Wenn die Diktatur wiederkommt, dann wird sie sagen: "Danke Demokratie, dass Du für mich die optimalen Voraussetzungen geschaffen hast." [Thomas Köhler]
Ministerpräsident eines Freistaates zu sein ist scheinbare eine riesige Aufgabe, man steht ja in der Tradition von Gott gesalbter Fürsten und Könige, deren Salbung auch zu Allwissenheit führte. Ausnahme ist der Thüringer Ministerpräsident, der ist aber auch ein böser Linker, der nicht an die Wirksamkeit des mit der Salbung verbundenen Segens glaubt. So steht in der Stellenbeschreibung für das Amt, zumindest in Bayern und Sachsen: die Verpflichtung, mindestens wöchentlich einen Joke rauszuhauen.
Den kompletten Artikel könnt ihr, wie immer kostenfrei, in der Leipziger Zeitung lesen.
„Nachschub an notwendiger Ausrüstung kommt nicht an, weil die Produktionsstätten in Billiglohnländer outgesourct wurden und mit der Unterbrechung der Transportketten eine Stockung auftritt. […] Die Globalisierung, im neoliberalen kapitalistischen Sinne, zeigt ihre hässliche Fratze.“ [Auszug aus Der Staat]
Die Akteure im Wirtschaftssystem wurden durch die Corona-Krise darauf aufmerksam gemacht, dass Produktion und Transport die zu großen Teilen auf menschlicher Arbeitskraft beruhen störanfällig sind. Sie werden sich wohl überlegen, ob Digitalisierung und Automatisierung das lösen können. Eine etwas dystopische Betrachtung zu möglichen, aber eher unwahrscheinlichen, Änderungen.
Autarkie vs. Globalisierung
Auch wenn es bestechend erscheint, die Autarkie einer Volkswirtschaft ist keine Lösung für die Probleme die durch eine Pandemie entstehen. So kommen jetzt zwar reflexartig Forderungen nach der Produktion von Schutzkleidung und anderen Produkten im Inland, von Seiten der Politik, aber diese werden nach Corona schnell wieder verschwinden. Sie sind aus mehreren Gründen nicht realisierbar.
Die Errichtung oder Umstellung von Produktionsstätten im Inland für die dauerhafte Produktion würde eine Abnahmegarantie für diese Artikel benötigen, da sonst, also ohne Pandemie-Lage, eine Überproduktion entstünde und somit wieder die Stilllegung drohte.
Neue Unternehmen für diese Produktion würden anderswo dringend benötigte Fachkräfte binden.
Umstellung bestehender Produktionsanlagen führt zu höheren Importen der dann wegfallenden Produkte.
Es gibt noch mehr Probleme dabei, aber die genannten sollten die Herausforderungen ausreichend illustrieren.
Es hilft also nur eine ausreichende Lagerung für Extremfälle und die Sicherung der „Nachschublinien“, man verzeihe mir den militärischen Begriff aber er erschien mir passend. Selbstverständlich ist die Übertragung dieser Aufgaben an ortsansässige Kleinunternehmen vorstellbar, aber in der „Wachstumsgesellschaft“ sollen dies ja wachsen und exportieren, womit sich der Kreis sich wieder schließt.
Produktion
Wenn uns Corona etwas aufgezeigt hat, dann ist es die Anfälligkeit einer Wirtschaft die zu großen Teilen auf der menschlichen Arbeitskraft beruht. Das ist keine wirklich neue Erkenntnis, ob nun durch Streiks, Naturkatastrophen oder andere Ereignisse – die Produktion und der Vertrieb waren schon immer störanfällig wenn Menschen nicht an ihren Arbeitsplätzen waren. Die Ereignisse waren aber bisher nur kurzzeitig und forderten von den Unternehmen somit noch keine radikalen Lösungen. Corona, die erste wirkliche Pandemie im Industriezeitalter, ist anders weil die Zeitdauer und somit die Auswirkungen nicht absehbar sind.
Es wird sich also die Frage stellen:
Wie gewährleistet man die Produktion mit einem Minimum an Arbeitskräften?
Automatisierung und Digitalisierung
Die Frage stellt sich schon lange aber hier stellt sie sich neu. Bisher waren es reine Kostengründe, heute geht es um die Substanz des Wirtschaftssystems.
Ich war vorsichtig pessimistisch was die weitere Automatisierung und Digitalisierung der Volkswirtschaft betrifft, immerhin konnte man ja den Mindestlohnsektor immer weiter ausquetschen und weiter in Billiglohnländer auslagern – das ist aber aus oben genannten Gründen heute problematisch. Für die Büro- und Verwaltungs-MitarbeiterInnen wird sich das Homeoffice durchsetzen, für Entwickler, Konstrukteure und andere geeignete Berufsgruppen wird das voraussichtlich auch möglich sein und für die Produktion und die Lagerhaltung wird die Automatisierung in Form der „menschenarmen Fabrik/Lager“ eventuell Realität.
