30. Januar – demokratisch zur Diktatur?

Ich will mich hier bewusst nicht in die Reihen der ‚Alles Nazi‘-Rufer einreihen, aber trotz alledem möchte ich daran erinnern, dass der 30. Januar der Jahrestag der Machtergreifung durch die NSDAP ist.

Warum erscheint mir das im Zusammenhang mit der heutigen Legida-Demonstration wichtig zu sein?

Auf dem Podest der Legida stehen wieder „charismatische (An)Führer“, die des Volkes Meinung beschwören und eine Massenbewegung organisieren wollen. Diese Massenbewegung richtet sich wahlweise gegen „politically correctness“, Gender Mainstreaming, Gutmenschen, Altersarmut, System- oder Lügenpresse, gegen die Parteien und Politiker, die das Recht einseitig auslegen usw, erst ganz am Ende gegen die Islamisierung Deutschlands. Jeder kann etwas Zutreffendes für sich finden.

Viele der Sympathisanten mögen sich aus dem einen oder anderen nachvollziehbaren Grund der Demonstration anschließen, aber wollen die alle wirklich das Gesamtpaket und wie stehen sie zu den Menschen auf der Tribüne?

Wenn ich oben von „charismatischen (An)Führern“ sprach, so meine ich diejenigen, die die für fast alle Menschen auf beiden Seiten des politischen Spektrums annehmbaren Punkte aus dem Programm der Legida rhetorisch gut vortragen.

Aber was würde geschehen, wenn diese Charismatiker an die Macht kämen?

Redner die sich gern als „Einer aus dem Volk“ darstellen, sollte man nach den vorher gemachten Aussagen und nach ihren Taten bewerten. Bei einigen der Legida-Redner kann man dabei auf Sympathie für diktatorische Systeme, erzkonservative Aussagen zur Familienpolitik, ein überholtes Bild der Geschlechterrollen, Homophobie, Nationalismus, Rassismus und ähnliches stoßen. Bei anderen bestand die Deutsche Leitkultur bis zum Legida-Start aus ihrem fanatisch vertretenen Fußballverein. Was ist also von ihnen zu erwarten, wenn sie an die Macht kommen?

Hier ziehe ich den Vergleich zum 30. Januar 1933.

Im Vorfeld der Machtergreifung wurde die NSDAP demokratisch gewählt. Die vorherigen Aussagen und Schriften ihrer Anführer hätten darauf hinweisen können, dass sie keine demokratische Gesellschaft wollten.

Damals war der Zugriff auf die älteren Meinungsäußerungen der (An)Führer technisch schwer möglich. Diese Ausrede gibt es heute nicht, wer sich informieren will kann es auch tun. Wer es nicht tut, der demonstriert sehenden Auges gegen die Demokratie.

Wenn solch charismatische (An)Führer an die Macht kommen, dann endet die freie Meinungsäußerung des Volkes – obwohl sie diese vorher propagieren.

Die Parallele bietet sich geradezu an.

Erst eine Massenbewegung gegen wirkliche und/oder konstruierte Missstände und ihre wahren und/oder konstruierten Ursachen in Gang bringen, dann mittels demokratischer Wahlen die Regierung übernehmen.Bevor sich die Enttäuschung des Volkes über die gebrochenen Versprechen demokratisch äußern kann, wird dieses Volk per „Ermächtigung“ zum Schweigen gebracht.

Unsere jetzige parlamentarische Demokratie mag nicht perfekt sein – sie ist aber besser als eine demokratisch errungene Diktatur.

Deshalb:

Wichtiger als das wogegen Du zu einer Demo gehst ist es, wem Du hinterherläufst.

P.S. Es könnten viele Beispiele genannt werden. Ich betone an dieser Stelle, dass der Text auf charismatische (An)Führer aller Ideologien anwendbar sind. Bezüge zu den Montagsdemonstrationen von 1989 verbieten sich geradezu, es gab keine vergleichbaren Anführer – nur eine allgemeine Ablehnung des Systems.

