Gegen die Bots! – Ein Rant

LeserInnen werden sich wundern, dass ich mich gegen Bots ausspreche. Unser Axel Voss ist ja immer gegen die Bots, die ihm seinen schönen Artikel 13 der „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ kaputt machen wollen. Und jetzt schließe ich mich dem auch noch an. Das hat aber einen guten Grund.

Axel Voss hat ein viel beachtetes Interview in der VICE gegeben und dort einiges durchblicken lassen.

Ich habe das Interview mit meinen Kenntnissen über die Digitalisierung im Kundenservice – also den Einsatz von Bots in der Kundenkommunikation – angeschaut und einiges festgestellt.

Bei dem o.g. Einsatz von Bots wird am Ende, d.h. wenn der Bot keine Antwort mehr hat, an einen menschlichen Mitarbeiter weitergeleitet. Dieser ist dann ein Spezialist der die Materie beherrscht und das Kundenanliegen lösen kann.

Bei der Programmierung für Bots in der politischen Kommunikation wurde diese Stelle in der Programmierung vergessen.

Ich schließe aus dem Interview: Axel Voss ist ein Bot.

So kam es im Interview zu der peinlichen Situation, dass der AxelBot die stereotypen Antworten wiederholte und entsprechend seiner Programmierung in Schleifen (Loops) aus Worthülsen verfiel und – da der Verweis auf den menschlichen Mitarbeiter fehlte – seine programmierte technische Unkenntnis offen zur Schau stellte.

Wer programmiert nur solche Bots?

Ich denke mal, das waren die üblichen Verdächtigen, also Google, Facebook, Amazon & Co. Sie wollen hier verbergen, dass ihnen die Richtlinie die „Lizenz zum Filtern und Blockieren“ gibt.

Ein so schlecht programmierter Bot ist dabei hilfreich.

Also: Geht am 23. März 2019 auf die Straße

Gegen die Bots!

Bildnachweis: under CCO by geralt

Die Roboter und wir

In der letzte Zeit werden im Rahmen der Digitalisierung endlich auch Diskussionen über die Ethik beim Einsatz künstlicher (artifizieller) Intelligenz (KI) geführt. Ich spreche hier gern von Robotern, obwohl der Begriff in dem Zusammenhang eher unüblich ist.

Warum spreche ich vom Roboter?

Wikipedia sagt:

„Ein Roboter ist eine technische Apparatur, die üblicherweise dazu dient, dem Menschen mechanische Arbeit abzunehmen. Roboter können sowohl ortsfeste als auch mobile Maschinen sein und werden von Computerprogrammen gesteuert.“

„Üblicherweise mechanische Arbeit“ – die Einschränkung beinhaltet ja, dass es Weiterungen gibt z.B. in der geistigen Arbeit. Roboter nehmen uns zunehmend auch andere als körperliche Arbeiten ab, wir nennen sie dann nur nicht mehr Roboter. Wir sprechen in dem Zusammenhang von Bots, was nur eine Verkürzung von Roboter ist.

Wo liegen die ethischen Herausforderungen?

Isaac Asimov und die Robotergesetze

Isaac Asimov, ein Wissenschaftler und Science-Fiction-Schriftsteller, sah sich bereits in den 40er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts mit dieser Thematik konfrontiert. Seine Lösung formulierte er 1948 die „Grundregeln des Roboterdienstes“ die er später als die drei Robotergesetze bezeichnete.

  1. Ein Roboter darf kein menschliches Wesen (wissentlich) verletzen oder durch Untätigkeit (wissentlich) zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.
  2. Ein Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren.
  3. Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.

Nun schrieb Asimov Science-Fiction-, besser gesagt zu großen Teile Social-Fiction-Literatur, aber wir befinden uns in der realen Welt: Was können wir nun davon gebrauchen?

Das erste Robotergesetz

Ich beschränke mich auf dieses, die anderen resultieren daraus. Hier ist die wichtigste Frage: „Was weiß ein Roboter?“ Asimov schränkt das Gesetz ja auf ‚wissentlich‘ ein. Ich weiß nicht, wann er diese Einschränkung getroffen hat, in einer Ausgabe der Foundation-Trilogie (als mir diese Gesetze erstmals unter kamen) stand diese, meiner Meinung nach, nicht. Das mag allerdings an meinem Gedächtnis oder am Übersetzer liegen.

Die Antwort ist einfach, er „weiß“, was ihm programmiert wurde.

Das verlagert also die ethische Frage auf die Programmierer und ihre Auftraggeber.

Wissentlich Menschen schaden

Hier verlasse ich Asimov und begebe mich in die Gegenwart mit ihren Herausforderungen durch Roboter, Bots oder allgemein künstliche Intelligenz. Deshalb verwende ich hier auch nicht „verletzen“ sondern „Schaden zufügen“, Asimovs Definition gilt ja hauptsächlich für mobile, wenn nicht gar humanoide, Roboter.

