Protestformen und Erfolge des Protestes

Wir haben in dieser Woche zwei große Proteste, bzw. einen Protest der Bauern und einen Streik der Lokführer, obwohl die GdL inzwischen nicht nur Lokführer umfasst. Was ist das Besondere an diesen Protesten? Die Bauern legen mit ihren Traktoren die Straßeninfrastruktur lahm und die Lokführer die Schieneninfrastruktur. Zwei zahlenmäßig relativ kleine Berufsgruppen (was nichts über ihre Wichtigkeit und die Berechtigung ihrer Forderungen aussagt!) sind in der Lage, das Land lahmzulegen, denn ohne Straßen- und Schienenverkehr läuft nicht viel.

Den kompletten Artikel könnt ihr, wie immer kostenlos, in der Leipziger Zeitung lesen.

Steigende Arbeitslosigkeit

für die nächsten fünf Jahre wird von der International Labour Organization (ILO) mit dem neuer ILO-Bericht „World Employment and Social Outlook – Trends 2015“ (WESO) prognostiziert.

Ich kann mich hier leider nur auf die deutsche Presseinformation der ILO berufen, eine deutsche Version des gesamten Berichtes habe ich bis jetzt nicht gefunden. Die nachfolgenden Zitationen stammen aus der Pressemitteilung.

Ich bezweifle hier nicht die Wissenschaftlichkeit der Analyse, möchte allerdings einige Anmerkungen machen.

„Mehr als 61 Millionen Arbeitsplätze sind seit Beginn der globalen Krise 2008 weggefallen.Unsere Prognosen zeigen, dass die Arbeitslosigkeit global bis zum Ende der Dekade steigen wird. Die Krise auf dem Arbeitsmarkt ist weltweit nicht überwunden und es gibt keinen Grund, in unseren Anstrengungen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ihrer Ursachen nachzulassen“, so ILO-Generaldirektor Guy Ryder.

Der Bezug auf die globale Krise 2008, also eine Finanzkrise, ist hier interessant. Es geht nicht darum, dass uns die Arbeit ausgeht – die bezahlte Lohnarbeit geht aus, weil niemand die erforderlichen Arbeiten bezahlen kann oder will.

Die zu erledigende Arbeit geht uns in Deutschland nicht aus, das sieht man deutlich in den Städten und Gemeinden und Ländern, am Zustand Verkehrsinfrastruktur (ich nenne hier wieder mal die Gehwege als Beispiel), an Schulen, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen – die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen.

Es ist zwar Geld da um in der Finanzkrise Banken zu retten, es ist aber kein Geld für die Bezahlung der Arbeitskräfte vorhanden, die gesellschaftlich relevante Arbeiten erledigen könnten.

Die ILO kritisiert in der Pressemitteilung die Einkommensunterschiede der Höchst- und Geringverdiener, allerdings auf globaler Ebene, was keine eindeutigen Rückschlüsse auf das Verhältnis in Deutschland zulässt. Das ist aber nicht so wichtig, vielmehr erscheint mir folgendes Zitat von Bedeutung zu sein:

„Andere Faktoren betreffen Veränderungen der Qualifikationsnachfrage. Auf globaler Ebene sind zwei Trends zu beobachten. Erstens steigt der Anteil niedrigqualifizierter Arbeit etwa im Bereich Sicherheit und spezifischer Arbeitsfelder in der Pflege und Betreuung. Zweitens steigt der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften, etwa auf dem Feld der elektronischen Datenverarbeitung oder im juristischen Bereich. Im Gegensatz zu diesen Zunahmen gehen Arbeitsplätze auf der mittleren Qualifikationsebene etwa im Bürobereich bei Buchhaltern und Büroangestellten zurück.“

Ich schrieb oben über Arbeiten die dringend zu erledigen sind. Ob nun die für deren Sanierung benötigten Pflasterer oder Steinsetzter oder für die anderen Aufgaben die LehrerInnen, die KindergärtnerInnen, und besonders das dringend benötigte Pflegepersonal – bei allen handelt es sich um qualifizierte Arbeitskräfte. Diese Qualifikationen sind in der mittleren bzw. höheren Qualifikationsebene einzuordnen. Auch für die Sicherheitsbranche und selbst die Reinigungsbranche trifft dies zu.

Wenn also die Nachfrage nur nach den niedrig qualifizierten Arbeitskräften besteht, dann bedeutet das einen Mangel an qualifizierten Stellen. Wer in einigen dieser Berufsgruppen nur noch niedrig qualifizierte Arbeitskräfte einzustellt, der fordert geradezu heraus, dass an der Qualifikation und somit an der Qualität gespart wird.

Der Wegfall von den in der Pressemitteilung genannten Buchhaltern und Büroangestellten ist die logische Folge der Computertechnik, die anderen vorstehend genannten Berufsgruppen werden im Gegensatz dazu nicht überflüssig.

Der Bedarf an den hochqualifizierten EDV-Spezialisten und Juristen mag durchaus bestehen, aber was nützen diese uns wenn die Infrastruktur zusammenbricht?

Mein Fazit:

Es wird Zeit, dass man die Arbeit in ihrer Gesamtheit nach der gesellschaftlichen Relevanz beurteilt. Die Infrastruktur der Städte, Gemeinden und Länder, das Bildungssystem, der Pflegebereich und andere wichtige Aufgaben dürfen nicht weiter durch Unterfinanzierung leiden.

