Demokratie – Diskurs – Diktatur

Klappentext

Der Artikel ist lang und ausschweifend, deshalb eine Zusammenfassung. Wen dann das Thema und meine Auffassung interessieren – dem ist nicht zu helfen, der muss sich durch den Text quälen.
Die Demokratie steht am Scheideweg, es scheint nur zwei Wege zu geben. Der erste führt in die Diktatur der Menschenfeinde, der zweite in die Diktatur der Anständigen. Eine Diktatur wird es auf jeden Fall – wenn wir nicht miteinander reden.

Demokratie und Diskurs

Der Begriff der Demokratie war schon immer mit dem des Diskurses verbunden. War es in der antiken Demokratie noch einfacher diesen zu führen – der Demos war ja frei, besitzend, gebildet und männlich – so wurde mit der Erweiterung des Demos auf „volljähriger Einwohner“, also Wähler, der Prozess komplizierter. Der Wähler, später auch die Wählerin, bildeten ein breites Spektrum des Besitzstandes, der Bildung und der Abhängigkeit vom „alten Demos“ – der später Bürgertum genannt wurde – ab. So gründeten sich Parteien der gesellschaftlichen Schichten, die stellvertretend für ihre Schicht den Diskurs führten. Es entstand eine neue Schicht, die der Berufs-Funktionäre und Politiker, die letztendlich den Diskurs bestimmte und bestimmt. Der neue Demos, vulgo „Das Volk“ oder die „WählerInnen“, wurden aus dem gesamtgesellschaftlichen Diskurs weitgehend ausgeschlossen – sie fühlten das zumindest so – und verlagerte diesen an den Stammtisch, wo er, abgesehen von Wahlergebnissen, einflusslos bleiben musste.

Diktatur und Diskurs

Diktatur schließt den Diskurs aus, ein Beispiel für einen Pseudo-Diskurs, aus meinem eigenen Erleben im Studium, war die Aufgabenstellung „Begründen Sie, warum die sozialistische Planwirtschaft der kapitalistischen Wirtschaftsweise überlegen ist.“ Im Diskurs hätte man beide ergebnisoffen vergleichen könne, – in der Diktatur (des Proletariats) nicht. Aber leider spukt in den Köpfen der Menschen noch immer das Bild des „Guten Diktator“, unter Umständen als „Vater des Vaterlandes“ herum. Weniger in Europa als in den USA wird auch Cincinatus, der sich zwei mal zum Diktator erklären ließ und nach Lösung der Krisen wieder in den zivilen Stand zurücktrat, als Vorbild für republikanische Tugenden betrachtet. Auch das Ausrufen von Militärregierungen zur Lösung einer Staatskrise fällt in diese Kategorie, sie versprechen immer die Krisen zu lösen und danach die Demokratie wieder einzuführen – bereiten aber meist ein neues, ihnen genehmes, Regime vor. Dass auch eine proletarische Diktatur und Diskurs unvereinbar sind, bestätigte mir bereits 1976 ein alter Genosse der KPdSU in Moskau. Er sagte sinngemäß: „Für mich war die Demokratie der Sowjets beendet, als die Bolschewiki auf die Matrosen der „Aurora“ schießen ließen, statt mit ihnen zu reden.“*
Die Diktatur – egal welcher Coleur – duldet keinen echten Diskurs.

Das Streben nach Diktatur

Scheinbar streben Menschen und Gesellschaften nach einfachen Wahrheiten und Sicherheiten. Alexis de Tocqueville schrieb dazu:

Im übrigen bin ich davon überzeugt, dass keine Nationen mehr in Gefahr sind, unter das Joch zentralisierter Verwaltungen zu geraten, als diejenigen, deren Sozialordnung demokratisch ist. Diese Völker sind immerzu geneigt, die gesamte Regierungsgewalt in den Händen der unmittelbaren Volksvertretung zu vereinigen, denn jenseits des Volkes erkennt man bloß noch gleiche, in einer allgemeinen Masse verschwindende Menschen.**

