Social Media als virtueller Kneipentisch

schöne Überschrift (Schulter klopf), wie komme ich darauf?

Heute früh, gegen 08.00 Uhr stellte Mirko einen Beitrag bei Google+ ein, zu einem Artikel auf sueddeutsche.de .

Im Verlaufe der Diskussion, die allerdings zum Dialog ausartete  😉 kamen wir auf das Image des Bankers zu sprechen und Mirko stellte folgende These in den Raum:

Gerade Social Media bietet enorm gute Möglichkeiten, die Menschen zu zeigen, die in Banken Gutes und wertvolles tun.

Wie gewohnt geht es mir ja nicht um die Banken und Banker, oder um deren Image. Es geht mir um Social Media. Um die Einflüsse die Social Media auf unsere Meinungsbildung hat und auf die von Mirko angesprochenen Möglichkeiten.

Dazu meine Ausführungen aus dem „trauten Zwiegespräch“.

Nehmen wir Social Media als virtuellen Kneipentisch. Einer, der Mirko, postet einen Artikel über unzufriedene Bankkunden. Er ist aber selbst mit seiner Bank zufrieden. Nun kommen 99, von 100, Kommentare die negative Erfahrungen bestätigen. Schauen wir aber nach, dann sind es ca. 95 die nur von Gehörtem und Gelesenem berichten. 4 sind eigene Erlebnisse und der eine positive läuft ja mit seiner gegenläufigen Meinung in Gefahr als Unterstützer der Banken verunglimpft zu werden. Obwohl er nur sagt, dass er mit seiner Bank zufrieden ist.
Hier sehe ich die „enorm guten Möglichkeiten“ von Social Media anders als Du, weil die Menschen eben am virtuellen Kneipentisch agieren.

Mirko widersprach dem natürlich, indem er darauf verwies, dass Meinungsbildung doch etwas subtiler abläuft, worauf ich meine Auffassung folgendermaßen begründete. Wie gewohnt anhand eines Beispieles.

Ein Bild (Artikel) sagt mehr als tausend Worte (im Handelsblatt oder so). Warum? Weil er kurz ist und gelesen wird. Das ist eben die „Kneipentisch-Kommunikation“. Ein unzufriedener Kunde erzählt die negative Begebenheit 10 Leuten, ein zufriedener Kunde meist niemandem. Warum nicht? Weil es normal sein sollte, dass ich zufrieden bin mit einer Leistung die ich bezahle. Meist wird Zufriedenheit mit der Bank (um beim Beispiel zu bleiben) nur als Untermauerung eines unbefriedigenden Zustandes, also als Ausnahme, geäußert. (gemeint ist hier, dass jemand sagt, die Banken sind schlecht, die Banker Verbrecher, aber ich habe auch schon etwas positives erlebt.)

Das ist ja nun eigentlich der (für mich normale) Ablauf der Kundenresonanz auf ein Unternehmen und seine Leistungen.

Wie will man das im Social Media nun beeinflussen und geht das überhaupt?

Wenn ich mich also im einzigen Netzwerk (Google+) in dem ich aktiv bin umschaue, dann erhärtet sich meine Auffassung vom virtuellen Kneipentisch, der Ausdruck ist nicht negativ gemeint, er gefällt mir nur. Der Unterschied zum realen Kneipentisch ist, dass die Runde größer ist und die Akteure Zeit zum Verfassen ihrer Kommentare haben.

Ansonsten haben wir die Ausgangssituation, dass Themen angesprochen werden, untermauert mit Quellen (die teilweise einer Prüfung nicht standhalten) und dann emotional darüber diskutiert wird. Für die Bewertung des Themas ist der allgemeine „Zeitgeist“ entscheidend, in unserem Beispiel sind Banken und Banker also die Bösen. Unabhängig von anderen Quellen und eigenen Erfahrungen werden also gezielt weitere Quellen gesucht (und gefunden), die diese Bewertung stützen. Es entsteht ein Konsens, gegen den man kaum „anstinken“ kann. Wo sind also die enorm guten Möglichkeiten für die Gegendarstellung?

Was ist also von der Imagepflege durch Social Media Experten zu halten?

Hat jemand eine Idee?

Ich bleibe dabei, es ist ein Kneipentisch, aber ein guter. Sonst wäre ich ja auch schon aufgestanden und gegangen.

De mortuis nihil nisi bene

Über die Toten nur Gutes – so sagt man und ich will über Steve Jobs auch nichts Schlechtes sagen.

Aber muss denn immer zwischen Heiligsprechung und Verteufelung polarisiert werden? Beide Seiten sind ja nun im Internet und in den Print-Medien ausreichend zu Wort gekommen. Eigentlich hatte ich beschlossen, es bei meiner kleinen Erinnerung am Ende des Artikels über die ZEIT und das Genie zu belassen, aber der ZEIT Artikel von Josef Joffe Der Kult des Cool führte dazu, dass ich doch nochmal etwas schreibe. Aber nicht über Steve Jobs.

Eigentlich finde ich den Artikel gar nicht so übel, wenn da nicht die fast schon Heiligsprechung, vielleicht auch nur Seligsprechung, zum Schluss wäre.

Er war kein netter Mensch, aber er hat geschafft, was in der Geschichte nur wenigen gegeben war: zu revolutionieren, wie wir kommunizieren, wie wir schreiben, lesen und vielleicht auch schon denken. Gutenberg fällt einem ein; dazu die Erfinder von Dampfmaschine, Telefon, TV und Computer.

