Genug gelacht über die AfD

und über die Äußerungen von Frau Petry und Frau von Storch zum Schusswaffengebrauch an den deutschen Grenzen!

Ich habe ehrlich gesagt Angst, dass sich die Entwicklung des Themas fortsetzt und sich die verwendete Kampfrhetorik in den Köpfen der Menschen festsetzt.

Was ist passiert?

Frau Petry, Vorsitzende der AfD, forderte die Sicherung der Grenzen – notfalls mit Waffengewalt

„Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt“

und Frau von Storch legte bei Twitter nach.

vonstorch

Wichtiger erscheint mir aber die folgende Äußerung von Frau von Storch:

„Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer. Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen. Die Menschen sind in Österreich in Sicherheit. Es gibt keinen Grund, mit Gewalt unsere Grenze zu überqueren.“

Hier beginnt die Kampfrhetorik. Flüchtlinge sind Angreifer, wahrscheinlich werden sie bald als Aggressoren die mit Gewalt über die Grenze kommen bezeichnet, gegen die wir uns verteidigen müssen. Es wird, rein rhetorisch, ein Krieg gegen einen Aggressor herauf beschworen verbunden mit der Pflicht des Deutschen die Heimat zu schützen. Natürlich muss der Deutsche auch die deutschen Frauen schützen, wenn man die Rhetorik nach dem Geschehen in Köln betrachtet.

tauber-StorchDarüber kann ich mich nicht mehr lustig machen, es reicht auch nicht den Unsinn ad absurdum zu führen wie Peter Tauber bei Twitter, obwohl ich das Bild durchaus lustig finde. Mit einer Ausnahme, die Leitkultur beinhaltet nicht das Märchen vom Storch. Aber über die Leitkultur können wir nochmal reden.

Wir müssen gegen diese Verschärfung der Rhetorik vorgehen und uns nicht darauf einlassen. Wie bereits mehrfach gesagt, mit der AfD als Partei müssen wir nicht reden.

Redet darüber mit der Familie, mit Freunden, Bekannten und ArbeitskollegInnen. Auch wenn ihr die eine oder andere Familienfeier versaut.

Dort findet ihr die Menschen die auf diese Rhetorik hereinfallen können.

Dort könnt ihr etwas erreichen.

Menschen auf der Flucht

Menschen, die vor Gewalt, Krieg, Tod und Elend fliehen, als Flüchtlinge zu bezeichnen ist sprachlich korrekt. Es kann aber dazu führen, dass vergessen wird – es handelt sich um Menschen mit individuellen Schicksalen. Diese Menschen mögen sich in ihrem Äußeren und einigen ihrer Gewohnheiten von den Einheimischen unterscheiden, aber nicht in ihrem Menschsein.

Es erschüttert mich besonders wenn sogar mir persönlich bekannte Menschen diesen Menschen auf der Flucht jegliche Hilfe verweigern oder sogar in Hasstiraden verfallen.

Besonders schlimm ist es, dass diesen Menschen kein Argument zu primitiv ist um die Menschen auf der Flucht zu diffamieren und ihnen kein geschichtlicher Vergleich zu abartig erscheint.

Kommen, wie in der Vergangenheit, hauptsächlich männliche Flüchtende zu uns, dann sind diese verantwortungslos – sie lassen Frauen und Kinder im Stich. Kommen wie heute Familien, dann ist das noch verantwortungsloser – sie gefährden ja Frauen und Kinder.

Der Vergleich mit der Nachkriegszeit (hier sind die Jahre nach 1945 gemeint) ist besonders perfide. „Unsere Großeltern und Eltern sind ja auch nicht einfach abgehauen“ tönt es da. Wohin auch, nachdem Europa in Schutt und Asche lag – durch eben jene die nicht abhauten? Und wer hat eigentlich den Deutschen, zumindest einem Teil, beim Wiederaufbau geholfen? Ja, es waren die ehemaligen Feinde.

Dieses „Glück“ haben die Menschen auf der Flucht z. B. aus Syrien nicht. Sie fliehen vor einem Krieg der von ihrer eigenen Regierung und vom IS gegen sie geführt wird. Sie haben keine Chance dem zu entgehen – außer durch Flucht.

Wohin fliehen diese Menschen? Die meisten nicht zu uns – die meisten fliehen in die Nachbarländer.

