Wenn die Diktatur wiederkommt, dann wird sie sagen: "Danke Demokratie, dass Du für mich die optimalen Voraussetzungen geschaffen hast." [Thomas Köhler]
Die Frage stellt sich, wenn man Diskussionen sieht, die unter dem Thema „Lebe ich um zu arbeiten, oder arbeite ich um zu leben?“ stehen. So war kürzlich auf Linkedin ein Beitrag mit dem Titel „Muss ich meinen Job lieben? Oder kann ich ihn auch des Geldes wegen machen?“ Das fragte Swatje Allmers, die Co-Autorin des Bestsellers „On the Way to New Work“.
Den kompletten Artikel könnt ihr, wie immer kostenlos, in der Leipziger Zeitung lesen.
Ich möchte nicht den Eindruck machen, dass ich für die nachfolgend geschilderten Krisen eine Lösung habe, nur ist die Scheckheftpolitik meiner Meinung nach am Ende.
Krisen haben für Deutschland immer etwas mit Geld zu tun. Es ist entweder zu wenig Geld da, wie in der Bankenkrise, oder es wird versucht Probleme mit Geld zu lösen wie die so genannte Flüchtlingskrise. Die von mir, in Anlehnung an meine Jugend, als Scheckheftpolitik bezeichnete Krisenbewältigung klappt momentan weder bei den unsäglichen Zuständen unter denen, nicht nur in Griechenland, die geflüchteten Menschen leiden, noch bei der Bekämpfung einer Pandemie.
Geflüchtete
Menschen
Meiner Meinung nach ist das Framing von „offenen Grenzen“ in Europa oder „Asylrecht“ einfach falsch. Nach der „Flüchtlingskrise“ 2015/16 und dem „Wir schaffen das!“ zückte die EU das Scheckheft und bezahlte die Türkei dafür, dass sie die EU-Außengrenze für geflüchtete Menschen dicht macht. Das hatte den Charme, dass man immer behaupten konnte die Binnengrenzen und auch die Außengrenzen wären ja offen. Durch das Dublin-Abkommen hatte nicht nur Deutschland den Vorteil der Abschiebemöglichkeit von geflüchteten Menschen in die Mittelmeer-Anrainerstaaten, weil diese ja die meisten Erstaufnahmen machten. Allerdings ging es von dort nicht auf legalem Weg weiter, obwohl sich die EU-Staaten zu einer Aufnahme von geflüchteten Menschen prinzipiell verpflichtet hatten.
Schlimmer noch, die anderen EU-Staaten ließen die Staaten am Mittelmeer mit diesen Problemen allein. In Griechenland, einem EU-Staat der bereits riesige wirtschaftliche Probleme hat, füllten und überfüllten sich die Lager und alle sahen zu. Wenn wir also in Deutschland von einem Rechtsruck seit 2015 reden, dann haben wir nicht das Recht verzweifelte griechische Menschen, die sich jetzt gegen die weitere Aufnahme von Flüchtlingen wehren, als „Faschisten“ zu bezeichnen. Hier meine ich selbstverständlich nicht rechte Parteien, die diese Menschen instrumentalisieren. Wenn wir uns den Spiegel vorhalten sehen wir darin, dass wir Griechenland, die griechischen Menschen und die geflüchteten Menschen allein gelassen haben.
Die EU muss jetzt
handeln – Geld allein wird diesmal nicht genügen.
Das Virus
Wie ich bereits im letzten Artikel schrieb, habe ich keine medizinischen Kenntnisse aber ich habe mich in den 80ern unter anderem mit Zivilschutz (Bevölkerungsschutz) beschäftigt. Was konstatiere ich heute? Die SARS-Pandemie 2002/03 und andere drohende Epidemien hatten auf den Zivilschutz in Deutschland keinerlei Einfluss. Es wurden damals enorme Bestände an „Tamiflu“ hergestellt, eingekauft, gelagert und anschließend vernichtet – aber wo ist der Bestand an Schutzkleidung für medizinisches Personal, der seitdem für den Pandemiefall angelegt wurde? Wahrscheinlich gab es diesen nie.
