Willkommen in der Moderne

Respekt Bruder Benedikt, wirklich ich bewundere diesen Papst. Nicht für sein Pontifikat, da kann man geteilter Meinung sein. Nein es geht schlicht und ergreifend um die Ankündigung seines Rücktritts.

Aller Häme und allem Spott zum Trotz, weiß ich diesen zu würdigen. Obwohl ich  kein Katholik bin.

Man überlege sich doch mal, der Rücktritt eines Papstes ist nach kanonischem Recht nicht ausgeschlossen. Es gibt aber keine Präzedenzfälle. Sieht man ab von Cölestin V, immerhin im 13. Jahrhundert, sind die Päpste seitdem in ihren Würden verstorben.

Somit stellt sich der katholischen Kirche nun eine Aufgabe. Die Wahl eines neuen Papstes ist das geringste Problem.

Was wird aber mit dem Vorgänger?

Welchen Status hat ein ehemaliger „Stellvertreter Christi“ auf Erden?

Was, wenn er die Lehren seines Nachfolgers kritisiert? Er war ja auch mal unfehlbar.

Dem Vatikan stellt sich nun erstmals ein Problem, welches Diktatoren aller Coleur gern verdrängen.

Wie geht man damit um?

Zumal die Gläubigen, die Ungläubigen natürlich auch, im Gegensatz zum letzten ehemaligen Papst, erfahren werden was mit ihm wird.

Man kann ihn nicht einfach wegsperren oder einfach zum Schweigen bringen.

Deshalb „Willkommen in der modernen Welt!“

Hier ist das üblich.

Amerika wählt

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage. Ich kann Ihnen auch nicht helfen.

Jakob Augstein schreibt über Amerika wie folgt:

Der Untergang des amerikanischen Imperiums hat begonnen. Es kann sein, dass ihn die Amerikaner trotz aller Mühe nicht aufhalten können. Aber sie versuchen es nicht einmal.

Irgendwie erinnert mich das an den alten DDR Witz, wo der Professor vom „sterbenden und faulenden Kapitalismus“ spricht. Ein Student murmelt vor sich hin „Ein schöner Tod“.

Mal ehrlich, was sagt uns Augstein in seinem Artikel Neues?

Der letzte Europäer, der die amerikanische Demokratie untersucht und (fast) uneingeschränkt bejahte war wohl Alexis de Tocqueville in „Über die Demokratie in Amerika“. Allerdings sah er diese Demokratie im Vergleich mit den Monarchien in Europa. Nicht zu vergessen, das war 1835.

Geht man mal nicht so weit zurück, so finden sich doch meist kritische Töne. So schreibt der, auch nach Augsteins Meinung nach, bedeutende Reporter Egon Erwin Kisch durchaus kritisch über diese in „Paradies Amerika“.

So schreibt er in diesem Buch, im Kapitel „Vorabend, Nacht und Tag der Präsidentenwahl“ (warum schreibe ich heute wohl darüber?):

Was ist geschehen?

Der Kandidat der republikanischen Partei hat gegen den Kandidaten der demokratischen Partei gesiegt. Nun ist aber die demokratische Partei durchaus demokratisch, und die republikanische Partei würde es sich sehr verbitten, für weniger demokratisch angesehen zu werden als die demokratische. Der genetische Unterschied, daß die Demokraten einmal die Vertretung der Plantagenbesitzer in den Südstaaten und des Kleinbürgertums in den Städten waren, tritt ebensowenig in Erscheinung wie der politisch-historische Unterschied, daß die Republikaner seinerzeit den Hochschutzzoll bekämpften.“ [Egon Erwin Kisch; Paradies Amerika; Aufbau Verlag Berlin 1948; S 22]

Schaut man also weiter, in Richtung Gegenwart, so findet sich außerhalb des Hollywood-Amerikas, das Amerika eines Upton  Sinclair und anderer Schriftsteller bis heute. Dies ist nun eben das Amerika, welches Augstein so beschreibt:

Die amerikanische Armee entwickelt eine Waffe, mit der innerhalb einer Stunde jeder Punkt der Welt erreicht – und zerstört – werden kann. Gleichzeitig hängen in Brooklyn, Queens und New Jersey die Stromkabel an Holzpfeilern über der Straße.

Was hat sich also geändert? Eigentlich nichts.

Besonders schön (wenn schön hier angebracht ist) finde ich die Version des Wahlverhaltens der US-Amerikaner die Tom Clancy in „Executive Orders“ (dt. Befehl von Oben) schildert:

„Beginnen wir: Rund vierzig Prozent der Leute wählen demokratisch, rund vierzig Prozent wählen republikanisch. Von diesen achtzig Prozent würde kaum einer sein Wahlverhalten ändern, wenn Adolf Hitler gegen Abe Lincoln antreten würde – okay?“

„Aber wieso –„

Verzweiflung: „Warum ist der Himmel blau, Jack? Es ist eben so, okay? Selbst wenn Sie´s erklären könnten, und Astronomen können das wohl auch, der Himmel ist blau, also akzeptieren wir die Tatsache einfach, okay? Damit bleiben also zwanzig Prozent der Leute übrig, die mal so und mal so wählen. Die zwanzig Prozent kontrollieren die Geschicke des Landes, und wenn Sie wollen, daß alles so läuft, wie sie möchten, sind das die Leute, die Sie erreichen müssen. So, und jetzt kommt der lustige Teil. Die zwanzig Prozent kümmert es kaum, was sie denken.“

[…]

„Die harten achtzig Prozent kümmert Ihr Charakter ´n Dreck. Die wählen eine Partei, weil sie deren Philosophie glauben – oder Mom ´n Dad immer so wählten; der Grund zählt nicht. Egal. Kommen wir zu den wichtigen zwanzig Prozent zurück. Die kümmert das, was Sie glauben, weniger als Ihre Person. …“ [Tom Clancy; Befehl von Oben, Hoffmann und Campe 1997; S. 351]

Da liegt wohl auch für diese (heutige) Wahl der Knackpunkt. Wer kommt in Amerika besser an beim Wähler? Nicht etwa, wer hat das bessere Programm?