Tocqueville ging es um „zentralisierte Verwaltungen“, aber gleiches gilt auch für die politische Ebene und den gesellschaftlichen Diskurs. Hier geht das Bestreben dahin, zu wichtigen Themen eine einheitliche Meinung zu finden. Das ist schwer möglich, auf Grund der Vielfalt menschlicher Bedürfnisse und Meinungen, also streben viele Menschen – unabhängig von Glauben, Ideologie oder ähnlichem – die subtile Form der Meinungsdiktatur an. Auch wenn sie aus „ehrenwerten Gründen“ angestrebt wird, ist sie doch genau so diskursfeindlich wie die Diktatur als Regierungsform. Sie verzichtet, in ihrer vollen Ausprägung darauf, einen Diskurs mit Menschen verschiedener Meinungen zu führen und ersetzt Überzeugungsarbeit, zumindest dem Anschein nach, durch Themen-Verbote und Sprachregelungen.
Ein weiterer Aspekt, den ich hier sehe, ist der derzeitige Ruf beider Seiten nach „Recht und Gesetz“ und der Macht des Staates. Der Staat wird hier als von den Menschen losgelöste Gewalt – also quasi bereits als Diktator betrachtet. Der Polizeistaat wird gefordert, gleichzeitig aber gefürchtet – wenn er sich gegen die eigene Person wendet.

Diskurs-Unterbrechung

Themen-Verbote und Sprachregelungen werden erst in relativ homogenen gesellschaftlichen Gruppen „erarbeitet“ und verhängt. Allein dadurch unterbricht diese Gruppe den Diskurs mit anderen gesellschaftlichen Gruppen – schlimmer noch den mit Menschen, die sich noch keiner Gruppe zugehörig fühlen. Diese Menschen werden durch die in der Gruppe bestehenden Verbote fast zwangsläufig in die Arme der „Das muss man doch auch sagen können“ Gruppe getrieben. Einfach gesagt: Der Streit, oder auch Nicht-Diskurs, wird auf die Ebene (vermeintliches) Sprechverbot vs (vermeintliche) freie Rede verlagert. Gefährlich daran ist besonders, dass dieser Streit nur darum, nicht um Themen geführt wird. Die so genannte Verbotsseite kann dabei nur verlieren. Das wiederum ist richtig – denn auch eine „Diktatur der Anständigen“ ist eben eine Diktatur, keine Demokratie.

Diskurs und „unverhandelbar“

Das Ergebnis eines Diskurses, zwischen gesellschaftlichen Gruppen, ist meiner Ansicht nach ein Minimalkonsens. So lese ich auch Habermas, wenn er von Wahrheit von Legitimität und Normen schreibt. Der Schluss daraus ist: „Was jeweils als vernünftig gilt, ist die intersubjektive, von allen Teilnehmern einer Gemeinschaft anerkannte Wahrheit.“
Schauen wir uns den derzeitigen Streit über Menschenrechte, Freiheit und Demokratie an, was ist „unverhandelbar“?

Für mich ist nicht verhandelbar: „Ein Mensch ist ein Mensch“ – daraus leite ich ab: „Alle Menschen haben die gleichen Rechte.

Das ist die minimale Forderung – wer diese nicht akzeptieren kann, der ist für mich nicht diskursfähig.

Die Weltgemeinschaft hat sich, wenn auch mit der Einschränkung auf in Kapitel 1 beschriebene Politiker, Parteien und Regierungen, auf die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ geeinigt, diese werden in unserem Lande von allen Seiten als selbstverständlich in Anspruch genommen. Ich gehe also davon aus, dass auch der rechteste aller Menschen diese für die eigene Person – weltweit – akzeptiert und einfordert. Die Anerkennung dieser Rechte für die anderen Menschen, insbesondere die Fremden, ist der Punkt an dem sich die Gemüter erhitzen – wenn auch verklausuliert als: „Natürlich haben die anderen die gleichen Rechte, aber eben nicht hier!“
Dieses „Hier nicht“ ist allerdings eine Einschränkung, die ohne wenn und aber als menschenfeindlich bezeichnet werden muss. Wenn der Deutsche Nationalist (das ist jetzt schon eine zurückhaltende Bezeichnung), ein rechtsstaatliches Strafverfahren für sich selbst, auch im Ausland, einfordert – dieses im eigenen Land aber dem „Fremden“ verweigert – und lieber Menschen, der gleichen Abstammung wie ein Straftäter, durch die Straßen hetzt, dann ist das nicht nur fremdenfeindlich – es ist menschenfeindlich.
Es ist diese menschenfeindliche Lynchjustiz, die von so genannten Politikern – eigentlich Hetzern – mit Begriffen wie „Messermänner und Kopftuchmädchen“ angefeuert wird. Politikern wie dem armen alten Alexander und seinen Mitstreitern.

