Wenn die Diktatur wiederkommt, dann wird sie sagen: "Danke Demokratie, dass Du für mich die optimalen Voraussetzungen geschaffen hast." [Thomas Köhler]
Die Landtagswahl in
Thüringen ist gelaufen, hier sind Glückwünsche an Bodo Ramelow
angebracht der das Projekt rot-rot-grün (R2G) unter Führung der
Linken zu einem Erfolgsmodell gemacht hat. Erwartbar war das
Wahlergebnis im Vorfeld so nicht.
Ergebnis und Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung ist erheblich angestiegen, wie zu erwarten hat die AfD profitiert. Die Linke ebenfalls, wobei es bei beiden erhebliche Unterschiede aus meiner Sicht gibt. Die AfD betrachte ich hier nicht sondern ich konzentriere mich auf die Linke und Bodo Ramelow.
Meiner Meinung nach hat die Linke, besser Boodo Ramelow, auch Stimmen von SPD- und Grünen-WählerInnen erhalten. Diese wollen, dass er R2G weiter führt und befürchteten dass im Falle eines starken Abschneidens der CDU ihre Parteien vielleicht auf „Kenia“ spekulieren.
Minderheitsregierung?
R2G hat nicht genügend Stimmen um mit einer Mehrheit im Landtag zu regieren – das ist eine Tatsache. Was wäre schlimm an einer Minderheitsregierung – auch ohne eine „Duldung“?
Aus meiner Sicht
nichts, immerhin haben ¾ der Thüringer WählerInnen nicht AfD,
sondern ihre Gegner gewählt. Alle im Landtag vertretenen Parteien
behaupten von sich, dass sie das Beste für Thüringen – über
Parteigrenzen hinweg – wollen. Es sollte also eine Sternstunde
der Demokratie sein, wenn eine Minderheitsregierung mit einem
demokratisch gewählten Parlament zusammen, im Interesse der
BürgerInnen, das Bundesland regiert. Dazu müssen natürlich alle
bereit sein, was schwierig ist.
Haribo?
Es sind rechnerisch zwei weitere Konstellationen möglich. Die eine Linke+CDU hätte eine komfortable Mehrheit. Der Gedanke daran verbietet sich, wenn man Mike Mohring im Vorfeld der Wahl gehört hat und die allgemeine Stimmung in der CDU sieht.
Die zweite ist, mir
gehen die Flaggenkenntnisse aus, eine Haribo-Koalition –
also R2G+FDP. Rechnerisch möglich aber nur knapp, kompliziert in der
Zusammensetzung und die FDP wird auf der gleichen Anzahl
Minister-Posten bestehen wie die Grünen – was wiederum schon
Koalitionsverhandlungen „interessant“ machen würde.
Fazit
Ich sehe hier eine Minderheitsregierung als den besseren Weg und hoffe, dass sie zu einer Sternstunde der Demokratie wird.
Viel Erfolg Bodo Ramelow – aus ganzem Herzen.
P.S. Als Pirat bin ich natürlich mit dem Ergebnis der Piratenpartei nicht glücklich, freue mich aber über die ersten Stimmen aus der FDP die eine Abschaffung der Sperrklausel fordern. Vielleicht schließen sich Grüne und SPD nach diesem Wahlergebnis ja auch an.
dann war nicht die Frage falsch gestellt, sondern die anderen möglichen Antworten wurden nicht akzeptiert. Das liegt an der Fragmentierung der nicht-nationalistischen Antwortgeber. Es wird Zeit für eine Defragmentierung der Gesellschaft.
Begriffsbestimmungen
Nationalismus: Ich fasse unter dem, hier negativ konnotierten, Begriff Fremdenfeindlichkeit, Abschottung, falsch verstandene Leitkultur und vieles andere mehr zusammen.
Fragmentierung/Defragmentierung: Ihr erinnert euch, als unter MS-DOS und Windows 3-98 die Dateien auf den Festplatten nach längerem Gebrauch so stark fragmentiert waren, dass die langsamen Prozessoren Mühe hatten diese zu finden und zusammen zu führen. Die Festplatte wurde defragmentiert – d.h. die Dateien wurden zusammengeführt und der Rechner lief wieder schneller.
