Wer hat uns verraten?

Nicht nur die Sozialdemokraten, auch die anderen linken Parteien entfernen sich immer weiter von den Wurzeln der früheren linken Bewegung, sprich der Arbeiterbewegung. Ich möchte heute über den Umgang der linken Parteien mit den arbeitenden Menschen reden. Die Bezeichnung „Arbeiter“ im Sinne des marxschen Proletariats werde ich nicht verwenden weil er ganze Berufsgruppen ausschließt, ich wähle stattdessen den Begriff „werktätige Menschen“.

Habt ihr euch eigentlich schon mal gefragt, warum bei einer Bevölkerung von 80,5 Millionen Menschen, von denen 61,9 Millionen wahlberechtigt und 41,8 Millionen erwerbstätig und somit das Stammpotential der linken Parteien sind*, keine wirklich linke Regierung möglich ist?

Ich beginne mit der SPD, die sich schon lange von ihren Wurzeln entfernt hat. Der letzte große Coup – der Mindestlohn – zeigt die Entfernung am deutlichsten. Nachdem eine SPD-geführte Bundesregierung die Hartz IV Gesetze verabschiedet und mit diesen die Erwerbslosen in unterbezahlte Jobs gezwungen hat, verkauft die SPD nun den Mindestlohn als Errungenschaft. In Wirklichkeit wurde der Billiglohnsektor durch ihre wirtschaftsliberale Gesetzgebung geschaffen und gefördert. Ich rede hier nicht gegen einen Mindestlohn – es geht mir um die Proklamation der „Errungenschaft“. Die SPD ist unehrlich gegenüber ihrer Stammwählerschaft und gegenüber ihren wirtschaftsliberalen Freunden.

Die anderen „linken Parteien“ sind da nicht viel besser, sie waren nur noch nie in der Regierungsverantwortung. Das ist für mich der einzige Unterschied wenn ich ihren Umgang mit dem Thema Arbeit betrachte.

Zurück zum Thema und zu meiner Frustration, ich arbeite mich hier an einem Artikel ab der mir als Paradebeispiel dient.

Da schreibt ein Herr Patrick Spät in der Zeit – einem Medium, welches sich im linken Spektrum sieht – einen Artikel mit dem Titel Sinn der Arbeit, der beginnt mit „Wohl kein anderer Satz fällt auf einer Party so häufig wie dieser: …“. Der Hohn des Philosophen Spät trieft aus diesem Satz, schließlich gehen die meisten werktätigen Menschen weniger als Philosophen und Journalisten auf Partys und reden dort über ihre Bedeutung, die sich aus ihrer hoch-wichtigen Berufstätigkeit ergibt. Wenn sich werktätige Menschen einen sozialen Stellenwert beimessen, dann geschieht das meist über das Ergebnis ihrer Tätigkeit, welches u. a. darin besteht, dass der Philosoph Strom für seinen Laptop hat, dass er das Ergebnis seines Denkens im Internet oder in der Printausgabe des entsprechenden Mediums bewundern und somit seine soziale Bedeutung auf der nächsten Party darstellen kann. Übrigens mit Getränken die von werktätigen Menschen hergestellt und transportiert wurden. Die Party wird vielleicht von einem Cateringunternehmen beliefert, welches ohne Arbeitskräfte aus dem Billiglohnsektor nicht auskommt.

Im weiteren Artikel taucht dann als biblisches Zitat getarnt der Satz auf: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“**. Als Philosoph sollte Herr Spät wissen, dass der Spruch „Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen“ ein aus den Bauernkriegen übernommener Slogan der Arbeiterbewegung war, der sich gegen die Ausbeuter richtete – nicht gegen die Arbeitslosen. Die Verwendung des Spruchs durch Müntefering im beschriebenen Kontext entwertet ihn nicht als Parole der Arbeiterbewegung, zumal schon das „will“ in seiner Version beinhaltet, dass Müntefering Menschen in jede Arbeit zwingen wollte – egal ob die Arbeit gesellschaftlich relevant ist oder ob die werktätigen Menschen von ihrem Lohn leben können.