Diese Menschen, also die Propagandisten der Menschenfeindlichkeit, sind nicht diskursfähig. Sie verweigern Menschen – egal nach welchen Kriterien – die grundlegenden Menschenrechte.

Zu spät für den Diskurs?

Die gute Nachricht ist, es ist noch nicht zu spät – der Diskurs muss nur mit allen Menschen geführt werden, auch mit denen, die heute den menschenfeindlichen Propagandisten folgen.

Hier gilt es natürlich festzustellen, welche Inhalte der Diskurs haben soll. Es erscheint mir relativ einfach:

Es darf über alles gesprochen werden, was die Menschenrechte nicht verneint.

Die Menschenrechte für alle Menschen und überall sind der Minimalkonsens.

* Es gab damals verschiedene Erzählungen, nach denen Lenin auf die Besatzung der „Aurora“ schießen ließ, als diese nach der Oktoberrevolution weiter revoltierte.
** Alexis de Tocqueville (1805-1859) in „Über die Demokratie in Amerika“

Bildnachweis: unter CCO Creativ Commons by Geralt

Der arme alte Alexander

Diese Elegie ist eine Verteidigung der Psyche des, von der Jugend diskriminierten, „alten weißen Mannes“ in personae von Alexander G. – dem führenden Kopf einer Partei, deren Namen ich ungern nenne.

Das Alexander-Syndrom

Alexander wird langsam alt und bemerkte vor einigen Jahren, dass er die Welt noch nicht gerettet hat – also seine kleine deutsche Welt. Das Symptom ist nicht auf ihn beschränkt, selbst ich erwische mich manchmal dabei, dass ich denke: „Es wird Zeit etwas zu tun, sonst ist es (für mich) zu spät.“ Psychologisch gesehen ist es also ein gerontologisches Symptom, es wird allerdings gefährlich, wenn es in der Politik Einzug hält. Dieses Syndrom ist aber weder auf so genannte „rechte alte weiße“ noch auf Männer beschränkt. In der niedlichen Form will auch Uroma die Welt retten, wenn sie die heillos zerstrittene Familie zum gemeinsamen Weihnachtsessen zusammen holt. Aber das nur nebenbei.

Rassismus bei Alexander

Alexander behauptet immer, dass er nicht rassistisch wäre. Das stimmt soweit – er ist einfach in der alten deutsch-dörflichen Tradition verhaftet. Wer diese nicht kennt, man nennt sie Fremdenfeindlichkeit. Die Älteren erinnern sich wahrscheinlich, noch 40 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges sprachen alte Menschen, besonders in Dörfern, von „Zugewanderten“ – sie meinten die Vertriebenen, also Menschen die zu dem Zeitpunkt schon über 30 Jahre dort lebten. Diese waren schwerer zu identifizieren als die geflüchteten Menschen heute, welche aus anderen Weltgegenden stammen, aber sie sprachen ein anderes Deutsch oder waren (wie meine Großeltern) katholisch in der Form des 19. Jahrhunderts – u.a. die Frau mit Kopftuch und bodenlangem Kleid. Dazu kam, dass man ihre Selbstdarstellung – also Werdegang, Bildung usw. – auf Grund der Verluste von Dokumenten bei der Vertreibung nur schwer überprüfen konnte. Julian Pitt-Rivers drückte das so aus:

Das Wesen eines Fremden besteht darin, und das ist tautologisch genug, dass er unbekannt ist. Potentiell mag er alles mögliche bleiben: mutig oder wertlos,von guter Abstammung, mit guten Beziehungen, reich oder das Gegenteil davon, da aber seine Selbstvorstellung nicht überprüft werden kann, ist ihm vor allem nicht zu trauen.

Alexander hatte das Glück, dass seine Herkunft und sein Stand, bei seiner Flucht in die Bundesrepublik, überprüfbar waren. Möglicherweise gab es Vorbehalte gegen ihn, weil er „von drüben“ kam oder wegen des sächsischen Dialektes – aber es gab Menschen die sagten „Wir sind alle Deutsche“, das prägt.