Ein Hinweis am Rande:

Die Einkommens- und Vermögensunterschiede sollten natürlich abgebaut werden. Aber an die Vermögenden der Appell „Nehmt euch ein Beispiel an den Bürgern früherer Zeiten!“, die waren nicht perfekt aber sie taten etwas für ihre Kommune.

spruch

Weniger Autos in Leipzig – Die Grünen

Es ist Wahlkampf und DIE GRÜNEN schlagen so richtig zu. Erst der Veggieday und nun für Leipzig die Forderung nach weniger Autos.

Also liebe Grüne, ich bin da ganz bei Euch, mit den Autos.

Weniger aus Umweltgründen, es sei mir verziehen aber ich kenne noch ein Leipzig in dem die Umwelt weit mehr belastet war. Nein, es geht mir um die Frage der Ästhetik (!) und der Ruhe.

Erfreulich waren die Forderungen nach dem Preisstopp für den ÖPNV und nach intakten Fuß- und Radwegen.

Aber das Alles greift m.E. nach zu kurz.

Die grundlegende Frage müsste doch sein „Warum tut sich der Leipziger das an?“

Im Stau stehen, Parkplatzsuche, Parkplatzgebühren usw.

Also mal eine zielgruppenorientierte Analyse machen. Nicht wild auf die Autofahrer einschlagen.

Der  ÖPNV in Leipzig

Für mich ist dieser ein Relikt aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, zumindest die heutige Form. In Leipzig fahren Bahnen und Busse, bis auf geringe Ausnahmen, Strecken die in ebenjener Zeit festgelegt wurden. Grund war die Arbeiter aus den Wohngegenden in die Industriegebiete zu bringen. Heute hat sich aber die Struktur geändert. Industriegebiete, z.B. Leipzig-Plagwitz, sind Wohngebiete und die Leute die dort wohnen müssen Strecken fahren, an die die Organisatoren des ÖPNV aus den 20er Jahren nicht gedacht haben. Das bedeutet mehrfaches Umsteigen und somit lange Fahrzeiten.

Auch die Fahrplanstruktur ist aus dieser Zeit. Alle wollen Service, Einkaufen bis 22.00 Uhr, Hotlines die rund um die Uhr besetzt sind und feiern bis der Arzt kommt.  Das aber 7 Tage die Woche. Die Verkäuferin, der Mitarbeiter im Call-Center, Kellner, Koch und Andere, aber auch der Feiernde kommen somit in den Nachtfahrplan. Da ist Schluss mit Lustig. Da hilft auch kein geringerer Preis. Da fährt man, so man kann mit dem Auto.

Es geht hier auch nicht um die Verweigerung des Radfahrens, viele tun es und viele können es nicht.

Aber der Preis des ÖPNV, ich gebe Euch Recht – er ist eine Zumutung. Gut, ich habe Fahrrad und Monatskarte, aber was ist mit dem Gelegenheitsfahrer oder Besucher unserer Stadt?

Will eine 4köpfige Familie, die über Markkleeberg anreist, in die City dann kostet die Tages-Familienkarte 17,50 €. Da kann man auch durchfahren und ins Parkhaus. Rechnerisch vielleicht grenzwertig, aber ich muss ja in Markkleeberg einen Parkplatz suchen. Warum gibt es keinen bewachten Parkplatz, gekoppelt mit der Tageskarte?

Das Einkaufen per ÖPNV ist auch so eine Sache. „Tante Emma“ ist tot, das wird sich auch nicht ändern. Man hat ja immerhin schon wieder Supermärkte in Wohngegenden gebaut – ein Anfang. Aber was ist mit dem ÖPNV? Beispiel „Kaufland“ Georg-Schumann-Str., dort fährt die Bahn – vorbei. Gut, nur 200m, aber dann eine Fußgängerampel am „falschen“ Ende der Haltestelle, oder ein „wilder Übergang“ am richtigen Ende. Ein schmaler Fußweg, in grauenhaftem Zustand, mit einer weiteren Überquerung einer Straße, die nur bedingt tauglich ist um einen „Hawazuzie“* zu benutzen. Und wenn man Pech hat, kommt als Nächstes die Straßenbahn mit Hocheinstieg. Ach, ich vergaß, wenn man in die falsche Richtung will, dann sind es 100m mehr und es sind 3 Straßen zu überqueren. Vielleicht würde doch der Eine oder Andere mehr mit der Bahn hinfahren, wenn die Haltestelle davor wäre. Natürlich nur, wenn auch von der Zielhaltestelle bis zum Haus ein „unfallfrei zu begehender“ Fußweg wäre. Aber da sind wir ja beieinander.

Dies nur mal als Beispiele für die Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV. Natürlich gehören auf einigen Strecken kürzere Zugfolgen dazu. Aber auch die Ausstattungen von Bahnen und Bussen ist ein Problem. Wenn bei beim heutigen „Design“ noch mehr Leute mit Taschen und „Lastenträgern“* dazu kämen, dann wäre „Schicht im Schacht“.

Wie gesagt, ich fahre Fahrrad oder ÖPNV, nicht aus ideologischen Gründen oder Begeisterung. Aber ich bin 30 Jahre lang alles mit dem Auto gefahren, aus den o.g. Gründen und kann jeden verstehen der das tut.

Ein kleiner Einwurf noch zur anfangs erwähnten Ästhetik. Mich stören die voll gestellten Straße und die Blechlawinen – es ist unschön.

Hier hilft aber kein Lärm- und Luftreinhalteplan. Anwohnerparken, Schaffung von Parkflächen für Anwohner wäre ein erster Schritt. Gekoppelt mit echter Attraktivität des ÖPNV würde vielleicht auch der Eine oder Andere zumindest auf den Zweitwagen verzichten.

* Hawazuzie und Lastenträger, damit sind Einkaufswagen gemeint, natürlich nicht die vom Supermarkt.