(m)ausgerutscht

Nach der Begründung sie sei mit der Maus beim twittern ausgerutscht ist Beatrix von Storch sozusagen die Namensgeberin diese Artikels. Das hat nichts mit Sympathie für die Dame oder die AfD zu tun – es bietet sich nur an wenn ich über vermeintliche verbale Ausrutscher von Politikern schreibe.

Peter Tauber,

drecksnaziseines Zeichens Generalsekretär der CDU, ist nicht (m)ausgerutscht als er diesen Tweet absetzte:

Da beschweren sich doch ständig Menschen in sozialen Netzwerken über diesen Politikersprech den man nicht verstehen kann. Aber wenn sich ein Politiker verständlich äußert, dann ziehen sie über ihn her.

drecksnazi1Zur Erklärung sei gesagt, Dieser Dialog gehört unter einen Ausgangstweet von Peter Tauber zum Zugunglück in Bad Aibling. Allerdings wird Taubers Reaktion erst richtig verständlich wenn man das Profil des Gesprächspartners anschaut.

Also, man muss das Kind auch mal beim Namen nennen dürfen. Oder wie besorgte Bürger sagen „Das muss man doch mal sagen dürfen.

Horst Seehofer

konnte nicht mit der Maus ausrutschen, schließlich war es ein Interview der „Passauer Neuen Presse“ in dem er von einer „Herrschaft des Unrechts“ sprach und die Regierungspolitik der Großen Koalition, der die von ihm geführte Partei angehört, meinte. Problem ist „er meinte“ etwas und sagte etwas anderes, zumindest wurde er so verstanden. Verstanden wurde, dass er die Regierung mit „Herrschaft“ meinte, was ja auch verständlich ist da sich die angedrohte Klage gegen die Bundesregierung richten soll.

Meiner Meinung nach kein (m)Ausrutscher sondern eine kalkulierte Provokation. Es stellt sich mir allerdings eine Frage:

Wenn der Vorsitzende einer Regierungspartei so argumentiert, was erwartet er dann vom politischen Gegner?

Beatrix von Storch,

vonstorchwie oben schon gesagt der unfreiwilligen Namensgeberin des Artikels, war bei diesem Tweet angeblich die Maus ausgerutscht:

Ja, sie hat den Fehler beim politischen Aschermittwoch der AfD in Baden-Württemberg eingestanden und betonte sie träte für „eine Kultur des Lebens“ ein. Nur was war der Fehler? War es die Äußerung selbst oder war es das öffentlich machen ihrer Meinung. Egal was es war – sie hat ein Ziel erreicht:

Die verbale Aufrüstung in der öffentlichen Diskussion hat eine neue Dimension erreicht.

Das führt dann zu Äußerungen auf die Peter Tauber mit „Drecksnazi“ antwortet.

Genug gelacht über die AfD

und über die Äußerungen von Frau Petry und Frau von Storch zum Schusswaffengebrauch an den deutschen Grenzen!

Ich habe ehrlich gesagt Angst, dass sich die Entwicklung des Themas fortsetzt und sich die verwendete Kampfrhetorik in den Köpfen der Menschen festsetzt.

Was ist passiert?

Frau Petry, Vorsitzende der AfD, forderte die Sicherung der Grenzen – notfalls mit Waffengewalt

„Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt“

und Frau von Storch legte bei Twitter nach.

vonstorch

Wichtiger erscheint mir aber die folgende Äußerung von Frau von Storch:

„Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer. Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen. Die Menschen sind in Österreich in Sicherheit. Es gibt keinen Grund, mit Gewalt unsere Grenze zu überqueren.“

Hier beginnt die Kampfrhetorik. Flüchtlinge sind Angreifer, wahrscheinlich werden sie bald als Aggressoren die mit Gewalt über die Grenze kommen bezeichnet, gegen die wir uns verteidigen müssen. Es wird, rein rhetorisch, ein Krieg gegen einen Aggressor herauf beschworen verbunden mit der Pflicht des Deutschen die Heimat zu schützen. Natürlich muss der Deutsche auch die deutschen Frauen schützen, wenn man die Rhetorik nach dem Geschehen in Köln betrachtet.

tauber-StorchDarüber kann ich mich nicht mehr lustig machen, es reicht auch nicht den Unsinn ad absurdum zu führen wie Peter Tauber bei Twitter, obwohl ich das Bild durchaus lustig finde. Mit einer Ausnahme, die Leitkultur beinhaltet nicht das Märchen vom Storch. Aber über die Leitkultur können wir nochmal reden.

Wir müssen gegen diese Verschärfung der Rhetorik vorgehen und uns nicht darauf einlassen. Wie bereits mehrfach gesagt, mit der AfD als Partei müssen wir nicht reden.

Redet darüber mit der Familie, mit Freunden, Bekannten und ArbeitskollegInnen. Auch wenn ihr die eine oder andere Familienfeier versaut.

Dort findet ihr die Menschen die auf diese Rhetorik hereinfallen können.

Dort könnt ihr etwas erreichen.

Ich freue mich über ein Stück Normalität!

Wer mich kennt weiß, dass ich in einem Callcenter arbeite. Über 400 Kolleginnen und Kollegen sind eine überschaubare Anzahl von Menschen, aber auch ein ziemlich repräsentativer Querschnitt der Gesellschaft. Von links positionierten Menschen – über die eher politisch desinteressierte „Mitte der Gesellschaft“ – bis hin zu (vorsichtig gesagt) konservativ denkenden Menschen sind alle vertreten und viele davon äußern sich auch mehr oder weniger lautstark zum Thema „Menschen auf der Flucht“. Im direkten Gespräch kann man reagieren, in den sozialen Netzwerken auch und manchmal ist es mir peinlich die Anschauungen einiger Menschen, die ich kenne und als KollegInnen schätze, zu hören oder zu lesen.

Aber genug davon und hin zur Normalität die mich freut.

Wir hatten gestern unser Firmenfest und vorher eine kurze Betriebsversammlung. Auf dieser sprach auch ein Vertreter der Geschäftsführung, nicht von der unseres Standortes – er kam von der „großen“ Geschäftsführung.

Leider habe ich nicht wörtlich mitgeschrieben was er sagte, aber sinngemäß erinnerte er die Kolleginnen und Kollegen daran, dass:

„Egal wie ihr zu der Flüchtlingsproblematik steht, einige der heutigen Flüchtlinge werden vielleicht in absehbarer Zeit eure Kolleginnen und Kollegen sein.“

Wie oben gesagt ist das die sinngemäße Wiedergabe. Er erhielt überwiegend Beifall.

Das ist Normalität die mir Hoffnung macht.

Die zweite ganz normale Sache ist, dass für eine demnächst stattfindende Veranstaltung Mitarbeiter gesucht wurden die eine Spendenhotline, freiwillig und außerhalb der Arbeitszeit, telefonieren. Der Andrang war groß und viele Kolleginnen und Kollegen tauschten ihre Dienste um daran teilnehmen zu können.

Die Veranstaltung für die die Spendenhotline gebraucht wird ist zum Thema „Hilfe für Flüchtlinge“.

Auch das ist Normalität über die ich mich freue.

Es ist ein Stück Normalität in Deutschland, in Sachsen, in Leipzig und erfreulicherweise in der Firma in der ich arbeite!

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