Weltrettung 1. Versuch

Geladen mit diesem dörflichen Weltbild und ergänzt durch die Erkenntnis, dass ein Deutscher kein Fremder sein kann, ging Alexander in die Politik. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Art. 116 sagt schließlich:

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

Nach dieser schlichten Definition sind die Fremden also die „Nicht-Deutschen“, vor denen musste das Land geschützt werden. Nach Jahren der Arbeit in der CDU kam er zu der Erkenntnis, dass er mit dieser Partei seine (deutsche) Welt nicht retten kann und schloss sich einer neu gegründeten fremdenfeindlichen Partei an.

Die neue Partei

Diese Partei ist monothematisch fremdenfeindlich – das soll heißen: Alle Themen fußen auf den oben geschilderten Vorbehalten gegen das Fremde. Beginnend mit dem „EURO-Skeptizismus“ des Bernd L., über Angriffe auf homo- und transsexuelle Menschen bis hin zu brennenden Flüchtlingsheimen und der Forderung nach Abschottung, alle diese Aktionen sind auf der Furcht vor „Überfremdung“ aufgebaut. Diese Furcht existiert, meines Erachtens nach, nicht in den Köpfen der Propagandisten, wie Alexander, – sie wird als Propagandainstrument missbraucht. Perfiderweise stellen sich Anführer wie Alice W., aufgrund ihrer Lebensumstände, als nicht homophob und nicht rassistisch dar, was allerdings auf die Parteipropaganda keinen Einfluss hat. Diese Partei hatte und hat bisher nur zwei konkrete Aussagen getroffen:

1. Die EU und der Euro sind Gift für Deutschland, wir bluten wirtschaftlich aus! (Griechenlandhilfe)

2. Flüchtlingsströme überschwemmen uns – die Flüchtlinge nehmen den Deutschen etwas weg!

Fazit dieser Partei ist:
Wenn es die EU nicht gäbe und die Flüchtlinge nicht kommen würden – dann ginge es den Deutschen viel besser.

Viele kleine Alexanders

Um zu erklären, wieso es viele Anhänger dieser fremdenfeindlichen Thesen gibt – vulgo: warum so viele kleine Alexander entstehen konnten – müssen wir uns mit den Urängsten der Menschen beschäftigen.

Die Angst vor Verlust ist die treibende Angst.
Ich beschränke mich hier auf materiellen Verlust, obwohl damit natürlich der soziale Verlust (Verlust des sozialen Status) und somit ein gewisser Verlust der persönlichen Identität einhergehen.
Hier kommt der/das Fremde seit Urzeiten ins Spiel. Bekannte Gefahren für Leib, Leben und Besitz bestanden immer – der Mensch arrangierte sich mit ihnen – die eigentliche Gefahr war gefühlt aber das Fremde (Unbekannte). Die Überlebensstrategie bestand darin: Das Unbekannte zu meiden oder zu vernichten. Fremdenfeindlichkeit übernimmt diese Urangst und dämonisiert den Fremden.

Die heutige fremdenfeindliche Propaganda ist sehr einfach gestrickt:

Du arbeitest und hast nicht den Lebensstandard, der dir (vermeintlich) zusteht: Wenn der Fremde kommt, wird es schlimmer!“

oder:

Du arbeitest und hast nicht den Lebensstandard, der dir (vermeintlich) zusteht: Wenn der Fremde nicht gekommen wäre, wäre es nicht so gekommen!“

Und der Alexander-Klon glaubt daran – weil es gefühlt logisch ist.

Propaganda – warum wirkt sie?

Ich fasse mich kurz. Nicht die fremdenfeindliche Partei hat gute Propaganda gemacht: Die Propaganda wurde von den Medien vorbereitet und durch die exzessive Beschäftigung mit dieser Partei unter die Massen gebracht. Sie tun es weiter: In Leitartikeln, Talkshows und anderen Formaten gibt es nur das Thema „Flüchtlinge“ – die Politik springt auf und redet von Recht und Gesetz – besser, darüber wie man so viele geflüchtete Menschen wie nur möglich abschieben kann. Und die fremdenfeindliche Partei kann sich zurücklehnen und muss nichts tun und nichts erklären – nur ihr Ziel: „Fremde raus!“

Fremdenfeindlichkeit vs. Rassismus

Auch wenn es einige mir übel nehmen, für mich ist die Fremdenfeindlichkeit das Problem. Wenn Menschen mit ihrem Rassismus konfrontiert werden, dann kommt oft die stereotype Antwort: „Ich bin nicht rassistisch, ich habe türkische (oder andere) Freunde (oder Kollegen o.a.).“ – Freunde und Kollegen sind eben keine Fremden, da liegt der Hund begraben. Es gibt selbstverständlich Menschen, die andere wegen ihrer Hautfarbe generell ablehnen und somit mit Fug und Recht als Rassisten bezeichnet werden können – diese sind in der aktuellen Diskussion nicht die überwiegende Mehrheit.
Das Problem sind Menschen, die sich vor Fremden fürchten und sie somit ablehnen.