Ich denke, wir müssen nicht darüber streiten ob künstliche Intelligenz (KI) den Menschen, oder der menschlichen Gesellschaft, Schaden zufügen kann. Selbst Computerwürmer, wie Stuxnet, oder Trojaner können das. KI in autonomen Autos kann Menschen verletzen und in Kampfdrohnen ist es ihr Ziel, Menschen zu töten. Andererseits ist es in vielen wirtschaftlichen Bereichen das Ziel, mit dem Einsatz von KI Menschen um ihre Arbeitsplätze zu bringen und ihnen ihre materielle Lebensgrundlage zu entziehen, also ihnen zu schaden – wenn auch zu vermeintlich höherem Nutzen. Das kann man so sehen, wenn keine Lösungen für neue Arbeitsplätze oder z.B. andere Arbeits- und Lebenszeitregelungen angeboten werden.

Der Roboter, Bot oder die KI kann das nicht selbst lösen – auch bei Asimov wurden die Roboter „mit den Robotergesetzen ausgestattet“.

Was tun?

Ich bin ziemlich ratlos. Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, analog zur Bewegung zur „Ächtung der Atomwaffen“ eine starke internationale Bewegung für die „Unschädliche Nutzung der künstlichen Intelligenz“ ins Leben zu rufen, internationale Verträge abzuschließen und schädliche Nutzung unter schwere Strafen zu stellen.

Ihr werdet sagen, dass ich träume. Aber ich sage mit John Lennon:

You, you may say I’m a dreamer
But I’m not the only one
I hope someday you will join us
And the world will be as one.

P.S. Ich bin nicht allein mit meinem Interesse für dieses Thema. Die University of Harvard und das MIT beschäftigen sich unter „The Ethics and Governance of Artificial Intelligence“ und die University of Texas at Austin unter „Ethical Foundation of Computer Science“ mit ethischen Fragen. Soweit mir bekannt ist, ist auch die Stiftung Globale Werte Allianz in Basel an diesem Thema dran.

Bildnachweis: unter CCO Creativ Commons by Geralt

Fit für die Digitalisierung im Callcenter

Zur Einleitung seien mir folgende Bemerkungen gestattet:

Der Begriff „Callcenter“ steht in meinen Artikeln einerseits für Dienstleistungen im Kundenservice, ob nun telefonisch, per Mail oder Chat und auf anderen Wegen außerhalb des persönlichen Kontakts. Für all diese Kommunikationswege verwende ich nachfolgend den Begriff „Hotline“. Callcenter steht hier aber auch für andere Leistungen, wie Business Process Outsourcing (BPO), welche weit über die klassische Callcenter-Branche hinausgehen.
Die Bezeichnungen „Callcenter“, sowie „Callcenter-Agent“, „Hotline“ und ähnliche verwende ich, weil sie im allgemeinen Sprachgebrauch das Synonym für diese Branche sind. Mit „Contact-Center“ und anderen Bezeichnungen wissen meist nur Insider etwas anzufangen.
Als letzte Vorbemerkung möchte ich anbringen, dass ich aus der Sicht des Callcenter-Agenten und Betriebsrates schreibe. Damit ergeben sich selbstverständlich andere Schwerpunkte als aus Unternehmer-Sicht. Obwohl beide Seiten im Unternehmen die gleichen Herausforderungen haben – sie reden anders darüber.

Aus diesem Grund habe ich „die andere Seite“, also die Unternehmerseite, in Person von Walter Benedikt, um ihre Meinung zu meinen Thesen gebeten. Das Ergebnis habe ich im Artikel eingefügt.
Vielen Dank dafür an Walter.
Ich verweise hier auch auf seinen letzten Artikel zum Thema Digitalisierung.

Bestandsaufnahme

Im August 2016 verfasste ich für unseren Betriebsrat ein Papier namens „Betriebliche Aus- und Weiterbildung – ein Ansatz“, welches an die Geschäftsführung unseres Unternehmens übergeben wurde. Diese Themen habe ich ebenfalls in einem Artikel veröffentlicht, wenn auch unter allgemeinen Aspekten.
Wie der Leser dort unschwer erkennen kann, geht es mir um die Tatsache, dass große Teile der Beschäftigten im Callcenter für ihre Tätigkeit angelernt werden und in vielen Unternehmen kaum eine strukturierte Weiterbildung der Beschäftigten stattfindet. Das hat Jahrzehnte hindurch mehr oder weniger (oft weniger) funktioniert. Warum sollten die Unternehmen das jetzt ändern?
Dafür gibt es einen guten Grund:

Die Digitalisierung

Im Gegensatz zur oft geäußerten Meinung, dass durch die Digitalisierung Arbeitsplätze in der Callcenter-Branche abgebaut werden, bin ich der Meinung: Das Ende des Callcenters ist noch lange nicht absehbar. Es wird aber große Veränderungen in der Branche geben.
Nehmen wir die Einführung digitaler Assistenten mit künstlicher (artifizieller) Intelligenz, welche ich nachfolgend allgemein als „Chatbot“ bezeichne, in der Hotline.

