Stress-Situationen – Teil 3

Veröffentlicht auf Google+ am 28.09.2011
Das wird auch nie ein Ratgeber

Am meisten lieben alle Straßendienst-Mitarbeiter des ADAC die Kunden, die eine Eigendiagnose ihres Fahrzeuges durchgeführt haben und nun alles besser wissen als das arme Schwein im Pannenhilfsfahrzeug.
Da bleibt einem nur übrig, sich ein dickes Fell wachsen zu lassen, sich Stöpsel (natürlich imaginäre) in die Ohren zu stecken und einfach seine Arbeit zu tun. Lächeln muss man auch noch und natürlich höflich sein.
Das fällt manchmal schwer, besonders wenn man als Sachse (Ossi) in Bremen arbeitet.
Zum Verständnis des nachfolgenden Textes, das Viertel in Bremen ist eine Gegend in der man schon mit dem PKW Probleme hat durchzukommen. Besonders nachts, wenn alle Anwohner und ihre Autos zu Hause sind.

Herbst 1999, Wochentag, gegen 23.00 Uhr, Wetter nass-kalt-eklig (typisch Bremen), Dienst Ich (allein)

Fax kommt

Inhalt: Mitgliedsnummer, Name, Fahrzeugtyp (Mittelklasse), Kennzeichen, Baujahr (mittelalt), Standort Bremen/Viertel/Sackgasse (Anus Mundi), Rückrufnummer, Schaden: SNA (springt nicht an)

Also Kunden anrufen

Ich: Guten Abend, Straßendienst im Auftrag des ADAC, mein Name ist Thomas Köhler.
Mann: Guten Abend. Sie müssen mein Auto abschleppen. (Der weiss was)
Ich: Der ADAC teilt mir mit, dass Ihr Auto nicht anspringt, ich komme also mit einem Pannenhilfsfahrzeug zu Ihnen und versuche den Schaden zu beheben. (bemühe mich dialektfrei zu sprechen – ist aber eh sinnlos)
Mann: Ich kann Ihnen gleich sagen, das wird nichts.
Ich: Wieso?
Mann: Der Anlasser ist defekt, anschleppen oder –schieben geht nicht, es ist ein Automatik.
Ich: Haben Sie schon länger Probleme mit dem Anlasser?
Mann: Nein, aber er macht komische Geräusche (macht vor rata-rata-rata-klick). Er ist kaputt.
Ich: Ihre Batterie ist leer.
Mann: Dort wo Sie herkommen (Sch.. er hat mich erkannt) mag so etwas passieren, aber meine Batterie ist fast neu. Kommen Sie jetzt und schleppen Sie mein Auto ab !!!
Ich: Ich bin in ca. 30 Minuten bei Ihnen.

Natürlich fahre ich mit dem Pannenhilfsfahrzeug. Da kann ja jeder kommen. Außerdem muss ich das – Auftrag ist ja Pannenhilfe.

25 Minuten später bin ich beim Kunden.

Mann: Ich habe gesagt, ich brauche einen Abschleppwagen (wütend)!
Ich: Ich sehe mir den Schaden erst mal an. (Natürlich habe ich vorher einen guten Abend gewünscht – hat er ignoriert)
Mann: Da können Sie gucken wie Sie wollen, es ist mein Auto (!!!) und ich weiß (!!!) was kaputt ist.

Ich nehme also den Autoschlüssel, starte rata-rata-rata-klick.

Mann: Sehen Sie, ich habs doch gleich gesagt!
Ich: Ich mache jetzt eine Starthilfe.
Mann: Wozu, hat doch keinen Zweck. Wie lange soll ich hier noch warten – gibt es bei Ihrem Verein keine kompetenten Leute? (Ich bin sauer)

Was tun? Auf jeden Fall etwas Kreatives. Also nehme ich einen 10 DM (die gabs damals noch) Schein aus der Tasche und klemme ihn hinter den Scheibenwischer.

Ich: Wenn das Auto anspringt, dann nehme ich ihn wieder weg. Wenn nicht, dann nehmen Sie ihn bitte als Entschädigung. (Wetten darf ich ja nicht)
Mann: Da steig ich ein !!! (immer noch wütend, aber interessiert)

Er nimmt ebenfalls einen Schein und klemmt ihn dazu.

Ich klemme die Starthilfekabel an, starte das Auto – Motor springt an, Lichtmaschine funktioniert – alles gut.
Also nehme ich meinen Schein wieder, schreibe meinen Auftrag, ein sehr freundlicher Kunde unterschreibt und drängt mir seinen Schein als Trinkgeld auf.

P.S: Die fast neue Batterie war 6 Jahre alt. Der Kunde hat sich auch zum Schluss (beim Ossi!!!) tatsächlich entschuldigt.