Warten wir den morgigen Tag ab.

Aber meiner Meinung nach, somit zum Artikel von Augstein zurück, ist das Amerika dessen Veränderung er so schildert:

Und tatsächlich: die Fanatiker, von denen Mitt Romney sich abhängig gemacht hat, haben alles über Bord geworfen, was den Westen ausgezeichnet hat: Wissenschaft und Logik, Vernunft und Mäßigung oder einfach Anstand.

sozusagen das westliche Amerika, eine europäische Fiktion. Es ist wohl eher der Traum, der die USA nach wie vor zum Einwanderungsland macht – es ist das Hochglanz-Amerika.

Wahrscheinlich gab es dieses Amerika noch nie.

P.S. Ich schreibe hier gewohnheitsmäßig meist Amerika statt USA. Der Fehler ist mir bewusst, aber ich bleibe dabei – schreibt sich schöner.

Wiederholung zu einem Thema

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage. Ich kann Ihnen auch nicht helfen.

Eine wiederholte Äußerung zu einem Thema ist nicht mein Ding. Zum Ersten bedeutet sie, dass ich mich beim ersten Mal nicht eindeutig geäußert habe. Außerdem bin ich eben schnell gelangweilt.

Also schreibe ich hier nicht zur Knabenbeschneidung und den unsäglichen pro und contra Kampagnen. Ich schreibe über Begründungen und Argumentationen, eigentlich über die (verpönte) Propaganda.

Ich schließe mich keiner der Fraktionen an. Warum? Weil ich die Begründungen und Argumentationen für Propaganda halte. Hieb- und stichfest ist keine.

So hat also die Giordano-Bruno-Stiftung eine Kinderrechtskampagne gestartet und in der Begründung ist zu lesen:

„Wüssten die Eltern über die dra­ma­ti­schen Konsequenzen der Zirkumzision Bescheid, müsste man über ein Beschneidungsverbot gar nicht mehr dis­ku­tie­ren, da die meis­ten Mütter und Väter von sich aus den Gedanken ver­wer­fen wür­den, ihre Kinder beschnei­den zu las­sen.“

Ich will ja nicht päpstlicher als derselbe sein, aber wer, wenn nicht die Eltern der aus religiösen Motiven beschnittenen Kinder, kennt diese Konsequenzen? Eben, die Väter wurden ja als Kinder beschnitten.

Das führt gleich zum Punkt den Gar Nix in seinem Artikel vom 21.8.2012 erwähnt. Nämlich die von einigen Psychologen, Psychiatern und anderen erwähnten Defizite. So äußert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Köln, in Person seines Verbandspräsidenten Wolfgang Hartmann:

„lebenslange körperliche und seelische Verletzungen“

seien die Folge. Das ist eine gemäßigte Aussage, anderswo ist von massiven psychischen Problemen und sexuellen Störungen die Rede.

Ich bin nun mal böse und unterstelle, dass folgende Aussage möglich ist.

„Seit Jahrtausenden (resp. Jahrhunderten) sind beschnittene Männer seelisch und körperlich traumatisiert. Dies betrifft nun ganze Völker und Religionsgemeinschaften.“

Weiter führe ich das nicht aus, den Rest kann jeder nach seinem Ermessen hinzufügen.

Aber nun zum letzten Punkt. Der religiöse Aspekt und die traditionelle Komponente.

Für die, die es nicht wissen zum mitschreiben:

Religion hat nichts mit Wissen, sie hat nur mit Glauben zu tun!

Also erspare man sich Argumente mit Hilfe Bibelzitaten, vor allem mit fraglichen.

Bringt man also Jesus in die Diskussion um die Beschneidung ein, dann ist ein Bezug auf das Thomas Evangelium (Logion 53) unnötig. Zumal dieses kaum jemand kennt. Jesus (bzw. das was wir von ihm zu wissen glauben) war ein beschnittener Jude und gesetzestreu. Wer es nicht glaubt:

„Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen. (Matthäus 3.15) (Römer 3.31) (1. Johannes 2.7)  Denn ich sage euch wahrlich: Bis daß Himmel und Erde zergehe, wird nicht zergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüttel vom Gesetz, bis daß es alles geschehe. (Lukas 16.17) 

Wenn also das Gesetz besagt, dass alles Männliche am achten Tag nach der Geburt zu beschneiden sei (Genesis 17, 10-14), so beugte sich also Jesus dem Gesetz.

Ebenso falsch ist die Behauptung, im Islam sei die Beschneidung nicht vorgeschrieben. „Im Koran steht die Beschneidung nicht drin, sie wird aber von vielen Muslimen für ein Gebot gehalten“. Der Islam gehört zu den abrahamitischen Religionen, d.h. der Pakt zwischen Gott und Abraham (Ibrahim) hat auch für die Muslime „Gesetzeskraft“.

Ich löse mal den Knoten auf meine Art (nur für mich) auf.

Die Beschneidung im Kindesalter ist für mich falsch. Weil:

– Jeder unnötige operative Eingriff falsch ist.

– Die (irreversible/unumkehrbare) körperliche Kenntlichmachung der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder einem Volk falsch ist.

Wenn also Gar Nix einfach äußert „An Kindern schnippelt man nicht rum!“ – Dann ist das Richtig. Vor Allem ist es ausreichend.