Nahles wird zur Konkurrenz für Merkel,

nicht als Kandidat für das Kanzleramt, aber für den Titel Mutti.

Dazu aber im zweiten Teil. Als erstes eine kleine Betrachtung zu aktuellen Problemen in meiner Partei. Betonung liegt auf meiner, nicht als Eigentumsbegriff – es drückt meine Zugehörigkeit aus.

Ich will aber nur über Themen schreiben und über deren Verlust. Die Hashtags #gates, #BuVo, #Rücktritt überlasse ich den 140-Zeichen-Schreibern auf Twitter, da lässt sich das mit einigen kurzen dreckigen Bemerkungen inkl. dem entsprechenden Hashtag abhandeln.

Leute, wir vergeigen gerade unsere Kernthemen. Schon gemerkt?

Ich erinnere euch an den Januar, da hat der BIM versucht eines unserer Kernthemen, den Datenschutz, zu kapern. Natürlich mit dem kriminellen Drall. Reaktion unsererseits – fast keine. Ach ja, wir hatten ja ein #flaggengate, das war wichtiger. Ich hatte in dem Zusammenhang etwas zur Mitte der Gesellschaft geschrieben. Kritik an diesem Begriff war für einige auf den verschiedenen Plattformen wichtiger als der Drall den der BIM dem Datenschutz gab. Vorher hatten wir bereits das Thema Internet im allgemeinen an Frank Schirrmacher und die FAZ abgetreten. Er ließ Sascha Lobo das Internet kaputtreden und dann E. Morozov und andere dieses wieder flicken. Die Frage der Privatsphäre haben wir längst an Michael Seemann abgetreten, da reagieren wir nur noch. Aber auch das nur manchmal, vereinzelt und zaghaft.

Und jetzt komme ich zum nächsten Kernthema, welches wir erfolgreich vergeigen können. Nicht als solches postuliert, gehört die Bildung, als Grundlage für alle unserer Ziele, dazu.

Warum nun wehrt sich niemand wenn Mutti Nahles die Bildung auf eine rein ökonomische Stufe herabzieht.

„Mutti“ und „herabziehen“ sind wohl zwei Begriffe die einer Erklärung bedürfen. Erstere beruht für mich auf der Tatsache, dass Frau Nahles sich in muttihafter Art bedenklich zeigt, die Kinderlein könnten arbeiten gehen statt lernen – wenn sie Mindestlohn bekämen. Herabziehen sage ich, weil es nicht um die Verbesserung der (Aus)Bildung geht. Es geht einzig uns allein darum, dass jede/r eine wie-auch-immer-Ausbildung machen soll – sonst gibt’s keinen Mindestlohn. Keine Rede davon, dass die Job-Center einigen Jugendlichen empfehlen einen Job zu suchen, um die Zahlungen an deren Eltern minimieren zu können. Nichts davon zu hören, dass unsere Jung-Akademiker sich von Praktikum zu Praktikum hangeln (wenn sie Glück haben), oder Hartz IV beziehen (wenn die Eltern nicht zu viel verdienen). Auch kein ernstzunehmender Vorschlag zu Maßnahmen die verhindern, dass Arbeitgeber diese Ausnahme ausnutzen. Nein, Mutti Nahles ist es wichtig, dass (aus)gebildet wird. Egal wie.

Der Vorschlag eignet sich unter meinen „Freunden(?)“ auf Twitter und G+ hervorragend um „Jugendliche vs. Rentner“ (bin ich der einzige der meint, dass das gewollt ist?) auszuspielen oder sogar den Nazi-Vergleich* zu bringen und die Abschaffung der Schulpflicht zu fordern.

Vielleicht sollten wir Piraten mal die (Aus)Bildungsinhalte und die Qualität der (Aus)Bildung hinterfragen. Wir sollten mal über die Kosten nachdenken, Vorschläge dazu machen und uns auf unsere Grundkompetenzen und Ziele besinnen.

Eines ist für mich aber bei der ganzen Sache wichtig. Der Mindestlohn ist nicht das Gelbe vom Ei, er ist eine Übergangslösung. Aber:

Der Mindestlohn ist nicht verhandelbar!

P.S. Ich meine nicht, dass 16jährige arbeiten gehen sollen. Wenn sie aber egal aus welchen Gründen dies tun, dann sollen sie auch den Lohn bekommen – der für diese Arbeit gezahlt wird. Nicht den für ihr Alter.

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* Es gibt wirklich Leute, die fordern die Abschaffung der Schulpflicht mit dem Argument, dass diese von den Nazis eingeführt wurde und bezeichen den Staat als repressiv, weil er „die Schüler mit bewaffneter Gewalt in die Schule zwingt.“

Im persönlichen Leben bin ich eher zurückhaltend,

aber gestern musste ich mich doch wieder mal in ein „Fremdgespräch“ einschalten. Nicht weil der Eine, der Ältere, sagte „Ist mir doch egal wenn Geheimdienste meine Mails lesen.“ Eher wegen der verqueren Argumentation des Jüngeren, der die Wichtigkeit des Schutzes der  Privatsphäre erklären wollte.

