Tempolimit – eine Nicht-Diskussion

Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht in deutschen Medien. Die gute ist, die „Mutter aller Probleme“ ist in den Hintergrund des Medienhypes getreten. Die schlechte Nachricht: Über ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird genau so bescheuert berichtet.

Tempolimit und ich

Meinen alten Bekannten wird es absurd erscheinen, dass ich ein Tempolimit auf Autobahnen befürworte. Die kennen mich, nicht als Raser, aber als einen der gern schnell von A nach B fuhr und dabei, das in der DDR geltende, Tempolimit gern und oft weit überschritt. Was hat sich geändert?
Ja, ich bin alt geworden, das ist aber nicht der Grund. Schnell fahren wurde mir einfach zu anstrengend. Nicht wegen der Geschwindigkeit sondern wegen der Verkehrsverhältnisse.

Ein Beispiel:
Ich fahre mit 160 km/h auf einer dreispurigen Autobahn und bin permanent am Beschleunigen und Bremsen. Bin ich auf der dritten Spur, kommt von hinten einer der 180 oder schneller fährt und ich muss zusehen, dass ich auf die Mittelspur komme wo der Verkehr mit 130 läuft. Bin ich dort angelangt, muss ich wieder raus weil ein LKW mit 91 km/h auf die Mittelspur zieht, um einen anderen der nur 89 fährt zu überholen. Es strengt nicht nur an, es ist auch gefährlich. Bei einem Tempolimit von 130 km/h wäre es ein entspannteres Fahren. Das ist aber mein subjektives Empfinden und nicht Inhalt der Diskussion.

Tempolimit und Umwelt

Hier beginnt die sinnlose Diskussion. Wenn ein Auto bei 180 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit den auf die Fahrstrecke bezogenen günstigsten Schadstoffausstoß hat – was dann? Also in Gramm NOx oder Gramm Feinstaub auf 100 km als Richtwert gerechnet. Ich habe Kraftfahrzeugtechnik studiert und muss sagen, der ungünstigste Verbrauchswert und Abgaswert entsteht beim Beschleunigen. Also genau beim obigen Beispiel. Umweltschädlich ist dieses Verkehrsverhalten – nicht die pure Höchstgeschwindigkeit die gefahren werden darf. Also befürworte ich ein Tempolimit weil es den Verkehrsfluss verbessern würde,

Tempolimit und Raser

Michail Hengstenberg schreibt bei SPON unter der Überschrift „Mein Name ist Raser, ich kann sonst nix“ einen für diese Diskussion typischen Beitrag, in dem es unter anderem heißt:

„Die Sehnsucht, sich bei Geschwindigkeiten jenseits von 200 km/h als phänomenaler Autofahrer zu profilieren.“

Das ist bei den meisten, mir bekannten, Gegnern des Tempolimits nicht der Grund für (zu) schnelles Fahren. Abgesehen von Urlaubs- und Ausflugsfahrten, die vielleicht durch andere Mobilitätsarten reduziert werden konnten, sitzen die meisten Autofahrer gezwungenermaßen in ihren Autos und stehen unter Druck. Ob es nun der Druck ist den Arbeitsplatz rechtzeitig zu erreichen oder zu einer familienfreundlichen Tageszeit wieder zu Hause zu sein oder der Druck den nächsten Termin pünktlich wahrzunehmen – all das verleitet dazu das Gaspedal, wenn es der Verkehr zulässt, bis zum Anschlag durch zutreten.
Diesen Druck nimmt ein Tempolimit nicht weg – durch den Druck werden diese Menschen verleitet es zu überschreiten. Das erfordert dann flächendeckende Tempokontrollen und Bußgelder – am Besten eine flächendeckende Verkehrsüberwachung mit anlassloser Erfassung aller Verkehrsteilnehmer. Der „feuchte Traum“ der Überwachungsfanatiker.
Die Verminderung des auf den Verkehrsteilnehmern lastenden Zeitdrucks ist eine Aufgabe die mit einem Tempolimit nicht gelöst werden kann. Das Tempolimit kann aber durch die Verbesserung des Verkehrsflusses den Stress beim Autofahren vermindern.
Die Menschen, die unter Druck stehend schnell und riskant fahren als „Raser“ zu diffamieren ist leicht, aber kontraproduktiv für eine, momentan nicht stattfindende, Diskussion über ein Tempolimit.