Die Sache mit den Stöckchen

und dem Darüberspringen ist ja besonders in den sozialen Netzwerken des merkelschen Neulandes zum Volkssport geworden. Aber auch die Altmedien nehmen begeistert daran teil, Parteien und Organisationen selbstverständlich auch.

Diese Woche war erneut eine gute Woche zum Stöckchenspringen.

Da nimmt also der Vizekanzler, ja der Sigmar Gabriel, an einer Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung in Dresden teil. Diese soll Pegida-Anhänger und Gegner zur Diskussion anhalten. Er redet dort (auch?) mit Pegida-Anhängern. Da haben wir also ein Stöckchen und springen los: „Gabriel redet mit Pegida!“ – aber sowas von pfui! Ausführen muss ich das nicht, aber ich habe auch ein Stöckchen gefunden. Gabriel sagt:

„Aber wenn ich offen bin: Alles kommt mir bekannt vor.“

n24 kommentiert: „Damit meinte er vor allem die grundsätzliche Unzufriedenheit mit der Politik in Deutschland.“, wenn ich jetzt über mein Stöckchen springe, dann mit der Frage:

„Wenn Sie das alles kennen, warum wollen Sie erst jetzt etwas dagegen tun oder zumindest darüber reden?“

Das Stöckchen „Bürokratiemonster“ wurde hingehalten und die CDU bis hin zu Angela Merkel sprang darüber. Die Aufzeichnungspflicht für die Arbeitszeit der Beschäftigten laut dem Mindestlohngesetz ist einigen Betrieben und Verbänden zu streng.

Na ja, die Dokumentation von Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Pausenzeiten und das auch noch für jeden Beschäftigten ist schon eine Herausforderung. Obwohl, wie haben die Firmen bis jetzt die Löhne und Gehälter errechnet. Ihr seht auch ich springe, wenn auch anders als Frau Merkel, über das Stöckchen. Die CDU will jedenfalls die Dokumentationspflicht nicht zur „bürokratischen Herausforderung“ (Merkel) werden lassen.

Über das Pegida-Stöckchen springt natürlich auch der Außenminister Steinmeier, er wird (welch Wunder) im Ausland ständig auf Pegida angesprochen. Der Artikel ist noch relativ neu, deshalb habe ich noch keine Erkenntnisse über Sprünge der Communitys, Steinmeier jedenfalls betont im Ausland immer wieder:

„Pegida spricht nicht für Deutschland!“

Das versteht sich eigentlich von selbst. Mein Sprung geht aber über das Stöckchen, welches er mir hier hin hält:

„Warum ziehen die Pegida-Organisatoren ausgerechnet mit dem Thema ‚Asyl‘ in den Kampf? Es ist eben einfacher, mit dem Schlagwort ‚Asyl‘ verunsicherte Menschen zu mobilisieren als mit komplizierten Themen wie fehlender Infrastruktur oder alternder Gesellschaft.“

Ja, warum nicht und warum werden diese „komplizierten Themen“ nicht von Seiten der Regierung in Angriff genommen und gelöst.

Jetzt habe ich vom Stöckchenspringen Wadenkrämpfe und höre auf.

Die Zitate stammen aus den verlinkten Artikeln im Absatz.

Steigende Arbeitslosigkeit

für die nächsten fünf Jahre wird von der International Labour Organization (ILO) mit dem neuer ILO-Bericht „World Employment and Social Outlook – Trends 2015“ (WESO) prognostiziert.

Ich kann mich hier leider nur auf die deutsche Presseinformation der ILO berufen, eine deutsche Version des gesamten Berichtes habe ich bis jetzt nicht gefunden. Die nachfolgenden Zitationen stammen aus der Pressemitteilung.

Ich bezweifle hier nicht die Wissenschaftlichkeit der Analyse, möchte allerdings einige Anmerkungen machen.

„Mehr als 61 Millionen Arbeitsplätze sind seit Beginn der globalen Krise 2008 weggefallen.Unsere Prognosen zeigen, dass die Arbeitslosigkeit global bis zum Ende der Dekade steigen wird. Die Krise auf dem Arbeitsmarkt ist weltweit nicht überwunden und es gibt keinen Grund, in unseren Anstrengungen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ihrer Ursachen nachzulassen“, so ILO-Generaldirektor Guy Ryder.