Der Mensch strebt nach Faulheit** ist eine wesentliche Aussage des Artikels, gekoppelt mit der Aussage, dass die Maschinen unsere Arbeit übernehmen. Lassen wir uns diesen Satz auf der Zunge zergehen, dann folgt zwangsläufig das folgende Szenario:

Das Ziel der menschlichen Evolution wäre unter dieser Prämisse eine Menschheit, die in einer durch Maschinen versorgten Welt in „spätrömischer Dekadenz“ (Zitat Westerwelle) schwelgend ihrer Faulheit frönt, bis sie sogar zur Fortpflanzung zu faul ist und endlich ausstirbt. Da gab es bessere Science-Fiction in den 60ern.

Die werktätigen Menschen wollen wahrscheinlich nichts wissen von einem Arbeitsfetisch oder der DNA der Industriegesellschaft**, Arbeit war und ist für sie – als gesellschaftlicher Faktor – schon länger wichtig als die Lohnarbeit. Faulheit ist kein wichtiges Kriterium. Wichtiger ist gesellschaftliche Teilhabe durch Arbeit und menschenwürdige Arbeitsbedingungen.

„Wir sind stinkfaul und glorifizieren die Arbeit.“** Das ist einfach nicht richtig. Wir, die Menschen, sind nicht faul. Natürlich wünschen wir uns mehr Bequemlichkeit, womit das Waschbrett und die Waschmaschine schon ein richtiges Beispiel sind. Wären wir faul, dann würden wir uns einen Sklaven halten der die Waschmaschine bedient.

Zurück zur Arbeit und den Werktätigen. Geht uns die Arbeit wirklich aus? Die alte Industriearbeit des letzten Jahrhunderts geht gewiss ihrem Ende entgegen. Da tritt ein Fetisch der SPD und der Linken (der Partei dieses Namens), in Erscheinung – die Gewerkschaften. Diese sind ein Relikt, welches immer wieder beschworen wird. Die Gewerkschaften in der heutigen Form vertreten jedoch nicht mehr die Masse der werktätigen Bevölkerung, weil diese nicht mehr in der Industrie oder in solchen Großunternehmen arbeitet, die für die Gewerkschaften interessant sind. Ein großer Teil der erwerbstätigen Bevölkerung arbeitet in Kleinunternehmen oder als (Schein-)Selbstständige, und dieser Anteil steigt ständig.

Die Arbeit geht uns nicht aus, die klassische Industriearbeit schon eher. Was ist also zu tun?

Wenn weniger Industriearbeit da ist, die Produktivität aber immer weiter steigt und mit ihr die Masse der verfügbaren Güter, dann ist es an der Zeit, die Arbeit anders zu verteilen. Eine klassische 40-Stunden-Woche ist aus dieser Sicht nicht mehr erforderlich. Die übrig gebliebene Industriearbeit ließe sich durch Senkung der Wochenarbeitszeit auf mehr Menschen verteilen.

Der Fachkräftemangel hindert daran, dieses Argument wird voraussichtlich auftauchen. Wer hindert uns an der Ausbildung von Fachkräften, wenn nicht dieses kaputte System? Das System, welches Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit als deren Folge als normal betrachtet und philosophisch die Faulheit als Eigenschaft des Menschen begründet, hindert uns daran.

Es fehle an Geld, wäre wahrscheinlich der nächste Einspruch. Dem halte ich entgegen, dass es nicht zu wenig Geld, sondern zu viel „Falschgeld“ gibt. Wahrscheinlich gab es noch nie so viel „Buchgeld“ in elektronischer Form wie heute. Nur ist dieses Geld bedeutungslos für die Gesellschaft, sieht man davon ab, dass Firmen und Staaten mit diesem „Buchgeld“ erpresst werden können. Dieses Geld wird nie im reellen Geldkreislauf als Geldwert in Erscheinung treten. Würde das gesamte „Buchgeld“ als „richtiges Geld“ eingesetzt werden, dann würde die Inflation ungeahnte Höhen erreichen. Dieses „Buchgeld“ beeinflusst aber die Politik von Firmen, Firmengruppen, Staaten und Unionen.