Das Tempolimit und seine Gegner

Als Gegner eines Tempolimits können die Automobilindustrie, die Kraftstoffproduzenten und alle mit ihnen verbundenen Gewerke und Interessengruppen bezeichnet werden. Wer würde schon ein Auto kaufen welches über 200 km/h bei, hohem Kraftstoffverbrauch und hohem Instandhaltungsaufwand, fahren kann, wenn er/sie nur 130 km/h fahren darf. Welche Bedeutung hätte ein Crashtest bei 180 km/h für die Sicherheit der Insassen bei einem Tempolimit? Aber auch viele Arbeitgeber, nicht nur im Transportgewerbe, sind gegen ein Tempolimit. Sie zwingen heute viele Arbeitnehmer durch Bereitstellung schneller Dienstfahrzeuge und Forderung nach immer kürzeren Reisezeiten zum schnellen und riskanten Fahren. Wenn eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 135 km/h für eine Dienstfahrt (als Reisezeit) angesetzt wird, dann ist der Arbeitnehmer gezwungen schnell und riskant zu fahren.
Es liegt in der Natur der Sache, dass sie den Arbeitnehmern – oder im erst genannten Fall den Kunden – ein Tempolimit als Verbot und Angriff auf die automobile Freiheit kommunizieren.

Tempolimit, Medien und Politik

Werden im oben erwähnten Artikel die Autofahrer, die ein Tempolimit ablehnen, als Raser tituliert und ihnen Motive die auf Potenzprobleme hindeuten angedichtet, so bezeichnen andere Medien und auch Politiker ein Tempolimit wahlweise als „Lösung der Umweltprobleme“ oder als „Ende der Freiheit in Deutschland“ bzw. als „Anschlag auf den Industriestandort“ oder wie Andreas Scheuer als: „gegen den gesunden Menschenverstand“ – was allerdings weniger über Menschen als über seine Auffassung von Verstand aussagt.
Auch in den (a)sozialen Medien äußern sich sowohl Politiker als auch Journalisten zum Tempolimit mit zweifelhaften Thesen.
So schreibt der Journalist der WELT:


Wobei der Journalist wissen sollte, dass „rasen“ eben unverantwortlich ist und er damit genau das Klischee des Rasers erfüllt.
Aber auch die Gegenseite bringt über Umfragen, deren Wert seit Brexit, Trump u.a. strittig ist, Klischees ins Spiel und verhärtet die Fronten.

Wie in der Diskussion über Migration und ihre Folgen wird aus Argumentation, die wichtig wäre, reine Propaganda.

Fazit

Es findet momentan keine wirkliche Diskussion über ein Tempolimit statt. Der mediale Dauerbeschuss nicht etwa mit pro und contra sondern mit „Vernunft und Verbot“ mit „Freiheit gegen Umwelt“ und ähnlichen Auswüchsen steht einer Diskussion und dem Finden einer Lösung im Wege.
Wie oben beschrieben bin ich für ein Tempolimit und kann es für mich begründen – wenn alle Befürworter und Gegner das auch machen würden, dann kämen wir einer Lösung näher.

Anmerkung: Der Autor hat selbstverständlich nur einen begrenzten Einblick in das Thema – so wie jeder. Er ist Ingenieur für Kraftfahrzeugtechnik und hat als Fahrer im Abschlepp- und Bergungsdienst 15 Jahre lang unter anderem die Fahrzeuge von Rasern von den Autobahnen seiner Einsatzgebiete entfernt. Vielleicht gibt es Leser die sich an ihn erinnern.

Bildnachweis: Header under CCO by Schwoaze

Das Kanzleramt warnt

nicht vor Ebola oder IS, nein es warnt die Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestags und einige Redaktionen, wie SPON und netzpolitik. Die Verwarnung wird wegen, eindeutig so deutlich benannt, Geheimnisverrats ausgesprochen.

Im SPON-Artikel heißt es:

Das Bundeskanzleramt behält sich juristische Schritte vor, sollte es zu weiteren mutmaßlichen Leaks aus dem Ausschuss kommen.

