Fahrscheinloser ÖPNV – zu teuer?

Wie versprochen komme ich noch mal auf den ÖPNV in Leipzig zurück. Nach den Ausführungen zum Nacht-, Samstags und Sonntagsverkehr steht nun der fahrscheinlose ÖPNV auf dem Zettel.

Bei Diskussionen bekam ich immer wieder das Argument zu hören „Wer soll das bezahlen?“. Abgesehen davon, dass dies kein Argument ist muss  das erst mal durchgerechnet werden. Dazu braucht werden Zahlen gebraucht.

Bremen hat das hier vorgemacht. Ich zitiere:

„Schon heute ist der Ticketpreis politische Verhandlungssache und deckt nicht die realen Kosten: Mit 54 Millionen Euro glich Bremen 2012 Verluste der BSAG aus. Den Fuhrpark von 220 Bussen und 110 Straßenbahnen zu bewegen, kostete im gleichen Jahr 161 Millionen Euro. Das ist die Summe, um die es Pollock geht: Auf alle 660.000 Bremer umgelegt, macht das 20 Euro pro Monat – fünf Euro weniger, als Bremer Hartz-IV-Empfänger heute für ihr Sozialticket zahlen.“

In Leipzig wird das nicht viel anders sein.

Wobei ich aber noch auf einen Mangel in der Rechnung hinweisen möchte. Ob das eingerechnet ist weiß ich nicht, aber es ist nicht ausdrücklich erwähnt.

Um welche Summe es geht steht erst fest, wenn die Kosten für die Fahrscheinerlöse bekannt sind.

Die Kosten für:

– Fahrscheinautomaten und Entwerter, inkl.Wartung, Instandsetzung und Ersatz. Da gehören auch die Kosten für das Versiegeln während der Silvesternacht dazu.

– internen Verwaltungsaufwand für die Einnahmen. Das führe ich nicht weiter aus. Es gehören aber sämtlich Kosten der LVB für Monatskarten, Ticketverkauf, Rechnungsführung (für denselben), Mahnwesen, Fahrscheinkontrolle usw dazu.

– Abschläge (Provisionen) für den Verkauf bei externen Händlern.

Es gibt wahrscheinlich noch Kosten die ich hier nicht kenne. Aber es zeigt, dass es nur um den Betrag

Einnahmen durch Fahrscheinverkauf –[minus] Kosten für denselben

geht.

Wenn diese Differenz bekannt ist, erst dann kann gerechnet werden wie ein fahrscheinloser ÖPNV finanziert werden kann.

Eine Überprüfung der eventuellen Spitzengehälter des Managements der 7 Töchter der LVB – Gruppe, zur Kostenreduzierung, wäre natürlich evt. förderlich.

Ein Thema für die Piraten in Leipzig zur Kommunalwahl 2014?

Piraten, Demokratie und „Die Mitte der Gesellschaft“,

da gibt es ein Problem. Das Problem liegt im letztgenannten Begriff.

Zur Einleitung einmal die These „Der Bundes Innenminister hat uns gerade vorgeführt“ wie man das macht mit dem Datenschutz und der „Mitte der Gesellschaft“, Das ist sowas von peinlich für uns. Wer es noch nicht bemerkt hat, es gibt einen Zusammenhang zwischen den folgendem Kommentar zu den Ausführungen von de Maiziere zum Obama-Interview:

Selbst wenn sich die NSA überhaupt nicht mehr für das Internet interessieren sollte – es gebe andere Stellen, die das tun, sagte de Maizière. „Und zwar viel schamloser. Es gibt die organisierte Kriminalität, die sich für das Netz interessiert. Die wollen an unsere Überweisungen. Es gibt Geschäftsmodelle, die darauf basieren, Profilbilder von Privaten zu verkaufen und all das.“ Der Schutz des Internets – gegen wen auch immer – „das ist unsere gemeinsame Aufgabe, und nicht nur die Fixierung auf die NSA“, so de Maizière.

und den kurz danach veröffentlichten Warnungen und natürlich Erfolgsmeldungen des BSI, passenderweise einer Behörde im Geschäftsbereich des Bundes Innenministeriums, dass

Bei einer Untersuchung krimineller Online-Netzwerke…

über 16 Millionen E-Mail Konten als gehackt identifiziert wurden.Obwohl die Vermutung nahe liegt möchte ich nicht behaupten, dass die Ergebnisse bis zum passenden Zeitpunkt zurückgehalten wurden.

Das Ergebnis war, dass die „Mitte der Gesellschaft“ sich plötzlich für den Datenschutz interessierte. Die Server des BSI waren überlastet und, ich schätze mal, Millionen von Bürgern scannten ihre Rechner nach Viren und änderten Passwörter.

Der Datenschutz ist in der „Mitte der Gesellschaft“ angekommen.

Aber nicht durch uns. Ein coup détat durch den BIM, er hat unser Thema gekapert.

Das ist nicht weiter schlimm denke ich. Wir müssen nur etwas daraus machen.

Da komme ich nun zu meinem eigentlichen Thema.

Wenn ich bei Twitter, G+ oder facebook Kommentare lese zur „Mitte der Gesellschaft“ dann bekomme ich Brechreiz. Dort steht meist, ich drücke mich vornehm aus, die Frage „Was haben wir Piraten mit der ‚Mitte der Gesellschaft‘ zu tun?“

Begründungen für „Nichts! Basta!“ sind dann, dass die „Mitte der Gesellschaft“ latent rassistisch, konservativ, homophob und ähnliches sei.

