Der Schwarze Peter und die Wahlbeteiligung

Peter Tauber, lt. seinem Blog der „Schwarze Peter“ und im richtigen Leben Generalsekretär der CDU, ist schon einer der Guten unter den Politikern – was die Nutzung des Internets betrifft. Er bloggt und ist in den verschiedenen Netzwerken wie Facebook und Twitter unterwegs. Wichtiger noch – er reagiert sogar auf Fragen und Kommentare, wie ich hoffe auch wirklich persönlich.

In seinem Blog hat er mit einem Kollegen Vorschläge zur Erhöhung der Wahlbeteiligung erarbeitet:

  • 1. Einführung eines Verfassungstages an den Schulen
  • 2. Erleichterung der Wahl für Auslandsdeutsche und
  • 3. Öffnungszeiten für Wahllokale sollen verlängert und die Briefwahl erleichtert werden.

Diese Vorschläge sind mir nun einfach nicht ausreichend, vielleicht auch nicht genügend durchdacht.

Tauber VerfassungstagDer 23. Mai soll Verfassungstag werden und an diesem soll in Schulen und anderen Institutionen ein Aktionstag durchgeführt werden. Dazu Peter Tauber im Blog:

„Jungen Menschen wird im Dialog aufgezeigt, wie man als Bürger aktiv an den politischen Prozessen mitwirken kann. Dazu sollen Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordnete, aber auch Bürgermeister, Landräte, kommunale Mandatsträger, Zeitzeugen, Journalisten usw. in den Schulen und anderen Institutionen das Gespräch suchen.“

Hierauf bezieht sich meine auf Twitter gestellte Frage, ob das nicht eine Bankrotterklärung der politischen Bildung an den Schulen wäre und die von Peter Tauber gegebene Antwort.

Was wird eigentlich an den Schulen als politische Bildung bezeichnet, wenn Demokratie und die Teilnahme an dieser nicht die Hauptinhalte sind? Wenn die Aussage von Peter Tauber „Gender und Fairtrade“ stimmt, dann haben wir ein Problem. Ich habe selbst einen Gymnasiasten in der Familie und kann mit Fug und Recht sagen: Das stimmt nicht – es ist sogar noch schlimmer. Politik in der praktischen Anwendung – die aktive Beteiligung an politischen Prozessen – spielt gar keine Rolle.

Wer kann das ändern? Hier stellt uns das föderale Bildungssystem mit der unsäglichen Kultusminister-Konferenz (KMK) immer wieder nicht nur ein Bein. Kurz gesagt, es fehlt der politische Wille der gewählten Volksvertreter. Da ändert auch ein Verfassungstag nichts.

Die Auslandsdeutschen, über die Definition und die Wahlberechtigung lässt sich trefflich streiten, spielen für die CDU/CSU wahrscheinlich eine größere Rolle als für die anderen, besonders die linken, Parteien. Aber ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass die Hürden an Wahlen in Deutschland teilzunehmen für diese nicht unüberwindbar sind. Denkt man an die letzten Wahlen in Griechenland, als für die im Ausland lebenden Griechen keine Beteiligung möglich war und eine erhebliche Anzahl nach Griechenland reiste um teilzunehmen, dann sind die Auslandsdeutschen geradezu privilegiert.

Mein Vorschlag wäre hier: Erleichtern, besser gewähren, wir doch lieber den Menschen die hier leben, hier ihren Lebensmittelpunkt haben und direkt von den Entscheidungen der Gewählten betroffen sind die Teilnahme an den Wahlen – auch wenn sie keinen Deutschen Pass haben. Das wird aber wohl nicht die Zustimmung der CDU finden.

Längere Öffnungszeiten der Wahllokale und Erleichterung der Briefwahl werden wenn überhaupt nur Veränderungen im Promillebereich bringen. Ich möchte die Leser nicht langweilen, aber aus der Erfahrung an meiner Arbeitsstelle kann ich sagen, dass wenn ich für den Wahltag die Schicht tauschen will ich immer einen Tauschpartner finde weil dieser nicht die Absicht hat zur Wahl zu gehen.

Mein Fazit:

Die politische Bildung, nicht nur an Schulen, muss sich mehr mit der Beteiligung an demokratischen Prozessen befassen.

Eine Reform des Wahlrechts ist dringend erforderlich, Grundlage sollte der Lebensmittelpunkt – nicht die Abstammung sein.

