Leute es wurde ja auch mal Zeit!

Schriftsteller gegen Überwachung

So sehr ich diesen Aufruf begrüße, nicht dass die Unterzeichnenden Wert darauf legen, sei eine kleine historische Parallelität hier angebracht.

Der 09. Oktober 1989 ist der eigentliche Todestag der DDR-Führung. An diesem Tag gingen Bürger der DDR in Leipzig auf die Straße. Bürger die eine „chinesische Lösung“ des Problems vor Augen hatten und trotzdem an der Demonstration teilnahmen. Die DDR-Führung kapitulierte.

Am 04. November 1989 fand eine Kundgebung der Berliner Kunst- und Kulturschaffenden in Berlin statt. Dort versammelten sich Künstler aller Coleur um gegen den Staat, den es de facto nicht mehr in der alten Form gab, zu demonstrieren. 20 Jahre später behaupteten sie fast schon, dass sie die DDR abgeschafft hätten.

Es ist mir egal wer da was behauptet, das Ergebnis zählt – nicht meine Befindlichkeiten.

Nun gibt es einige unter uns die schon seit längerer Zeit gegen Überwachung, massenhafte Verletzung der Privatsphäre, Generalverdacht gegen jeden Bürger und ähnliche Auswüchse protestieren. Es hat sich vor langer Zeit, als alle anderen Parteien noch schliefen, eine von vielen verlachte Partei gegründet, die genau diese Themen in den Vordergrund stellt. Auch Bürgerinitiativen arbeiten schon an diesem Thema.

Dieser Aufruf ist wichtig! Ebenso die Aktion der üblichen Verdächtigen der Internetbranche.

Hoffentlich schafft es dieser Aufruf endlich die Aufmerksamkeit zu wecken die das Thema verdient.

Auch die Vertreter der post privacy sollten noch einmal nachdenken über diese Definition der Überwachung. Ein Zitat nur:

Überwachung ist Diebstahl. Denn diese Daten sind kein öffentliches Eigentum: Sie gehören uns.

Vielleicht, sogar gewiss, ist es nicht so gemeint (ich habe den Absatz ja gekürzt), aber es ist von Eigentum die Rede. Auch der Prophet der post privacy sollte bedenken, dass sein Eigentum – der Inhalt seines nächsten Buches mit dem er seinen Lebensunterhalt verdienen will – auf seiner Festplatte liegt. Wenn also alles öffentlich ist, wozu soll ich dann sein Buch kaufen und womit er seine Brötchen? Ich weiß, der Vergleich hinkt – aber tut was dagegen.

Wie schon eingangs gesagt, ich begrüße diesen Aufruf ausdrücklich, ebenso wie die Aktion von APPLE, GOOGLE & Co.

Am Ende wird es mir egal sein wer sich in 24 Jahren den Lorbeerkranz aufs Haupt setzt.

Hauptsache ist, dass diese Überwachung beendet wird!

Schriftsteller

Bildquelle: FAZ 10.12.2013

Georg Diez vs. Alice Schwarzer

oder wenn ein Hund einen Baum anpinkelt.

Ehrlich, was Alice Schwarzer betrifft bin ich sehr zwiegespalten. Ich mag ihre Bücher, ihr früheres Auftreten in Talkshows und ihre Scharfzüngigkeit. Dass sie ihre Meinung als eine neue Version der Heilsgeschichte ansieht ist eine Sache die ich nicht mag.

Aber hat sie das verdient?

Einleitend sei gesagt. Ich bin gegen das Verbot der Prostitution und die Verfolgung der Freier. Grund dafür ist die Befürchtung des endgültigen Abwanderns der Prostitution in den Untergrund und somit eine Zunahme der Zwangsprostitution. Was nun die Freier betrifft, da ist die Sache noch einfacher. Ob Alice Schwarzer dies beabsichtigt oder nicht, mit der Forderung unterstützt sie die Apologeten des Überwachungsstaates. Das wäre der Alice Schwarzer in den 70ern nicht passiert.

Aber nun zu Georg Diez.

Die Frage steht doch erst einmal „Was hat das mit Lust zu tun?“

Die Aussage in der Einleitung des Artikels ist so grottenschlecht

Er lässt es nicht zu, dass Frauen und Männer selbst entscheiden, was sie mit ihrem Körper tun und wie sie mit ihrer Lust umgehen.

Er ist natürlich an der Stelle der Feminismus. Der von Alice Schwarzer.

Was hat die Prostitution mit Lust zu tun? Und wenn ja für wen?

Ich habe ehrlich gesagt keine Erfahrungen mit dem Gewerbe, weder von der einen noch von der anderen Seite. Aber meine männlichen Freunde und Bekannten die diese Dienstleistung bereits in Anspruch nahmen haben da nie von Lust gesprochen. Trieb, Geilheit, Neugier usw waren genannte Motive. Die weiblichen die dort tätig waren oder sind sprachen auch nicht von Lust.

