Mir fällt im Zusammenhang mit dem Christopher-Street-Day (CSD) ein, dass ich schon seit längerer Zeit nicht mehr über die Diskriminierung von „anders sexuell orientierten Menschen“ geschrieben habe. Allerdings bitte ich zu beachten, dass ich hier nur meine Meinung zum Thema darstelle.
Allein der Begriff „anders“, den ich hier verwende, ist ja schon diskriminierend, weil er ein heterosexuelles Normal voraussetzt. Ich benutze ihn aber mangels eines anderen. Biologisch, auf die „natürliche“ Fortpflanzung beschränkt, mag die Heterosexualität ein „Normal“ darstellen, aber ist Biologie alles?
Damit wäre ja schon der Vorwurf des „Unnatürlichen“ abgehakt. Bei diesem Vorwurf geht es also nicht um Liebe und Sex, sondern um Fortpflanzung. Eine Begründung, warum „anderer Sex“ unnatürlich ist, kenne ich nicht.
Besonders „begeistern“ mich Männer, die vehement mit allen verbalen Mitteln gegen Schwule vorgehen. So hat der russische Sport- und Jugendminister Witali Mutko „abweichende sexuelle Praktiken“ mit Alkohol- und Drogenmissbrauch auf eine Stufe gestellt, allerdings nur in Bezug auf Schwule. Mein Fazit: Er meint, Menschen männlichen Geschlechts können durch Propaganda schwul werden und es sich auch wieder abgewöhnen. Woher weiß Herr Mutko das wohl? Ich möchte ihm nicht eigene Erfahrungen unterstellen. Diese Argumentation erinnert mich an alte, unverheiratete katholische Priester, die genau diese Meinung vertreten. „Die größten Feinde der Elche waren früher selber welche“ bietet sich hier an, denkt man an die Abgeschlossenheit katholischer Priesterseminare und sowjetisch/russischer Kasernen.
Aber ich will ja niemandem zu nahe treten.
Einige unserer US-amerikanischen evangelikaren Freunde und auch die compact-Anhänger von Jürgen Elsässer machen die Schwulen als Synonym für anders-sexuelle Menschen für den Zerfall der traditionellen Familie verantwortlich. Wie sehe ich das? Natürlich haben anders-sexuelle Menschen – aber nicht nur diese – oft andere Familienformen als die Vater-Mutter-Kind(er)-Familie. Auch bei heterosexuellen Menschen gibt es Familienformen, die nicht diesem Normal entsprechen – mit mehreren männlichen oder weiblichen Partnern, was eine Ausnahme darstellt, aber oft ohne Kinder.
Der Vorwurf der Promiskuität, die anders-sexuellen Menschen eigen sein soll, trifft auch daneben. Promisk leben auch genügend heterosexuelle Menschen und, man mag es nicht glauben, eine mir bekannte schwule Partnerschaft dauert nun bereits über 30 Jahre – meine längste „normale“ geht jetzt ins 22. Jahr. 1:0 für die Schwulen!
Die urban legend mit den alten Schwulen, die sich an junge Kerle ranmachen – sorry, die heterosexuelle Variante: „Bernie Ecclestone stellt eine 50 Jahre jüngere Frau als seine neue Lebensgefährtin vor“ ist genauso peinlich. Womit auch die These mangelnder Ästhetik beim Anblick sich küssender Männer abgehakt sein sollte.
Der Vorwurf, Schwule wären per se pädophil, ist absurd. Die meisten Täter, die sich an Kindern männlichen Geschlechts vergehen, sind weder schwul noch pädophil. Sie betreiben – geschönt ausgedrückt – sexuelle Machtspiele.
Welcher Grund bleibt übrig, aus dem heraus man anders-sexuelle Menschen, egal von welcher Warte her, diskriminieren müsste? Diskriminieren muss man überhaupt nicht, das steht außer Zweifel. Sexualität, die anders als die eigene ist, ist kein Makel – es geht um Liebe und Sex.
Liebe und Sex sind gut, egal wer da Liebes- und Sexual-PartnerInnen sind.
Lasst mir meine Liebe und meinen Sex – ich gönne euch aus vollem Herzen eure Liebe und euren Sex!
Die Welt wäre ohne euch nicht so bunt.
Happy CSD euch allen!