über die Demokratie in Amerika :
In Europa kommt es oft vor, dass die Regierenden selber den Mangel an Gemeindegeist bedauern; denn alle stimmen darin überein, dass der Gemeindegeist ein wichtiges Element der Ordnung und der öffentlichen Ruhe bildet; aber sie wissen nicht, wie man ihn hervorbringt. Sie fürchten die Aufteilung der gesellschaftlichen Macht und für den Staat die Gefahren der Anarchie, wenn sie die Gemeinde stark und unabhängig werden lassen. Wo aber der Gemeinde die Stärke und die Unabhängigkeit entzogen wird, kann es immer nur Verwaltete, nie aber Bürger geben.
Setzen wir nun mal probehalber für Gemeinde die Worte Gemeinde, Bundesland und Bundesrepublik einsetzen und für den Staat nehmen wir Europa. Dann ergibt sich folgendes Bild.
Hans Franz und Lieschen Müller aus Klein-Kleckersdorf sind, was ihre Interessenlagen betrifft, natürlich in erster Linie an ihrem eigenen Wohlbefinden interessiert, das ist menschlich normal. Nun kommt aber der Blickwinkel auf die Gesellschaft, dort sehen sie in der Reihenfolge zuerst ihre Gemeinde, dann ihr Bundesland, dann die Bundesrepublik und erst dann Europa. Das ist menschlich und auch richtig.
Das ist die Grundlage für die Demokratie!
Die jetzige Europapolitik ist nicht demokratisch, da Europa (also die EU) ein von der Administration geschaffenes Kunstgebilde ist. Hans Franz und Lieschen Müller können sich also nicht mit Europa identifizieren, weil zwar die Bundesrepublik per Regierungsbeschluss zu Europa gehört, die Beiden und somit Klein-Kleckersdorf sich aber nicht zugehörig fühlen.
Nun aber nochmal der Abschlußsatz des Zitates:
Wo aber der Gemeinde die Stärke und die Unabhängigkeit entzogen wird, kann es immer nur Verwaltete, nie aber Bürger geben.
Hans Franz und Lieschen Müller aus Klein-Kleckersdorf fühlen sich also nicht als Bürger Europas, sondern als Verwaltete.
Somit kann also Europa nie bürgernah sein, weil es den europäischen Bürger nicht gibt.
Das soll nun aber nicht bedeuten, dass ich gegen die europäische Einigung bin.
Es soll eigentlich nur ausdrücken, dass es, meines Erachtens nach, noch keine Grundlagen für diese gibt. Europa kann nicht per Beschluss angewiesen werden, wie bisher. Europa muss wachsen – mit dem Bürger.
Dazu muss der einzelne Bürger einbezogen werden (also Demokratie) und natürlich informiert werden, was bedeutet Europa für ihn/sie, für die Gemeinde, für das Bundesland und für die Bundesrepublik.
Die derzeitigen Schreckensszenarien „Wir müssen Europa stärken – sonst bricht alles zusammen“ sind eher destruktiv, weil sie eine Abwehrhaltung erzeugen. Außerdem bringen sie die Rückbesinnung auf die gute alte Zeit, als alles besser war und zerstören den Gedanken an eine Europäische Union bereits im Ansatz.
Ein Gedanke noch zu dem verwendeten Zitat. Es ist natürlich schon sehr alt und vielleicht auch nicht politisch korrekt. Aber es ist schon etwas dran. Allerdings der Ausdruck Die Regierenden ist eigentlich heute anders belegt. Im Europa der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren es Monarchen (vergleichbar mit: Ludwig XIV, „L’État, c’est moi! – Der Staat bin ich!“ ). Heute sollten die Regierenden eigentlich (modernisiert nach Friedrich II „Ich bin der erste Diener des Staates“ ) die Ersten Dienstleister des Volkes sein.
Eine Lösung habe ich natürlich nicht anzubieten, ich habe eben nur mal darüber nachgedacht.
„…die Ersten Dienstleister des Volkes sein.“ Das wäre schon mal der Anfang einer Lösung, denke ich.
Man könnte zumindest mal damit anfangen, die tatsächlich stattfindenden Umfragen europäischer Institutionen so zu promoten, dass man auch von ihnen erfährt – und sie so zu gestalten, dass sie auch gut verständlich und nutzbar sind.
Wie ich sehe, macht sich hier jemand Gedanken darüber, wie es wohl weitergehen kann – und dass er ein Gegner von Europa ist. So weit würde ich nicht gehen, denn ich sehe durchaus die Notwendigkeit die Nationalstaaten zu „überwinden“. Europa wäre in meinen Augen nur wieder einer, ein grösserer halt.
Aber wie es der Zufall so will, habe ich gerade einen Artikel in den Blog gestellt, der sich diesem Thema intensiv nähert. http://roseny.wordpress.com/2013/05/29/summa-summarum/
Schön, dass hier jemand antwortet. Unschön, dass dieser meint ich wäre ein Feind Europas. Nichts liegt mir ferner. Wer den Artikel richtig liest, der wird erkennen, dass es mein Anliegen ist Europa wachsen zu lassen. Besonders das Zugehörigkeitsgefühl muss wachsen, es kann nicht verordnet werden.
Die EU ist eben nicht das Europa welches ich meine. Ich sehe nicht das Erfordernis die alten Nationalstaaten zu „überwinden“, sie müssen zu Teilen von Europa werden. Aber die territorialen Strukturen und Gemeinschaften bis hin zu den Familien sind die Quellen einer Gesellschaft und einer Gemeinschaft.