Was tun?

Als Erstes sollten wir aufhören, uns mit den Forderungen der fremdenfeindlichen Partei zu beschäftigen. Es gibt genug Themen und sogar, fast bin ich geneigt zu sagen, Erfolgsgeschichten.

Erzählen wir doch mal die Geschichte der Senkung der Arbeitslosenquote und gleichzeitigen Integration von ¼ Million geflüchteter Menschen in das Arbeitsleben (gemeint sind die in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen). Die haben niemandem den Job weggenommen, diese Jobs wollte/konnte niemand machen.

Erzählen wir die Geschichte vom Rekord-Haushaltüberschuss im Jahre 2017 für den deutschen Staat, nicht trotz – sondern vielleicht auch wegen der Zuwanderung geflüchteter Menschen.

Und – verdammt nochmal – sagen wir doch den Menschen die Wahrheit, warum dieser Überschuss sich nicht für alle monetär auswirkt. Sagen wir doch, warum wir Fonds und Spekulanten reich machen:

Wegen unseres neoliberalen Wirtschaftssystems!

Das würde die Glaubwürdigkeit steigern, wenn auch nicht die Zufriedenheit. Es würde aber die fremdenfeindliche Propaganda teilweise entwerten.

Was noch?

Zweitens ist wichtig, nicht nur Erklärungen abzugeben, sondern etwas zu tun. Momentan stellt sich die Lage so dar, dass de jure ausreisepflichtige, aber voll integrierte Menschen abgeschoben werden aber kriminelle, ebenso ausreisepflichtige Menschen im Lande bleiben dürfen. Meist ist der Grund, dass das Herkunftsland die erforderlichen Papiere für letztgenannte nicht ausstellt. Wen wunderts? Wer würde nicht lieber „ehrliche Bürger“ statt Kriminelle zurücknehmen? Dazu kommt, dass erstgenannte für die Vollzugsbehörden einfach auffindbar sind – es ist pervers, dass es als einfacher betrachtet wird, Eltern von ihrem Arbeitsplatz und Kinder aus ihren Schulen abzuholen und abzuschieben, als politischen Druck auf die Herkunftsländer Krimineller zu machen. Vielleicht sollte auch darüber nachgedacht werden, Kriminelle (nicht nur aus dem Ausland stammende) statt Schwarzfahrer in die Gefängnisse zu stecken – das aber auch nur nebenbei.

Spurwechsel

So nennt sich ein Vorschlag zur Änderung in der Asylpolitik, den die konservativen Parteien CDU und CSU vehement ablehnen – die fremdenfeindliche Partei natürlich auch. Persönlich vertrete ich hier sogar noch eine extremere Linie als den Spurwechsel:

Wer 2 Jahre in Deutschland lebt, sich verständigen kann, einer sozialversicherungsspflichtigen Arbeit nachgeht und nicht kriminell auffällig geworden ist – der hat das Recht zu bleiben.“

Um den Rest müssen wir uns kümmern, wer länger da ist und integrationswillig ist, muss unterstützt werden – wer kriminell ist, muss ins Gefängnis oder zurück in sein Herkunftsland.

Integration

Dieses Wort wird oft gebraucht und missbraucht. Integration ist nicht Assimilation – das an die Apologeten der „deutschen Leitkultur“. Maßstab für die Integration ist für mich das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Besonders die dort in den Artikeln 1-5 beschriebenen Freiheitsrechte. Somit gibt es für mich auch keine andere Antwort als „Nein“ auf die Frage „Gehört der Islam zu Deutschland“ aber auch die Antwort „Ja“ auf die Frage „Gehören muslimische Menschen zu Deutschland“. Wir brauchen nicht eine weitere Religion mit staatlich garantierten Sonderrechten, aber jeder, der für sich und andere die Religionsfreiheit in Anspruch nimmt, gehört zu uns. Wobei die Ausübung einer Religion nicht mit den Freiheitsrechten im Grundgesetz kollidieren darf. Ihr wisst, ich rede von Austrittsverboten und anderen Einschränkungen der persönlichen Freiheit – die es nicht nur im Islam gibt.