Wir haben keinen Arbeitsfetisch – wir haben einen Geldfetisch! Darüber müssen wir reden.

Wenn im Allgemeinen und speziell im Artikel von Patrick Spät über Arbeit geredet und geschrieben wird, ist meist die Rede von der „wertschöpfenden Arbeit“ in ihrer Form als Industriearbeit gemäß der marxschen Philosophie. Die Arbeitswelt hat sich aber verändert, somit müssen wir auch die Definition von Arbeit und „Arbeiter“ überdenken. Arbeit ist nicht nur als wertschöpfend zu betrachten. Sie ist nach ihrer gesellschaftlichen Relevanz zu bewerten. Somit sind auch Gesellschaftswissenschaftler, Künstler, Dienstleister und andere werktätige Menschen, die der sogenannten „unproduktiven Sphäre“ angehören, gleichwertig, wie schon Marx feststellte.***

Damit komme ich zur viel beschworenen Dienstleistungsgesellschaft. Wir alle wollen immer mehr Dienstleistungen, also Menschen, die in diesem Bereich arbeiten. Allerdings missachten wir sowohl die Arbeit dieser Menschen als auch die Menschen selbst. Wir betrachten sie als minderwertig gegenüber Industriearbeit und Industriearbeitern, das drückt sich nicht zuletzt in der Bezahlung dieser Tätigkeiten aus. Die Werktätigen im Dienstleistungssektor wollen mit Recht gleichwertig behandelt werden. Da gibt es auch bei den linken Parteien und besonders bei den Gewerkschaften Erkenntnis- und Handlungsbedarf.

„Wir leben in einer Ära des Kapitalismus, in der die Produktivität der Arbeit dermaßen hoch ist, dass immer weniger Arbeitskräfte gebraucht werden.“** Auch das stimmt so nicht.Wir leben in einer Welt, in der der Konsum regiert – bevorzugt in den eigenen vier Wänden. Gehen wir aus diesen vier Wänden hinaus, dann sehen wir überall Bedarf an Arbeit. In vielen Städten und Dörfern bricht die Infrastruktur zusammen – bevorzugt die Verkehrswege, weil Arbeit nicht erledigt wird. Da wird keine neue Soft- oder Hardware für Computer gebraucht, sondern wo/manpower. Zwei Gründe für die Nichterledigung dieser Arbeiten habe ich schon genannt: das Geld und die gesellschaftliche Stellung jener werktätigen Menschen, die diese Arbeiten in der Öffentlichkeit erledigen müssten. Es gibt keine App, die ein cooler Programmierer für den Straßenbau entwickeln könnte – es gibt nur dringend benötigte „uncoole“ Straßenbauer.

Wir, die Menschen im linken politischen Spektrum, haben Handlungsbedarf. Wir müssen dringend unsere Position zur Arbeit und zu den werktätigen Menschen überdenken und neu formulieren. Tun wir das nicht überlassen wir einen großen Teil der werktätigen Bevölkerung den konservativen und rechten Parteien.

Einleitend schrieb ich über die Bevölkerungsstruktur in Deutschland. Aus dieser Struktur stellt sich geradezu zwangsläufig, die Frage „Warum wählen so viele werktätige Menschen konservative oder rechte Parteien?“

Gerade durch die Konzentration linker Parteien auf die gewerkschaftlich organisierten Industriearbeiter einerseits und auf die Hartz-IV-beziehenden Menschen andererseits, fühlen sich viele Werktätige durch die linken Parteien nicht repräsentiert, teils sogar verspottet wie mit dem zitierten Artikel in einer linken Zeitschrift. Die einzigen Parteien, die zumindest plakativ Arbeit, also Lohn und gesellschaftliche Teilhabe, versprechen, sind konservativ oder rechts. Das sollte uns zu denken geben.