Wenn die Unternehmen das wollen, dann werden sie diesen Schritt gehen. Bisher wollten sie nicht.
Die daraus entstehenden gesellschaftlichen und sozialen Verwerfungen sind Stoff für spätere Artikel.
Der Transportsektor
Auch hier hat Corona gezeigt, dass der Verzicht auf Lager (Just in time) und die Konzentration auf den Schiffs- und LKW-Transport im Pandemiefall an Grenzen stößt.
Der Produktionsausfall in China machte sich 4 bis 6 Wochen später auf die Warenbestände in Europa bemerkbar und die Wiederaufnahme der Produktion und des Schiffsverkehrs bringt auch erst ca. 6 Wochen später sichtbare Ergebnisse. 4 bis 6 Wochen ist die durchschnittliche Zeit, die ein Containerschiff für die Route braucht.
Der LKW-Verkehr stockte, bzw kam fast zum Erliegen, als in Europa Grenzkontrollen mit Gesundheitsprüfungen durchgeführt wurden. Auch ohne massenhafte Infektion der KraftfahrerInnen war der grenzüberschreitende Warenverkehr in der EU nachhaltig gestört.
Der LKW-Verkehr zeigt hier, durch den hohen menschlichen Aufwand, der bisher durch geringe Löhne ausgeglichen wurde, seine Nachteile gegenüber dem weitgehend zurückgebauten Eisenbahnverkehr.
Ich gehe davon aus, dass auch hier ein Paradigmenwechsel stattfinden wird – hin (oder zurück) zum Schienentransport bis hin zu Langstrecken, wie der Schienenteil der neuen Seidenstraße. Besonders dadurch, dass auch hier ein hoher Automatisierungsgrad möglich ist, der bei Lösungen im Straßenverkehr, wie durch Platooning oder E-Autobahn, nicht erreicht werden kann.
Fazit:
Corona hat gezeigt, dass der Mensch als Arbeitskraft ein störender Faktor für die Wirtschaft im Falle einer Pandemie ist. Rein wirtschaftlich gesehen werden also Automatisierung und Digitalisierung mehr Bedeutung gewinnen um diesen Störfaktor auszuschließen. Mit den gesellschaftlichen und sozialen Konsequenzen – im Klartext heißt das: Das heutige Beschäftigungsmodell wird obsolet – müssen wir dann leben, oder wir finden eine menschliche Lösung. Es gibt natürlich viele Gründe die gegen einen solchen Umbau sprechen, einige davon – allerdings m.E.n. die entscheidenden – sind nicht auf den ersten Blick sichtbar. Dazu im nächsten Artikel mehr.
„Ich möchte in die Zeit nach Corona schauen, soweit es mir möglich ist. Es werden mehrere Artikel, zum Anfang sei gesagt „It‘s the End of the world, as we know it!“ – frei nach REM – und ich weiß nicht ob der Teil „And I feel fine“ zutreffen wird. Schauen wir mal, was bei meinen Überlegungen so rauskommt.“ Auszug aus Intro
Arbeitsleben, warum?
Ich habe bewusst den Begriff Arbeitsleben gewählt, weil die Arbeit – egal in welcher Form – unser Leben zu großen Teilen bestimmt. Ob nun als Arbeiter (im Sinne Industriearbeiter), Dienstleister, in medizinischen; pflegerischen; pädagogischen Berufen, ob angestellt oder selbständig ist dabei völlig egal. Selbst Schule, Studium und Ehrenamt nehme ich hier großzügig dazu. Wenn ich etwas vergessen habe, dann war das keine Absicht – jede Tätigkeit, die im erweiterten Sinne Arbeit ist kann hier gern hinzugefügt werden. Ein großer Teil unserer Lebenszeit ist Arbeitszeit, somit auch ein großer Teil unseres sozialen Lebens. Viele Menschen die bisher nicht verstehen konnten, dass z.B. für Langzeitarbeitslose das soziale Leben zusammenbricht, werden durch Corona jetzt darauf gestoßen. Die Frage stellt sich:
„Gibt es nach der Corona-Krise eine Rückkehr zur alten Normalität?“
Digitalisierung
Mit der Corona-Krise und der Schließung von Betrieben und Einrichtungen wurden die Mängel bei der Digitalisierung in Deutschland sichtbar. Es wurden zwar viele Angestellte ins Homeoffice geschickt, aber das betraf in der Hauptsache Menschen in Gebieten mit einer guten Breitbandabdeckung und natürlich Menschen in Jobs die sich im Homeoffice erledigen lassen. Auf diese möchte ich mich hier konzentrieren, die Industriearbeiter und andere Berufe werde ich später behandeln.
Aus meiner Tätigkeit für einen führenden Telekommunikationsanbieter weiß ich, dass es noch zu viele „blinde Flecke“ gibt – nicht nur in ländlichen Gebieten. Homeoffice hat aber auch seine Schattenseiten, ich beschrieb das September 2019, als die SPD eine „Recht auf mobiles Arbeiten Homeoffice“ forderte.
