Was macht das Europaparlament, wie wirkt sich das, auch auf Sachsen, aus? Ich habe nachgeschaut und nachgefragt.

Ich auf der Pressetribüne des Plenarsaals

Hinweis: Der Blog-Artikel ist jetzt abgeschlossen

Grund dafür ist, unter anderem, dass die Redaktion meint eine Reise nach Strasbourg und alle daraus entstehenden Artikel, auch die politischen Interviews, gehörten in die „Reise“-Rubrik. Zwischen Kreuzfahrten und Wanderwegen finde ich diese aber deplaziert.

Update: Inzwischen gibt es eine Kategorie Politik / Europa – das ist schon mal gut.

Los ging es am frühen Morgen des 10. März, ab Leipzig-Hauptbahnhof mit der Bahn. Leider mit Verspätung und verpassten Anschlusszügen, dafür lernet ich ausführlich die Verspätungsgründe kennen.
Auch über den Verkehr in Strasbourg konnte ich etwas berichten und die, gleich mit beschriebene, Heimfahrt am 13. März begann mit einem Zugausfall.
Komplett ist das im Artikel:
Vier Tage im Europaparlament Strasbourg: Wenn einer eine Reise tut
zu lesen.

Selbstverständlich musste ich mich im Parlamentsgebäude erst einmal orientieren, es ist quasi ein Irrgarten. Die Themenvielfalt der Woche war beeindruckend, von europäischer Sicherheitspolitik über Unterstützung für die Ukraine, Fahrplan für Frauenrechte, Landwirtschaft bis hin zu einem Aktionsplan für die Automobilindustrie war vieles dabei.
Ich sprach auch mit der ersten sächsischen Europaabgeordneten Anna Cavazzini, die für Bündnis 90/Die Grünen gewählt wurde, über ihre Motivation und die Herausforderunge für das Familienleben durch das Mandat. Weiterhin ging es um Schlussfolgerungen auf die Veränderungen in den Beziehingen Europa – USA, Verbraucherschutz, die neue Zusammensetzung des Europaparlaments und Frauenrechte. Nachzulesen ist das unter:
Vier Tage im Europaparlament: Themen, Irrgarten und Interview mit Anna Cavazzini

Eine der Hauptpunkte der Plenarwoche war die europäische Sicherheitspolitik, am 11. März gab es dazu eine Aussprache im Parlament mit anschließender, durchaus kontroverser Diskussion. Ich berichtete kurz über einige Beiträge und auch darüber wie die Pressearbeit organisiert ist. Martin Schirdewan von den Linken traf ich zum Gespräch über Persönliches, die Frage wie man sich aus der Abhängigkeit von den USA, im wirtschaftlichen und digitalen Bereich, lösen kann und nach seiner Meinung zu den Waffenstillstandverhandlungen im Ukrainekrieg.
Vier Tage im Europaparlament Strasbourg: Pressearbeit, Sicherheitspolitik und Interview mit Martin Schirdewan

Im Gespräch mit Mathias Ecke, dem Abgeordneten der SPD aus Sachsen, ging es, nach persönlichen Fragen, um das Europäische Semester für wirtschaftliche Koordinierung und den Aktionsplan für die Automobilindustrie. Was ist das „Europäische Semester“ eigentlich, istd das Verbrenner-Aus noch gültig und was ist mit den Änderungen bei den Flottengrenzwerten. Als Mitglied im Ausschuss für Regionale Entwicklung gab er auch Auskunft, was er für Sachsen bewegen kann und will.
Ortstermin in Strasbourg: Matthias Ecke, Europaabgeordneter der SPD aus Sachsen

Im nächsten Artikel ging es nochmal um das Europäische Semester für wirtschaftliche Koordinierung und den Aktionsplan für die Automobilindustrie und die Diskussionen im Parlament dazu. Weiterhin schilderte ich den Ablauf der Abstimmungen.
Vier Tage im Europaparlament Strasbourg: Europäisches Semester, Abstimmungen, Aktionsplan Automobilindustrie