Was ist mit Alexander?

Ich hoffe, ihr habt wie ich den „armen alten Alexander“ und seine Idee, die kleine deutsche Welt zu retten, an dieser Stelle bereits vergessen. Er ist nämlich unwichtig, seine Thesen und die ganze fremdenfeindliche Partei sind unwichtig – wichtig werden sie nur, wenn wir ihnen das zugestehen.

Also lassen wir es doch.

Kümmern wir uns doch um das Wesentliche.

Disclaimer: Die Darstellung des vorstehenden Sachverhaltes ist meine persönliche Einschätzung und kann somit naturgemäß von den Meinungen Anderer abweichen. Das ist beabsichtigt, schließlich ist es mein Ziel einen Diskurs über verschiedene Themen anzuregen. Ebenso liegt es in der Natur der Sache, dass ich stark verkürzt auf das Problem und Lösungsansätze eingehe. Alos bitte keine Korinthenkackerei betreiben.

Reden wir mal über Plastik

Plastik verseucht die Meere und den Boden, Recycling ist nicht mehr als eine unverbindliche Absichtserklärung – so ähnlich lesen sich zur Zeit Artikel in allen Medien.
Was ist passiert?

Ein kleiner persönlicher Rückblick ist wohl angebracht.

Chemie, Plastik und ich

In den 50er Jahren geboren bin ich ein typisches Kind der DDR und der 60er. „Plaste und Elaste“ aus Schkopau und Buna machten den Alltag farbenfroh und „Chemie gibt Brot, Wohlstand und Schönheit“ tönte es bereits 1958 von der Chemiekonferenz in Leuna. Plaste war korrosionsfest, ließ sich gut formen und färben und war – ja eben unverwüstlich.
Im Nachhinein sehen wir natürlich das Problem.
Wir liebten, neben Perlon, Präsent 20 und Großrundstrick aus der DDR, auch Nylon und Dralon aus dem Westen. Die „NATO-Plane“, als Regenmantel, begleitete meinen Vater in den 60ern und mich Anfang der 70er – heute liegt sie wohl auf einer Deponie und wartet auf den jüngsten Tag.
Kunststoff-Tragebeutel, mit oder ohne Werbeaufdruck, waren quasi Wertgegenstände die wiederverwendet wurden und selbst das Plastikgeschirr war noch nicht Einweg.
Allerdings war auch keine Rede von Recycling, alle wussten ja, dass das Zeugs nicht verrottet.

Mülltrennung und Recycling

In der DDR wurde der schöne Begriff „Sekundärrohstoffe“ für die Notwendigkeit der Mülltrennung verwendet. Grund war die notorische Rohstoff- und Devisenknappheit des Staates. Somit wurden Flaschen, Gläser, Altpapier und Altmetalle gesammelt und gegen ein kleines Entgelt beim VEB SERO (Sekundärrohstoffe) abgegeben. Besonders die Schulen mit ihren Pionier- und FDJ-Organisationen hatten da geradezu Planzahlen – der Ertrag wurde oft für die internationale Solidarität eingesetzt. Die Arbeit des VEB SERO war, aus heutiger Sicht, kostenintensiv und ineffizient weil die abgegebenen Materialien mit hohem Personaleinsatz kontrolliert und erfasst wurden, das sorgte aber für eine weitgehend sortenreine Trennung.
Ansonsten gab es die verzinkte Mülltonne und die Futtertonne – dort kam alles andere hinein, viele Abfälle kamen aber gleich in den Küchenofen.
Von der alten Bundesrepublik weiß ich nicht viel, aber spätestens 1989 muss sich etwas getan haben, denn Otto machte sich in „Otto der Außerfriesische“ darüber lustig. (Findet ihr bei Youtube unter Otto Mülltrennung)
Kunststoffrecycling war Fehlanzeige – weil ineffektiv und teuer.

