DIE ZEIT und KTzG

Nun hat sich ja schon (gefühlt) die gesamte Netzgemeinde zum Interview der ZEIT mit KTzG geäußert, trotzdem möchte ich hier auch mein Stimmchen in diesen Chor einbringen.

Erst einmal zum Begriff KTzG. Ich habe im Februar beschlossen ihn nur noch so zu bezeichnen. Nicht weil ich schreibfaul bin. Der Grund ist vielmehr, dass er eine mediale Gestalt für mich ist. In unseren heutigen Welt ist man erst wichtig wenn man ein Kürzel hat, so wie DSDS, GNTM oder eben KTzG. Aber es weiß ja jeder wen ich meine.

Erst einmal chapeau für die ZEIT und KTzG. Es ist den beiden gelungen dem unvoreingenommenen Leser, wenn es diesen gibt, im letzten Teil des Interviews den Eindruck des Politikers im Exil zu vermitteln. Eigentlich agiert KTzG im Interview als Fürst, der sich bitten lassen wird zurück zu kommen. Bitten lassen wird von seinem Volk.

Das ist ein extrem guter Aufbau des Interviews – Glückwunsch an Giovanni di Lorenzo. Sie haben mich nicht enttäuscht.

Auch die Bildkomposition ist bemerkenswert. Sieht man auf den alten Bildern den strahlenden, lockeren KTzG, so ist auf den neuen Bildern der gereifte, ernste und nachdenkliche, vom Leben geschlagene aber aufrechte Mann zu sehen. Auch an den Fotografen, toll gemacht.

Der Gesprächsaufbau lässt etwas zu wünschen übrig. Man sollte bedenken, dass die Reihenfolge für die Sündenvergebung Reue – Buße – Vergebung ist. Nicht Entschuldigung – Rechtfertigung – Reue (klein wenig, aber immerhin) – Vergebung für die Anderen. Naja, ob man das selbstgewählte Exil als Buße bezeichnen kann ist fraglich. Am Anfang der ganzen Sache steht natürlich das Schuldbekenntnis, aber ich will ja nicht päpstlicher sein als der Papst.

Leider ist im ersten Teil des Interviews bei mir der Eindruck entstanden, dass KTzG unorganisiert, nur begrenzt belastbar und auch noch vergesslich ist. Da muss man noch dran arbeiten, vielleicht mit einer neuen Dissertation. Im nächsten Interview könnte dann ja der Eindruck korrigiert werden.

Alles in Allem, wir werden von ihm wieder hören. Auch wenn er das mit der neuen Partei nicht als Drohung verstanden haben will. Aber vielleicht war es ja ein Versprechen.

Lassen wir uns also überraschen. DIE ZEIT wird uns auf dem Laufenden halten.

Verbrecher und NPD-Verbot

Als Erstes, ich relativiere nicht, ich stimme keinen braunen Gedanken zu und ich bin auch nicht dafür, dass es Parteien mit neonazistischem Hintergrund gibt. Das muss ich jetzt sagen, es gibt immer Leute die mir für die nachfolgenden Ausführungen dies unterstellen werden.

Mein eigentliches Anliegen ist aber folgendes. Man muss aktuell die Termini „Rechtsterrorismus“ und den Zusammenhang mit der NPD mal unter die Lupe nehmen.

Da kommt bei mir eigentlich nur eines heraus. Diese Leute, egal wie sie sich nennen, in diesem Falle eben „Nationalsozialistischer Untergrund“ sind Verbrecher.

Schlicht und ergreifend Verbrecher, so sind sie zu behandeln, zügig abzuurteilen, keine Kronzeugenregelungen – für nichts.

Wisst Ihr warum?

Sie lügen!

Sie werden die Ermittlungsbeamten belügen um Strafmilderung zu bekommen.

Sie werden wieder Zusammenhänge zur NPD aufzeigen, die am Ende nicht nachweisbar sind.

Sie wollen ihre Haut retten.

Nun zur NPD, sie muss untersucht werden, aber nicht von denen die dies seit Jahren tun. Diese haben V-Leute und Informanten eingeschleust, sodass man heute schon nicht mehr sagen kann ob die NPD eine Partei oder ein Staatsorgan ist. Ein Verbot wird auch mit Kronzeugen nicht wahrscheinlicher, es werden die o.g. Verbrechen nur zerredet.

Also ein Ermittlungsteam mit parlamentarischer Kontrolle und dann feststellen, ob diese Partei auf dem Boden des Grundgesetzes steht oder nicht.

Wenn nicht – dann weg mit ihnen.

Ohne Wahlkampfgeklingel, ohne großes Gerede. Es geht um Wichtigeres, als darum ob sich eine Partei oder ein Politiker in den Medien gut darstellt.

Kann man das nicht beweisen, dann müssen wir uns auf demokratische Art mit dem Problem auseinandersetzen. Wir müssen schauen mit welchen Themen sie ihre Anhänger ködern und müssen diese eben besser besetzen, nicht verschweigen.

