Müntefering und der selbstbestimmte Tod

Gestern Abend in aspekte sprach sich Franz Müntefering gegen den selbstbestimmten Tod aus. Das ist seine Meinung, ich kann sie nicht teilen – ich akzeptiere sie aber. Obwohl er nur schilderte was er unter Selbstbestimmung versteht.

In einem stimme ich ihm zu, die mediale Vermarktung von Udo Reiter und Gunter Sachs ist, vorsichtig gesagt, unschön. Ich finde es allerdings traurig, dass es des selbstbestimmten Sterbens von Prominenten bedarf um über dieses Thema zu reden.

Herrn Münteferings Argumentation kann ich in keiner Weise zustimmen. Die Kurzfassung habe ich so zusammengefasst:

Wer nicht dement sein will, der verachtet Demente!

Wer nicht behindert sein will, der verachtet Behinderte!

Wer nicht in Windeln leben will, der verachtet Gewindelte!

Wer nicht leiden will, der verachtet Leidende!

Wer nicht dumm sein will, der verachtet Dumme. (Sorry, das ist von mir.)

Es liegt mir fern Herrn Müntefering zu verachten, er macht es mir mit der Generalisierung seiner Ideen allerdings schwer. Mit seinen Bedenken holt er ganz demagogisch im Hintergrund die Euthanasie-Keule raus. Wenn ich weiter generalisiere, dann komme ich auf Thesen wie:

Wer keine Geschlechtsumwandlung machen will, der verachtet die die das tun!

Selbstverständlich ist das absurd, es ist aber die gleiche Art der Argumentation.

Das wichtigste Wort im dargestellten Kontext der gestrigen aspekte-Sendung ist für mich Selbstbestimmung. Das hat Herr Müntefering wohl nicht so verstanden. Ich verachte ihn nicht, wenn er lieber bis zum Tode leiden will. Wenn er gepflegt, gefüttert und gewindelt werden will, oder das als Konsequenz seiner Meinung akzeptiert, dann ist das seine Sache.

Wenn Herr Müntefering und seinesgleichen allerdings mir vorschreiben wollen wie ich zu leben und zu sterben habe – das verachte ich.

Müntefering sagte mehrmals „Jeder Tod ist ein Unikat.“ Sein Tod ist sein Unikat, mein Tod ist meines. Wenn es soweit ist, dann soll jeder Mensch für sich entscheiden können.

Auch jeder Arzt und jede Ärztin sollen frei entscheiden können, ob sie den begleiteten Suizid unterstützen. Das ist die Selbstbestimmung der ÄrztInnen. Dort hat ihnen auch keine Standesvertretung hinein zu reden.

Selbstbestimmt leben und selbstbestimmt sterben – das will ich!

P.S. Wenn ich der Meinung bin „es reicht“, werde ich mich wohl im Winter mit einer letzten Flasche Scotch in die letzte Seilbahn auf einen 2000er setzen, laufen so weit ich kann, den Scotch leeren und einschlafen. Wenn ich das dann noch schaffe.

P.P.S. Ich glaube Herrn Müntefering, dass seine Meinung nicht auf dem Katholizismus beruht. Sie beruht auf dem konfessionsübergreifenden Pflichtbewusstsein des Erduldens. Somit ist das selbstbestimmte Sterben für ihn feiger Selbstmord.