Fragmentierung der Gesellschaft
Eine Gesellschaft ist immer fragmentiert, in Besitzende und Besitzlose, Gebildete und weniger Gebildete, Stadt und Land, Konservative und Progressive, Nationalisten und Internationalisten und ähnliches. Das ist normal, wenn die einzelnen Teile sich nicht immer weiter aufspalten. Heute haben wir aber genau diese Fragmentierung auf der Seite der „gebildeten progressiven internationalistischen Stadtbevölkerung“. Das soll die Landbevölkerung nicht ausschließen, aber die Meinungsführer sitzen in den Städten.
Fragmente
Ich nehme hier mal als Beispiel den korrekten Sprachgebrauch, das heißt diskriminierungsfreie Sprache. Es ist unstrittig, dass im heutigen Sprachgebrauch diskriminierende Bezeichnungen wie „Neger“, „Zigeuner“ und ähnliche nichts mehr zu suchen haben. Bedeutet das aber auch: „Wir müssen die Literatur der Vergangenheit verbieten oder ändern!“ und „Wenn wir diese Worte vermeiden dann ist alles gut!“? Weiter geht es mit gender-gerechter Sprache, hier steht die Frage: „Ist die Gleichberechtigung der Geschlechter erreicht, wenn wir sie korrekt und umfassend bezeichnen?“ Besonders schön für die LeserInnen ist der Streit um „Binnen-I“ (welches ich bevorzuge) oder den korrekten Einsatz des „Gender*“. Die aggressiven Vertreter einer diskriminierungsfreien Sprache fragmentieren das Thema akademisch weiter, bis zu dem Punkt an dem das berechtigte Anliegen nicht mehr erkennbar ist. Selbst interessierte BürgerInnen steigen dann aus und wenden ihnen den Rücken zu. Diese werden dann als konservativ (im Sinne von rückschrittlich) – im schlimmsten Falle als faschistisch beschimpft.
Identität
Viele kluge Menschen haben über Identität geschrieben, so in letzter Zeit Francis Fukuyama, dessen Identity ich inzwischen gelesen habe, Robert Pfaller in seinem taz-Interview und auch ich habe mich dazu geäußert (ohne das „klug“ für mich in Anspruch nehmen zu wollen). Trotzdem komme ich auf den eigenen Artikel zurück, ich zählte dort einige meiner möglichen Identitäten auf:
Ich habe für mich, wie in dem Artikel beschrieben, die Identität als Mensch und Arbeiter festgestellt. Leider ist das nicht so einfach zu verallgemeinern.
Linke Fragmentierung
Das nachfolgende Zitat stammt von Robert Merle. Das mag heute schon für manch eine/n ein Affront sein, schließlich war er, wenn auch eher links stehend, ein Macho reinsten Wassers. Kann so einer überhaupt etwas zum Diskurs beitragen?
Bekannter ist wohl der Streit zwischen der „Volksfront von Judäa“ und der „Judäischen Volksfront“ bei Mounty Python. Wenn wir uns also unter unter den angeblich die arbeitenden Menschen vertretenden Gruppen umsehen dann finden wir die „seltsamsten“ Grüppchen. Als Beispiel würde ich jetzt die „Binnen-I bevorzugenden vegan lebenden antikapitalistischen FeministInnen“ vs die „Gender* benutzenden fleischessenden sozialdemokratischen FrauenrechtlerInnen“ konstruieren. Aber egal worin sie sich unterscheiden, diese Gruppen kämpfen nicht in erster Linie um soziale Gerechtigkeit – sie kämpfen oft gegeneinander um die Deutungshoheit über Begriffe.
Nationalistische Defragmentierung
An dieser Schwachstelle der linken Bewegungen setzen Nationalisten an. Sie defragmentieren ihr Klientel mit der Aussage „Wir sind in erster Linie Deutsche“ (oder Briten, US-Amerikaner usw) und schaffen somit eine vermeintlich einigende Identität. Vermeintlich meine ich, weil diese Pseudo-Identität Unterschiede übertüncht. Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den ArbeiterInnen im Mindestlohnsektor und dem Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Konzerns mit Millionengehalt? Beide eint, wenn sie per Definition Deutsche sind, nur die „Gnade der Geburt im gleichen Land“ und eine gemeinsame Muttersprache. Es klappt aber, weil die „Wanderprediger der reinen Lehre“ die linken Bewegungen immer weiter fragmentieren und somit die „einfache“ nationale Identität für viele Menschen wieder attraktiv wird.