Aber als aller erstes müssen diese Verbrechen aufgeklärt werden. Die Verbrecher müssen verurteilt werden. Die Unterstützung durch Staatsdiener muss aufgedeckt werden. Diese, besonders die Vorgesetzten, haben Mörder unterstützt. Da gibt es keine Rechtfertigung. Wenn die Ermittlungsorgane nicht in der Lage waren zu erkennen, dass sie Verbrecher unterstützen, dann sind die Betreffenden am falschen Platz. Haben sie die Verbrechen billigend in Kauf genommen, dann sind sie selbst Mittäter. Die Konsequenzen sollten in einem Rechtsstaat klar sein.

Nochmal meine Bitte, vermischt nicht die Verbrechen und ihre Aufklärung mit dem NPD-Verbotsverfahren. Wenn dieser Zusammenhang eindeutig nachweisbar ist, dann ja.

Aber sonst kommt nichts dabei heraus, befürchte ich.

Macht beides – getrennt – aber richtig!

9. November 1989 – 22 Jahre ist es nun her

Wenn ich so an 1989 denke, dann ist der 9. November ein, wenn auch ungewollter, Schlusspunkt der Ereignisse des Herbstes.

In einem Beitrag beschrieb ich schon die Rückschau, die wir zum endgültigen Ende der DDR am 2. Oktober 1990 hielten. Aber der 9. November, mit der Maueröffnung lag da ja schon fast ein Jahr zurück.

Die ZEIT hat mit „Ist das ein Deutscher Held“ schon den ersten Artikel über die Maueröffnung gebracht, hier also meine ganz persönlichen Erinnerungen.

Einen Monat zuvor hatte die DDR-Regierung vor den Demonstranten in Leipzig kapituliert. Die von Krenz angesprochene „chinesische Lösung“ wurde nicht durchgeführt. Lassen wir die Demonstranten mal außen vor dann sehen wir, dass es zumindest in den regionalen Führungsstäben der bewaffneten Organe und auch der SED durchaus Leute gab, die die Zeichen der Zeit erkannten. Ich will diese hier nicht zu Helden stilisieren, aber ihre Resignation hatte an der Verhinderung einer gewaltsamen Lösung durchaus einen großen Anteil. Auch spektakuläre Aktionen, wie der Aufruf der „Leipziger Sechs“ am 9. Oktober spielte ein zwar große, aber nicht die entscheidende Rolle. Die Gewaltlosigkeit war von Anfang an auf der Seite der Demonstranten ein Muß. Ich erinnere mich an die erste Montagsdemo, an der ich teilnahm, dort wurde im Demonstrationszug ständig durchgesagt „Keine Gewalt!“ und jeder sah auf seinen Nebenmann (oder auch Frau), es war sozusagen selbstregulierend.

Es war ja das Ziel der damaligen Demonstranten, eine neue DDR zu schaffen. Demokratie, Freiheit, Menschenrechte und andere Forderungen sollten in der DDR gewährleistet werden. Die meisten hatten nicht die Wiedervereinigung im Sinn.

Nach dem 9. Oktober kamen aber dann vermehrt Deutschlandfahnen ins Spiel und Parolen wie „Deutschland einig Vaterland“ oder „Kommt die D-Mark nicht zu mir, dann gehe ich zu ihr!“. Einige von den ersten Teilnehmern nahmen nun nicht mehr teil.

Am 4. November fand nun die erste genehmigte Großdemonstration auf dem Berliner Alexanderplatz statt. Auch als Demonstration der Kulturschaffenden bekannt und als „Meilenstein der friedlichen Revolution“ bezeichnet. Durch diese wurde, wie einige Institutionen ihn inzwischen geadelt haben, der Berliner Alexanderplatz zum „zentralen Ort der friedlichen Revolution“.

Aber die Revolution war ja eigentlich schon vorbei. Die war am 9. Oktober, nicht nur in Leipzig.

Am 9. November 1989 wussten eigentlich schon alle, dass die DDR am Ende angekommen war. Die Frage war nur „Wie lange dauert die Agonie?“

Das löste sich mit der Ankündigung von Schabowski um 18.53 Uhr. Mitgekriegt haben wir es zu dieser Zeit nicht. Erst etwas später sahen wir die Pressekonferenz im Fernsehen und haben uns natürlich gefragt „Und nun?“. Wir beschlossen nicht nach Berlin zu fahren, die Grenzöffnung war vollzogen, die Party konnte auch ohne uns stattfinden.

Ich bin dann erstmalig um den 15. Dezember herum nach Westdeutschland gefahren, Weihnachtseinkäufe machen. Besuche konnte ich nicht machen, da gab es niemanden.

Im Sommer 1990 machte ich dann aber zwei Dinge, die ich immer mal machen wollte. Ich ging zum Brandenburger Tor und zur Glienicker Brücke. Das war wichtig, sozusagen symbolisch.

22 Jahre später, ich bin immer noch ich. 10 Jahre Leben in Bremen und die Rückkehr nach Leipzig haben mich auch nicht groß verändert – nur älter gemacht.