Also, ich gehe wählen – nur wen?

Es ist wieder mal soweit, die Bundestagswahl rückt näher und ich frage mich wen ich wählen soll.

Nicht ganz ernst gemeint, innerlich habe ich mich schon entschieden. Als Nächstes werde ich mir mal die Wahlplakate der Parteien anschauen.

Zu einer vorhergehenden Wahl schrieb ich an einen Kontakt in einem längst vergessenen Netzwerk einen Brief über Wahlwerbung. Mal sehen ob die Werbung zu dieser Wahl ebenso schlecht ist wie damals.

Die Grundaussage des Textes war, dass Wahlwerbung in großen Teilen negativ ist. Ein Verkäufer würde so nicht argumentieren. Wie schon im Artikel zur Präsidentenwahl in den USA bemerkt, will der Wähler doch in erster Linie wissen, warum er eine Partei (oder einen Kandidaten) wählen soll. Nicht warum die andere nicht. Das ist einer der Gründe warum die SPD dieses Jahr wohl wieder nicht in die Gänge kommt.

Ich werde also in den nächsten Tagen die Plakate anschauen und mal sehen ob es auch positive Werbung gibt. Natürlich politisch gesehen – nicht die Wünsche für einen schönen Sommer.

Ich werde darüber berichten.

Nun aber der alte Text – hat sich etwas verändert?

@ Marc und alle Anderen

Marc, Du schreibst:

P.S.: Ich arbeite bereits an einer Idee, die vielleicht auch helfen kann, den demokratischen Prozess wieder neu zu beleben. Sobald es Spruchreifes gibt, lasse ich es euch wissen. Nur auf die Schnelle und für dieses Jahr wird das wohl nicht mehr umzusetzen sein…

Nun, das ist mal wieder eine gute Idee, haben schon Viele, u. A. auch ich schon probiert – vielleicht gelingt es ja Dir.

Da ich hier neu bin, möchte ich erst einmal um etwas bitten:

Ich schreibe manchmal etwas überspitzt, soll nicht böse gemeint sein, sondern nur ganz bewusst provozieren. Also nehmt es mir nicht übel.

1989, ich war 32 Jahre jung, was für ein Jahr. Wir wussten alle wogegen wir waren – Jeder war auch für etwas, aber das war nicht ein gemeinschaftliches Für sondern ein individuelles. Das änderte sich nach dem 9. Oktober, als die Fürsprecher der D-Mark, und schließlich der Vereinigung auf den Plan traten.

Gehe ich heute durch Leipzigs Straßen, dann sehe ich Wahlwerbung GEGEN alles Mögliche und nur selten FÜR konkrete Ziele.

Wie will ich damit den Wähler anlocken?

Die Parteien profilieren sich in der Hauptsache damit, gegen etwas zu sein, wofür die Anderen vermutlich stehen und somit haben wir einen Negativwahlkampf der ungefähr so aussieht:

„Wählt mich, denn ich bin GEGEN den Verkauf der Stadtwerke!“

„Wählt mich, denn ich bin GEGEN Sozialabbau!“

„Wählt mich, denn ich bin GEGEN Verstaatlichung!“ usw.

Ausnahmen gibt es natürlich, aber der Bürger registriert natürlich diese Negation und fragt sich, warum soll ich Parteien wählen, die sich so profilieren und bleibt der Wahlurne fern.

Was also tun?

Der Wahlbürger (vulgo Stimmvieh) muss vom, hier eingeklammerten Stand, wieder auf das richtige Niveau gehoben werden. Die jetzige Form des Wahlkampfes ist eine Missachtung des Bürgers, die nur dadurch beseitigt werden kann und muss, dass Jeder, der sich Wahlen stellt, als Erstes klar und deutlich ausdrückt, woFÜR er steht und natürlich, wie er es erreichen will.

Also ganz einfach Offenheit.

Wenn der Politiker dies nicht kann und / oder will, dann lohnt es sich auch nicht ihn zu wählen.

Wichtig ist aber natürlich auch, dass der Bürger sich überhaupt damit beschäftigt und nicht nur nach vermeintlichen persönlichen Vorteilen in den Wahlversprechen sucht.

P.S. Die Idee von Marc lässt noch auf sich warten, wie so viele andere.

