Kommentar zu den Forderungen nach schnellen Neuwahlen: Zuerst einmal schaden

Einige Menschen kennen vielleicht noch den Teil des Hippokratischen Eides, der da lautet: „Primum non nocere“, zu Deutsch: „Zuerst einmal nicht schaden“. Vielleicht wäre es angebracht, einen solchen Eid auch für Politiker einzuführen. Wer sich nicht daran hält, ist raus aus dem Politikbetrieb. Was haben wir in der letzten Woche erlebt?

Den kompletten Artikel könnt ihr, wie immer kostenlos, in der Leipziger Zeitung lesen.

Don Friedrich Quijote und der Kampf gegen Windräder

Miguel de Cervantes sagte: „Wer Abenteuer sucht, findet nicht immer das Angenehme“. Auf Friedrich Merz bezogen hieße das wohl: „Wer Wahlkampf macht, findet immer wieder Scheinriesen“. Wie also Don Quijote gegen Windmühlen, so kämpft Merz gegen Windräder, weil er sie für ein Riesen-Thema im Wahlkampf hält. Aber Vorsicht: Nicht alles, was Merz sagt, ist auch so gemeint.

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Solidaritätszuschlag und Populismus

Der Solidaritätszuschlag (Soli) soll abgeschafft werden, ganz oder nur für die „unteren Einkommensgruppen“ – ist das möglich, gerecht oder einfach populistisch?

Solidaritätszuschlag, was ist das?

Der Soli wurde 1991 als „Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer“, zweckgebunden zur Finanzierung „verschiedener Mehrbelastungen“ eingeführt und 1995 unbefristet zur „Finanzierung der Kosten der Deutschen Einheit“ im Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolzG 1995) fixiert.

Man kann sich trefflich streiten, ob die Deutsche Einheit noch Kosten verursacht. Das ist aber egal, der Soli soll abgeschafft werden. Darüber besteht ein weitestgehender Konsens.

Wer zahlt Solidaritätszuschlag?

Entgegen weit verbreiteter Meinungen, die teils von verschiedenen Medien verbreitet wurden, unterscheidet das Gesetz nicht zwischen Ost und West. Der Soli wird bundesweit für Steuerpflichtige (gem. Einkommenssteuer-, Außensteuer- und Körperschaftssteuergesetz) nach SolzG §2 erhoben. Es gibt natürlich Einkommens- und Bemessungsgrenzen, somit wird der Soli nicht von allen Steuerpflichtigen in voller Höhe gezahlt. Wer dazu näheres wissen will, dem empfehle ich den Wikipedia-Artikel zum Einstieg. Wichtig ist hier, dass kaum ArbeitnehmerInnen im Mindestlohnbereich den vollen Solidaritätszuschlag, wenn überhaupt, zahlen.

Historisch gesehen haben tatsächlich mehr westdeutsche als ostdeutsche SteuerzahlerInnen höhere Beträge gezahlt. Das erklärt sich aus den Einkommensunterschieden in Ost und West. Abgesehen davon ist natürlich die Anzahl der westdeutschen SteuerzahlerInnen weitaus höher.

Soli abschaffen – geht das?

Das geht einfach, das Gesetz kann durch den Bundestag beendet werden. Eine Zustimmung der Länder ist nicht erforderlich.

Soli nur noch für „Reiche“?

Das ist, meines Erachtens nach, nicht so einfach. Theoretisch könnte die Bemessungsgrenze nach oben verändert werden, dann stellt sich aber die Frage nach dem Solidarprinzip, wie es zum Beispiel das Sozialversicherungsrecht kennt. Wenn die Solidarität nur noch eine von Besserverdienenden gegenüber den unteren Einkommensschichten sein soll, dann würde der Solidaritätszuschlag zu einem „Reichenzuschlag“ werden.

Ist ein „Reichenzuschlag“ populistisch?

Meiner Meinung nach ist er das. Ehrlicher wäre es, endlich die Ausnahmen für die wirklich reichen Menschen in der Steuergesetzgebung zu schließen. Auch die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer wäre ehrlicher als „Soli nur für Reiche“. Dieser klingt zwar gut, aber beim Blick auf den Lohn/Gehaltszettel oder die Einkommenssteuererklärung wird vielen NiedriglöhnerInnen auffallen, dass sich für sie mit der Soli-Abschaffung kaum etwas ändert. Da der Solidaritätszuschlagssatz sich auf den Einkommens- bzw. Körperschaftsteuerbetrag berechnet, würde voraussichtlich das Schließen von Steuerschlupflöchern mehr Geld einbringen, als dieser „Reichenzuschlag“.

Das allerdings ist nicht so populär. Warum eigentlich?

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