ist der Parteitag der Piraten in Halle auf jeden Fall. Die Besonderheit, dass ein ordentlicher Bundesparteitag (BPT) eröffnet wird, sofort wieder in Pause geschickt wird und mit einem außerordentlichen Bundesparteitag (aBPT) fortgesetzt wird, erschließt sich nur dem Insider. Der Grund ist natürlich der Rücktritt des halben Bundesvorstands im März 2014.
Es ist der erste Parteitag der Piratenpartei an dem ich teilnehme und entsprechend gespannt bin ich auf den Ablauf. Das Prozedere erscheint mir kompliziert genug, so wird erst über eine Tagesordnung zum BPT abgestimmt – diese muss wiederholt werden, weil juristische Einsprüche gegen den Verlauf der Abstimmung erhoben werden. Wichtig genug ist das, weil allein durch eine ungültige Abstimmung letztendlich sämtliche Parteitagsbeschlüsse ungültig wären.
Ansonsten ist mein erster Eindruck mit liebenswert chaotisch zu beschreiben. So ist der Beamer für die Tagesordnung und andere abzustimmende Dokumente nicht funktionsfähig, was zu Widersprüchen von Mitgliedern führt. Wir sind ja die technik-affine Partei, da kann man das schon witzig sehen. Die Versammlung sah es jedenfalls locker. Ein Versammlungsleiter mit einem Baby im Tragegurt vor dem Bauch wäre ja in keiner anderen Partei vorstellbar.
Persönliches Kennenlernen von digitalen Kontakten steht für mich an erster Stelle, neben der normalen Parteitagsarbeit. Man staunt, wie diese digitalen Kontakte als normale Menschen aussehen und sprechen. Es war aber bisher keine unangenehme Überraschung.
Der Ablauf schleicht etwas vor sich hin, nach Beschluss über die Tagesordnung, Wahl der Versammlungs- und Wahlleitung folgte die Aufstellung der Kandidatenliste, die sich über eine Stunde hinzog. Jetzt läuft die Vorstellung der Kandidaten für das Amt des Bundesvorsitzenden. 3 min Vorstellungsrede für jeden Kandidaten und dann Fragen. Erste Rede Wolfgang Dudda – kurz, knackig und überzeugend – ohne großes Pathos. Kommt rüber als Macher. Jetzt Florian Andre Unterburger, mehr polemisch und politisch und pathetisch. Die Fragen kommen mir zu Teil vorbereitet vor, ohne richtigen Bezug zum Kandidaten – austauschbar. Während ich das schreibe steht schon Matthias Zehe auf dem Podium. Ein gestandener Parteifunktionär (bitte Begriff nicht negativ werten) mit einer technokratischen Rede über die Finanzen der Piratenpartei. Keine Visionen und Emotionen – bisher m.E. nach die schlechteste Rede – sorry. Die Versammlung will ihn auch nicht befragen. Stefan Körner jetzt, der von seinen Anhängern mit Beifall begrüßt wird, als Erster. Pathetisch, geübter Redner – packt das Publikum, teils mit witzigen Einlagen „teilweise desolater Zustand der Partei“, wird mit Beifall belohnt. Er spricht aus seiner Sicht als zukünftiger Vorsitzender – ohne Wenn und Aber. Er ist rhetorisch führend am Set, aber nicht unbedingt inhaltlich. Seine Vorstellung des Vetorechts innerhalb der Partei und des BuVo erinnert an Bundestag und Bundesrat. Er wird aber auch persönlich angegriffen – wehrt sich geschickt, nicht unbedingt glaubwürdig. Der erste Kandidat der eine zweite Fragerunde bekommt, scheinbar ist er beliebt bei seinen Anhängern sonst aber umstritten. Teilweise ausweichende oder sogar völlig daneben liegende Antworten, die er aber überzeugend vorträgt. Keine dritte Fragerunde, dafür die Nachricht, dass der kBuVo Bodo Thiesen die Mitgliedsrechte aberkannt hat (er steht auf der Kandidatenliste), die Juristen lassen ihn aber zu – müssen sich aber noch die Begründung erarbeiten. Franziska Jentsch hält eine junge Rede, mit Sitz- und StehplinklerInnen, Mateflaschen und Party. Durchaus witzig, spricht mich nicht besonders an, mag aber für andere durchaus gut sein. Kernaussage ist scheinbar Spass an der Politik. Die Versammlung will keine Fragerunde. Dennis Plagge beruft den Schicksalsparteitag, spricht gegen die Aufspaltung der Piratenpartei und betont nochmals den Methodenstreit der Peergroups. Entschuldigt sich für das Versagen des ehem. Parteispitze. Er zieht überraschend seien Kandidatur zurück und erklärt seine Unterstützung für Stefan Körner. Jetzt Bodo Thiesen, er spricht über Demokratie und Grundwerte. Angriffe gegen den kBuVo wegen geheimer Tagungen und Ausschluss der Basis. Akademisch schlechte Interpretation des „Denkt Selbst“ der Aufklärung. Auch er relativ unpathetisch und emotionslos.
Fazit der Vorstellung: Zwei Vorstellungsreden (nimmt man die Unterstütung durch Dennis Plagge als solche) für Stefan Körner. Ob sich das aufs Wahlergebnis auswirkt?
Sorry für evt. Tippfehler usw. aber es ist halt live.