Hier schließt sich für mich der Kreis zu „echter linker Politik“:

Echte linke Politik ist für die gesamte Bevölkerung eines Staates, eines Kontinents und der gesamten Welt da.

Echte linke Politik ist keine Politik gegen „rechte Politik“ oder „konservative Politik“ – sie beseitigt die Ursachen für die Anhängerschaft an deren Thesen.

Diese Politik muss für Menschen gemacht werden die arbeiten und größtenteils auch arbeiten wollen. Das Recht auf Faulheit ist für die meisten Menschen kein Kriterium. Auch die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens sehen nicht die Förderung der Faulheit als ihr Ziel – sie wollen die Kreativität der Menschen fördern. Meine Ausgangspunkte sind:

Menschen wollen nicht faul sein.

Menschen wollen eine menschenwürdige und sinnvolle Arbeit, von deren Lohn sie leben können.

Menschen wollen genügend Freizeit, die sie sinnvoll gestalten können.

Menschen wollen eine gute und kostenlose Bildung für sich und ihre Kinder.

Menschen wollen eine Zukunft – nicht philosophisches Geschwurbel.

Ich bezeichne mich nicht plakativ als links. Mein Bestreben ist es, eine wirklich linke Politik zu formulieren und zu machen. Dafür ist nach wie vor die werktätige Bevölkerung der wichtigste Faktor. Die zu Beginn genannten Zahlen lassen den Schluss zu, dass die nicht werktätigen 38,7 Millionen Einwohner Deutschlands teilweise Rentner aus der werktätigen Bevölkerungsmehrheit und teilweise Kinder derselben sind. Die werktätigen Menschen stellen nach wie vor die absolute Mehrheit der Bevölkerung dar – eine Politik für sie ist eine Politik für alle.

Den Philosophen Spät betrachte ich durchaus auch als Werktätigen (Philosophie ist auch Arbeit***) für den linke Politik gemacht werden soll. Ich gebe ihm ein Marx-Zitat auf den Weg:

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.****

Meinen linken Freunden gebe ich folgendes zu bedenken: Ist der Kampf gegen „rechte Menschen“ wichtiger als der Kampf gegen die Ursachen für rechtes Gedankengut? Wurde die Verbreitung dieses Gedankengutes unter Anderem durch Versäumnisse der linken Parteien gefördert? Ist das Antifa-Graffiti-Tag auf der Wand eines Hauses, in dem Werktätige wohnen, wirklich ein Akt des Kampfes gegen Rechts? Oder ist es vielleicht nur Schmiererei deren einzige nachhaltige Wirkung der Frust der Bewohner ist?

Abschließend die Frage:

Wollen wir linke Politik mit allen Menschen machen oder wollt ihr weiter linke Politik als Politik einer Randgruppe betreiben?

* Zahlen: Statistisches Bundesamt https://www.destatis.de/DE/Startseite.html

** Zeit online, „Sinn der Arbeit“ , Patrick Spät http://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-07/gastbeitrag-arbeit-sinn

*** vgl. Karl Marx, Theorien über den Mehrwert, Kap. 4.3, zitiert nach http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1863/tumw/compact/ch04-03.htm „Ein Schauspieler z.B., selbst ein Clown, ist hiernach ein produktiver Arbeiter, wenn er im Dienst eines Kapitalisten arbeitet (des entrepreneur), dem er mehr Arbeit zurueckgibt, als er in der Form des Salairs von ihm erhaelt[.]“

**** Karl Marx, Thesen über Feuerbach, zitiert nach http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_533.htm

100 Tage – 1000 Köpfe

 Ja, ich habe 1000 Köpfe, nicht 1000 Hände geschrieben, liebe Mit-PiratInnen.

