Ist Privatsphäre eine bourgeoise Phantasie,

wie Michael Seemann behauptet? Oder muss ich erst noch mal nachdenken was „privat“ eigentlich bedeutet?

Der neue Artikel von Michael Seemann (@mspro) ist wirklich hoch interessant und es sind meines Erachtens nach richtige und wichtige Thesen enthalten. Ich werde wohl noch lange daran zu „kauen“ haben. Fast wäre ich geneigt dem Ganzen zuzustimmen – wenn da nicht etwas wäre was mich zur Ablehnung zwingt.

Schon bemerkt? Der Grund ist in der Überschrift meines Artikels enthalten.

Zurück auf Anfang. Was bedeutet „privat“?

Es gibt natürlich viele hochwissenschaftliche Erklärungen. Ich kann nur davon sprechen was es „für mich“ bedeutet.

„Privat“ kommt vom lateinischen „privare“, welches „abgegrenzt“ bedeutet. Zugegeben, es hat noch andere Bedeutungen wie „beraubt“ und „getrennt“, welche man aber mit dem ersten Begriff durchaus verbinden kann.

„Privat“ bedeutet heutzutage allgemein „abgegrenzt von der Öffentlichkeit“. Nicht mehr und nicht weniger.

Wie schon im Artikel Privatsphäre, muss das sein? auch hier eine kleine historische Betrachtung.

Ohne auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung einzugehen behaupte ich hier einfach mal, dass der Verzicht, allerdings der erzwungene Verzicht, auf die Privatheit* das Kennzeichen des Sklaven war. Sein gesamtes Leben war öffentlich und von seinem Herrn „überwacht“, man könnte natürlich auch kontrolliert sagen. Dies unterschied ihn vom „freien Menschen“. Er hatte keinen Anspruch auf „Abgrenzung“.

Wer es bemerkt hat, ich stimme hier voll mit @mspro überein wenn er im Artikel schreibt:

Überwachung ist nicht gleich Macht, sondern Macht macht Beobachtung zur Überwachung.

ich ziehe nur einen anderen Schluss daraus, nämlich:

Privatsphäre ist keine bourgeoise Phantasie,

Privatsphäre ist das Recht des freien Menschen!

.

.

*Die Verwendung des Begriffs Privatheit habe ich hier erklärt.

Entschuldigung und Klarstellung

Bevor hier jemand etwas Falsches denkt. Ich entschuldige mich nicht für meine Artikel. Aber es kann passiert sein, dass aufgrund der Einstellungen des Spam-Filters einige Kommentare verloren gegangen sind. Ich habe das erst gestern bemerkt und korrigiert.

Deshalb: Entschuldigung, falls der/die Eine oder Andere einen Kommentar vermisst – keine böse Absicht, nur böse Software.

Zu den Klarstellungen:

1. Privatsphäre muss das sein

Der Absatz

In einem stimme ich aber Seemann zu: Wir brauchen „Transparenz der Mächtigen“, und wenn diese nicht freiwillig transparent werden, dann müssen wir sie transparent machen.

soll in keiner Weise die Bedeutung des Eingriffe in die Privatsphäre der „Mächtigen“ haben. Es geht mir, ich denke auch Seemann, darum die Strukturen, Organisationen, Parteien, Regierungen und Konzerne transparent zu machen. Also ein politisches Anliegen, kein Boulevardjournalismus.

Der Schluss des Artikels „Bündnis Privatsphäre Leipzig“ ist nicht im Sinne der Urheberschaft des Bündnisses zu verstehen. Mag sein, dass sich einzelne Mitglieder oder auch das Bündnis selbst vom Inhalt des Artikels distanzieren. Richtig wäre gewesen „Zum Bündnis Privatsphäre Leipzig“ im Sinne eines Verweises.*

2. Spott und Häme sind nicht angebracht

Die Frage ob der Brief tatsächlich abgeschickt wurde erübrigt sich. Er wurde von mir mit LVZ-Post versendet. Der Brief ist an Frau Merkel als privat-persönlich adressiert.

Leipzig, 25. Oktober 2013

Thomas Köhler

*Nein, es hat sich keiner beschwert. Ich habe nur eine Mail von einem Leser erhalten. Der fragte danach.

Spott und Häme sind nicht angebracht

liebe Freunde. Angela Merkels Smartphone wurde durch die NSA abgehört und die ganze Netzgemeinde überschlägt sich vor lauter Schadenfreude.

Finde ich nicht gut.

Angela Merkel ist eine Bürgerin dieses Staates und hat somit Hilfe beim Schutz ihrer Privatsphäre verdient. Ja auch sie hat Anspruch auf unsere Unterstützung. Also unterstützen wir sie doch endlich.

Wie soll das geschehen? Ich persönlich lade sie ein.

Sehr geehrte Frau Merkel,

mit Bestürzung habe ich gelesen, dass Sie von einem ausländischen Geheimdienst abgehört wurden. Wenn ich mich kurz vorstellen darf, mein Name ist Thomas Köhler (@tom_coal). Wir sind fast im gleichen Alter und stammen beide aus der DDR. Vielleicht haben wir ja unterschiedliche Erfahrungen mit der Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit gemacht, aber einig sind wir uns gewiss darüber, dass so etwas nie wieder geschehen darf.

Ich habe mich für den Eintritt in die Piratenpartei entschieden, das wird Ihnen auf Grund Ihrer Verpflichtungen wohl nicht möglich sein. Aber es gibt auch andere Wege für eine Privatperson für den Schutz ihrer Privatsphäre zu kämpfen. Gern lade ich Sie zu einem Treffen des Bündnis Privatsphäre Leipzig ein. Alternativ steht Ihnen zur Meinungsäußerung auch mein Blog zur Verfügung. In einem Gastbeitrag dürfen Sie sich jederzeit über die Eingriffe in Ihre Privatsphäre und Ihren Unmut über dieselben äußern.

Trotz all des Spottes in den verschiedenen Internetforen, werden gewiss auch andere überparteiliche Organisationen Sie dabei unterstützen.

Der Schutz der Privatsphäre, für den wir kämpfen, gilt natürlich auch für Sie.

Sollten Sie oder Personen aus Ihrem privaten oder beruflichen Umfeld sich also betroffen fühlen. Scheuen Sie sich nicht auf uns zu zugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Köhler

P.S. Meine Einladung ist privater Natur, nicht im Auftrag einer Organisation oder Partei. Da mir Ihre Privatadresse nicht bekannt ist, sende ich diesen Brief an Ihre Arbeitsstelle. Sollte dieser Brief Sie nicht erreichen, irgendjemand wird die Veröffentlichung im Internet lesen und Sie informieren.