Wie wärs denn mal mit einem anderen Ausdruck? Statt „Mitte der Gesellschaft“ verwenden wir mal „mitten in der Gesellschaft“. Wäre das vielleicht akzeptabel?

Die oben angeführten Thesen mögen alle stimmen, aber wo sollen wir denn hin?

„Mitten in der Gesellschaft“ befinden sich nämlich die Bürger die dort stehen weil sie keine politische Alternative sehen.Dort sind die Bürger die sich über den ADAC-Skandal mehr aufregen als über den NSA-Skandal – weil es sie selbst unmittelbar betrifft. Die sich für Datenschutz erst interessieren wenn es ihr E-Mail Konto unmittelbar betrifft. Die nie einen Schwulen bewusst wahrgenommen haben und die nichts gegen den vietnamesischen Nachbarn haben aber Angst vor Ausländern. Dort stehen die die eine Partei wählen die „das geringere Übel“ ist.

Dort stehen diejenigen die unentschlossen sind.

Die sich entschieden haben, die stehen rechts oder links – da gibt es kein Potential für uns.

Müssen wir in die „Mitte der Gesellschaft“? Wir müssen da natürlich nicht hin aber wir müssen die Kernthemen für die wir stehen genau dort und auf eine Art die in dieser „Mitte“ ankommt kommunizieren.

Die „Mitte der Gesellschaft“ ist kein Gegner, sie ist eine Zielgruppe die sich für unsere Themen begeistern lässt – wenn wir sie nicht ablehnen. Wenn wir das schaffen, dann erst sind wir „mitten in der Gesellschaft“ angekommen.

Wir sind da auf einem guten Weg. Wir haben ein Europa-Wahlprogramm und viele Kommunal- und Landes-Wahlprogramme welche genau dahin zielen. Machen wir etwas daraus – kommunizieren wir sie „in der Mitte der Gesellschaft“ – und beschäftigen wir uns weniger mit innerparteilichen Grabenkämpfen.

Dann klappts auch mit den Nachbarn.

De Maiziere und die Postkarte

sind wohl der Lacher des Wochenendes. Obwohl es ja nicht zum Lachen ist wenn ein Innenminister so wenig Kenntnis über die Materie hat und dann darüber öffentlich spricht.

Worüber rege ich mich eigentlich auf?

Zum ersten über die Bezeichnung „Reformpläne“ für die Ausführungen des US-amerikanischen Präsidenten. Dieser hat keine konkreten Maßnahmen angekündigt. Er will Merkels Handy nicht mehr abhören lassen – das wars im Grunde schon.

Obama sagte dazu:

„Solange ich Präsident der Vereinigten Staaten bin, muss sich die deutsche Kanzlerin darüber keine Sorgen machen“

Wenn das dem deutschen Innenminister genügt, dann ist er falsch auf seinem Platz. Was für Merkels Handy gilt muss auch für mein Handy gelten. Sonst läuft etwas falsch.

Sämtliche Ankündigungen Obamas werden ja schon wieder ad absurdum geführt durch diesen Satz aus dem gleichen Kommentar:

Die Überwachung von Staats- und Regierungschefs befreundeter Länder soll nur noch erlaubt sein, wenn die nationale Sicherheit der USA dies zwingend erforderlich macht.

Was für die nationale Sicherheit der USA zwingend erforderlich ist, wer entscheidet das?

Also wenn ein Anrufer für diese Sicherheit wichtig ist, dann kann auch Merkels Handy weiter abgehört werden. Aber egal.

Der Innenminister hat aber das Internet nicht verstanden, das ist sein Problem. Er führt aus:

„Und wir sind es auch heute. Man muss nicht sein Tagebuch ins Internet stellen. Eine E-Mail ist faktisch wie eine Postkarte.“

Hier irrt er nicht, hier sagt er wohl bewusst die Unwahrheit. „Ist faktisch“ bedeutet nicht, dass eine E-Mail vom Absender mit der Intention „Der Postbote kann ruhig sehen was ich schreibe“ abgeschickt wird. Das würde den Vergleich erlauben. Nein es ist eher vergleichbar mit der Betrachtung „Ich kann einen Brief wie eine Postkarte behandeln, schließlich kann ich ihn zerstörungsfrei über Wasserdampf öffnen.“ So handelten die Geheimdienste schon immer – bevorzugt die in Diktaturen.

Werter Herr de Maiziere, in einem älteren Artikel habe ich das mal thematisiert und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:

„Hier vergleiche ich wieder mit dem analogen Leben. Die Email ist gleichzusetzen mit dem verschlossenen Briefumschlag, die Cloud und meine Datenspeicher mit dem angemieteten Lager und dem Aktenschrank und der Hangout mit dem Telefongespräch. Vernachlässigt man hier die Indiskretion der Teilnehmer am Hangout, dann erfordert die Informationsgewinnung aus diesen Teilen der Kommunikation ein aktives kriminelles Handeln.“

Und um gegen dieses aktive kriminelle Handeln vorzugehen sind Sie der Innenminister der Bundesrepublik Deutschland.

Eine Anmerkung noch. Wenn der Innenminister gesagt hat:

“ Der Schutz des Internets – gegen wen auch immer – das ist unsere gemeinsame Aufgabe, und nicht nur die Fixierung auf die NSA“

meint er dann auch „dazu ist jedes Mittel recht.“?

Jedes Mittel ist dann die Kooperation mit NSA & Co., anlasslose Totalüberwachung und all die Phantasien eines Sicherheitsfanatikers.

Ich glaube, dass ich nicht der einzige bin der das nicht will.