Die 100 Tage sind ja bekanntlich die Schonfrist, von Stefan Körner wurden sie ja auch als Nachdenkfrist  für den neuen Bundesvorstand gefordert.

Hände könne applaudieren oder zuschlagen, sie können aber nicht denken. Das Nach-Denken ist aber nötig wenn es wieder vorwärts gehen soll.

Für mich persönlich habe ich einen Fragenkatalog zusammengestellt, mit dem ich mich in den nächsten 93 Tagen beschäftigen werde.

1. Überwachung – hier steht nicht die Frage wer – wen – wann überwacht im Raum, das ist wohl geklärt. Ich werde darüber nachdenken wie ich Menschen für dieses Thema sensibilisieren kann. Einen Versuch, der bei meinen Freunden und Kollegen gut ankam, habe ich schon vor der Bundestagswahl 2013 veröffentlicht.

2. Bildung – die Forderung nach kostenlosem und ungehindertem Zugang steht für mich außer Frage. Ich werde mich also mit dem Thema „Bildung die zum selbständigen Denken führt“ befassen. Was ich meine könnt ihr in der Packungsbeilage lesen.

3. Anti-Diskriminierung – das ist ein Wahnsinnsthema, weil dort die Fragen zu Gender, Rassismus, Deutschtümelei, Anti-Deutschtümelei und noch zu vielen anderen Formen der Diskriminierung hineingehören. Auch hier verweise ich auf mehrere meiner alten Artikel.

4. Arbeitswelt – ein besserer Begriff fiel mir nicht ein. Viele Fragen die über plakative Forderungen nach einem BGE hinausgehen stellen sich dort. Ist Vollbeschäftigung erwünscht, wenn ja – wie wärs mit Verkürzung der Arbeitszeiten für die Vollbeschäftigten? Den Mindestlohn werden wir bekommen, aber er ist nur eine Brückentechnologie. Steht als Ziel ein BGE, wie sieht das aus, was ist dafür erforderlich und wie kommunizieren wir dieses Ziel? Zitat Einstein (sinngemäß): Wenn Du es nicht mit einfachen Worten erklären kannst, dann hast Du es nicht verstanden

5. Verkehrspolitik – hier habe ich die Frage um die es geht bereits gestellt. „Wie ernst ist den Politikern die Forderung nach einer neuen Verkehrspolitik?“ Der Hintergrund für diese Frage ist einfach zu beschreiben. Wenn ein Umstieg auf den ÖPNV und andere Verkehrsmittel – eine Abkehr vom motorisierten Individualverkehr – das Ziel ist, dann hat das für Deutschland weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Das habe ich aber alles schon beschrieben.

Mehr Themen will ich in diesen 93 Tagen nicht behandeln, das sind schon zu viele. Ich will mich in dieser Zeit nicht mit innerparteilichen Querelen in meinem Blog beschäftigen.

Was mir fehlt, ist der Kontakt zu den restlichen 999 Köpfen die sich, abseits von progressiven und regressiven (konservativen) Fremd- und Selbsteinordnungen, lieber mit Themen beschäftigen.

Ich hoffe, dass ich noch einige Menschen finde denen das wichtig ist.

Nahles wird zur Konkurrenz für Merkel,

nicht als Kandidat für das Kanzleramt, aber für den Titel Mutti.

Dazu aber im zweiten Teil. Als erstes eine kleine Betrachtung zu aktuellen Problemen in meiner Partei. Betonung liegt auf meiner, nicht als Eigentumsbegriff – es drückt meine Zugehörigkeit aus.

Ich will aber nur über Themen schreiben und über deren Verlust. Die Hashtags #gates, #BuVo, #Rücktritt überlasse ich den 140-Zeichen-Schreibern auf Twitter, da lässt sich das mit einigen kurzen dreckigen Bemerkungen inkl. dem entsprechenden Hashtag abhandeln.

Leute, wir vergeigen gerade unsere Kernthemen. Schon gemerkt?

