Der (t)Witterer

„Ich witter was auf Twitter mag für Nichtnutzer dieses Mediums unverständlich sein, aber das Wortspiel „twittern“ und „wittern“ reizt mich einfach. Der Witterer ist allerdings nicht an dieses Medium gebunden.
Selbstverständlich sind die Themen und Besorgnisse der Witterer ernst zu nehmen, aber nicht nur der alte weiße Mann vom Tegernsee, nein auch der aus Leipzig (also ich) haben da manchmal so unsere Probleme.
So wird also im genanntem Medium jede Einlassung von den Witterern auf Angriffspunkte untersucht. Fündig werden diese Spürhunde (oder sollte man von Trüffelschweinen reden?) immer – es ist schwer ihnen zu entgehen. Noch schwerer ist es mit ihnen ins Gespräch zu kommen – sie wollen es nicht #ausGründen.
Beim Thema Rassismus ist das deutlich zu sehen. Alles was eine nichtweiße und nicht-bio-deutsche Person angreift ist in erster Linie rassistisch – unabhängig vom Kontext.
Obwohl der gemeine Witterer die Religion als „Opium für das Volk“ ablehnt, handelt er doch geradezu pseudo-religiös. Für ihn unterliegen wir weißen und deutschen Menschen der doppelten Erbsünde des weiß und deutsch sein – im Gegensatz zur römisch-katholischen Erbsünde gibt es dafür aber keine Entsühnung. Man sehe nur den Hashtag „Nazienkel“ der in den letzten Tagen die Runde macht. Mich erinnert das an die Bibel [Ez 18.2]:

„Die Väter essen saure Trauben und den Söhnen werden die Zähne stumpf?“

Allerdings, es erinnert nur daran denn im Volltext steht davor: „Wie kommt ihr dazu, im Land Israel das Sprichwort zu gebrauchen:…“ – die Erbsünde ist selbst für den Propheten eine Schimäre. Selbst unter katholischen Gesichtspunkten betrachtet ist die Theorie der Witterer nicht zutreffend – absurd wäre ein schwacher Begriff dafür.
Halten wir uns also lieber an den Propheten Ezechiel [18.20] und sagen:

„Nur wer sündigt, soll sterben. Ein Sohn soll nicht die Schuld seines Vaters tragen und ein Vater nicht die Schuld seines Sohnes. Die Gerechtigkeit kommt nur dem Gerechten zugute und die Schuld lastet nur auf dem Schuldigen.“

Damit habe ich den Witterern natürlich Futter gegeben, sie werden sagen: „Er relativiert die Geschichte, er bestreitet unsere besondere Verantwortung die aus unserer Geschichte resultiert und so weiter und so fort.“
Die Witterer wissen selbst, dass das Bullshit ist, weder tue ich das eine noch das andere. Es gibt für mich keine Erbsünde – es gibt keine Erbschuld – es gibt nur Verantwortung die aus der Geschichte einer Nation, oder auch einer Familie entsteht.
Die Witterer folgen einfach ihren Ur-Instinkten. Diese bestehen darin alles was nicht ihrem Denkschema entspricht (obwohl Denkschema impliziert Denken) zu zerpflücken und nieder zu machen.
Da wir hier schon den religiösen Aspekt betrachtet haben, verfälsche ich jetzt das berühmte Jesus-Zitat:

„Herr vergib ihnen nicht, denn sie wissen was sie tun!“

Sie tun denkenden Menschen auf jeden Fall nichts Gutes.

Bildnachweis: CCO Creative Commos by Roy Bury – Thank you

#Aufstehen oder sollte man lieber liegen bleiben?

Einleitend sei gesagt, dass ich Sahra Wagenknecht als Politikerin achte und auch viele ihrer Gedanken (z.B. in „Reichtum ohne Gier“) gut, richtig und auch diskussionswürdig finde. Jetzt hat sie also eine „Sammlungsbewegung“ mit dem Namen Aufstehen gegründet und reflexartig wird sie für diese Gründung von der linken Seite her angegriffen.
Ich frage mich: „Warum verzetteln sich die linken Parteien immer wieder in Grabenkämpfen?“

Die Person Sahra Wagenknecht

Ich kenne Sahra natürlich nicht persönlich, aber ich weiß, dass sie schon immer polarisiert. Als leitendes Mitglied der Kommunistischen Plattform innerhalb der damaligen PDS galt sie lange als linksextrem – so ist sie mir auch noch gut in Erinnerung. Als politisch-ökonomische Publizistin erreichte sie Leserkreise die gewöhnlich nicht als linke Sympathisanten auftreten und als Rednerin im Bundestag war sie nach Gregor Gysi eine der beliebtesten Personen der Linken in vielen Bevölkerungskreisen. Für eine Parteifunktion ist sie, meines Erachtens nach, allerdings völlig ungeeignet. Sie ordnet sich keiner Parteidisziplin unter und sagt ihre Meinung – das ist schon wieder sympathisch – leider bekommt sie dafür oft Beifall von der rechten Seite, allerdings macht das ihre Aussagen nicht automatisch zu rechten Aussagen.