Das wäre schon lustig zu nennen, wenn es nicht tragisch wäre.

Erinnern wir uns, Edward Snowden hat als Whistleblower (nach Kanzleramt also Verräter) Dokumente der NSA geleakt, die erst zum NSA-Untersuchungsausschuss führten.

Dieser Ausschuss beschäftigt sich also mit Ergebnissen die aus geleakten, sprich durch Geheimnisverrat bekannt gewordenen, Dokumenten gewonnen wurden. Ohne diese würde es den Ausschuss nicht geben.

Ohne Jurist zu sein, sehe ich in der Warnung des Kanzleramtes die eindeutige Nachricht:

Geheimnisverrat ist strafbar!

Fazit: Edward, tu Dir den Gefallen und komm nicht hier her!

P.S. Ihr könnt jetzt aufhören die Bundesregierung wegen „Asyl für Snowden“ anzuschreiben.

Georg Diez vs. Alice Schwarzer

oder wenn ein Hund einen Baum anpinkelt.

Ehrlich, was Alice Schwarzer betrifft bin ich sehr zwiegespalten. Ich mag ihre Bücher, ihr früheres Auftreten in Talkshows und ihre Scharfzüngigkeit. Dass sie ihre Meinung als eine neue Version der Heilsgeschichte ansieht ist eine Sache die ich nicht mag.

Aber hat sie das verdient?

Einleitend sei gesagt. Ich bin gegen das Verbot der Prostitution und die Verfolgung der Freier. Grund dafür ist die Befürchtung des endgültigen Abwanderns der Prostitution in den Untergrund und somit eine Zunahme der Zwangsprostitution. Was nun die Freier betrifft, da ist die Sache noch einfacher. Ob Alice Schwarzer dies beabsichtigt oder nicht, mit der Forderung unterstützt sie die Apologeten des Überwachungsstaates. Das wäre der Alice Schwarzer in den 70ern nicht passiert.

Aber nun zu Georg Diez.

Die Frage steht doch erst einmal „Was hat das mit Lust zu tun?“

Die Aussage in der Einleitung des Artikels ist so grottenschlecht

Er lässt es nicht zu, dass Frauen und Männer selbst entscheiden, was sie mit ihrem Körper tun und wie sie mit ihrer Lust umgehen.

Er ist natürlich an der Stelle der Feminismus. Der von Alice Schwarzer.

Was hat die Prostitution mit Lust zu tun? Und wenn ja für wen?

Ich habe ehrlich gesagt keine Erfahrungen mit dem Gewerbe, weder von der einen noch von der anderen Seite. Aber meine männlichen Freunde und Bekannten die diese Dienstleistung bereits in Anspruch nahmen haben da nie von Lust gesprochen. Trieb, Geilheit, Neugier usw waren genannte Motive. Die weiblichen die dort tätig waren oder sind sprachen auch nicht von Lust.

Wie gesagt, ich bin gegen ein Verbot ob es nun eine Alice Schwarzer fordert oder wer sonst. Diez lässt nun aber nicht locker. Er verbeißt sich in das Thema.

Und so steht in diesem Fall Regelwahn gegen Realismus, was in der Debatte um Prostitution zu sehr unangenehmen Konsequenzen führt – gerade wenn es darum geht zu beschreiben, was ein Mensch ist und was ein Mensch tut: Und darum geht es beim Sex nun mal.

Das von Alice Schwarzer geforderte Verbot erfüllt durchaus die Voraussetzungen des Regelwahns. Aber wo bitte ist der Realismus den Diez einfordert? Und worum geht es beim einvernehmlichen Sex? Einvernehmlich egal ob mit oder ohne Bezahlung.

Ein Berufsstand „Hure“ oder „Stricher“, das ist keine Beleidigung sondern die Selbstbezeichnung vieler die in der Branche arbeiten, mit gesellschaftlicher Akzeptanz als Dienstleister in dieser Branche, Schutz durch den Staat usw wären doch Forderungen die man in einem Forum wie SPON abarbeiten könnte.

Aber nein, die Abarbeitung an Alice Schwarzer ist einfacher und vor allem völlig sinnlos.

DER KRITIKER heißt die Kolumne, Kritiker kritisieren eben nur.