Oliver Schenk ist Europaabgeordneter der CDU und kommt ebenfalls aus Sachsen. Er gehört unter Anderem dem Ausschuss für öffentliche Gesundheit an, was die Frage: „Wie können wir die Arzneimittel-Versorgung stabilisieren?“ logisch erscheinen ließ. Auch hier war die Abhängigkeit der europäischen Länder von, besonders den asiatischen, Märkte ein Thema. Auch Fragen der Forschung und Entwicklung standen im Raum.
Ortstermin in Strasbourg: Oliver Schenk (CDU) zu kritischen Arzneimitteln

Axel Voss ist Jurist und vielen noch von den Protesten gegen die Europäische Urheberrechtsreform (Artikel 13), im Jahr 2019, bekannt. Ich hätte, als Pirat, damals nicht gedacht, dass ich einmal mit ihm sprechen würde. Das habe ich ihm auch vor dem Gespräch so gesagt. Nichtsdestotrotz haben wir am 11. März, in seinem Abgeordnetenbüro in Strasbourg, über Freiheit im Internet, Regulierung in Social Media, den Digital Service Act und auch über Urheberrecht.
Ortstermin in Strasbourg: Axel Voss (CDU) zu Freiheit im Internet, Regulierung von Social Media und Urheberrecht

Mit dem Gegenpart, bei der Diskussion um Artikel 13, zu Axel Voss, dem Europaabgeordneten der SPD Tiemo Wölken, sprach ich am 12. März im Europaparlament zm Thema Digitale Souveränität Europas und „Wie kann sich Europa aus der Abhängigkeit, im digitalen Bereich, von den USA und China lösen?“.
Ortstermin in Strasbourg: Tiemo Wölken (SPD) zur Digitalen Souveränität für Europa

Es hat in Strasbourg nicht geklappt, aber das Gespräch mit Riho Terras, dem Europaabgeordneten aus Estland und stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für für Sicherheit und Verteidigung, konnte am 19. März per Zoom nachgeholt werden. Auf Grund der Länge habe ich es zweigeteilt. Im ersten Teil sprachen wir über die Sicht eines direkt betroffenen Nachbarn auf Russland, die Ukraine und Putin.
Der andere Blick auf Russland: Gespräch mit Riho Terras, Europaparlamentarier aus Estland

Was kann, was muss Europa tun, um fähig zur Verteidigung zu sein? Wer macht jetzt schon was? Beschlüsse und Ziele im Europaparlament. Teil 2 des Gespräches mit Riho Terras, Europaabgeordneter aus Estland.
Wie kommen wir zu einer europäischen Sicherheitsarchitektur? Gespräch mit dem estnischen Parlamentarier Riho Terras

Bei meinem Aufenthalt im Europaparlament musste ich selbstverständlich auch mit Abgeordneten von Kleinparteien aus Deutschland sprechen, die als Einzelkämpfer ihre Partei dort vertreten. Aus Zeitgrüden ist es bei einem Gespräch geblieben, ich sprach mit Manuela Ripa von der ÖDP darüber was Kleinparteien, bzw Einzelabgeordnete, überhaupt bewegen können und über Verbraucherschutz und Tierschutz.
Ortstermin in Strasbourg: Manuela Ripa (ÖDP) über Hunde, Katzen und Kleinparteien

Sieger der Geschichte

Im letzten Artikel habe ich zwei Aussagen gemacht:

1. Der Westen* konnte nicht aufhören zu siegen. (G.Gysi)

2. Der Westen übernahm das Narrativ vom „Sieger der Geschichte“.

Jetzt stellen wir fest: Der Westen hat sich zu Tode gesiegt und die Gesellschaft destabilisiert.
Eine Betrachtung aus Sicht eines geborenen Ossis, der jetzt ein „Nicht wissend zu welcher Gesellschaft Gehörender“ ist.