Seht euch die folgenden Zahlen mal an, auch wenn sie nicht ganz aktuell sind:

Die sieben größten Herkunftsländer von Flüchtlingen:

Syrien – 3,88 Millionen

Afghanistan – 2,59 Millionen

Somalia – 1,11 Millionen

Sudan – 648.900

Südsudan – 616.200

Demokratische Republik Kongo – 516.800

Myanmar – 479.000

Die sechs größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen:

Türkei – 1,59 Millionen

Pakistan – 1,51 Millionen

Libanon – 1,15 Millionen

Iran – 982.400

Äthiopien – 659.500

Jordanien –  654.100

In Deutschland wurden 2015 bis Juli 195.723 Erstanträge auf Asyl gestellt. Die Bundesregierung rechnet mit bis zu 800.000 Menschen auf der Flucht die in diesem Jahr nach Deutschland kommen

Das ist ungefähr 1% der Bevölkerung Deutschlands. Es sind viele Menschen, aber vergleicht mal die Zahlen mit dem Libanon. Dort gab es 2013 etwa 4,5 Millionen Einwohner und es leben jetzt 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht mit im Land. Ich erspare mir den Vergleich der Volkswirtschaften.

Da sind wir auch schon beim nächsten Argument: „Wir wirtschaften gut, sind fleißig und sparsam und jetzt kommen die und wollen daran teilhaben ohne etwas beizutragen.“ Ich habe hier versucht das Argument menschlich auszudrücken.

Unsere Wirtschaft läuft gut weil Deutschland eine exportorientierte Wirtschaft hat. So hat der syrische Diktator Luxusgüter, Waffen und andere Güter in Deutschland gekauft und damit unsere Wirtschaft mit angekurbelt. Eben jener Diktator vor dem die Menschen auf der Flucht sind. Auch der IS kämpft mit Waffen und Gerät deren Verkauf unseren Lebensstandard gesichert hat, auch wenn dieser „Islamische Staat“ diese erbeutet und nicht von uns gekauft hat.

Die Menschen auf der Flucht wollen hier auch nicht von unserem Erarbeiteten schmarotzen, sie wollen am liebsten in eine lebenswerte friedliche Heimat zurück. So lange sie das nicht können wollen die meisten sich ein eigenes Leben aufbauen. Wisst ihr, diese Menschen wollen leben und sie wollen arbeiten für dieses Leben.

Vielleicht haben einige ja genau davor Angst?

wir kriegen krieg, stimmts?

Diese Frage stand, als ich gestern früh von der Arbeit kam, als persönliche Nachricht an mich auf facebook. Ich konnte nicht darauf antworten. Vor allem weil ich mir nicht sicher war worauf sie sich bezog. Auf ein Eingreifen in Syrien oder auf den Konflikt zwischen den USA und Russland. Ja, dieser droht uns schließlich auch. Putin hat ja gesagt, dass er Syrien im Falle eines US-Angriffs unterstützen wird. Wenn er Syrien sagt, meint er natürlich Assad.

Droht uns nun der seit 68 Jahren mühsam verhinderte Dritte Weltkrieg?

Ich war Soldat, wie schon einmal geschrieben war ich nie im Krieg. Ich habe aber Weihnachten 1981 im Alarmzustand verbracht. Damals dachten wir, dass der Warschauer Vertrag den Aufstand in Polen niederschlagen wird. Die Erinnerung an die Niederschlagung des „Prager Frühlings“ saß noch tief in uns, obwohl wir diese nur als Kinder erlebten.

Und heute?

Da verkauft man uns einen Einsatz gegen einen Diktator als Menschenpflicht.

Da will man einen „begrenzten Militärschlag“ ohne Einsatz von Bodentruppen führen.

Ein Ziel für diesen benennt man allerdings nicht.

Obama will sich bei seine Entscheidung von den Interessen der USA leiten lassen,…

Da muss man sich doch fragen, wo liegen diese Interessen?

Wirklich darin einen Diktator zu stürzen?

Vielleicht aber auch darin zu zeigen, wer der Chef im Ring ist?

Will man die Rebellen, von denen keiner weiß was sie wollen, an die Macht bringen?

Den letzten Punkt schließe ich aus, dann hätte man ja das Ziel Assad zu stürzen deutlicher kommuniziert.

Was ist mit Putin?

Will er Assad unterstützen?

Ist er der wiedergeborene Friedensengel, der einen unberechtigten Krieg verhindern will?

Will er Obama nur zeigen, wer den Größeren hat?

Leider wurde bisher, für mich keine dieser Fragen beantwortet.

Die „klare und deutliche Antwort“ der EU ist auch keine wirkliche Antwort.

Warum kann ich die einfache Frage die mir gestellt wurde nur nicht beantworten?