Bayern-Markus, Sachsen-Michael und die Landtagswahlen

Wenn es Geistererscheinungen gäbe, dann hätte Markus Söder wohl schwere Albträume gehabt. Ich stelle mir vor, wie Franz Josef Strauß ihn für die letzten Wahlergebnisse (2018: 10,5 % und jetzt -0,2 %) ohrfeigt und ihm seinen Satz von 1987 ins Ohr brüllt: „Rechts von uns darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben, d.h. wir, die CDU und CSU, müssen diesen Raum und diese politische Landschaft ausfüllen.“

Der komplette Artikel steht, wie immer kostenlos, in der Leipziger Zeitung.

Kernkraft – Das Bayern-Imperium schlägt zurück

Es war ja auch zum verrückt werden, da machte doch diese FDP mit ihrer Technologieoffenheit, also Kernfusion, eFuels und anderen Dingen, das Rennen in der politischen Diskussion. Bayern, das Mutterland der Hochtechnologie, besonders die CSU als Fortschrittspartei, hatte keine Ideen.

Damit ist jetzt Schluss!

Der bayerische Sonnenkönig Markus I Söder will das Kernkraftwerk Isar II unter bayerischer Eigenregie weiterlaufen lassen. Auf die Frage ob er auch ein Atommüllendlager in Bayern will, schweigt er und das hat seinen Grund.

Der Grund heißt Alexander Dobrindt. Falls sich jemand fragt, wo er die ganze Zeit gesteckt hat, es gibt da eine Vermutung.

Unser vormaliger Bundesverkehrsminister hat klammheimlich Kernphysik, verbunden mit science fiction, studiert und springt jetzt, nach erfolgreichem Abschluss, seinem Herrscher zur Seite.

Atommüll-Endlager, was für eine Verschwendung! Lasst uns die Idee der Kryonik, des Recycling und die Lagerung der Kernbrennstäbe zur „großen vereinheitlichten Brennstab-Recycling-Theorie“, kurz bvBRT, zusammenfassen – nur ohne Einfrieren.

Kurz gesagt ist das revolutionäre daran: „Wir machen weiter wie bisher“.

In ihrer Schlichtheit kann man diese Lösung schon genial nennen. Somit kann Herr Dobrindt es auch einfach und für jeden verständlich ausdrücken:

„Längerfristige Zwischenlagerung, verbunden mit Forschung zum Brennstab-Recycling, scheint mir ein überlegbares Konzept zu sein“.

Die winzige Herausforderung zu erklären, worin der Unterschied zwischen einem „sicheren Endlager“ und einem „sicheren Zwischenlager“, eventuell für die nächsten 1000 Jahre, besteht, scheint vernachlässigbar.

Was beinhaltet bvBRT?

  1. Die Brennstäbe werden sicher zwischengelagert.
  2. Wir überlassen es den kommenden Generationen, einen Weg zu finden diese zu recyclen.

Wahnsinn, da hat einfach noch keiner dran gedacht.

Ich verneige mich in Ehrfurcht und schlage Alexander Dobrindt für den Nobelpreis vor. Ich weiß nur nicht, welche Kategorie passt.

Bayernwahl – und nun?

Was hat sich nach der Bayernwahl geändert? Entgegen allen Berichten möchte ich sagen: Es hat sich nichts geändert in der Bundesrepublik. Der Bundesregierung möchte ich zurufen: „Fangt endlich an zu regieren!“

Bayernwahl und Zahlenspiele

Nicht erst mit dem bayerischen Wahlergebnis begannen die Zahlenspiele, sie begannen lange vorher. Die Politik in Deutschland ist verkommen zum Starren auf Zahlen – kaum dass eine Wahl beendet ist. Nach der Bundestagswahl 2017, die die „Volksparteien“ grandios vergeigten, begann das Starren auf Umfragewerte für die nächsten Wahlen in den Bundesländern und sogar auf die fiktive Frage „Wenn heute Bundestagswahl wäre“. Die Reaktion auf Umfragewerte ist längst wichtiger geworden als langfristige politische Projekte. Nur so lässt sich erklären, dass eine bayerische Regionalpartei die gesamte Bundesregierung am Nasenring durch die politische Arena ziehen konnte.

