Das Nachtreten gegen einen am Boden liegenden Gegner

ist feige, falsch, verlogen und lenkt von der eigenen Schwäche ab. Das ist ein Fazit welches ich aus dem Nach-Wahlkampf 2013 ziehe.

Mit dieser Meinung stehe ich wohl nicht alleine, aber raus muss es doch.

Besonders zwei Parteien liegen in der medialen Sicht am Boden, nun wird unter dem Deckmäntelchen der politischen und gesellschaftlichen Analyse genüsslich nachgetreten.

Einer der großen Verlierer der btw13 heißt dort FDP. Gegner und Befürworter dieser Partei sind sich einig, dass diese Partei wichtig ist. Die Gegner halten sie für so wichtig, dass sie endgültig zerstört werden muss. Man muss so lange auf die liegenden Reste eintreten bis nichts mehr übrig bleibt. Die Befürworter halten sie für wichtig weil sie das Wort „Liberal“ im Namen hat und stilisieren sie zum letzten Hüter der individuellen Freiheit in der politischen Landschaft Deutschlands herauf.

Der zweite Verlierer sind die Piraten. Dort das Gleiche, treten durch Gegner und zum Unterschied zur FDP durch ehemalige Funktionäre und Sympathisanten. Allerdings fehlt hier im medialen Echo die Verteidigung.

Ist das nun wirklich so wie dargestellt?

Verloren bei der btw13 hat tatsächlich der Gedanke der Freiheit (lat. libertas) in zwei Erscheinungsformen. In der Form des Wirtschafts- und Marktliberalismus bei der FDP und in der liberitären Form der Gewissens-, Rede- und Meinungsfreiheit der Piraten.

Die Gegner, die jetzt nachtreten, braucht man nicht weiter zu betrachten. Eine Anmerkung nur zu Jan Fleischhauer der meint

„Es gibt nicht nur rechten Pöbel, es gibt auch einen Mob links der Mitte.“ [1]

Nicht alle, die gegen die FDP pöbeln sind links. Genau so wenig wie sich alle Hooligans für Fußball interessieren. Es gibt einen großen Teil bei Twitter, Facebook usw die auch auf die Linke, die Grünen oder die CSU in gleicher Weise hergezogen wären. Weil sie ihren Spass daran haben auf den am Boden Liegenden einzutreten.

Ein gewisser Spott ist aber durchaus gerechtfertigt. Ich kann nicht jahrelang erzählen, dass der Markt alles regelt und mich dann erregen, dass der „Wähler-Markt“ es anders regelt als es mir gefällt.

Aber mal zurück zur Freiheit.

Mir persönlich liegt der liberitäre Ansatz näher als der marktliberale. Was ist also schief gelaufen mit der Rede- und Meinungsfreiheit?

Eigentlich etwas ganz Banales, Einfaches. Das alte Spiel.

Wenn ich Freiheit der Rede für mich reklamiere, dann muss ich sie auch dem Anderen, dem Andersdenkenden zugestehen.

Freiheit der Rede muss zum Dialog, zum Gedankenaustausch führen. Dieser kann durchaus auch die Form des Streites annehmen. Allerdings des konstruktiven Streites, nicht des Niedermachens, des Shitstorms.

Der berühmte Satz von Rosa Luxemburg

„Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“

geht nämlich weiter. Er heißt vollständig

Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der »Gerechtigkeit«, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die »Freiheit« zum Privilegium wird.“ [2]

Also ganz einfach in der Theorie.

  • Eine Diskussion wird nicht besser, wenn ich auf meiner Wahrheit bestehe – der Andersdenkende hat seine eigene Wahrheit.
  • Wenn eine „Führung“ bestimmt was die Wahrheit ist, dann haben wir das „Privileg der Freiheit“.

Was brauchen wir also um eine Diskussion und einen konstruktiven Streit zu führen?

Wie wäre es denn mal mit der Akzeptanz des Andersdenkenden.

Gebrauchen wir nämlich den Begriff von Luxemburg, dann denken wir auch daran, dass er denkt – genau wie wir nur mit einem anderen Ergebnis.

Vielleicht klappts dann auch mit dem Nachbarn.

[1] S.P.O.N., Der schwarze Kanal, FDP Hass by Jan Fleischhauer

[2] Rosa Luxemburg, Die russische Revolution. Eine kritische Würdigung, Berlin 1920 S. 109; Rosa Luxemburg – Gesammelte Werke Band 4, S. 359, Anmerkung 3 Dietz Verlag Berlin (Ost), 1983( zitiert nach wikiquote)