Ich erinnere euch an den Januar, da hat der BIM versucht eines unserer Kernthemen, den Datenschutz, zu kapern. Natürlich mit dem kriminellen Drall. Reaktion unsererseits – fast keine. Ach ja, wir hatten ja ein #flaggengate, das war wichtiger. Ich hatte in dem Zusammenhang etwas zur Mitte der Gesellschaft geschrieben. Kritik an diesem Begriff war für einige auf den verschiedenen Plattformen wichtiger als der Drall den der BIM dem Datenschutz gab. Vorher hatten wir bereits das Thema Internet im allgemeinen an Frank Schirrmacher und die FAZ abgetreten. Er ließ Sascha Lobo das Internet kaputtreden und dann E. Morozov und andere dieses wieder flicken. Die Frage der Privatsphäre haben wir längst an Michael Seemann abgetreten, da reagieren wir nur noch. Aber auch das nur manchmal, vereinzelt und zaghaft.

Und jetzt komme ich zum nächsten Kernthema, welches wir erfolgreich vergeigen können. Nicht als solches postuliert, gehört die Bildung, als Grundlage für alle unserer Ziele, dazu.

Warum nun wehrt sich niemand wenn Mutti Nahles die Bildung auf eine rein ökonomische Stufe herabzieht.

„Mutti“ und „herabziehen“ sind wohl zwei Begriffe die einer Erklärung bedürfen. Erstere beruht für mich auf der Tatsache, dass Frau Nahles sich in muttihafter Art bedenklich zeigt, die Kinderlein könnten arbeiten gehen statt lernen – wenn sie Mindestlohn bekämen. Herabziehen sage ich, weil es nicht um die Verbesserung der (Aus)Bildung geht. Es geht einzig uns allein darum, dass jede/r eine wie-auch-immer-Ausbildung machen soll – sonst gibt’s keinen Mindestlohn. Keine Rede davon, dass die Job-Center einigen Jugendlichen empfehlen einen Job zu suchen, um die Zahlungen an deren Eltern minimieren zu können. Nichts davon zu hören, dass unsere Jung-Akademiker sich von Praktikum zu Praktikum hangeln (wenn sie Glück haben), oder Hartz IV beziehen (wenn die Eltern nicht zu viel verdienen). Auch kein ernstzunehmender Vorschlag zu Maßnahmen die verhindern, dass Arbeitgeber diese Ausnahme ausnutzen. Nein, Mutti Nahles ist es wichtig, dass (aus)gebildet wird. Egal wie.

Der Vorschlag eignet sich unter meinen „Freunden(?)“ auf Twitter und G+ hervorragend um „Jugendliche vs. Rentner“ (bin ich der einzige der meint, dass das gewollt ist?) auszuspielen oder sogar den Nazi-Vergleich* zu bringen und die Abschaffung der Schulpflicht zu fordern.

Vielleicht sollten wir Piraten mal die (Aus)Bildungsinhalte und die Qualität der (Aus)Bildung hinterfragen. Wir sollten mal über die Kosten nachdenken, Vorschläge dazu machen und uns auf unsere Grundkompetenzen und Ziele besinnen.

Eines ist für mich aber bei der ganzen Sache wichtig. Der Mindestlohn ist nicht das Gelbe vom Ei, er ist eine Übergangslösung. Aber:

Der Mindestlohn ist nicht verhandelbar!

P.S. Ich meine nicht, dass 16jährige arbeiten gehen sollen. Wenn sie aber egal aus welchen Gründen dies tun, dann sollen sie auch den Lohn bekommen – der für diese Arbeit gezahlt wird. Nicht den für ihr Alter.

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* Es gibt wirklich Leute, die fordern die Abschaffung der Schulpflicht mit dem Argument, dass diese von den Nazis eingeführt wurde und bezeichen den Staat als repressiv, weil er „die Schüler mit bewaffneter Gewalt in die Schule zwingt.“