Walter Benedikt:
„KI wird nicht die Lösung aller Probleme sein, schon gar nicht die Kommunikation zwischen Menschen vollständig ersetzen. Die Erwartungen an Bots sind gegenwärtig enorm. Werden diese im Laufe der Zeit nicht zu 100 Prozent erfüllt, wird die Akzeptanz schnell abnehmen.“

Einerseits werden, bislang meist einfache, Tätigkeiten der Agenten durch Chatbots übernommen. Das bedeutet, Kunden werden von diesen auf Lösungswege geführt und wenn das Anliegen gelöst ist, wird kein menschlicher Kontakt hergestellt.
Andererseits werden nur noch komplexe Aufgabenstellungen an die Agenten herangetragen, die ein (großer) Teil der klassischen Callcenter-Agenten mit dem heutigen Ausbildungsstand nicht mehr lösen kann.

Walter Benedikt:
„Wir werden hier eine stärkere Teilung zwischen einfachen und komplexeren Themen haben. Wobei nicht gesagt ist, dass intelligenten Bots nicht auch komplexere Vorgänge übernehmen können. Genau darin liegt aber die Herausforderung im Servicedesign. Denn Bots können nur dann sinnvoll unterstützen wenn die dafür notwendigen Strukturen dafür vorhanden sind. Die exisieren heute in vielen Teilen noch nicht.“

Durch die zunehmende Digitalisierung/Automatisierung auf der Kundenseite – ich denke hier im klassischen Telekommunikationsgeschäft an „Smart-Home“, weitere Vernetzungen von Endgeräten und ähnliches – wird es aber in absehbarer Zeit kein erhebliches Absinken der Kundenanfragen geben. Unter Umständen wird das Anfragevolumen zurückgehen, aber die Bearbeitungszeit wird, auf Grund der Komplexität der Problemstellungen, steigen.
Besonders weil der Endkunde immer weniger Fachwissen über die Systeme hat und braucht.

Walter Benedikt:
„Die Fragestellungen der Kunden werden immer komplexer, die Produkte selbst hingegen immer ähnlicher. Unternehmen, die neben ihrem Produkt oder ihrer Dienstleistung dem Thema „Positive Customer Experience“ einen höheren Stellenwert einräumen, machen langfristig das Rennen. Im Zuge dessen wird das Thema „persönlicher Kundenservice“ Fahrt aufnehmen.“

Aus- und Weiterbildung

Bereits heute ist die größte Herausforderung für die Callcenter-Branche die Suche nach qualifiziertem Personal im Agentenbereich – diese Lage wird sich mit zunehmender Digitalisierung weiter verschärfen.
Am Ende wird es neue Herausforderungen geben:
Einerseits werden heutige Agenten, die kommunikationsstark aber technisch nicht auf dem erforderlichen Stand sind, überflüssig – weil Chatbots ihre Funktion übernehmen.
Auf der anderen Seite werden, auf technischem Gebiet höher qualifizierte Mitarbeiter gesucht werden, die komplexere Aufgabenstellungen bearbeiten und lösen können. Diese müssen sich erst einmal Fähigkeiten in der Kommunikation mit den Kunden erwerben, die erstgenannte Mitarbeiter bereits haben. Sie werden auch nicht für das branchenübliche Gehalt (knapp über Mindestlohn) arbeiten.
Diese Situation ist absurd, da sie sich durch Aus- und Weiterbildung im Unternehmen vermeiden lässt.

Walter Benedikt:
„Der Agent als „Concierge“ hat durchaus Zukunft. Dafür müssen die Kundenberater der Zukunft aber bereits gut ausgebildet sein und stetig weitergebildet werden. Denn neben ihrem rein fachlichen Wissen, benötigen sie ein hohes Maß an Empathie und Entscheidungskompetenz. Dass sich dieser Shift langfristig auch in der Lohnstruktur wiederfinden sollte, ist nahezu unumgänglich. Ich denke mal, wenn Unternehmen merken, wie wichtig nachhaltiger Service bei der Kaufentscheidung ist, stehen die Chancen dafür gut. Umso mehr der Service bei der Kaufentscheidung eine gewichtige Rolle spielt, ums so eher werden Unternehmen bereit sein für einen guten Service Geld zu investieren.“

Fazit

Aus- und Weiterbildung kosten Geld und Zeit, was nicht nur im Callcenter das Gleiche ist. Das ist mir bekannt.
Langfristig gedacht ist sie aber preiswerter als das Recruiting von ausgebildeten Fachkräften, die zwar auf technischem Gebiet beschlagen sind, aber im Kundenservice angelernt werden müssen.
Mehr Gehalt wird für Fachkräfte immer nötig sein, aber hier sage ich als Agent und Betriebsrat:

Es ist für mich nicht erstaunlich, dass an dieser Stelle der Agent, der Betriebsrat und der Geschäftsführer übereinstimmen. Also gehen wir es an.

Bildnachweis: CCO Creative Commos by geralt – Thank you