Der Bezug auf die globale Krise 2008, also eine Finanzkrise, ist hier interessant. Es geht nicht darum, dass uns die Arbeit ausgeht – die bezahlte Lohnarbeit geht aus, weil niemand die erforderlichen Arbeiten bezahlen kann oder will.

Die zu erledigende Arbeit geht uns in Deutschland nicht aus, das sieht man deutlich in den Städten und Gemeinden und Ländern, am Zustand Verkehrsinfrastruktur (ich nenne hier wieder mal die Gehwege als Beispiel), an Schulen, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen – die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen.

Es ist zwar Geld da um in der Finanzkrise Banken zu retten, es ist aber kein Geld für die Bezahlung der Arbeitskräfte vorhanden, die gesellschaftlich relevante Arbeiten erledigen könnten.

Die ILO kritisiert in der Pressemitteilung die Einkommensunterschiede der Höchst- und Geringverdiener, allerdings auf globaler Ebene, was keine eindeutigen Rückschlüsse auf das Verhältnis in Deutschland zulässt. Das ist aber nicht so wichtig, vielmehr erscheint mir folgendes Zitat von Bedeutung zu sein:

„Andere Faktoren betreffen Veränderungen der Qualifikationsnachfrage. Auf globaler Ebene sind zwei Trends zu beobachten. Erstens steigt der Anteil niedrigqualifizierter Arbeit etwa im Bereich Sicherheit und spezifischer Arbeitsfelder in der Pflege und Betreuung. Zweitens steigt der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften, etwa auf dem Feld der elektronischen Datenverarbeitung oder im juristischen Bereich. Im Gegensatz zu diesen Zunahmen gehen Arbeitsplätze auf der mittleren Qualifikationsebene etwa im Bürobereich bei Buchhaltern und Büroangestellten zurück.“

Ich schrieb oben über Arbeiten die dringend zu erledigen sind. Ob nun die für deren Sanierung benötigten Pflasterer oder Steinsetzter oder für die anderen Aufgaben die LehrerInnen, die KindergärtnerInnen, und besonders das dringend benötigte Pflegepersonal – bei allen handelt es sich um qualifizierte Arbeitskräfte. Diese Qualifikationen sind in der mittleren bzw. höheren Qualifikationsebene einzuordnen. Auch für die Sicherheitsbranche und selbst die Reinigungsbranche trifft dies zu.

Wenn also die Nachfrage nur nach den niedrig qualifizierten Arbeitskräften besteht, dann bedeutet das einen Mangel an qualifizierten Stellen. Wer in einigen dieser Berufsgruppen nur noch niedrig qualifizierte Arbeitskräfte einzustellt, der fordert geradezu heraus, dass an der Qualifikation und somit an der Qualität gespart wird.

Der Wegfall von den in der Pressemitteilung genannten Buchhaltern und Büroangestellten ist die logische Folge der Computertechnik, die anderen vorstehend genannten Berufsgruppen werden im Gegensatz dazu nicht überflüssig.

Der Bedarf an den hochqualifizierten EDV-Spezialisten und Juristen mag durchaus bestehen, aber was nützen diese uns wenn die Infrastruktur zusammenbricht?

Mein Fazit:

Es wird Zeit, dass man die Arbeit in ihrer Gesamtheit nach der gesellschaftlichen Relevanz beurteilt. Die Infrastruktur der Städte, Gemeinden und Länder, das Bildungssystem, der Pflegebereich und andere wichtige Aufgaben dürfen nicht weiter durch Unterfinanzierung leiden.

Ein Hinweis am Rande:

Die Einkommens- und Vermögensunterschiede sollten natürlich abgebaut werden. Aber an die Vermögenden der Appell „Nehmt euch ein Beispiel an den Bürgern früherer Zeiten!“, die waren nicht perfekt aber sie taten etwas für ihre Kommune.

spruch