Bayernwahl und Bundespolitik

Ich habe eingangs geschrieben, dass sich nichts ändert. Bayern bleibt konservativ regiert – jetzt eben voraussichtlich durch die CSU und die FW. Im Bundesrat ändert sich also nicht viel, in die Länderkammer werden also höchstens ein oder zwei Vertreter der FW einziehen – bei Entscheidungen wird durch Bayern nicht anders abstimmen als vorher. Wenn nicht Bundes- und Landespolitik ständig vermischt würden, wobei die Sonderrolle der CSU natürlich beachtet werden muss, würde sich an Personalien der Bundesregierung nichts ändern müssen. Wenn doch, dann höchstens bei der SPD, die ja in Bayern zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft ist. Die CSU regiert weiter – was geht das den Bund an?

Bayernwahl – Sieger

Die unbestrittenen Sieger der Bayernwahl, geht man von Simmenzuwächsen aus, sind die Grünen. Für den Bund ist das aber unerheblich, sieht man von der moralischen Komponente ab. Die Grünen sind in Zukunft die stärkste Oppositionspartei und sie stehen mit der SPD auf verlorenem Posten. In der Frage der Zuwanderung und der geflüchteten Menschen hat sich die CSU so weit an die fremdenfeindliche Partei angenähert, dass sich eine Oppositionsarbeit in dieser Frage mit den Stimmen dieser Parteien kaum beeinflussen lässt. Gleiches gilt für die Fragen der Netzpolitik – insbesondere der Überwachung. Trotz des grandiosen Ergebnisses wird der Einfluss der Grünen überschaubar bleiben.

Bayernwahl – Verlierer

Nicht die SPD ist Verlierer der Bayernwahl, sie hat diese vergeigt – das interessiert letztlich soviel wie das Spiel Holland gegen Deutschland. Wir alle haben verloren.

Wir haben verloren:

  • Weil diese Wahl als irgendwie wichtig für die Bundespolitik, somit für alle Bundesländer und alle Menschen, die hier leben betrachtet wird.
  • Weil der nächsten – also der Hessenwahl – die gleiche Bedeutung zugesprochen wird. Obwohl, durch diese könnte sich das Stimmenverhältnis im Bundesrat ändern.
  • Weil danach die nächste Wahl in einem Bundesland kommt – die ebenso wichtig sein wird.
  • Weil unserer Regierung nicht regiert – Sie starrt auf Umfragewerte und reagiert kurzfristig.

Wir alle haben verloren, weil nicht nur Regierung, Parteien und Politiker sondern auch WählerInnen schwarmdumm (wie Gunter Dueck das bezeichnet) auf Zahlen – hier Umfragewerte – starren.

Wir und mit uns die Demokratie, sind verloren, wenn sich das nicht ändert.

P.S. Wenn ich Änderungen sage, dann habe ich auch zwei Vorschläge:

  1. Wenn im 4-Jahres-Turnus der Bundestag gewählt wird, dann muss der Bundesrat zur Hälfte der Legislaturperiode gewählt werden. Das bedeutet: Einheitlicher Termin für alle Wahlen der Landesregierungen wäre also, nach der Bundestagswahl 2021, im Herbst 2023. Das würde den Druck zum kurzfristigen Reagieren vermindern.
  2. Abschaffung der elenden 5%-Hürde (Sperrklausel). Wer als Person oder Partei die Stimmen für einen Sitz im Parlament (egal welche Ebene) erhält, bekommt diesen Sitz. Das würde die Demokratie stärken. Ich verweise hier darauf dass bei der Bundestagswahl 2017 5% (die Übereinstimmung der Prozentzahl ist zufällig) der abgegebenen gültigen Stimmen, auf Grund der Sperrklausel, nicht berücksichtigt wurden. In Wählerstimmen sind das 2.325.343.

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