PolGef-Wahl

Einleitend gesagt, es war eine Christopher Lauer Show. Gut, dass er nicht als letzter Kandidat dran kam, so können einige nochmal nachdenken bevor sie an die Urne gehen.

Aber von Anfang an, Mirco da Silva war präzise und programmatisch nur leider rhetorisch etwas farblos. Dann der Show-man aus Berlin, den sogar die Versammlungsleitung bremste, weil seine Rede wenig von einer Kandidatenvorstellung hatte. Ob berechtigt oder nicht, darüber hat jeder seine Meinung. Fragen beantworten ist nicht sein Ding, eher polemisiert er oder macht Witze auf Kosten anderer – na gut auf seine eigenen auch, schließlich ist es wichtig, dass er gewählt wird weil er noch 500 Visitenkarten mit dieser Bezeichnung hat.. Aber er meint auch, die Piraten werden sich immer selbst zerfleischen – findet er gut. Babak Tubis als dritter Kandidat eher der sachliche Typ, gute Ideen und kann sie auch kommunizieren. Einer seiner Schwerpunkt ist die innerparteiliche Kultur, die ja wirklich im Argen liegt. Der 4. Kandidat Kristos Thingiloutis schlägt in die selbe Kerbe, Kommunikationskultur, Ende des Flügelstreits, Zusammenarbeit und den Vorwärtsgang einlegen. Leider redet er sich erst am Ende der drei Minuten richtig warm. Die Fragerunde geht um die üblichen Punkte, herausheben möchte ich die Antwort auf die Frage wie er die anderen Parteien attackieren will „Wenn wir etwas können, dann ist es bashen. Darin sind wir Weltmeister. Wenn wir das mal gegen die anderen richten…“ Ali Utlu betont die Basisarbeit des BuVo als Voraussetzung für Politik. Wichtig ist der Verweis auf die verschenkten Themen, die wir den anderen Parteien überlassen. „Flausch mit Stahlwolle“, weil jeder ein Stop-Schild haben soll wenn es persönlich wird. Bei der Befragung auf seine Ausfälle auf Twitter angesprochen erklärt er, dass er sich geändert hat weil er mit den anderen gesprochen hat. Den Rücktritt vom LaVo-Amt erklärt er einsehbar mit verständlichen persönlichen Gründen. Martin Kliehm zieht seine Kanditatur zurück. Als letzter Wolf Weidner, spricht davon Inhalte leben, funktionierenden Dingen – die tägliche Kleinarbeit zu machen. „Ich bin in der Piratenpartei, damit Menschen unsere Themen in die Köpfe bekommen“. Er wird von den Fragenden nett behandelt, zumindest netter als seine Vorgänger. Beantwortet aber die Fragen präzise und ausführlich.

Meine Prognose spare ich mir, ich hoffe sie tritt nicht ein.

Ergänzung: Wegen Unregelmäßigkeit bei der Unterstützerliste wird die Kandidatur von Christopher Lauer gestrichen.

aBPT II

BPT1

Eine Stunde später, wir haben ein Ergebnis. 1. Vorsitzender ist Stefan Körner mit, wenn ich mich nicht verhört habe 63% der Stimmen. Jubel seiner Anhänger – aber fairer Umgang der Anhänger der Nichtgewählten mit dem Ergebnis.

Das Ergebnis in Zahlen:

Stefan Körner 62,05%

Wofgang Dudda 37,27%

Florian Andre Unterburger 32,35%

Franziska Jentsch 10,55%

Matthias Zehe 09,60%

Wer zusammenzählt und auf mehr als 100% kommt, der hat Recht – das liegt am Wahlsystem. Erkläre ich aber nicht.

Jetzt Kandidatenvorstellung für das Schatzmeister-Amt. Sebastian Krone stellt sich vor und erklärt, dass sich nichts verändert hat und er deshalb erneut kandidiert. Er verlangt Transparenz der Finanzen, internationale Zusammenarbeit mit den Piratenparteien und verspricht nichts. Befragung des Kandidaten. Er wird mit nationalistischen Tendenzen konfrontiert und verweigert die Antwort, da die Frage (resp. Der Frager) seiner Meinung nach persönliche Empfindungen wiederspiegelt. Auffällig, es sind oft die gleichen Piraten die fragen. Als nächster Stefan Bartels, ehem. Bundesschatzmeister, „Am Zustand der Piratenpartei sind wir alle schuld, alle die schweigen zu dieser Diskussionskultur“. Will Professionalisierung der Verwaltung vorantreiben. Gruppenweise buh-Rufe zu seiner Rede, kann ich nicht zuordnen. Wieder die selben Frager, er wird aggressiv befragt zu seinem Rücktritt. Schwierig für ihn. Phlipp Schnabel als nächster, er spricht die mangelnde Kultur des Bitte und Danke Sagens an und den Zusammenhang mit den Finanzen der Partei. Fordert langfristige Planung und Teamwork. Wird befragt nach fachlicher Qualifikation und seinen Zielen zur Finanzplanung und Rückstellung, er betont Themenpolitik, nicht Personenpolitik ist ihm wichtig.

Hier sind keine Überraschungen zu erwarten, meine ich.

Wie erwartet eine knappe Stunde später mit 59,84% Stefan Bartels als Schatzmeister gewählt. Es folgt die Wahl zum politischen Geschäftsführer.

