Nach Beendigung des Dienstverhältnisses mit der Deutschen Volkspolizei wollte Josef A. Köhler studieren.
Da er aber kein Abitur hatte, oder dieses nicht nachweisen konnte,musste er die Zugangsberechtigung zum Studium erwerben.Bei der Befragung durch KGB und MfS sagte er 1988 dazu: Fürdieses Studium mußte ich damals an der Arbeiter- und Bauernfakultät eine Begabtenprüfung ablegen. Nach meiner Entlassung aus der Deutschen Volkspolizei bereitete ich mich vom 1. 4. 1950 bis Anfang Juli 1950 auf diese Prüfung vor,und zwar an der Arbeiter- und Bauernfakultät zu Leipzig und am Slawistischen Institut der Universität Leipzig, wo die Prüfung selbst vom 5. 7. – 7. 7. 1950 stattfand.
Mit Schreiben der Arbeiter und Bauern Fakultät (ABF) vom 07.07.1950 wurde er zum Studium an der Karl-Marx-Universität Leipzig, Fakultät Slawistik, zum Studium zugelassen und wurde für das Herbstsemester 1950 immatrikuliert. Nach späteren Aussagen von Josef A. Köhler, studierte er die russische Sprache. Elsbeth Krüger,seine damalige Lebensgefährtin, gab jedoch 1964 bei einer Vernehmung zu Protokoll er ging zu dieser Zeit zum Studium an die Karl-Marx-Universität in Leipzig wo er Slavistik (insbesondere die chinesische Sprache) studierte .
Man könnte dies nun als Erinnerungsfehler bezeichnen, aber auch aus anderen Dokumenten geht hervor, dass Josef A. Köhler für das Studium der Slavistik und der Sinologie immatrikuliert war.
Die Studentenakte aus dem Archiv der Universität Leipzig ist unergiebig, was die Teilnahme an Studienveranstaltungen betrifft. Es sind auch keine Zensuren oder abgelegten Prüfungen vermerkt.
Die einzige Person, die namentlich genannt wird ist sein Mentor für die Begabtenprüfung und späterer Institutsleiter, Prof. Dr. Olesch.
Josef A. Köhler wurde im Herbst 1949, nach Ablauf der Kandidatenzeit, Mitglied der SED. Der genaue Termin ist nicht bekannt, er erhielt aber das Mitgliedsdokument Nr. IV/2055941und war während des Studiums Mitglied der Parteiorganisation Uni, Phil.I.
Außerdem war er sowohl in der Stadtbezirksleitung Leipzig 81/82 aktiv und hatte Verbindungen zur Bezirksleitung Leipzig der SED.
Im Herbst 1950 mietete Josef A. Köhler eine Wohnung, genauer gesagt den Teil einer Wohnung, in der Balzacstraße 17 (Leipzig-Mitte) für seine Eltern und holte diese nach Leipzig. Er selbst zog ebenfalls dort ein. Wie das gemeinsame Wohnen mit Elsbeth Krüger weiter ging ist nicht bekannt.
Da sein Vater, Anton Köhler, nicht sofort eine feste Arbeit in Leipzig fand, pendelte dieser zeitweilig weiterhin nach Thüringen.
Anton Köhler schrieb dazu in einem Lebenslauf von1956: Vom Dezember 1950 bis Februar 1951 arbeitete ich hier in Leipzig bei der Fa. Augustin (Glaserei), Leipzig O-5, Erich-Ferl-Straße 30. Von Februar 1951 bis zu Ende der Frühjahrsmesse arbeitete ich als Messeaushilfe bei der Fa. Pabst und Böttcher, Leipzig C-1, Hohe Straße 27. Anschließend arbeitete ich, da es zu dieser Zeit hier in Leipzig keine Möglichkeiten gab, bei der Fa. Georg Walter, Bau- und Möbeltischlerei, in Völkershausen / Rhön als Tischler bis Dezember 1951
Am 07.06.1951wurde Josef A. Köhler gegen 21.00 Uhr in Berlin, Tieckstraße, von Mitarbeitern der Abt VIII des MfS verhaftet und den sowjetischen Behörden übergeben.
Der Kommentar dazu war:
Zu der Zeit April 1950 bis Juni 1951 sind einige Ergänzungen nötig. Die Angaben stützen sich in erster Linie auf die Studentenakte aus dem Archiv der Universität Leipzig, auf verschiedene Akten bei der BStU und auf persönliche Dokumente aus der Hinterlassenschaft von +Josef A. Köhler . Leider ergibt sich aus diesen Unterlagen ein uneinheitliches Bild. Dazu zählt unter Anderem die Auswahl der Sprachen, die Josef A. Köhler lernte. In einigen Dokumenten ist die Rede von Russisch, in anderen von Russisch und Chinesisch. Geht man davon aus, dass +Josef A. Köhlervor dem Krieg bereits Englisch gelernt hatte, so ergibt sich ein interessantes Bild. 1950 schlossen die Sowjetunion und die VR China einen Freundschaftsvertrag, die DDR und die VR China schlossen ein Handelsabkommen. Es war also abzusehen, dass der direkte Kontakt mit chinesischen Bürgern und Institutionen zunehmen würde. Die Beherrschung der chinesischen Sprache, zumal mit der gleichzeitigen Beherrschung von Russisch und Englisch, war also gerade in einer Universitäts- und Messestadt, von Interesse. Später wird +Josef A. Köhler aber stets behaupten, dass er kein Englisch sprach, von dem Studium der Sinologie war nur am Rande die Rede.
Auch die Finanzierung seines Lebensunterhaltes gibt einige Rätsel auf. In seinem Aufnahmeantrag für Studienbewerber gibt er zur Finanzierung an: Finanzierung durch Jesuiten Stiftung. Die Frage in welcher Höhe, beantwortet er wie folgt: Voller Gebührenerlaß und Internatskosten.
Abgesehen davon, dass er nicht im Internat wohnte und somit keine Internatskosten anfielen, haben meine Recherchen bei der Gesellschaft Jesu (Jesuiten) ergeben, dass er keine Unterstützung von diesen bekam. Er erhielt also nur das staatliche Stipendium von 130,00 DM der DDR.
Am 12. April 1951 wurde vom Rat der Stadt Leipzig, Ermittlungs- und Vollzugsamt, ein Ermittlungsverfahren gegen +Josef A. Köhler eingeleitet. Im Ermittlungsauftrag heißt es: Die Ermittlungen sind äußerst vorsichtig anzustellen, da es sich um einen klugen und wachsamen wahrscheinlichen Gegner handelt.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Auftrag korrigiert wurde. Ursprünglich war der Familienname Keller eingetragen. Zufall kann dies nicht sein, ergibt sich aber logisch wenn man die russische Schreibweise des Namens Келер [Keler] zur Grundlage nimmt. Daraus folgt voraussichtlich eine Auftragserteilung von Seiten der sowjetischen Organe. Dieser Ermittlungsbericht beinhaltet eine Menge sachliche Fehler, welche auf eine oberflächliche Ermittlungsarbeit hindeuten, auch die persönlichen Einschätzungen (die durchweg negativ sind) lassen auf eine solche schließen. Er ist aber das einzige Dokument aus dem hervorgeht, dass seine Lebensgefährtin Elsbeth Krüger mit ihm gemeinsam in der Balzacstraße 17, also bei seinen Eltern, wohnt.
Die Festnahme am 07.06.1951 erfolgt durch das MfS, im Auftrag sowjetischer Organe. Der sowjetische Haftbefehl liegt mir vor, ist allerdings noch beim Übersetzer.