In der „schlechten alten Zeit“ der 80er war auch Konsens, das in Falle eines Bio-Krieges oder einer Pandemie (die Auswirkungen auf die Bevölkerung sind ähnlich) kasernierte Einheiten der Armee und Polizei unter Urlaubs- und Ausgangssperre gestellt werden, da diese im Notfalle für die Aufrechterhaltung der Versorgung eine wichtige Rolle spielen. Wir reden hier nicht von einem Militär- oder Polizeistaat – es geht um banale aber lebenswichtige Dienste für das Land. Soldaten können z.B. LKW fahren um Versorgungsgüter zu transportieren oder ähnliches, wenn die Infrastruktur kollabiert. Urlaubs- und Ausgangssperre bedeutet für geschlossene Einheiten nicht mehr und nicht weniger als Quarantäne. Was lese ich heute früh?
„Die Bundeswehr ist nicht direkt in die nationale Planung zur Eindämmung einer länderübergreifenden Ausbreitung einer Infektionskrankheit, einer sogenannten Pandemie, eingebunden“
Warum nicht und wozu
leisten wir uns eine Armee?
Über die Frage Geld
und Gesundheitswesen will ich nicht wirklich reden. Außer der
fehlenden Schutzkleidung fehlt es an Personal und auch hier an
Notfallplänen. Wir sind auf eine Pandemie, die sich seit fast 20
Jahren immer wieder ankündigt nicht vorbereitet – wahrscheinlich
weil die Vorbereitung Geld kostet. Man denke nur an die
Bertelsmann-Studie, die fast 50% unserer Krankenhäuser für
überflüssig erklärte.
Aber jetzt steht
auch hier bei der Krisenbewältigung das Geld im Vordergrund. Es ist
natürlich sinnvoll Unternehmen und Bürger zu unterstützen um diese
Krise durchzustehen. Allerdings kann der Staat damit weder die
Pandemie verhindern, noch hilft es denen die eventuell keine adäquate
Hilfe erhalten weil kein Intensivbett zur Verfügung steht.
Fazit
Wir sind am Ende der Scheckheftpolitik angekommen. Sollte es uns doch gelingen den geflüchteten Menschen humanitäre Hilfe zu leisten und die Pandemie, ohne einen Zusammenbruch der Gesellschaft, zu überstehen – dann dürfen wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und auf die alten Mittel und Methoden vertrauen. Es wird unbequem werden sich damit auseinanderzusetzen.
Schön Pirat zu sein – ich weiß das hat geradezu das Potential zum Gassenhauer, aber für mich ist der Sinn ein anderer. Als Ingenieur muss ich in der heutigen politischen Landschaft der Piratenpartei nahe stehen oder angehören. In den anderen Parteien regieren Buchhalter – die natürlichen Feinde des Ingenieurs.
Pirat und Ingenieur
Ich denke es ist allen LeserInnen klar, dass mit Pirat nicht der Typ mit Holzbein, Augenklappe und Papagei auf der Schulter sondern „politischer Pirat“ also AnhängerIn oder Mitglied der Piratenpartei gemeint ist. Wie passt der Ingenieur dazu? Per Definition ist der Ingenieur ein Visionär, er will sich mit Entwicklungen von Dingen befassen und nicht in erster Linie mit Finanzen. Da passt er nicht in „normale Parteien“ – in einem Artikel beschrieb ich das so:
„Einleitend sei gesagt, dass die deutsche Politik, nicht nur beim Thema Verkehr, scheinbar norddeutsch-protestantisch-nüchtern dominiert ist. Sie hat den Spruch, den Helmut Schmidt 1980 von sich gab, verinnerlicht:
„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“
Kurz gesagt: Wir leben in einer Krämer-Republik. Statt ein Ziel zu formulieren, die Lösung zu erarbeiten und dann die Finanzierung zu prüfen wird fanatisch auf das Geldsäckel geschaut und aus diesem heraus entschieden.“
Der Ingenieur hat
aber ein Ziel, ob selbst entwickelt oder vorgegeben, etwas
funktionierendes zu bauen. Erst dann braucht er Geld um das zu tun.