Sieger und Verlierer

War es denn ein Sieg des Westens über den Osten – also des Kapitalismus über den „real existierenden Sozialismus“**?
Im klassischen, also kriegerischen, Sinn war es kein Sieg – es wurden keine militärischen Siege errungen und Niederlagen erlitten. Es war ein moralischer und ökonomischer Sieg der Demokratie über die „Diktatur des Proletariats“ und ein Sieg der sozialen Marktwirtschaft über die „zentrale Planwirtschaft“. Errungen wurde der Sieg – sprich der Zerfall der DDR – nicht von der Bundesrepublik, er wurde von fortschrittlichen Kräften in der DDR errungen, die sich dem stagnierenden und rückläufigen System entgegenstellten.
Sieger war aber der Westen – er erklärte sich dazu, aus gutem Grund.
Die Initiatoren des Sieges wollten nämlich nicht den Westen – sie wollten eine bessere DDR. Erst nach dem Zerfall der Staatsmacht kamen die Parolen von der Wiedervereinigung.

Propaganda der Sieger

Der Westen erklärte sich also zum Sieger und begann sofort damit, die Propaganda des kalten Krieges fortzusetzen und den neuen Gegebenheiten anzupassen.
Um das zu verstehen, gehen wir auf den Umgang der Sieger im 2. Weltkrieg mit den Besiegten zurück. Die Sowjetunion propagierte ihren Sieg meist als Sieg über einen übermächtigen Feind, der nur mit äußerster Anstrengung und unter großen Opfern zurückgeschlagen werden konnte – Ein stolzer Sieger über einen starken Feind. Die westlichen Mächte machten sich gern über die Nazis lustig, der Sieg war eigentlich logisch – in vielen Filmen und Büchern fragte man sich, warum es so lange dauerte.
Genau diese Art der Erzählung übernahm nun der Sieger gegenüber der DDR. Es war alles schlecht, alles grau, Ineffektivität der Wirtschaft bedeutete Faulheit des Ossis, Kinderbetreuung war schlecht, weil schon die Kleinsten indoktriniert wurden und so weiter und so fort.
Ergo: Im Osten gab es nichts Bewahrenswertes – Alles musste umgestaltet werden. Die Treuhandgesellschaft und der Zerfall der Wirtschaft im Osten sind Geschichte.
Die gute Nachricht war: Wer arbeiten und gut leben will, der muss in den Westen kommen.
Fazit: Den Besiegten demütigen und klein halten, auch im Umgang mit der GUS (also Russland), verfolgte man von Anfang an diese Strategie.

Der „Sieger der Geschichte“ konzentrierte sich auf alles, was nach Kommunismus roch – also auf links – als Gegner.

Sieger im eigenen Land

Der Sieg erstreckte sich aber nicht auf den Osten – auch im Westen verstummten die Stimmen, die eine Veränderung der Gesellschaft forderten. Der Kapitalismus wurde „alternativlos“ und ließ alle Hemmungen fallen. Die „freigesetzten“ Arbeitskräfte im Osten wurden im Westen zum Druckmittel gegenüber Arbeitnehmern und Gewerkschaften bei Gehaltsrunden. Die Kosten für den Osten, die oft bewusst verursacht waren, wurden als Grund für Einsparungen propagiert – „Wir würden ja gern, aber erst mal müssen wir den Osten wieder aufbauen!“ – wurde zum Totschlag-Argument, für ausgefallene Investitionen und für Einsparungen besonders im Sozialbereich, bis in die Kommunalpolitik hinein. Dem Bürger im Westen (Wessi) wurde Opferbereitschaft, dem Im Osten (Ossi) Dankbarkeit abverlangt. Und alle mussten die „Zähne zusammenbeißen“ – obwohl die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne ständig wuchsen. Es wurde als alternativlos propagiert, dass eben jene Unternehmen ständig Vergünstigungen benötigten, um im Osten zu investieren – dort Gewinne zu erzielen – und dann mit der Drohung „Wir müssen weiter nach Osten gehen, um rentabel zu arbeiten“ weitere Vergünstigungen einzufordern und zu erhalten.
Daraus resultiert die noch heute anhaltende Spaltung in Ost und West in unserem Land, die sich auch so schnell nicht auflösen lässt. Aber es fand sich ein neuer Feind.