Er erklärte ausschließlich die Auswertung der Daten durch Geheimdienste als Problem. Da musste ich mich einfach einschalten.

Dass diese ein großes Problem ist habe ich schon mehrmals beschrieben, nicht nur ich. Aber ich habe auch schon darauf hingewiesen, dass eine Argumentation nur mit NSA & Co. wenig hilfreich beim Umgang mit dem unpolitischen Mitbürger ist. Sascha Lobo* hat dies auf den Punkt gebracht mit seiner Aussage

„Es ist nicht so schlimm, wenn der Staat online mitliest – solange die Nachbarn nichts erfahren.“

Den o.g. unpolitischen Mitbürger interessieren die Geheimdienste einen Dreck. Er meint „Aus der Nummer komme ich immer wieder raus!“ und meint damit den eventuellen Verdacht der Teilnahme an kriminellen oder terroristischen Aktivitäten.

Er hat Recht, da kommt er wieder raus, aber zu welchem Preis?

Eine kleine historische Parallele sei mir hier erlaubt. Die heilige Inquisition stellte ja nicht nur Ketzern nach, sie verfolgte  auch mit Vehemenz Andersgläubige, z.B. Juden, auch nach dem Übertritt zum Christentum.

Hätte nun dieser Einrichtung das Instrumentarium „Big Data“ zur Verfügung gestanden, dann wären die sozialen Netzwerke eine wahre Fundgrube gewesen.

Ein Beispiel gefällig? Mein Kollege L. ist Veganer, er isst also kein Fleisch und keine tierischen Produkte. Über religiöse Vorlieben weiß ich nichts, ist mir auch egal. Nun postet also auf facebook einer seiner Freunde, dass er gerade einen schönen leckeren Schweinebraten gegessen hat und L. äußert einfach „Finde ich eklig.“ Ein halbes Jahr später postet L. an einem Freitagabend, dass er nach getaner Hausarbeit, er schreibt vom Wäschewaschen und Wohnung putzen, einen entspannten Abend im Kreise seiner Familie bei Kerzenschein verbringt. Völlig banal das Ganze.

Die Auswertung von Big Data durch die Inquisition ergibt aber, dass L. Jude ist. Er verweigert Schweinefleisch, am Freitag wäscht er seine Wäsche, räumt seine Wohnung auf  und er zündet den Kerzenleuchter am Vorabend des Sabbat an**.

Vielleicht wäre er aus dieser Nummer wieder rausgekommen, aber ein dokumentierter Verdacht wäre geblieben. Dieser hätte ihm später durchaus das Leben schwer machen können.

Nun mag ja der /die Eine oder Andere einwenden, dass die Auswertung ja automatisch das Ergebnis „Veganer“ und „hatte an dem Tag Geburtstag“ ergeben hätte. Dem ist aber nicht so. Big Data und die Auswertung von Datenspuren suchen nach Stichworten, nicht nach Gründen. Eine gute Beschreibung findet man bei E. Morozov*.

Das Beispiel diente natürlich nur zur Illustration wie Big Data funktioniert. Nun zu den Geheimdiensten die für den unpolitischen Mitbürger kein Problem sind. Sie tun genau dies, sie sammeln Daten und suchen nach Stichworten, Orten und Verbindungen. Das mag mir egal sein, aber sind die Geheimdienste die einzigen die dies tun?

Das Instrument wird auch von meiner Bank, meinen Versicherungen, meinem Arbeitgeber, meinem Vermieter, dem Arbeitsamt und Anderen benutzt. Sei es auch „nur“ über Unternehmen wie Creditreform, Infoscore und anderen. Nicht meine wirklichen Lebensumstände, meine wirklichen Interessen und Aktivitäten und weitere Daten werden damit geprüft, es werden Stichworte gesammelt und ausgewertet.

Ich poste mehrfach über Extrembergsteigen, Paragliding – schon bin ich in einer Risikogruppe für Versicherer.

Ich schreibe über Luxusautos, Fernreisen und teure Zigarren – das Jobcenter prüft meine Unterlagen für den Bezug von Hartz IV.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, ich glaube aber das ist nicht nötig.

Gestern war es nicht nötig der Ältere, der unpolitische, verstand worum es mir ging.

Seine einzige Äußerung war „Mir wird übel!“ – er meinte nicht mich und meine Argumentation.

Er denkt darüber nach.

Das ist doch schon etwas, oder?

P.S. Der Artikel bezieht sich natürlich auf den Nutzer von sozialen Netzwerken und dem Internet im Allgemeinen. Über die Nichtnutzer dieser Dienste sei gesagt, dass sie Big Data auch nicht entgehen. Dazu später

* Das Verlinken der Artikel bedeutet nicht automatisch Zustimmung zum gesamten Artikel. 

** Die Beschreibung des Sabbatfestes und des Vortages ist an mehreren Stellen zu finden. Wer es einfach will findet diese auf Wikipedia.