Kunststoffrecycling

Hier müssten wir wohl besser von Wiederverwertung oder Downcycling sprechen. Kunststoffe lassen sich nicht, bzw nur mit hohem Aufwand an Energie, zurück in die Ausgangsstoffe zerlegen und dann erneut zusammensetzen. Meist werden jedoch die Kunststoffe verflüssigt (thermisch) und im Spritzgussverfahren in neue Formen gebracht, oder sie werden zermahlen und im Sinterverfahren in Formen gepresst. Die Verfahren zu beschreiben würde den Rahmen sprengen – also fragt „Tante Google“. Gemeinsam ist diesen Verfahren, dass aus hochwertigen Kunststoffen minderwertigere entstehen.
Das Kunststoffaufkommen stieg aber immer mehr, der Nachteil der Unverwüstlichkeit ist ja auch ein Vorteil z.B. für Verpackungen, also musste etwas getan werden.

Der grüne Punkt

Besser gesagt, das Duale System gemäß der 1991 in Kraft getretenen Verpackungsverordnung, war dazu gedacht, dass die Hersteller für die Entsorgung von Verpackungen zuständig sind. Im Klartext: Sie sollten dafür zahlen und sich um die Entsorgung kümmern. In die Recyclingtonne sollten nur Kunststoffverpackungen, die mit dem Logo versehen waren. So sollte die Sortenreinheit der Abfälle und damit die Recyclebarkeit gewährleisten. Der Konsument bekam ein gutes Gewissen und die Hersteller konnten ohne Rücksicht auf irgend etwas Plastik einsetzen.
2003 fiel das Monopol des Grünen Punktes, jetzt kam in die gelbe Tonne oder den gelben Sack alles was irgendwie Plastik war. Je nach Entsorger durften auch Klein-Elektrogeräte und andere Dinge in die gelbe Tonne. Ab und zu wurde von Trenneinrichtungen für den Müll berichtet und Hans Franz und Lieschen Müller merkten nicht, dass sich Massengutfrachter mit unsortiertem „gelbem Müll“ in Richtung China oder Afrika in Bewegung setzten. Es gab manchmal Meldungen, dass Plastikmüll verbrannt wurde, meist weil es die Recyclinganlagen nicht schafften. Das fand der Bundesbürger skandalös, aber der prozentuale Anteil an Plastikrecycling am Aufkommen von Plastik war kaum eine Meldung wert.
Es ist natürlich ein reiner Zufall, dass die Entsorger die Vermischung von Haushalt- und Plastikabfällen – also die schlechte Mitarbeit der Bürger – just in dem Moment feststellten, als China keine Mülltransporte mehr annahm.
Wer jetzt Statistiken zum Recycling erwartet, den muss ich enttäuschen. „Traue keiner Statistik…“ – nicht wegen Fälschungen, sondern wegen dem Ansatz der Statistiken.
So schreibt das Umwelt Bundesamt für 2015 von produzierten und verarbeiteten Kunststoffmengen und errechnet daraus einen Kunststoffverbrauch von 10,1 Mio t. Davon entfallen 35,2% auf Verpackungen – macht also rd. 3,5 Mio t – die gesammelten Kunststoffabfälle (auf die sich die Verwertungsquote bezieht) beträgt 5,9 Mio t und von denen werden 2,74 Mio t „werk- und rohstofflich“ (wahrscheinlich bedeutet das recycelt) genutzt.
Statistik eben.
Das alles soll sich aber jetzt ändern, sagt die EU.

Verbot von Einweg-Plastik Produkten

Ich stelle erst einmal fest: Es ist notwendig diese Produkte vom Markt zu nehmen. Versteht mich nicht falsch, wenn ich trotzdem Kritik anbringe.
Ich zitiere:

Im Visier sind die zehn Einwegprodukte aus Kunststoff, die in Europa am häufigsten an den Stränden und in den Meeren gefunden werden.

Wie bei den Statistiken lese ich das anders: Es handelt sich um die „eindeutig identifizierbaren Produkte“ – nicht um die größte Menge.
Deshalb: Das Verbot geht nicht weit genug!
Einige Beispiele für weitere mögliche Maßnahmen, bzw Ansätze für Plastikmüllvermeidung, schildere ich nachfolgend an Beispielen von Plastikverwendung, aus meiner Sicht – auf meine Art.

Schrumpfen, blistern und laminieren

Das sind Highlights für den Transportsektor, die Warenpräsentation und den Privatgebrauch, sie setzen Plastik in erheblichen Mengen ein und es gibt bewährte Alternativen.