Mal ehrlich, Steve hat weder den Computer, noch das Internet und auch nicht das Mobiltelefon erfunden. Er war genial darin Trends zu setzen (nicht zu erkennen – die Trends gab es noch nicht), er hatte Visionen (wie auch andere) von der neuen vernetzten Welt und er hatte den nötigen Schuss Selbstbewusstsein, Beharrungsvermögen und durchaus auch „Brutalität“ um APPLE zu einer der führenden Firmen auf diesen Gebieten zu machen.

Das sollte doch für ein Lebenswerk ausreichen. Tut es auch.

Die Zeit (29.09.2011) 5 Wahrheiten über Europa

Am 29.09.2011 machte ich mir bei einer Zigarette und viel Kaffee meine Gedanken über einen Artikel. Am gleichen Tag auf Google+ veröffentlicht.

Donnerstag Morgen – Zeit für DIE ZEIT

Und was ist da zu lesen? Aufmacher auf Seite 1:
5 Wahrheiten über Europa und
Fragt das Volk! (über Europa)

Gut und schön, aber was ist nun mit den Inhalten?
Eine der Wahrheiten über Europa ist dem Aufmacher nach: Europa wird nie bürgernah sein(Seite 3)

Warum eigentlich nicht?
Da haben wir ja schon das Problem, welches mit diesem Fragt das Volk! zusammenhängt.
Demokratiedefizite, oder auch das Fehlen von Demokratie.
Aber mal zu den Grundlagen. Nehmen wir also das große Europa und Hans Franz und Lieschen Müller aus Klein-Kleckersdorf, geschüttelt mit folgendem Zitat von Alexis de Tocqueville (1805-1859) in Über die Demokratie in Amerika :

In Europa kommt es oft vor, dass die Regierenden selber den Mangel an Gemeindegeist bedauern; denn alle stimmen darin überein, dass der Gemeindegeist ein wichtiges Element der Ordnung und der öffentlichen Ruhe bildet; aber sie wissen nicht, wie man ihn hervorbringt. Sie fürchten die Aufteilung der gesellschaftlichen Macht und für den Staat die Gefahren der Anarchie, wenn sie die Gemeinde stark und unabhängig werden lassen. Wo aber der Gemeinde die Stärke und die Unabhängigkeit entzogen wird, kann es immer nur Verwaltete, nie aber Bürger geben.

Setzen wir nun mal probehalber für Gemeinde die Worte GemeindeBundesland und Bundesrepublik einsetzen und für den Staat nehmen wir Europa. Dann ergibt sich folgendes Bild.
Hans Franz und Lieschen Müller aus Klein-Kleckersdorf sind, was ihre Interessenlagen betrifft, natürlich in erster Linie an ihrem eigenen Wohlbefinden interessiert, das ist menschlich normal. Nun kommt aber der Blickwinkel auf die Gesellschaft, dort sehen sie in der Reihenfolge zuerst ihre Gemeinde, dann ihr Bundesland, dann die Bundesrepublik und erst dann Europa. Das ist menschlich und auch richtig.
Das ist die Grundlage für die Demokratie!
Die jetzige Europapolitik ist nicht demokratisch, da Europa (also die EU) ein von der Administration geschaffenes Kunstgebilde ist. Hans Franz und Lieschen Müller können sich also nicht mit Europa identifizieren, weil zwar die Bundesrepublik per Regierungsbeschluss zu Europa gehört, die Beiden und somit Klein-Kleckersdorf sich aber nicht zugehörig fühlen.
Nun aber nochmal der Abschlußsatz des Zitates:

Wo aber der Gemeinde die Stärke und die Unabhängigkeit entzogen wird, kann es immer nur Verwaltete, nie aber Bürger geben.

Hans Franz und Lieschen Müller aus Klein-Kleckersdorf fühlen sich also nicht als Bürger Europas, sondern als Verwaltete.
Somit kann also Europa nie bürgernah sein, weil es den europäischen Bürger nicht gibt.

Das soll nun aber nicht bedeuten, dass ich gegen die europäische Einigung bin.
Es soll eigentlich nur ausdrücken, dass es, meines Erachtens nach, noch keine Grundlagen für diese gibt. Europa kann nicht per Beschluss angewiesen werden, wie bisher. Europa muss wachsen – mit dem Bürger.
Dazu muss der einzelne Bürger einbezogen werden (also Demokratie) und natürlich informiert werden, was bedeutet Europa für ihn/sie, für die Gemeinde, für das Bundesland und für die Bundesrepublik.
Die derzeitigen Schreckensszenarien „Wir müssen Europa stärken – sonst bricht alles zusammen“ sind eher destruktiv, weil sie eine Abwehrhaltung erzeugen. Außerdem bringen sie die Rückbesinnung auf die gute alte Zeit, als alles besser war und zerstören den Gedanken an eine Europäische Union bereits im Ansatz.

Ein Gedanke noch zu dem verwendeten Zitat. Es ist natürlich schon sehr alt und vielleicht auch nicht politisch korrekt. Aber es ist schon etwas dran. Allerdings der Ausdruck Die Regierenden ist eigentlich heute anders belegt. Im Europa der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren es Monarchen (vergleichbar mit: Ludwig XIV, „L’État, c’est moi! – Der Staat bin ich!“ ). Heute sollten die Regierenden eigentlich (modernisiert nach Friedrich II „Ich bin der erste Diener des Staates“ ) die Ersten Dienstleister des Volkes sein.

Eine Lösung habe ich natürlich nicht anzubieten, ich habe eben nur mal darüber nachgedacht.