Kurz gesagt:

Es muss alles dafür getan werden, dass es für Wahlberechtigte ein Bedürfnis wird an den Wahlen teilzunehmen. Vorallem dafür, dass sie einen Sinn in der Teilnahme erkennen.

P.S. Wahlprogramme die für Wähler verständliche Aussagen enthalten und in reale Politik umgesetzt werden, sowie Kandidaten die auch nach gewonnenen Wahlen für ihre Wähler da sind, wären natürlich auch hilfreich. Aber man kann ja nicht zuviel erwarten.

Auch PEGIDA & Co kann man irgendwie gebrauchen,

sei es auch nur zum Kampf gegen die Kommunisten zu dem der CDU-Vorsitzende in Thüringen, nach der rot-rot-grünen Regierungsbildung aufrief. Das christliche Abendland ist in Gefahr zum Kommunismus zu konvertieren, da muss die CDU etwas tun. Letztendlich könnte sie dazu gezwungen sein die besorgten Bürger zu integrieren um die Regierungsbeteiligung der Partei „Die Linke“ nach der Bundestagswahl 2017 zu verhindern.

Schuld an dieser Misere ist nach Meinung der CDU in erster Linie die SPD, die sich nicht genügend gegen „Die Linke“ abgrenzt. Wer sich das antun will, liest die Reden von Angela Merkel [1] und Peter Tauber [2] auf dem gerade zu Ende gegangenen Parteitag der CDU. Diese Reden sind wichtig, weil sie als offizielle Verlautbarungen der CDU gewertet werden können. In Interviews äußern sich auch andere Politiker und natürlich Prominente aller Couleur in dieser Art. Verachtung und Hass werden geschürt.

Die Verachtung der Konservativen gilt der SPD, der Hass gilt der Partei „Die Linke“.

Rein äußerlich betrachtet begann der Einsatz dieses politischen Mittels mit der Regierungsbildung in Thüringen, nach der Landtagswahl 2014. Ein Ministerpräsident aus der Partei „Die Linke“ und eine Regierungskoalition von „Die Linke“, SPD und „Bündnis 90 / Die Grünen“ (rot-rot-grün / #r2g), das konnte in keiner Weise akzeptiert werden.

Bereits im Vorfeld taten die Konservativen alles um „Die Linke“ zu diskreditieren. Ich erinnere an die unsägliche Feier zum Tag der Deutschen Einheit mit dem Auftritt des Möchtegern-Drachentöters Biermann, die Anmaßungen des Pfarrers Gauck in seinem Amt als Bundespräsident und die unsinnige Diskussion um den Unrechtsstaat DDR.

Es hat nicht funktioniert, zumindest in Thüringen, die Wähler konnten nicht motiviert werden zur Wahl zu gehen um „rot-rot-grün zu verhindern“, die Wahlbeteiligung lag nur bei circa 50%. Also wurde die Propaganda in die undemokratische Form der nachträglichen Verhinderung mit dem Schüren von Verachtung und Hass verlagert. Scheinbar ist es einfacher Demonstranten zu aktivieren als Wähler*. So kam es zum „Lichtermeer“ in Erfurt, an dem auch die besorgten Bürger teilnahmen.

In den Reden von Angela Merkel und Peter Tauber fielen dann auf dem Bundesparteitag der CDU entsprechend harte Worte:

Ich halte das Verhalten der SPD in Thüringen für eine Bankrotterklärung, eine Bankrotterklärung an den eigenen Anspruch, als Volkspartei wirklich Zukunft gestalten zu wollen. [1, S.26]

Sagte Angela Merkel, die sich noch zurück nahm und die eigenliche Beschimpfung des Koalitionspartners in der Bundesregierung ihrem Generalsekretär überließ. Ausdrücklich wird hier natürlich „Die Linke“ als nicht zukunftsfähig bezeichnet.

Peter Tauber schlug weitaus härter auf die SPD ein.