1. Schrumpfen

Das „Maß aller Dinge“ bei der Flächennutzung für Lagerhaltung und Transport ist die Europalette nach EN 13698-1. Sie sorgt für eine optimale Ausnutzung der Lagerflächen, der Lkw-Ladeflächen und der Transportcontainer-Nutzung. Für nicht stapelbare Waren und Güter wurde z.B. die Gitterboxpalette, mit gleicher Grundfläche, entwickelt. Diese ist aber in der Anschaffung und vor allem in der Wartung teurer. Sie kann ersetzt werden, man stapelt einfach diese Güter oder Waren auf eine Europalette und „schrumpft sie ein“, also umgibt sie mit Schrumpffolie (meist aus Polyethylen). Das spart Kosten und erzeugt eine große Menge Plastikabfall. Die Schrumpffolien werden auch als Umverpackung für Kartonagen verwendet, um diese wasserabweisend zu machen und ähnliches.

2. Blistern

Das Blistern kennt jeder. Ein Artikel wird auf eine Unterlage gelegt und mit Plastik verschweißt. Gründe dafür sind oft die Warenpräsentation. Blisterpackungen lassen sich schön bunt bedrucken und heben Artikel, besonders die mit kleinen Abmessungen, optisch hervor. Ein zweiter Grund ist wieder die Lagerhaltung und der Transport. Die Blister-Packungen sind so bemessen, dass eine bestimmte Anzahl, in einer bestimmten Stapelung, genormte Verpackungen füllt, die wiederum effektiv auf einer Europalette gestapelt werden können. Oft spielt, bei der Festlegung der Größe von Blisterpackungen, auch die durchschnittliche Menge der Packungen pro Karton für die Belieferung von Verkaufsstellen, eine Rolle. Natürlich werden auch psychologische Aspekte der Werbung beachtet. Diese Packungen sorgen für eine Vermischung von Papier- und Plastikabfällen, die Rückseiten sind oft aus Pappe, und erzeugen eine erhebliche Menge Plastikmüll.

3. Laminieren

Laminieren, die Umhüllung eines Blatts Papier mit einer beidseitigen Kunststoffschicht durch thermische Verbindung, ist zu einem Massenphänomen geworden. Visitenkarten, Werbeflyer, der Aushang wegen der entlaufenen Katze oder der verpassten Hausordnung und viele andere sinnlose Papierblätter werden laminiert. Sie landen bestenfalls im Plastikmüll, oft im Hausmüll oder auch in der Papiertonne, wo sie das Papierrecycling (das ist das was wirklich funktioniert) stören. Oft liegen sie aber auch auf den Straßen und Wegen herum und gelangen so in den natürlichen Kreislauf. Laminieren erzeugt eine erhebliche Menge Plastikmüll.

Was tun?

Das ist natürlich die Frage aller Fragen und ich habe kein Rezept – nur Gedanken – anzubieten.
Als Erstes eine Frage:
Wann ist eigentlich die Angabe „Tara“ von den Verpackungen verschwunden?
Für die die es nicht mehr kennen: „Tara“ ist die Differenz von Einwaage und Gesamtgewicht – also das Gewicht der Verpackung. Ich habe mir gerade einige, zufällig ausgewählte, in Plastik verpackte Artikel angeschaut und finde nur noch die Angabe „Einwaage“. Dabei ließe sich „Tara“ als Warnhinweis verwenden:

„Diese Packung enthält 100g Blutwurst und 15g Plastik!“

Vielleicht würde das den einen oder anderen sensibilisieren.
Die Verbraucher kann man natürlich nicht von der Pflicht befreien, aber besonders die Industrie und, wie oben beschrieben, den Handel und den Transportsektor müssen wir stärker in die Pflicht nehmen. Ob nun die Schrumpffolie, die Hartschaumverpackung, die Blisterpackung und vieles Andere gehören auf den Prüfstand.
Das Verbot der Einweg-Plastik-Artikel ist ein Anfang – mehr nicht.

Disclaimer: Ich schildere hier meine Sicht der Dinge, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die von mir gemachten Angaben stammen aus frei zugänglichen Quellen und sind überprüfbar. Auf Verlinkungen verzichte ich aus zwei Gründen weitgehend: 1. Der Leser soll sich selbst mit der Thematik befassen, Recherchen sind einfach. 2. Eine Verlinkung auf viele Seiten ist wegen der DSGVO für mich problematisch – also lasse ich es gleich.

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