Kommentar: Will das BSW (mit)regieren?

Zuerst eine wichtige Anmerkung: Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Bundesvorsitzende einer Partei in Angelegenheiten eines Landtages einmischen. Das bekannteste Beispiel ist wahrscheinlich die Intervention Angela Merkels gegen die Wahl Kemmerichs zum Ministerpräsident von Thüringen, sie intervenierte aber als Bundeskanzlerin. Vergessen dabei wird oft, dass Annegret Kramp-Karrenbauer, damals die Bundesvorsitzende der CDU, ebenfalls die Landes-CDU zu Neuwahlen drängte.

Den kompletten Artikel könnt ihr, wie immer kostenlos, in der Leipziger Zeitung lesen.

Thüringen – Kalkulierte Erpressung

Die Wahl des FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich zum neuen Ministerpräsidenten von Thüringen ist für mich eine kalkulierte Erpressung der Grünen und der SPD.

Einen Schritt zurück, nachdem der „unabhängige“ Kandidat der AfD keine Mehrheit bekam und für CDU und FDP eine erneute Wahl von Bodo Ramelow drohte, entschloss sich Thomas Kemmerich in den Ring zu steigen. Schande über Mike Mohring, er wusste, dass er gewonnen hätte – die Stimmen von CDU, FDP und AfD wären ihm sicher gewesen – aber den Shitstorm wollte er nicht in Kauf nehmen. Also kam ein Stellvertreter, ich weiß nur nicht was ihn dazu bewog. Wie gesagt, das Ziel von CDU und FDP war, meiner Meinung nach, nicht mit der AfD zu koalieren – sie wollten „nur“ eine neue r2g-Regierung unter einem Ministerpräsidenten der Linken verhindern.

Was sie dafür in Kauf nahmen ist ein politisches Chaos.

Kommen wir nun zur Erpressung. Ich glaube nicht, dass CDU und FDP mit der AfD koalieren werden. Das können beide schon einem großen Teil ihrer Parteimitglieder nicht vermitteln – weder in Thüringen, geschweige denn in Deutschland. Es geht schon los, wenn Christian Lindner jetzt dazu aufruft, dass Linke, Grüne und SPD mit Kemmerich zusammenarbeiten sollen um letztendlich eine Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern. Das wäre einfacher gegangen – eine Haribo-Koalition mit rot/rot/grün/gelb wäre ja möglich gewesen. Diese wurde aber von der FDP abgelehnt.

Es bleibt also bei der Aussage von Kemmerich, dass er mit Linken und AfD nicht regieren will.

Somit erpresst man jetzt Grüne und SPD dazu mit CDU und FDP (in welcher Konstellation auch immer) zu koalieren.

Am Ende, denke ich, wird es auch zu einer solchen Koalition kommen, die jetzt lauten Stimmen einiger Politiker werden verstummen.

Der Schaden für die Demokratie bleibt!

Der AfD gefällt das.

Bildquelle: https://www.politik-kommunikation.de

Die Griechische Anmaßung

Wenn man die heutige Ausgabe der BILD* (ich wage es nicht „Zeitung“ zu schreiben) sieht, dann muss man einfach die griechische Linke für ihre Anmaßung verfluchen. Die armen Deutschen sollen ja schließlich jetzt alle Geschenke der griechischen Linken an ihr Volk bezahlen. Dabei hatte doch die BILD bereits 2010 die Lösung mit „Verkauft doch eure Inseln – Ihr Pleite-Griechen“ präsentiert. Die Griechen haben das nicht gemacht, hätten sie doch auf die BILD gehört.

Zugegeben, ich bin auch irritiert über die Koalitionsbildung von Syriza und ANEL. Ich denke aber, dass Alexis Tsiparas sich etwas dabei gedacht hat. Weitere Ausführungen zu der Koalition will ich nicht machen, die Parteienlandschaft in Griechenland ist für mich terra incognita, es wäre also anmaßend zu urteilen.

Zurück zur BILD und den Kosten für ein griechisches Experiment, welches darin bestünde den aufgezwungenen Sparkurs aufzukündigen und in Griechenland Politik für die Menschen zu machen.