Homeoffice
Abgesehen von der Breitbandversorgung – die Unternehmen werden sich nach Corona für deren Ausbau stark machen – gibt es beim Homeoffice für mich die soziale Komponente. Es wird für einige(oder viele) Menschen kein Zurück aus dem Homeoffice geben. Ich spekulierte 2019:
„Auf der Kostenseite wird das Homeoffice ein Gewinn für die Unternehmen. Natürlich werden sich viele Unternehmen an den Kosten für Hardware und eventuell auch für die Internetverbindung und Büroausstattung beteiligen. […] – das Unternehmen kann seine Büroflächen verkleinern und Kosten sparen. Abgesehen davon entfallen auch die Kosten für freiwillige Sozialleistungen wie Jobtickets, Pausenversorgung und ähnliches. Der Krankenstand wird sich auch verringern, da sich die Ansteckungsgefahr verringert und die ArbeitnehmerInnen können ja ein krankes Kind im Homeoffice nebenbei betreuen“
Das war damals Spekulation, aber nach Corona werden viele Unternehmen darüber nachdenken. Und die Ansteckungsgefahr im Zitat war nicht auf eine Pandemie bezogen, ich habe keinerlei prophetische Gaben.
Leben im Homeoffice
Viele der Menschen, die jetzt plötzlich im Homeoffice arbeiten, haben schnell bemerkt, dass die „schöne neue Arbeitswelt des Homeoffice“ auch Schattenseiten hat. So sehr manche/r sich freut, dass der Arbeitsweg entfällt oder man den Chef und unangenehme KollegInnen nicht mehr ertragen muss – ein großer Teil des sozialen Lebens hat sich bisher am Arbeitsplatz abgespielt und entfällt ersatzlos. Der innere Schweinehund, der bisher durch die Uhr, mit: „Du schaffst die Bahn nicht!“ im Zaum gehalten wurde, sagt jetzt: „Hauptsache, Du bist 8.00 Uhr am PC – egal wie Du aussiehst“. Auch der Lebensrhythmus ändert sich, nicht immer zum Guten.
Aber es gibt beim Homeoffice auch Tücken die viel weiter reichen.
Homeoffice – Konsequenzen
Der Verzicht eines Arbeitgebers auf die Präsenzpflicht im Büro bedeutet nicht in jedem Falle freie Arbeitszeiteinteilung. Diese wird weiter überwacht werden und im Homeoffice wird ein Abweichen von der Pflichtzeit schnell als Ausrede abgetan – weil man ja zu Hause ist.
Eine logische Folge für manchen Arbeitgeber wird es sein darüber nachzudenken, ob man einige der Homeoffice-ArbeiterInnen überhaupt noch fest anstellen soll. Vielleicht kann man die „Heim(Büro)Arbeiter ja auch als pseudo-Selbständige beschäftigen? Kostenersparnis as usual.
Eine der jetzt gefallenen Schranken für das Homeoffice ist die Aussage „Wir können den Datenschutz nicht gewährleisten“. Diese Ansage wird nach Corona wieder auftauchen, sie wird aber eventuell mit umfassender elektronischer Überwachung gelöst. Totale Überwachung des Arbeits-PC – bis zum einzelnen Tastenanschlag, evt. eine Kamera am Heimarbeitsplatz um zu kontrollieren ob man sich wirklich allein im Raum aufhält bis hin zu angekündigten und unangekündigten Kontrollen durch den Arbeitgeber.
Für die „Heimarbeiter“ – etwas anderes ist Homeoffice nicht, es klingt nur besser – bringt dieses aber nicht nur das soziale Leben durcheinander. Wie sollen sich Betriebsräte oder auch Gewerkschaften um diese Menschen kümmern? Werden diese dann nur noch digitale Spuren auswerten um z.B. festzustellen ob gegen ArbeitnehmerInnen-Rechte verstoßen wurde?
Fazit:
Nach Corona werden sich Unternehmen und Verwaltungen endlich ernsthaft mit der Digitalisierung beschäftigen. Der Slogan wird vielleicht „Damit so etwas nie wieder passiert“ sein, gemeint ist damit natürlich nur der Zusammenbruch in den Bereichen der Wirtschaft die man ins Homeoffice schicken kann.
Die „schöne Welt des Homeoffice“ wird perspektivisch zur Lebens- und Arbeitswelt vieler Menschen werden.
Ist das gut oder schlecht?
Was können wir daraus machen, damit es nicht ganz schlecht wird?
Post scriptum
Für uns, die Piraten, hat das nebenbei einen positiven Effekt. Wenn die Unternehmen die Digitalisierung ernst nehmen, dann werden sie von der Politik nicht nur den Breitbandausbau fordern. Sie werden auch genau wie wir fordern:
Gewährleistung einer sicheren digitalen Kommunikation – dazu gehört sichere Verschlüsselung, die Abschaffung von Backdoors in den Systemen und der Staatstrojaner.