Der „Sieger der Geschichte“ unterwarf alle Teile der Gesellschaft dem puren Effektivitätswahn und dem Profitstreben.

Sieger in Europa

Die Bundesrepublik, also der Westen, hatte ja nicht nur über die DDR gesiegt – die DDR-Bürger hatten ja das „Gesellschaftssystem: Bundesrepublik“ als überlegen anerkannt, was die neue größere Bundesrepublik auch in Europa an die Spitze katapultierte.
Dieser Sieg bedeutete auch das Ende des Euro-Kommunismus, also der bis dahin starken Kommunistischen Parteien besonders in Frankreich und Italien, und somit wurde der entfesselte Kapitalismus im Gewande des „Wirtschaftsliberalismus“ zur europäischen Doktrin. Selbst die alte Arbeiterpartei SPD nahm das Wort Sozialismus weitgehend aus ihrem Sprachgebrauch. Unter dem „Genossen der Bosse“ schloss sie sich dem Wirtschaftsliberalismus an, was zu Hartz IV, massenhafter Leiharbeit und prekären Arbeitsverhältnissen führte.
Die Währungsunion mit dem EURO wurde, wider besseren Wissens, der Wirtschafts- und Steuerunion vorgezogen – mit allen daraus resultierenden Problemen. Das EU-Parlament wurde weitestgehend entmachtet, besser gesagt fast machtlos gegründet und die EU unter die Herrschaft der Bürokratie und der Konzerne gestellt. Am schlimmsten daran war und ist der Kommunikations-GAU zwischen EU und EU-Bürgern, der dazu führte, dass die Menschen sich mit der EU und selbst mit der Idee der europäischen Einheit nicht identifizieren – zumindest nicht mit dieser Art EU.
Es fanden sich Parteien und Politiker, die dieses Unverständnis ausnutzten und sich „euroskeptizistisch“ nannten. Sie stellten die EU, besonders den EURO, als Feind dar und begannen den Nationalismus als Allheilmittel zu predigen – Sie fanden Anhänger.
Dass sie diese besonders im Osten fanden, verwundert mich nicht. Der „gemeine Ossi“ – kurze Zeit gefühlter Sieger über die DDR-Führung – dann gefühlter Verlierer der Deutschen Einheit wollte mal wieder siegen und hier war eine Chance.
Dieser „Euroskeptizismus“ musste natürlich bekämpft werden. Fazit war, dass sich Deutschland , besonders in der Griechenland-Krise, als „Zuchtmeister Europas“ darstellte – was die „Skeptiker“ im eigenen Land nicht beruhigte aber die EU-Müdigkeit in anderen Ländern beförderte.

Der „Sieger der Geschichte“ verteidigte seine Idee von Europa – als profitables Konglomerat – statt ein Europa für die Menschen zu befördern. Wichtig ist: An dieser Stelle begann der Weg des Siegers in die Defensive.