Denn da macht sich die einst so stolze SPD zum Steigbügelhalter der viermal umbenannten SED. [2, S.1]

Mit Bodo Ramelow zieht ein roter Karl Marx aus Plastik in die Staatskanzlei ein; […] Im Namen der Ideen von Karl Marx** sind Millionen von Menschen ihrer Freiheit beraubt und ermordet worden. […] Dass es soweit kommt, liegt vor allem an der SPD selbst. [2, S.2]

Das ist aber nur die Einleitung zum Angriff auf die Bundes-SPD und ihren Vorsitzenden, der dann so endet:

Ein SPD-Vorsitzender darf Seiltanzen, er darf vielleicht sogar ein Traumtänzer sein – das hat ja bei den Sozis eine gewisse Tradition … [2, S.2]

Peter Tauber erzeugt mit seiner Rede durchaus Effekte, die Verwendung von Attentats-Termini wie „Seiltänzer“ für Gabriel, „Möchtegern-Generalsekretär“ für Stegner und natürlich „Plastik-Marx“ für Ramelow ist bewusst gewählt. Er redet den politischen Gegner in der SPD klein(mütig) und der Partei „Die Linke“ weist er ihre Rolle als Gefahr für die Demokratie zu.

Nebenbei bekommen natürlich die Grünen auch ihren Anteil an Hohn und Spott – er hält es für unnötig über sie zu reden.

Die Kritik an der AfD [2, S. 2/3] fällt zwar harsch aus (sie wird nicht mal beim Namen genannt), aber er macht sich mehr lustig über sie und gibt ihr ein Spinner-Image. Als gefährlich sieht er sie nicht, das lässt einige Befürchtungen für die Zukunft zu.

Aber zurück zum Hass auf „Die Linke“, hier gibt mir am meisten das von Angela Merkel verwendete Bernhard Vogel Zitat zu denken:

„Thüringen ist nur eine Etappe. Schon aus diesem Grund wäre es Ramelows größte Torheit, jetzt den Eindruck zu erwecken, er plane in Thüringen die Revolution. Wir werden mit ihm eher ruhige Jahre erleben. Damit 2017 alle glauben, die Linken taugten auch für den Bund.“ [1, S. 26]

Ramelow und der gesamten Partei „Die Linke“ wird unterstellt, dass sie ein kommunistisch-stalinistisches Regime anstreben, aus wahlkampftaktischen Gründen aber noch bis zur gewonnenen Bundestagswahl 2017 warten.

Die Konsequenz die Merkel für die Konservativen zieht ist voraussehbar und eindeutig:

…nur eine starke Union im Jahr 2017 wird Rot – Rot – Grün im Bund unmöglich machen. [1, S. 26]

Mike Mohring, der CDU-Vorsitzende in Thüringen, fordert sogar die Bundes CDU auf:

„Lasst diesen Landesverband im Kampf gegen die Kommunisten nicht allein.“

An dieser Stelle mein Fazit:

1. Die Aussagen der CDU-Politiker lassen mich befürchten, dass im Kampf gegen die Kommunisten die Thüringer CDU, unterstützt durch die Bundes-Partei, alles unternehmen wird um der Landesregierung Steine in den Weg zu legen. Um den Nachweis zu erbringen, dass rot-rot-grün nicht regieren kann, werden Schäden für das Land Thüringen und seine Bevölkerung billigend in Kauf genommen werden.

2. Die CDU wird auf Bundesebene eine Spaltung der SPD, durch Verächtlichmachung der linken Parteimitglieder als „Steigbügelhalter der Kommunisten“, befördern.

3. Durch das Ausrufen des Kampfes gegen die Kommunisten wird letztendlich ein Schulterschluss der konservativen Parteien alternativlos, wenn sich die SPD nicht von rot-rot-grün endgültig distanziert. Somit wird es eine Zusammenarbeit mit der AfD geben, es bleibt ja sonst niemand übrig wenn sich die CDU selbst mit dem Rücken an die Wand stellt.

4. Ein entschiedenes Vorgehen gegen die ausländerfeindlichen PEGIDA & Co – Bewegungen wird unmöglich werden, da die CDU zu diesem Zwecke auch mit SPD und „Die Linke“ zusammenarbeiten müsste. Das „Verständnis für die Sorgen der Bürger“ ist erst der Anfang, gemäßigte Strömungen dieser Bewegungen werden in den Kampf gegen den Kommunismus eingebunden werden.

5. Der Hass auf „Die Linke“ und die Verachtung für SPD und Grüne wird wohl das zentrale Thema für die nächsten Wahlen. Eine Regierungsbeteiligung durch „Die Linke“ zu verhindern wird wichtigstes Ziel und rechtfertigt für die CDU alle Mittel.

Zum Schluss eine Frage:

Bin ich paranoid, weil ich die CDU so verstehe?