PRISM – Was tun?

Es geht mir an dieser Stelle natürlich nicht darum PRISM & Co. zu verteidigen, aber ich möchte auf den Cartoon [1] hinweisen, den der Jörn bei G+ gepostet hat.

wie mans macht

Da geht es natürlich um PRISM und den Verdacht, dass man sich mit dem Rückzug aus dem Internet erst recht verdächtig macht. Viele fanden das witzig, ist es aber nicht.

Zurück zu nine/eleven, da wurde viel über Schläfer-Terroristen geschrieben. Zur Quellenrecherche hatte ich keine Lust, verzeiht mir, aber ich kann noch einige Thesen aus dem Gedächtnis wiedergebe. Diese sind auch Inhalt in beliebten US-amerikanischen Filmen und Serien. Sage also Keiner, er habe sie noch nie gehört.

1. Der (islamische*) Schläfer-Terrorist rasiert sich seinen Bart, trägt unauffällige Kleidung.

2. Der (islamische*) Schläfer-Terrorist geht nicht in Moscheen, zumindest in keine die als radikal bekannt sind.

3. Der (islamische*) Schläfer-Terrorist missioniert nicht für seinen Glauben, er spricht einfach nicht darüber.

4. Der (islamische*) Schläfer-Terrorist lebt unauffällig und an seine Umwelt angepasst.

Die Liste ließe sich fortsetzen, aber Fazit ist:

Der (islamische*) Schläfer-Terrorist ist nicht zu erkennen!

Dazu gehört auch, dass er (der wirklich gefährliche) keine verdächtigen Websites aufruft und sich ebensowenig in solchen Chatrooms herumtreibt.

Da kommt nun der Cartoon ins Spiel. Und die Auswertung von PRISM.

Logische Folge wäre, wer sich so benimmt wie der Protagonist, der ist ein Terrorist – wer normal im Internet unterwegs ist, der ist keiner.

Wenn das nur alles so einfach wäre.

Dann wäre PRISM eine Maschine, die nach dem Ausschlussverfahren arbeitet. Verknüpft mit einer Datenbank der Weltbevölkerung würde sie nach Verdächtigen suchen die durch Abwesenheit und unauffälliges Verhalten hervorstechen.

Nun sage aber noch einer, er habe nichts zu befürchten – Er tue ja nichts Unrechtes.

Gerade dann wäre er verdächtig!

Gerade dann sollte er gegen PRISM & Co. sein!

Wenn auch nur aus dem Grund, dass er mit der Teilnahme am Protest wieder unverdächtig wird.

!!! Der Artikel könnte Spuren von Ironie enthalten. Bei Risiken und Nebenwirkungen empfehle ich die Packungsbeilage. !!!

* islamisch ist hier im Kontext von 9/11 zu sehen, gilt für Terroristen jeder Coleur

[1] Bildquelle: http://www.fr-online.de/fotostrecken-politik,1472612,23570292.html

PRISM – Applaus oder Protest?

Da ich hier niemandem zu nahe treten möchte, nehme ich meinen imaginären BILD lesenden Nachbarn. Dieser ist einigen Lesern meiner G+ Ergüsse aus dem letzten Jahr bekannt. Letztens hatten wir also eine Diskussion über PRISM und die USA im Allgemeinen. Natürlich verurteilte er die Ausspähung unserer privaten Daten aufs Schärfste.

Allerdings erinnerte ich ihn an einige vorherige Gespräche, da wurde er doch etwas nachdenklich.

Worum ging es nun eigentlich? Klar, es ging um das Fernsehen und beliebte US-amerikanische Serien. Um nur zwei zu nennen, es ging um Navy CIS LA und Numbers.

Der gesetzestreue Bürger freut sich ja nun immer, wenn der smarte Gesetzeshüter den Bösewicht, nicht nur mit Brachialgewalt sondern mit Grips und Technik, ermittelt und aus dem Verkehr zieht.

Da werden die Schilderungen über PRISM im Alltag billigend in Kauf genommen, ja es wird sogar applaudiert.

Beispiel gefällig?

In Navy CIS LA wird der Aufenthaltsort eines Verdächtigen ermittelt indem sein Foto mit den aktuellen Postings in Facebook abgeglichen wird. Er ist demzufolge in einer Disco und wird dort verhaftet. Applaus!