Der Sieger und die „Flüchtlingskrise“

Es kam das Jahr 2015 – die geflüchteten Menschen und der Terror. Hier sind zwei zeitlich verbundene, aber sachlich getrennte Ereignisse zu sehen. Auf der einen Seite sahen wir geflüchtete Menschen aus Kriegsgebieten im Nahen Osten durch Europa irren – auf der anderen Seite begingen Menschen aus den selben Gebieten Terroranschläge in Europa. Ich erinnere hier nur an den Anschlag auf Charlie Hebdo in Paris. Ich stelle hier fest: Die geflüchteten Menschen flohen eben vor den Menschen, die diese Anschläge begingen!
Eben das ist die sachliche Trennung: Die geflüchteten Menschen – zumindest der überwiegende Teil – waren und sind keine Terroristen. Die Bundeskanzlerin beschloss, dass die Grenzen der Bundesrepublik nicht geschlossen wurden – sie wurden nicht geöffnet, sie blieben offen – und dass Deutschland den geflüchteten Menschen humanitär gegenüber steht. Gleichzeitig ergab sich die Chance, die anlasslose Überwachung der Bevölkerung – auf Grund der Terrorgefahr – endlich umzusetzen. Bestrebungen gab es ja bereits lange. Der Bevölkerung mussten nur zwei Thesen vermittelt werden:

1. Unter den geflüchteten Menschen könnten sich Terroristen einschleichen.

2. Durch die Unterstützung der geflüchteten Menschen wird Deutschland zum Terrorziel für deren Gegner.

Dass damit alle geflüchteten Menschen unter Generalverdacht gestellt wurden, war ein akzeptabler Kollateralschaden.
Hier sei eingefügt, dass der „Sieger der Geschichte“ – sprich der „marktliberale (entfesselte) Kapitalismus“ – in den geflüchteten Menschen von vornherein eine Chance auf zusätzlichen Profit sah. Entgegen der landläufige Meinung, dass diese nur Kosten verursachen, sah der Sieger: „Der Staat gibt Geld für Unterbringung, Kleidung und Verpflegung aus – das füllt unsere Kassen. Also machen wir Profit.“ Dem Bürger wurde erneut, wider besseres Wissen, Opferbereitschaft abverlangt, die neue Ausrede waren „Die Kosten der Flüchtlingskrise sind enorm“ und die bisherigen „Euroskeptiker“ wandelten sich in Gegner der Flüchtlingspolitik und begannen mit allen Mitteln (bis hin zur Verbrüderung mit Neonazis) diese vermeintlich schlechte Politik – in Wahrheit die geflüchteten Menschen – zu bekämpfen.

Der „Sieger der Geschichte“ wurde endgültig zum „Getriebenen der Ereignisse“, die er nicht mehr beherrschte. Jahrelang auf „dem rechten Auge blind“ musste er sich jetzt gegen diese Seite wenden. Er tat das, indem er auf dem Drahtseil tanzte: Einerseits versprach er so viele geflüchtete Menschen abzuschieben, andererseits wollte er die Integration befördern. Das ist aber weder für rechts noch für links akzeptabel.

Der Sieger in der Klemme

Mein Mitleid mit dem „Sieger der Geschichte“, den ich für mich als den marktliberalen (entfesselten) Kapitalismus identifiziert habe, hielte sich in Grenzen – wenn nicht unsere Gesellschaft darunter zu zerbrechen drohte. Der „Sieger der Geschichte“ und seine Bestrebungen sind längst die Doktrin unseres Staates und unserer Regierung geworden.
Parteipolitik ist zum „Starren auf Umfragewerte vor Wahlen“ verkommen – kurzfristige, meist nicht durchdachte, Reaktionen auf steigende oder fallende Umfragewerte sind die Folge. Besonders die, in den letzten Jahren steigenden, Werte der fremdenfeindlichen Partei werden zu untauglichen Versuchen, wie der Abschiebung von 69 geflüchteten Menschen zum 69, Geburtstag des Innenministers, die Lage zu entschärfen benutzt. Die Thesen dieser Partei erhalten eine Wertigkeit in Medien und Politik die der Zahl ihrer Mitglieder und „festen Anhängerschaft“ in keiner Weise angemessen ist.