* Rein statistisch gesehen, sind bei einer Demonstration von 10.000 Menschen, verglichen mit der Wahlbeteiligung, 5.000 Nichtwähler. Also Menschen die ihre Möglichkeit der demokratischen Einflussnahme nicht wahrgenommen haben.

** Das ist ein rhetorischer Trick. „Im Namen von“ trifft keine Aussage über die Thesen von Marx. Die folgende Aufzählung zeigt nur den Missbrauch der Thesen. Bezogen auf die CDU wäre das „Im Namen von Jesus wurden Kriege geführt, gefoltert, hingerichtet usw.“ Dieser Satz ist reine Propaganda.

Peter Tauber zitiert Jean-Luc Picard.

 

Peter Tauber schimpft in seinem Artikel auf Frank Schirrmacher und Martin Schulz.

Peter Tauber schreibt über Netzexperten und Kulturpessimisten.

Da stimme ich als Pirat doch mal ein.

Der „schwarze Peter“ hat eine größere Schnittmenge mit Frank Schirrmacher als ihm bewusst ist – oder als er zugibt. Beide wollen etwas retten: Frank Schirrmacher ein analoges Medium, die FAZ, und Peter Tauber die analoge Politik der CDU in der digitalen Welt.  Damit ist natürlich der Kulturpessimismus der FAZ erklärbar und auch die Erklärbär-Mentalität des Peter Tauber, der nicht müde wird zu betonen, warum man dem Internet einen „analogen Deckel“ verpassen muss.

Die einzige „Netzexpertin“ der CDU ist ja Angela Merkel, die ich für Ihre „Neuland-Erkenntnis“ bewundere. Ja, ihr Spötter aus meinen Kreisen, es war eine Sternstunde als sie das zugab.

Alle anderen behaupten ja, es gäbe so etwas wie „Netzexperten“. Den Nachweis dieses Expertentums bleiben sie uns aber schuldig.

Zurück zu Peter Tauber. Mein „Blogger-Kollege“ und überdies der Generalsekretär der CDU schreibt also über das Internet und wie es die Welt verändert. Recht hat er: Es hat die Welt verändert und wird sie weiter verändern.

Wenn auch über den Enzensberger-Umweg – Martin Schulz als „Maschinenstürmer“ zu bezeichnen, war eine gute Idee und sie zeigt genau den Punkt, an dem seine weitere Argumentation geradezu absurd wird.

Wie war denn das mit den Maschinenstürmern? Sie wehrten sich gegen die Mechanisierung der Produktionsarbeit, um ihren Status quo zu erhalten. Sie verloren den Kampf und aus der alten, noch feudal dominierten Gesellschaft entstand die bürgerliche Gesellschaft. Die Maschinenstürmer waren sich nicht bewusst, dass dies geschehen würde, und kämpften nicht gegen die gesellschaftliche Veränderung. Sie kämpften um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Die Mechanisierung setzte aber viel umfassendere Veränderungen in Gang. Heute nennen wir das „gesellschaftlichen Fortschritt“.

Unter diesem Gesichtspunkt müsste die Folge der „digitalen Revolution“ ebenfalls eine gesellschaftliche Veränderung sein.

Ob nun die Rede vom Staat (Rechtsstaat), von den „Säulen unserer Wirtschaft“, von den Steuereinnahmen oder auch der Arbeitswelt ist, die Argumentation von Peter Tauber erscheint als analoge Argumentation im digitalen Gewande.

Peter Tauber meint immer die „digitalisierte bürgerliche Gesellschaft“, nicht eine tatsächlich durch Fortschritt veränderte Gesellschaft.

Somit ist sein unvollständiges Picard-Zitat „der Erwerb von Reichtum (…) nicht mehr die treibende Kraft in unserem Leben“ zwar gut gemeint, aber als Antrieb für seinen Artikel ist diese Aussage nicht glaubhaft.

Ich weise darauf hin, dass „Raumschiff Enterprise“ eine US-amerikanische Weltsicht der 70er Jahre transportiert – den „american way of life“ – als Heilmittel für alle Galaxien. Die Zitate in seinem Artikel sind wohl mit Bedacht gewählt um dies zu verschleiern.

Wir Piraten betrachten das Internet und die digitale Revolution als Grundstein und Auslöser für gesellschaftliche Veränderungen, für gesellschaftlichen Fortschritt.

„Möge die Macht mit uns sein!“ [Meister Yoda, Star Wars]