Was wollen Alexis Tsiparas und die Syriza eigentlich? Sie wollen den alten Filz aus Vetternwirtschaft und Korruption beseitigen und das griechische Sozialsystem und die Wirtschaft retten.

Griechenland ist am Boden, finanziell und wirtschaftlich, und das schon seit Jahren. Ich schrieb bereits 2011 mehrfach zu diesem Thema. Eine Aufzählung der Gründe für den damaligen Zustand ist unnötig weil Korruption, Verschwendung und ähnliches allgemein bekannt sind.

Schlimm ist, was danach passierte. Es wurden Milliarden nach Griechenland gepumpt und ein Sanierungsplan durch die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF durchgesetzt. Das klingt erst einmal gut, aber es ist alles Andere.

Das Geld wurde zur Sanierung der Staatsfinanzen verwendet was bedeutet, die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates nach außen wurde damit gewährleistet. Das Geld ging letztendlich an Finanzinstitute.

Der Sanierungsplan ist ein Sparplan mit dem Kontext „Sparen, koste es was es wolle“ und es hat viel gekostet. Richtig ist, die aus dem Ruder gelaufene Bürokratie wurde gestutzt, was auch nötig war. Aber es wurden Ausgaben für Soziales auf ein Minimum zurückgefahren. Ob Gesundheitswesen, Bildungswesen, soziale Absicherung im Alter – alles liegt am Boden. Der Kreislauf ist logisch: Massenhafte Entlassungen mit minimalem Arbeitslosengeld in den genannten Bereichen senken die Kaufkraft, was sich wieder auf die Beschäftigung in anderen volkswirtschaftlichen Bereichen auswirkt. Das führt zu weiteren Entlassungen und so weiter…

Dazu kamen Verschärfungen in der Steuergesetzgebung, diese waren notwendig weil die alten Regierungen mit ihrer Klientelpolitik die Steuereinnahmen permanent reduziert hatten. Aber eine Immobiliensteuer in einem Land mit hohem Anteil an Wohneigentum einführen, das ist ein Risiko wenn die Immobilienbesitzer kein Einkommen mehr haben. Das Resultat aus dieser Steuer ist eine weitere Verelendung der Bevölkerung.

Besonders absurd ist hier die Rolle von Jean-Claude Juncker, dem Präsident der Europäischen Kommission, der bereits vor der Wahl einer neuen griechischen Regierung sagte:

„Ich denke, die Griechen wissen sehr genau, was ein falsches Wahlergebnis für Griechenland und die Euro-Zone bedeuten würde“

Auch nach der Wahl der Syriza als Regierungspartei und den damit anstehenden Neuverhandlungen mit der EU bleibt Juncker hart und besteht auf der Erfüllung der Troika-Forderungen. Wenn ich absurd schrieb, dann meinte ich zum Ersten, dass Juncker in seiner EU-Funktion dem Volk eines EU-Staates droht und versucht ein Wahlergebnis zu beeinflussen. Zweitens ist Herr Juncker, als ehemaliger Premierminister von Luxemburg, in erheblichem Maße dafür verantwortlich, dass die Steuereinnahmen der EU-Staaten zurückgehen. Er war an der Schaffung des Steuerparadieses Luxemburg maßgeblich beteiligt.

Genug der Schuldzuweisungen für die verfahrene Situation in Griechenland. Wie soll es nun weitergehen?

Auch wenn ich das Spardiktat der Troika, im Politik-Sprech Sanierungsplan, nicht wie Gregor Gysi mit dem Versailler Vertrag gleich setzen will, seine Forderung nach einem Marshallplan für Griechenland erscheint mir vernünftig.

Fazit:

Die Konsolidierung Griechenlands kostet Geld, da führt kein Weg dran vorbei. Bleiben die EU und ihre Kommission bei dem derzeitigen Konzept, dann wird es noch teurer. Wenn die EU Griechenland erpresst, zu Boden spart und dann fallen lässt, dann hat sie den Namen Union nicht verdient.

* Die Titelseite der Print-Ausgabe ist online leider nicht verfügbar, der Screenshot ist von Kai Diekmann auf Twitter gepostet worden. Somit sollte es keine Urheberrechtsprobleme geben.