120 Jahre Deutsche Zentralbücherei für Blinde (DZB)

Was habe ich mit der DZB zu tun? Das werden sich jetzt wohl einige meiner Leser fragen. Wenn ich nicht am 07.11.2014 einen Unfall gehabt hätte und bis zum 12.11. im Leipziger St. Georg Klinikum gelegen hätte, dann wäre dieser Artikel nie geschrieben worden.Braille-Alphabet, Quelle www.fakoo.de

Am 11.11. wurde, ebenfalls nach einem Unfall, Volker auf mein Zimmer gelegt. Nach einiger Zeit erst bemerkte ich, dass er blind ist. Am Abend kamen wir dann ins Gespräch und ich erfuhr, dass er ist bei der DZB beschäftigt ist. Er ärgerte sich, dass er nicht am Festakt zum 120 jährigen Jubiläum teilnehmen konnte. Dieser würde am 12.11. stattfinden und da wäre er ja noch im Krankenhaus.

Wie viele andere habe ich mich mangels Gelegenheit noch nie intensiv mit dem Thema blinde und sehbehinderte Menschen auseinandergesetzt, also nutzte ich die Chance.

Am meisten interessierte mich natürlich Volker als Person und seine Arbeit in der DZB.

Volker ist Leipziger, Jahrgang 1963, er besuchte die Spezialschule für Blinde und Sehbehinderte in Königs-Wusterhausen bis zum Abitur und studierte dann Rechtswissenschaften. Nach der Wende, der Betrieb in dem er arbeitete wurde abgewickelt, bekam Volker die Möglichkeit in der DZB zu arbeiten.

Seine Tätigkeit lässt sich am besten mit Korrektor beschreiben. Wie das abläuft ist interessant. Bei der Produktion von Büchern oder anderen Publikationen in Braille-Schrift wird ein Exemplar ausgedruckt, ein blinder und ein sehender Korrektor lesen wechselseitig laut den Text mit allen Satzzeichen und Absätzen vor. Der blinde Korrektor vergleicht und korrigiert den Braille-Text. Vor dem Druck und der nachfolgenden Bindung erfolgt bei Büchern noch eine Endkontrolle durch einen Mitarbeiter der Abteilung Blindenschriftherstellung, der das Buch voher noch nicht in den Händen hatte. Erst dann wird die Endfassung in den Druck gegeben.

Das ist also die Haupttätigkeit die Volker ausübt. Bedenkt man, dass die Braille-Bücher, Publikationen und Periodika nur von wenigen Anbietern, unter anderem der DZB, herausgegeben werden, so ist diese Aufgabe in ihrer Bedeutung für die Blinden und Sehbehinderten in Deutschland sehr hoch einzuschätzen.

Hoch interessant war für mich, dass es spezielle Hörbücher für Blinde gibt. Im Gegensatz zu den allgemein bekannten Hörbüchern, die meist dramaturgisch bearbeitet und somit gekürzt sind, sind die Daisy-Hörbücher wortgenau eingelesen. Diese entsprechen also zu 100% der literarischen Originalvorlage und ersetzen wirklich das Lesen des Buches. Bei verschiedenen Büchern, wie z.B. Nachschlagewerken und Kochbüchern können in den Daisy-Hörbüchern auch einzelne Seiten nach der Seitennummer aufgerufen werden. Die Bücher werden von professionellen SprecherInnen und SchauspielerInnen eingelesen. Für die Daisy-Hörbücher sind spezielle Abspielgeräte oder PC-Programme erforderlich. Daisy-Hörbücher sind nur für blinde und sehbehinderte Menschen erhältlich. Die Lizensierung erfolgt ausschließlich für diesen Personenkreis gemäß § 45 UrhG in Vereinbarung mit der VG Wort.

Der Abend verging schnell bei unserem Gespräch. Ich kündigte Volker an, dass ich einen Artikel über ihn und die DZB schreiben würde. Leider ist der nächste Tag der offenen Tür erst im September 2015, ich gehe aber auf jeden Fall hin. Und mit Volker bleibe ich in Kontakt.

Bildquelle: www.fakoo.de

Google muss zerschlagen werden!

Das meint die EU-Kommission und reichte einen Entschließungsantrag ein. Diesen zu lesen ist eine Herausforderung für einen normalen Menschen, wichtig ist aber der Titel des Antrages:

„zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt (2014/2973(RSP))“.

Ich will jetzt nicht den Nico Lumma machen, er hat das von seiner Warte aus schon durchaus satirisch beschrieben. Seinem Text kann man zustimmen, muss man aber nicht.

Mir geht es vielmehr um die Verbraucherrechte mit denen die EU-Kommission ihre Forderung begründet.

Nach ganz vielem ‚gestützt auf‘ und ‚unter Hinweis auf‘ kommt die Kommission dann gleich auf den Punkt:

A. in der Erwägung, dass der digitale Binnenmarkt ein Bereich des Fortschritts ist, in dem zwar Herausforderungen bestehen, jedoch Potenzial für hohe Effizienzgewinne vorhanden ist, die sich auf bis zu 260 Milliarden EUR im Jahr belaufen könnten und somit dazu beitragen, dass Europa die Krise überwindet; [1]

Vor den Verbraucherrechten kommt also erst mal das Geld.