Beispiel „Kriminelle Schlepperbanden“

In einem Gastbeitrag traf Sahra, gemeinsam mit Bernd Stegemann diese (verstörende) Aussage:

Die politisch sinnvolle Grenze verläuft nicht zwischen den Ressentiments der AfD und der allgemeinen Moral einer grenzenlosen Willkommenskultur. Eine realistische linke Politik lehnt beide Maximalforderungen gleichermaßen ab. Sie unterstützt die vielen freiwilligen Helfer in der Zivilgesellschaft, die sich um die Integration der Flüchtlinge kümmern. Und zugleich lässt sie sich nicht von kriminellen Schlepperbanden vorschreiben, welche Menschen auf illegalen Wegen nach Europa gelangen.“

Ich möchte nicht auf den Begriff „grenzenlose Willkommenskultur“ eingehen sondern auf die „kriminellen Schlepperbanden“. Ein Ergebnis der Aussage war nämlich, dass sie von links angegriffen wurde – sie würde gegen geflüchtete Menschen* sein.
Meine Meinung ist, trennen wir doch mal die Themen geflüchtete Menschen, Seenotrettung und Schlepper.

– Die meisten der geflüchteten Menschen sind vor Gewalt, Krieg, Hunger und Elend geflohen – ergo: Sie sind in Not.

– Die meisten Schlepper haben ein knallhartes Geschäftsmodell: Für viel Geld bringen sie geflüchtete Menschen bewusst in Seenot.

– Die Seenotretter machen das, was ihnen das menschliche Gewissen befiehlt: Sie retten die in Not befindlichen Menschen.

Merkt ihr etwas?

Dieser Zustand ist untragbar, er bedeutet in keiner Weise eine „sichere Passage“ für geflüchtete Menschen – der Einsatz der Seenotretter minimiert nur die Zahl der Todesopfer. Die Schlepper treffen nach pekuniären Gesichtspunkten eine Vorauswahl unter den geflüchteten Menschen – sie entscheiden wer durch die Seenotretter gerettet werden darf. Opfer nehmen sie bewusst in Kauf – diese interessieren sie nicht – Hauptsache ist, dass die Kasse stimmt. Die anderen geflüchteten Menschen, also diejenigen die kein Geld haben, sterben einen leisen Tod in der Wüste oder sitzen in überfüllten Flüchtlingslagen in anderen Ländern, in Ländern die selbst arm sind.
Und jetzt lest die Aussage im Gastbeitrag noch einmal.
Ich hätte mir an dieser Stelle allerdings einen Entwurf für die Unterstützung der geflüchteten Menschen gewünscht – einen akzeptablen Entwurf.

Jetzt doch noch eine Einlassung

Ich komme doch noch auf die „Grenzenlose Willkommenskultur“ zurück. Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass in Kürze eventuell die Menschen auf der Flucht sind, vor denen heute Menschen fliehen. Konkret könnte das bedeuten, Assad-treue Syrer fliehen nach einem Sturz des Assad-Regimes zu uns und treffen hier auf ihre Opfer. Ich rede hier nicht von Regierungsmitgliedern (die kommen mit Flugzeugen und haben Geld) sondern von ihren „willigen Vollstreckern“ – also von den Menschen die dann von Schleppern in seeuntüchtige Boote gesteckt werden. Wenn diese auf der Flucht sind, dann sind sie in Not – wie heißen wir sie willkommen?

Zurück zu #Aufstehen

Ich bin der Meinung, dass diese Aktion sinnvoll ist. Den Begriff „Sammlungsbewegung“ sehe ich persönlich kritisch, er weckt Befürchtungen bei den linken Parteien (Konkurrenz) und Hoffnungen bei den Menschen (sie sehen hier eine Bewegung wie „En Marche“) – ich sehe darin eher eine Plattform auf der sich progressive Menschen ohne parteipolitische Einschränkungen austauschen können. Auf dieser Plattform könnten die linken Parteien neue Ideen finden für ihre weitere Politik. Ich hoffe, dass sich Sahra hier nicht auf einen missionarischen Trip begibt und sich als Schulmeisterin des linken Spektrums geriert. Dafür schätze ich allerdings ihre Intelligenz zu sehr, außerdem liegt das ja an den Teilnehmern.
Am Ende könnte daraus etwas werden woraus die linken Parteien dazu befähigt werden:

Getrennt marschieren – vereint schlagen!