Fazit
Den Kampf gegen Nationalismus gewinnen wir nicht, indem wir die linke Bewegung weiter aus wahltaktischen, parteipolitischen oder egomanischen Gründen fragmentieren. Wir brauchen einen linken Minimalkonsens und eine linke Identität die für Menschen attraktiv und glaubhaft ist. Wer sich jetzt an meinem Gebrauch des, bewusst eingesetzten, Begriffs Nationalismus stört – die/der bedient genau das was ich meine. Sie/Er will eine Grundsatzdiskussion über Worte.
Wie gehen wir das an?
P.S.: Einer der Gründe warum ich Pirat (also Mitglied der Piratenpartei) bin ist, dass sich dort Menschen treffen die zu vielen Dingen verschiedener Meinung sind, die sich auch mal lauthals streiten – im Großen und Ganzen aber ein gemeinsames (eher linkes) Ziel verfolgen.
Nachdem die „Wanderprediger“ weiter gezogen sind besteht wieder Hoffnung, dass wir es nicht erneut versemmeln.
In den letzten Tagen wurde ich gefragt: „Warum willst Du Politiker werden und das auch noch für die Piraten?“ „Ich will Parlamentarier, also Abgeordneter im Stadtrat Leipzig werden“ war meine stereotype Antwort, das musste ich meist erklären. Also tue ich es hier noch einmal.
Politiker – Parlamentarier
Ich definiere die Begriffe nur für mich, wenn meine Meinung jemandem nicht passt sei es ihm/ihr unbenommen. Politiker bin ich seit geraumer Zeit, also seitdem ich mich öffentlich politisch äußere. Das unterscheidet mich von BerufspolitikerInnen – die verdienen mit Politik ihren Lebensunterhalt. So weit – so klar.
Parlamentarier will ich werden, weil ich meine Ideen in das Parlament, hier den Stadtrat Leipzig, einbringen, dort diskutieren (im Wortsinne von Parlament altfranz. parlement ‚Unterredung‘; französisch parler ‚reden‘) und am Entscheidungsprozess teilnehmen will. Dazu muss ich meine Ideen den WählerInnen vermitteln und sie überzeugen mich zu wählen.
Parlamentarier der Piraten
Für die Piraten trete ich an, weil ich den Ideen der Piratenpartei seit Jahren nahe stehe und diese Partei mich nicht dazu zwingt ein „Parteisoldat“ zu werden. Das heißt, in Übereinstimmung mit der Satzung und den Wahlprogrammen der Piratenpartei und der Piraten Leipzig, bin ich an keinen Partei- oder Fraktionszwang gebunden. Ich kann im Falle meiner Wahl genau die Meinung im Parlament vertreten für die WählerInnen mich gewählt haben. Das ist in anderen Parteien anders, man wählt eine Person und erhält eine Partei-Meinung.
Wir brauchen ein Parlament welches die „Monarchen“ gern verbieten würden.
Wir brauchen also auch im Stadt-Parlament Menschen die offen und ohne Restriktionen (das nennt man auch Authentizität) die Meinung für die sie gewählt wurden vertreten. Wir brauchen ein Korrektiv im Parlament – ParlamentarierInnen die nicht vor einer um ihre Macht bangende Regierungspartei, oder um die Macht kämpfende Oppositionspartei, gegängelt werden. Einfacher gesagt, wir brauchen Meinungsvielfalt im Parlament. Und wir brauchen die Meinungen derer, die durch die großen Parteien nicht repräsentiert werden.
Parlamentarier und Geld
.Ich habe es oben schon angesprochen, ich will kein Berufspolitiker werden. Abgeordneter im Stadtrat bedeutet nicht etwa ein hohes Gehalt – Abgeordneter ist ein Ehrenamt – das bedeutet in erster Linie viel Arbeit und eine Aufwandsentschädigung. Es bedeutet auch Stress mit meinem Arbeitgeber – Dienstplanverschiebungen wegen Sitzungen u.v.a.m. Das ist mir nicht neu.