Was lese ich denn nun über Google? Namentlich ist Google nicht genannt, aber hier ist die Forderung:

10. weist darauf hin, dass der Markt der Online-Suche von besonderer Bedeutung für die Wahrung der Wettbewerbsbedingungen im digitalen Binnenmarkt ist, da Suchmaschinen sich zu Gatekeepern entwickeln und über die Möglichkeit verfügen können, die bezogenen Informationen kommerziell weiter zu verwerten; fordert die Kommission daher auf, die Wettbewerbsregeln entschlossen durchzusetzen, die anhand der Beiträge sämtlicher einschlägiger Interessenträger erstellt wurden, und die gesamte Struktur des digitalen Binnenmarkts zu berücksichtigen, damit Lösungen ermittelt werden, die tatsächlich Verbrauchern, Internetnutzern und Online-Unternehmen zugutekommen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, Vorschläge in Betracht zu ziehen, die darauf abzielen, Suchmaschinen von anderen kommerziellen Dienstleistungen abzukoppeln, da dies ein langfristiges Mittel sein kann, die vorstehend genannten Ziele zu erreichen; [1]

Also die Suchmaschine soll nichts anderes machen als eben suchen und Suchergebnisse ausgeben. Da hat die Kommission aber die Entwicklung des Internets verschlafen. Google war eine Suchmaschine als die EU-Wirtschaft noch dachte, dass mit dem Internet kein Geld zu verdienen ist. Heute ist Google ein Internetkonzern der eine Suchmaschine, als Gatekeeper für seine anderen Produkte, betreibt. Von diesem Konzern strikte Neutralität der Suchergebnisse zu verlangen ist absurd.

11. betont, dass bei der Nutzung von Suchmaschinen der Suchvorgang und die Suchergebnisse frei von Verzerrungen sein sollten, damit die Internetsuche frei von Diskriminierung bleibt, mehr Wettbewerb und Auswahl für Nutzer und Verbraucher sichergestellt werden sowie die Vielfalt an Informationsquellen erhalten bleibt; stellt daher fest, dass die Auflistung, Bewertung, Darbietung und Reihenfolge von Ergebnissen bei Suchmaschinen frei von Verzerrungen und transparent sein und dass Suchmaschinen bei verknüpften Dienstleistungen umfassende Transparenz gewährleisten müssen; fordert die Kommission auf, jeglichen Missbrauch bei der Vermarktung von verknüpften Dienstleistungen durch Suchmaschinenbetreiber zu unterbinden; [1]

Mehr Wettbewerb und Auswahl für Nutzer und Verbraucher wird sich mit einem Google Algorithmus nicht erreichen lassen. Das ist nicht im Sinne des Konzerns Google.

Die Konsequenz der EU-Kommission besteht nun darin zu fordern, dass Google zerschlagen werden muss. Ist das erforderlich?

Ich meine, dass der einfache Weg der Zerschlagung falsch ist und keinesfalls die Verbraucherrechte stärkt.

Wichtiger wäre mir die Bildung der Verbraucher, z.B. die Aufklärung wie eine kommerzielle Suchmaschine arbeitet und wie die Suchergebnisse zu bewerten sind.

Der Verbraucher muss in der Lage sein sich für eine Suchmaschine zu entscheiden, dafür kann die EU-Kommission viel tun. Zum Beispiel kann auf EU-Ebene die Entwicklung und den Betrieb einer nicht kommerziellen Suchmaschine gefördert werden.

Die Erwägung, dass in einigen Bereichen des digitalen Binnenmarkts aufgrund einer übermäßigen Marktkonzentration und marktbeherrschender Akteure Schwachstellen zu verzeichnen sind;[1] ist korrekt aber nicht das Verschulden von Google. Diese Konzentration ist dem Versagen der europäischen Wirtschaft geschuldet. Durch dieses Versagen konnte Google seine Marktmacht erringen.

Die Forderung nach der Zerschlagung von Google ist eine Kapitulation, nichts anderes.

[1] Entschließungsantrag 24.11.2014 eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt (2014/2973(RSP))

P.S. Ich bin kein Google-Fan. Zwar habe ich einen Account bei G+ und eine gmail-Adresse, diese nutze ich aber wenig. Es würde auch ganz ohne Google gehen, Suchmaschinen gibt es zur Genüge und ich bin ein mündiger Bürger.

 

Eine Polemik zum Callcenter

Mein Freund Matze hat eine kleine polemische Betrachtung zur Arbeit im Callcenter geschrieben. Diese möchte ich den Lesern meines Blogs nicht vorenthalten.

Service – Eine Polemik

Wenn ihr ihn braucht, muss er sofort verfügbar sein, er muss kompetent, umfassend, freundlich, geduldig und zu euren Gunsten erfolgen. Und vor allem: er darf nichts kosten, eigentlich solltet ihr sogar eine Gutschrift erhalten. Auerdem heißt Service natürlich, dass der Knecht euch, den Königen, alles möglich macht, sonst muss halt die nächsthöhere Instanz ran!

Weiter geht es in matze’s Blog

P.S. Kommentare bitte bei Matze.