Die Politik hat vor dem „Sieger der Geschichte“ kapituliert – Es ist eine Frage der Zeit, wann die Bevölkerung vor der Demokratie kapituliert und sich eine Diktatur wählt.

Die „Sieger der Geschichte“ – die Vertreter des entfesselten Kapitalismus – werden auch dort überleben – andere nicht.

*Mit Westen ist hier der „Sieger der Geschichte“ gemeint, wer das für mich ist erkläre ich im Atikel.
**Wenn ich „real existierender Sozialismus“ statt Sozialismus in meinen Texten verwende, dann ist das Absicht. Ich meine: Es gab noch keinen Sozialismus.
Bildnachweis: Unter CCO Creativ Commons by succo

Trumputin – ein Rant

Ein Trumputin ist die Maßeinheit für die Wahrscheinlichkeit, mit der die Ursache eines künftigen Ereignisses dem Ergebnis der US-Wahl 2016 und der unterstellten Nähe des designierten US-Präsidenten zum russischen Präsidenten zugewiesen wird.

Ich habe mich bei der Definition der neuen Maßeinheit an Micromort orientiert.

Ein Mikromort ist eine Maßeinheit für Risiko und bezeichnet eine Wahrscheinlichkeit von 0,000001 (eins zu einer Million), zu sterben. (Wikipedia)

Allerdings habe ich das „mikro“ weggelassen. Die meisten Ergebnisse kann man hier mit 1 oder 0 ausdrücken – also „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ oder „eher unwahrscheinlich“.

Die Definition ist natürlich unvollständig und auch nicht korrekt. Richtig müsste es heißen:

Ein Trumputin ist die Maßeinheit für politische Ausreden.

Ein Beispiel gefällig?

Das Erstarken der nationalistischen Bewegungen in Westeuropa ist bereits seit einigen Jahren zu verzeichnen. Ob nun die FN in Frankreich oder die AfD in Deutschland, nationalistisches Gedankengut (ich rede hier nur von dem nationalistischen Teil des Gedankengutes) hat zu Wahlergebnissen geführt, bei denen diese Parteien starke Stimmenzuwächse verzeichnen konnten.

Nun gibt es einen nationalistischen „make america great again“ designierten US-Präsidenten und einen ebenso nationalistischen russischen Präsidenten, deren Zusammenarbeit befürchtet wird.

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit werden also zukünftige Erfolge der nationalistischen Parteien in Westeuropa eben dieser eventuellen Zusammenarbeit und deren Auswirkung in den Köpfen der Wähler zugeschrieben. Das ist bequem, die europäischen Politiker konnten das ja nicht beeinflussen. Schuld sind Amerikaner und Russen.

Nun hat diese Bequemlichkeit aber ihre Tücken:

Wenn Amerikaner und Russen schuld sind, dann müssen wir uns dagegen wehren.

Wehren wir uns da als Europäer?

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit nicht, da Amerikaner und Russen die einzelnen europäischen Staaten beeinflussen werden. Die einen mit der Androhung von wirtschaftlichen Nachteilen – die anderen mit militärischen Drohungen. So wird zumindest behauptet werden, wenn kein sofortiger Konsens erreicht wird.

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit müssen wir uns also auf nationaler Ebene wehren – mit Abschottung und Protektionismus. Leider wird das die stärken, die das schon immer gesagt haben – die nationalistischen Bewegungen.

Und dann?

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit sind dann die Amerikaner und Russen schuld!

Nicht etwa unsere politische Bequemlichkeit, Sturheit und Unfähigkeit.

Da sollten wir uns alle Gedanken machen – gemeinsam.

P.S. Die kleinere Maßeinheit ist, wie zu erwarten, „Trump“ und ist wie folgt definiert: „Ein Trump ist die Maßeinheit für die Wahrscheinlichkeit, mit der die Ursache eines künftigen Ereignisses dem Ergebnis der US-Wahl 2016 zugewiesen wird.“

Bequem ist das auch, oder?