Einfügung
Der Ingenieur ist selbstverständlich als Synonym zu sehen, es geht um Menschen die visionär und zielorientiert denken und arbeiten. Ich habe zweimal im Fernstudium studiert, das erste Studium schloss ich als „Ingenieur für Maschinenbau / Kraftfahrzeugtechnik“ ab – das ist meine Passion. Das zweite (ungeliebte) Studium „Ökonomie des sozialistischen Binnenhandels“ habe ich vor der Diplomarbeit abgebrochen. Es sollte mich zur Verwaltung des Mangels befähigen – somit wäre es geradezu der ideale Einstieg in die oben beschriebene Politik. Wenn ich hier von Pirat und piratig schreibe, so entspricht das meinem Verständnis von Piraten-Politik und es sind nicht nur Mitglieder der Piratenpartei gemeint.
Pirat vs. Ökonom
Der Pirat, oder auch Ingenieur/Visionär, und der Ökonom sind nicht etwa Feinde – entscheidend für das „piratige Herangehen“ in der Politik ist eben die Reihenfolge. Am Beispiel „digitale Bildung“, einem typischen Piraten-Thema, zeigt sich das.
Digitale Bildung – „ökonomisch“
Die jetzige, vorgeblich ökonomische, Vorgehensweise sieht wie folgt aus: Auf Grund des Drucks aus der Bevölkerung und der Industrie wird der Finanzminister (der mit dem Geldsäckel) aufgefordert mal in die Kasse zu schauen was an Geld für dieses Thema da ist. Er sagt 5 Milliarden Euro kann er bereitstellen, es folgt das Gerangel im Bundesrat zu der Frage ob die Länder es nehmen dürfen oder wollen, dann wird es aufgeteilt. Es wird auf die Länder aufgeteilt und von dort auf die Kommunen und Schulen – was wirklich damit geschehen soll ist unklar – Hauptsache es ist digital. Hier hat der Ökonom, irgendwie der der ich werden sollte – also der Mangelverwalter, das Primat.
Digitale Bildung – piratig
Die piratige oder auch Ingenieur-mäßige Herangehensweise wäre nun gewesen erst einmal zu klären was „digitale Bildung“ ist. Auf jeden Fall ist es nicht das Scannen einer Fibel von 1980 und deren Bereitstellung als PDF, wie es unter dem Primat des Ökonomen möglich ist. Zuerst eine Befragung von LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern – nicht von Bildungspolitikern. Dann die Hinzuziehung von Wissenschaftlern der entsprechenden Fachgebiete. Die technische Umsetzung, bevorzugt mit Open Source Software, als nächster Schritt. Erst dann steht die Frage der Finanzierung. Das wäre, meiner Meinung nach, die richtige Herangehensweise gewesen. Wenn Schulen, SchülerInnen, Eltern und WissenschaftlerInnen das Konzept mehrheitlich vertreten, dann wäre dem Bundesrat nichts anderes als Zustimmung übrig geblieben. Und es wäre etwas dabei heraus gekommen.
Digitale Bildung – Einfügung
Während ich am Artikel schreibe, kommt die gute Nachricht „Sachsen bekommt 250 Millionen Euro für Digitale Bildung!“ Die zu erwartende schlechte Nachricht, aus Sicht des „Ingenieur-Piraten“ folgt auf dem Fuße. Sie lautet „Wir haben jetzt Geld – nun müssen wir uns Gedanken machen wie wir es ausgeben.“ So die, immerhin regierende, CDU, die sagt:
„Wir stehen in den Startlöchern und haben bereits eine Landesförderrichtlinie in Arbeit. Auch die Gespräche mit den Kommunen und den freien Schulträgern laufen derzeit, um den Einsatz der Mittel zu regeln“
Die Linken dagegen wollen einen „Laptop für jeden Schüler“ was in Zeiten von Smartphone und Tablet durchaus antiquiert klingt. Immerhin fordern sie unisono mit der CDU:
„Wir brauchen jetzt dringend eine Strategie zur Digitalisierung der Dresdner Schulen“
Vergleicht bitte den vorstehenden Absatz, ich sehe genau hier das Problem des vorhandenen Geldes und des Mangels an Plan.