Ständig werden Verbindungsdaten aus den letzten Jahren zu Rate gezogen, Emails die von Rechnern gelöscht werden über die Provider wieder ans Licht geholt und das Internet wird zur Verbrechensbekämpfung genutzt. Besonders die sozialen Netzwerke spielen immer wieder eine große Rolle.

Warum sind wir nun alle so erstaunt, mein lieber Nachbar?

Weil es uns betrifft!

Wer hat uns denn bei der Fernsehunterhaltung versprochen, dass nur die Daten der Bösewichte überwacht werden?

Ein kleiner Ausflug noch in die Literatur.

Im Jahr 2000, in Deutschland regierte die rot-grüne Koalition, erschien ebenda das Buch eines amerikanischer Schriftsteller über Abhör- und Spionageoperationen. Er schildert dort auch deren Geschichte.

Nach einem kurzen Abriss über die Entwicklung der Telefonie bis hin zur Erfindung der Wählscheibe, lesen wir:

Diese Technik (Wählscheibe) war ein großer Gewinn, nicht zuletzt für die Mathematik, die um ein neues Teilgebiet erweitert wurde, nämlich um die Kombinatorik*) , die während der 30er Jahre von der amerikanische Gesellschaft AT&T systematisiert wurde. Zehn Jahre später nutzte der besagte holländische Ingenieur diese Rechenmethode zur Erstellung virtueller Pfade innerhalb der Relaisstationen, womit er den Widerstandskämpfern die Möglichkeit verschaffte, Mitstreiter anzurufen, ohne dass der Anrufer oder der Angerufene lokalisiert werden können. [1]

Es folgt ein kurzer Abschnitt über das Bekanntwerden dieser Technik bei den Geheimdiensten, besonders dem OSS und über die Verwertung dieser Erkenntnis in Zusammenarbeit mit AT&T. Ab 1955 wurde dann das System internationaler Standard, der historische Abriss geht bis zu den 70er Jahren mit Tastentelefonen und Frequenzwahl. Er endet mit der Zusammenfassung:

Dieses, im AT&T-eigenen Forschungslabor in Parsippany, New Jersey, entwickelte und der Welt zur Verfügung gestellte Telefonsystem wurde in den Folgejahren immer wieder verbessert und ausgebaut, so dass schließlich fast alle Welt einheitlich vernetzt war. Und eingebettet in dieses System war ein 6-zeiliger Binärcode, der auf die Idee eines holländischen Widerstandskämpfers zurückging. [1]

Applaus!

Übrigens, im selben Kapitel beschreibt er auch noch etwas heute völlig Neues.

Es wird ein Spionageprogramm auf einem Computer installiert und dabei nistet es sich in eine Nische des Betriebssystems, der neuesten Windows-Version, ein.

„Diese Nische war von einem Microsoft-Mitarbeiter eingerichtet worden, der ohne das Wissen seines Arbeitgebers, diesen patriotischen Dienst geleistet hatte…“ [1]

Applaus!

Der Mann, der dies schrieb, ist nun natürlich kein Whistleblower. Er erfreut sich bester Beziehungen zu den Diensten in den USA.

Mal ehrlich, lieber Nachbar, warum staunen Sie nun über Snowdens Enthüllungen?

Warum regen Sie sich auf?

Bisher haben Sie applaudiert.

Oder dachten Sie, dass das alles nur Fiktion war?

Armer Nachbar …

Eine kleine persönliche Anmerkung sei gestattet. Es geht hier nicht um eine Verteidigung von PRISM. Mir geht es nur darum zu erläutern, warum mein Nachbar, die Bundesregierung, Deine Mudda und wir alle eigentlich nicht über die neuen Erkenntnisse staunen müssten. Wir wussten doch alle was möglich ist. Waren wir so naiv zu glauben, dass niemand das Mögliche tut?

*) Übrigens, Prof. Charlie Eppes in Numbers beschäftigt sich immer wieder mit Kombinatorik. (unnützes Wissen)

[1] Clancy, Tom „Im Zeichen des Drachen“(The Bear and the Dragon), Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG München, 3. Auflage, 2000, ISBN 3-453-18048-8, S. 213 ff)