Ein Erlebnis der besonderen Art,

ist der Parteitag der Piraten in Halle auf jeden Fall. Die Besonderheit, dass ein ordentlicher Bundesparteitag (BPT) eröffnet wird, sofort wieder in Pause geschickt wird und mit einem außerordentlichen Bundesparteitag (aBPT) fortgesetzt wird, erschließt sich nur dem Insider. Der Grund ist natürlich der Rücktritt des halben Bundesvorstands im März 2014.

Es ist der erste Parteitag der Piratenpartei an dem ich teilnehme und entsprechend gespannt bin ich auf den Ablauf. Das Prozedere erscheint mir kompliziert genug, so wird erst über eine Tagesordnung zum BPT abgestimmt – diese muss wiederholt werden, weil juristische Einsprüche gegen den Verlauf der Abstimmung erhoben werden. Wichtig genug ist das, weil allein durch eine ungültige Abstimmung letztendlich sämtliche Parteitagsbeschlüsse ungültig wären.

Ansonsten ist mein erster Eindruck mit liebenswert chaotisch zu beschreiben. So ist der Beamer für die Tagesordnung und andere abzustimmende Dokumente nicht funktionsfähig, was zu Widersprüchen von Mitgliedern führt. Wir sind ja die technik-affine Partei, da kann man das schon witzig sehen. Die Versammlung sah es jedenfalls locker. Ein Versammlungsleiter mit einem Baby im Tragegurt vor dem Bauch wäre ja in keiner anderen Partei vorstellbar.

Persönliches Kennenlernen von digitalen Kontakten steht für mich an erster Stelle, neben der normalen Parteitagsarbeit. Man staunt, wie diese digitalen Kontakte als normale Menschen aussehen und sprechen. Es war aber bisher keine unangenehme Überraschung.

Der Ablauf schleicht etwas vor sich hin, nach Beschluss über die Tagesordnung, Wahl der Versammlungs- und Wahlleitung folgte die Aufstellung der Kandidatenliste, die sich über eine Stunde hinzog. Jetzt läuft die Vorstellung der Kandidaten für das Amt des Bundesvorsitzenden. 3 min Vorstellungsrede für jeden Kandidaten und dann Fragen. Erste Rede Wolfgang Dudda – kurz, knackig und überzeugend – ohne großes Pathos. Kommt rüber als Macher. Jetzt Florian Andre Unterburger, mehr polemisch und politisch und pathetisch. Die Fragen kommen mir zu Teil vorbereitet vor, ohne richtigen Bezug zum Kandidaten – austauschbar. Während ich das schreibe steht schon Matthias Zehe auf dem Podium. Ein gestandener Parteifunktionär (bitte Begriff nicht negativ werten) mit einer technokratischen Rede über die Finanzen der Piratenpartei. Keine Visionen und Emotionen – bisher m.E. nach die schlechteste Rede – sorry. Die Versammlung will ihn auch nicht befragen. Stefan Körner jetzt, der von seinen Anhängern mit Beifall begrüßt wird, als Erster. Pathetisch, geübter Redner – packt das Publikum, teils mit witzigen Einlagen „teilweise desolater Zustand der Partei“, wird mit Beifall belohnt. Er spricht aus seiner Sicht als zukünftiger Vorsitzender – ohne Wenn und Aber. Er ist rhetorisch führend am Set, aber nicht unbedingt inhaltlich. Seine Vorstellung des Vetorechts innerhalb der Partei und des BuVo erinnert an Bundestag und Bundesrat. Er wird aber auch persönlich angegriffen – wehrt sich geschickt, nicht unbedingt glaubwürdig. Der erste Kandidat der eine zweite Fragerunde bekommt, scheinbar ist er beliebt bei seinen Anhängern sonst aber umstritten. Teilweise ausweichende oder sogar völlig daneben liegende Antworten, die er aber überzeugend vorträgt. Keine dritte Fragerunde, dafür die Nachricht, dass der kBuVo Bodo Thiesen die Mitgliedsrechte aberkannt hat (er steht auf der Kandidatenliste), die Juristen lassen ihn aber zu – müssen sich aber noch die Begründung erarbeiten. Franziska Jentsch hält eine junge Rede, mit Sitz- und StehplinklerInnen, Mateflaschen und Party. Durchaus witzig, spricht mich nicht besonders an, mag aber für andere durchaus gut sein. Kernaussage ist scheinbar Spass an der Politik. Die Versammlung will keine Fragerunde. Dennis Plagge beruft den Schicksalsparteitag, spricht gegen die Aufspaltung der Piratenpartei und betont nochmals den Methodenstreit der Peergroups. Entschuldigt sich für das Versagen des ehem. Parteispitze. Er zieht überraschend seien Kandidatur zurück und erklärt seine Unterstützung für Stefan Körner. Jetzt Bodo Thiesen, er spricht über Demokratie und Grundwerte. Angriffe gegen den kBuVo wegen geheimer Tagungen und Ausschluss der Basis. Akademisch schlechte Interpretation des „Denkt Selbst“ der Aufklärung. Auch er relativ unpathetisch und emotionslos.

Fazit der Vorstellung: Zwei Vorstellungsreden (nimmt man die Unterstütung durch Dennis Plagge als solche) für Stefan Körner. Ob sich das aufs Wahlergebnis auswirkt?

Sorry für evt. Tippfehler usw. aber es ist halt live.