Pirat vs. McKinsey
Hier besteht tatsächlich eine Unverträglichkeit, fast könnte man von Feindschaft sprechen. McKinsey steht hier natürlich nicht als Firma sondern als Synonym für das ausufernde Berater-Unwesen in der politischen Landschaft. Bevor ein Projekt nach den oben angeführten falschen Kriterien durchgeführt wird, werden erst einmal Berater ins Haus geholt die einen Teil der vorgegebenen Investitionssumme verbrauchen um die Wirtschaftlichkeit – nicht die Sinnhaftigkeit – zu prüfen.
Pirat und Politik
Ich habe hier Pirat
und Ingenieur als synonyme Begriffe gesetzt, weil ich den Begriff der
„Ökonomisierung der Politik“ ad absurdum führen will. Die oben
beschriebene „piratige Herangehensweise“ ist gleich der, die
erfolgreiche Unternehmen auszeichnet. Man sagt dort seltener
„visionär“ – eher „zukunftsorientiert“ – der Entwicklungsweg
ist aber der gleiche. Nur die angeblich ökonomisierte Politik
arbeitet anders. So kommt es zu Verwerfungen, wenn z.B. bei Hartz IV
die Ausgaben für die Durchsetzung von Sanktionen höher sind als die
„Einsparungen“. Vom moralisch verwerflichen Ansatz der Sanktionen
will ich hier nicht reden – das würde das Thema sprengen. Der
piratige Politikansatz wäre also:
Was wollen
wir tun?
Wie machen
wir das?
Wie bezahlen
wir das?
Das ist schlicht und
ergreifend vernünftiger und menschlicher als die Frage „Wie viel
Geld haben wir? – Wie verteilen wir das? – Was machen wir damit?“
Wobei die letzte Frage dem Empfänger überlassen bleibt, wenn der
Geldgeber dann nicht einverstanden ist kann er Widerspruch einlegen
und bestenfalls die Ausführung verzögern bis das Geld nicht mehr
zur Verfügung steht.
Pirat und Internet
„Piraten haben doch nur das Internet im Sinn“ wird oft gesagt – es wird dabei beabsichtigt oder unbewusst übersehen, dass genau das die Stärke der Piraten ausmacht. Wie ihre Namensgeber auf den Weltmeeren, so sind die Piraten im Internet unterwegs. Sie organisieren sich dort – tauschen sich aus – teilen Ideen – entwickeln Lösungen – diskutieren diese – verbessern oder verwerfen sie und machen sie öffentlich. Crowdworking, Cloudworking, Crowdfunding und ähnliches sind für Piraten normal. Sie machen, zum großen Teil in ihrer Freizeit, das was die Arbeitswelt der Zukunft ausmachen wird.
Fazit
Es ist schön Pirat
zu sein – es ist nicht nur schön, es ist für den Ingenieur und
andere Visionäre die ziel- und ergebnisorientiert arbeiten geradezu
unabdingbar.
Es wird Zeit, dass
die Profis des modernen Arbeitens in die Politik einziehen um
frischen Wind hinein zubringen – nicht nur heiße Luft.
Um den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner zu erwähnen: Er warf den Klimaschutz-Aktivisten um Greta Thunberg mangelndes Wissen vor und forderte sie auf Profis ihre Arbeit machen zu lassen:
Wir brauchen Profis mit Visionen in der Politik!
Ich stelle mich dem als Ingenieur und Pirat.
Hier stehe ich – ich kann nicht anders:
Ich werde wieder die Piratenpartei bei der
Europawahl wählen!
* Martin Luthers Spruch schien mir passend, obwohl ich nicht gläubig bin.
Gott helfe mir!*
Disclaimer: Ich hasse das, jedoch ich denke es ist notwendig weil in den (a)sozialen Medien Menschen über den Ingenieur herziehen werden. Ingenieure entwickeln und bauen Waffen, Ingenieure haben Vernichtungslager gebaut und so weiter und so fort. Normal denkende LeserInnen werden verstanden haben, dass es hier um den Ingenieur als Synonym für eine Arbeitsweise geht. Es ist wichtig, für wen und mit welchem Ziel der Ingenieur arbeitet – bei mir ist das klar.