Also redet es nicht von vornherein kaputt.

* Ich vermeide den Begriff „Flüchtlinge“ die Gründe dafür lest ihr hier.

Bildnachweis: CCO Creative Commos by geralt – Thank you

Hotline – Callcenter – Bild-Zeitung

Dass die Bild Unsinn schreibt – oder auch Tatsachen in abweichender Form präsentiert, das ist nicht nur mir bekannt. In letzter Zeit hat sie sich auf die Callcenter-Branche, in der ich arbeite, eingeschossen.

Ich will das nicht unkommentiert lassen.

Wie unschwer aus der Überschrift zu sehen, geht es um die Arbeitenden an den Hotlines und somit in den Callcentern.

Die letzten Beiträge in „Deutschlands größter Tageszeitung“ stellten die Lage so dar, als ob dort nur inkompetente, faule, betrügerische und unterbezahlte Menschen arbeiten. Den letzten Punkt kann man vielleicht so stehen lassen – der Rest ist eine „urban Legend“, die eben von solchen „Qualitätsjournalisten“ und „Zeitungen“ willfährig bedient, besser gesagt geschaffen, wird.

Hotline – technische Support

Das ist mein Arbeitsgebiet, ich mache diesen Job schon eine Weile und meist auch gern. Wer Interesse hat, kann dazu einiges hier lesen. Im heutigen Artikel:

Die größte Telefonaktion zu DSL- und Mobilfunk-Ärger

verspricht die Bild nun, dass morgen „Im ersten Anlauf geholfen wird“ – das haben die Anbieter der Bild versprochen.

Unsere tägliche Arbeit

Genau das ist es, im ersten Anlauf helfen – das machen wir täglich. Aber es gibt da Missverständnisse mit den Kunden. Wenn ich selbst Kunde bin, dann muss ich mir das auch immer wieder in Erinnerung rufen.

Der erste Anlauf

Ich weiche mal vom Callcenter ab und gehe auf meine alte Arbeit, also Pannenhilfe und Abschleppdienst im Auftrag des ADAC, zurück. Es war Samstagnacht, kalt und nass, ein Kunde aus Bayern stand mit seinem defekten Auto auf der A1 bei Bremen. Er war ADAC-Mitglied und hatte Anspruch auf Pannenhilfe oder Abschleppen zur nächsten Werkstatt. Das Auto hat einen Motorschaden, also nichts mit Pannenhilfe, ich schleppte es zur nächsten Werkstatt und bot dem Kunden an ihn zu einem Hotel zu fahren oder ihm einen kostenpflichtigen Mietwagen zur Verfügung zu stellen. Das war „im ersten Anlauf geholfen“, auch wenn der Kunde seine Fahrt nicht wie geplant fortsetzen konnte.

An der Hotline

Nochmal, dort sitzen meist gut ausgebildete und kompetente Mitarbeiter, versehen mit modernster Technik zur Behebung von Fehlern, die mit Fernwartung behebbar sind. Oft beschäftigen wir uns auch mit dem „Fehlerbild User“, welches nicht selten auftritt. Trotzdem ist die „Hilfe im ersten Anlauf“ oft, also öfter als uns lieb ist, z.B. der Einsatz eines Außendienst-Technikers vor Ort. Der muss terminiert werden und kann oft nicht so schnell erscheinen wie der Kunde es sich wünscht – wir würden die Kollegen gern sofort schicken, leider ist das oft nicht möglich.

Es wird wohl noch schlechter werden

Grund dafür sind weniger die Tekommunikations-Anbieter, es wollen einfach zu wenige junge Menschen diese Berufe erlernen und ein erheblicher Teil der Service-Techniker ist näher an meinem Alter, als in dem zwischen 25 und 35 Jahren.

Fazit zum Bild-Arikel

Dieser Artikel suggeriert, dass die Bild die Kunden rettet und uns ins Gesäß tritt. In Wirklichkeit machen wir diese Arbeit täglich – an 365 Tagen im Jahr und oft 24 Stunden am Tag (für die Korinthenkacḱer: Hier ist natürlich Schichtarbeit gemeint).

Jetzt Ihr, liebe Kunden und Bild-Joournalisten – Habt ihr schon mal daran gedacht bei uns zu arbeiten?

Bildnachweis: CCO Creative Commos by geralt – Thank you