Wie gesagt, ich bin gegen ein Verbot ob es nun eine Alice Schwarzer fordert oder wer sonst. Diez lässt nun aber nicht locker. Er verbeißt sich in das Thema.

Und so steht in diesem Fall Regelwahn gegen Realismus, was in der Debatte um Prostitution zu sehr unangenehmen Konsequenzen führt – gerade wenn es darum geht zu beschreiben, was ein Mensch ist und was ein Mensch tut: Und darum geht es beim Sex nun mal.

Das von Alice Schwarzer geforderte Verbot erfüllt durchaus die Voraussetzungen des Regelwahns. Aber wo bitte ist der Realismus den Diez einfordert? Und worum geht es beim einvernehmlichen Sex? Einvernehmlich egal ob mit oder ohne Bezahlung.

Ein Berufsstand „Hure“ oder „Stricher“, das ist keine Beleidigung sondern die Selbstbezeichnung vieler die in der Branche arbeiten, mit gesellschaftlicher Akzeptanz als Dienstleister in dieser Branche, Schutz durch den Staat usw wären doch Forderungen die man in einem Forum wie SPON abarbeiten könnte.

Aber nein, die Abarbeitung an Alice Schwarzer ist einfacher und vor allem völlig sinnlos.

DER KRITIKER heißt die Kolumne, Kritiker kritisieren eben nur.

Anonymität und Pseudonymität

sollen heute mein Thema sein. Allerdings auf meine Art, auf Vollständigkeit lege ich ausdrücklich keinen Wert. Dazu ist das Thema zu vielschichtig.

Bevor ich aber beginne möchte ich auf  Drängen eines anonymen (für die Leserschaft) Lesers eine Anmerkung machen.

Die bisherigen Beiträge zum Thema Privatsphäre beruhen zum größten Teil auf Diskussionen aus dem realen Leben. Dort komme ich mit vielen Menschen zusammen die dazu einfach keine Meinung haben und dieses Thema als nebensächlich betrachten. Deshalb auch einige stilistische Mittel die vielleicht manchem seltsam erscheinen. Ansonsten, wie immer die Packungsbeilage beachten.

Ich weiche hier von großen wissenschaftlichen Definitionen etwas ab wenn ich sage anonym ist für mich eigentlich ganz einfach namenlos im Sinne von unbekannt oder unerkannt.

Diesem Zustand der Anonymität muss nicht einmal eine Absicht zugrunde liegen. Er ist ganz normal wenn ich mich in der Öffentlichkeit bewege. Wenn ich in einer fremden Stadt bin, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ich für die Passanten auf einer Straße anonym bin. Einfach ein Teil der Menschenmasse – ein anonymer Teil. Vor 40 Jahren, oder auch heute solange ich kein Handy dabei habe und meine EC Karte nicht benutze, war und ist* dieser Zustand normal. Ich wurde erst identifiziert, wenn ich mich vorstellte, Bekannte traf oder in eine Kontrolle kam und mich ausweisen musste. Diese Anonymität – das Recht mich so zu bewegen – ist ein Teil meiner Privatsphäre. Demokratische Gesellschaften schützten dieses Recht unter Anderem dadurch, dass man nicht einfach verdachtsunabhängig Bürger kontrollieren darf.

Das ist die eine Art der Anonymität, die andere ist eng verwandt mit der Pseudonymität.

In Diktaturen war und ist es normal, dass man, bis auf Ausnahmen, seine Kritik am Regime unter Decknamen, da haben wir das Pseudonym, oder ohne Namen also anonym anbringt. Dies geschieht um Verfolgungen zu entgehen. Es ist erforderlich wenn man überleben will.

Pseudonyme in Form eines Künstler- oder Nick-Namens sind eine Spielerei, denn der Träger des Pseudonyms ist nicht wirklich unbekannt.

Eine große Errungenschaft der Demokratien des 20. Jahrhunderts war nun, oder sollte es zumindest sein, dass eine Anonymität oder Pseudonymität im Sinne des vorletzten Absatzes nicht mehr erforderlich sein sollte.

Der Staat hat nun aber das Bestreben zu wissen was seine Bürger wann und wo tun und was sie denken und sagen nie abgelegt. Die technische Entwicklung hat ihm dazu Instrumente in die Hand gegeben, die er auch nutzen will.

Um dies nun zu tun ist ihm jedes Mittel recht. Ein Mittel benutzt er gern und bevorzugt. Dieses Mittel ist die Angst des Bürgers. Angst vor Terroristen, Kinderschändern, Drogen – man könnte eine lange Liste schreiben. Diese Angst muss nun geschürt und am Leben erhalten werden. Selbst die peinlichsten Entgleisungen von Politikern ändern nichts am Konzept.

Was macht nun der Bürger? Er zieht sich in die Anonymität und Pseudonymität seiner Vorfahren ,die in Diktaturen lebten, zurück. Aus Angst vor dem demokratischen Staat.

Mal ehrlich, ist das noch normal?

* Ich habe hier bewußt auf Kameras mit Gesichtserkennung und ähnliches verzichtet. Ich wollte es einfach halten.