Der 9. Oktober 1989

und seine Darstellung zum heutigen Lichtfest in Leipzig sind zwei Seiten einer Medaille. Am heutigen Tag wird in Leipzig die friedliche Revolution von 1989 gefeiert und es wird wieder mal auf die Botschaftsflüchtlinge in Prag und die Rolle der damaligen tschechoslowakischen Regierung hingewiesen. Das ist auch richtig und wichtig trifft aber den 9. Oktober 1989 nur am Rande.

An diesem Tag gingen nämlich die Initiatoren und Teilnehmer der Montagsdemonstrationen zwar unter Anderem für die Reisefreiheit der DDR-Bürger auf die Straße, aber die meisten wollten eben nicht die DDR verlassen.

Neben Wir sind das Volk! wurde die trotzige Botschaft an die DDR-Regierung und die Schutz- und Sicherheitsorgane Wir bleiben hier! gerufen. Auch weil diese die Demonstranten mit Ausreisewilligen in einen Topf steckten.

Eine Öffnung der Grenzen für den Reiseverkehr war natürlich erwünscht, aber nicht das erste Ziel.

Freiheit der Rede, Pluralismus und das Ende der totalen, anlasslosen Überwachung durch die o.g. Organe waren wichtiger.

Der Staat und natürlich die führende Partei misstrauten ihren Bürgern. Ohne Ausnahme und ohne konkreten Anlass. Sie misstrauten der Arbeiter- und Bauernklasse, die sie eigentlich repräsentieren sollten.

Von vielen wurden die Flüchtlinge geradezu als nebensächlich für das Erreichen der Ziele betrachtet.

Einen Joachim Gauck oder eine Angela Merkel kannte kein Mensch. Wir hatten kaum personalisierte Helden.

Als der Abend vorbei war und keine Schüsse gefallen waren, fragte mich ein junger Wachtmeister der Bereitschaftspolizei „Haben wir jetzt verloren Genosse?“

Er fragte den Falschen, spätestens seit dem 11.09.1989* (meinem persönlichen nine/eleven) war ich für diese Frage der falsche Ansprechpartner.

Ich antwortete damals ziemlich harsch mit der Gegenfrage ob er lieber auf seine Mitbürger geschossen hätte.

Heute kann ich nur sagen „Ja Genosse Wachtmeister, wir haben verloren.“ Zumindest in einem Punkt.

Wir kämpfen weiter (oder wieder) gegen die totale und anlasslose Überwachung durch „Schutz- und Sicherheitsorgane“. Pluralismus ist auch nicht mehr gefragt und bis die Redefreiheit eingeschränkt wird bedarf es nur noch einiger Schritte.

Der Staat und natürlich die Regierung misstrauen ihren Bürgern. Ohne Ausnahme und ohne konkreten Anlass. Dem Bürger, den sie repräsentieren (sollten).

Aber reisen dürfen wir in die ganze Welt.

Wem das genügt …

* Am 11.09.1989 gab ich ein Schreiben (keinen Ausreiseantrag) ab welches weitreichende Konsequenzen für mein Leben in der DDR hatte. Ich erläutere das hier nicht näher. Ich war kein Held – ich hatte nur genug davon.

Weniger Autos in Leipzig – Die Grünen

Es ist Wahlkampf und DIE GRÜNEN schlagen so richtig zu. Erst der Veggieday und nun für Leipzig die Forderung nach weniger Autos.

Also liebe Grüne, ich bin da ganz bei Euch, mit den Autos.

Weniger aus Umweltgründen, es sei mir verziehen aber ich kenne noch ein Leipzig in dem die Umwelt weit mehr belastet war. Nein, es geht mir um die Frage der Ästhetik (!) und der Ruhe.

Erfreulich waren die Forderungen nach dem Preisstopp für den ÖPNV und nach intakten Fuß- und Radwegen.

Aber das Alles greift m.E. nach zu kurz.

Die grundlegende Frage müsste doch sein „Warum tut sich der Leipziger das an?“

Im Stau stehen, Parkplatzsuche, Parkplatzgebühren usw.

Also mal eine zielgruppenorientierte Analyse machen. Nicht wild auf die Autofahrer einschlagen.

Der  ÖPNV in Leipzig

Für mich ist dieser ein Relikt aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, zumindest die heutige Form. In Leipzig fahren Bahnen und Busse, bis auf geringe Ausnahmen, Strecken die in ebenjener Zeit festgelegt wurden. Grund war die Arbeiter aus den Wohngegenden in die Industriegebiete zu bringen. Heute hat sich aber die Struktur geändert. Industriegebiete, z.B. Leipzig-Plagwitz, sind Wohngebiete und die Leute die dort wohnen müssen Strecken fahren, an die die Organisatoren des ÖPNV aus den 20er Jahren nicht gedacht haben. Das bedeutet mehrfaches Umsteigen und somit lange Fahrzeiten.

Auch die Fahrplanstruktur ist aus dieser Zeit. Alle wollen Service, Einkaufen bis 22.00 Uhr, Hotlines die rund um die Uhr besetzt sind und feiern bis der Arzt kommt.  Das aber 7 Tage die Woche. Die Verkäuferin, der Mitarbeiter im Call-Center, Kellner, Koch und Andere, aber auch der Feiernde kommen somit in den Nachtfahrplan. Da ist Schluss mit Lustig. Da hilft auch kein geringerer Preis. Da fährt man, so man kann mit dem Auto.

Es geht hier auch nicht um die Verweigerung des Radfahrens, viele tun es und viele können es nicht.

Aber der Preis des ÖPNV, ich gebe Euch Recht – er ist eine Zumutung. Gut, ich habe Fahrrad und Monatskarte, aber was ist mit dem Gelegenheitsfahrer oder Besucher unserer Stadt?

Will eine 4köpfige Familie, die über Markkleeberg anreist, in die City dann kostet die Tages-Familienkarte 17,50 €. Da kann man auch durchfahren und ins Parkhaus. Rechnerisch vielleicht grenzwertig, aber ich muss ja in Markkleeberg einen Parkplatz suchen. Warum gibt es keinen bewachten Parkplatz, gekoppelt mit der Tageskarte?

Das Einkaufen per ÖPNV ist auch so eine Sache. „Tante Emma“ ist tot, das wird sich auch nicht ändern. Man hat ja immerhin schon wieder Supermärkte in Wohngegenden gebaut – ein Anfang. Aber was ist mit dem ÖPNV? Beispiel „Kaufland“ Georg-Schumann-Str., dort fährt die Bahn – vorbei. Gut, nur 200m, aber dann eine Fußgängerampel am „falschen“ Ende der Haltestelle, oder ein „wilder Übergang“ am richtigen Ende. Ein schmaler Fußweg, in grauenhaftem Zustand, mit einer weiteren Überquerung einer Straße, die nur bedingt tauglich ist um einen „Hawazuzie“* zu benutzen. Und wenn man Pech hat, kommt als Nächstes die Straßenbahn mit Hocheinstieg. Ach, ich vergaß, wenn man in die falsche Richtung will, dann sind es 100m mehr und es sind 3 Straßen zu überqueren. Vielleicht würde doch der Eine oder Andere mehr mit der Bahn hinfahren, wenn die Haltestelle davor wäre. Natürlich nur, wenn auch von der Zielhaltestelle bis zum Haus ein „unfallfrei zu begehender“ Fußweg wäre. Aber da sind wir ja beieinander.

Dies nur mal als Beispiele für die Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV. Natürlich gehören auf einigen Strecken kürzere Zugfolgen dazu. Aber auch die Ausstattungen von Bahnen und Bussen ist ein Problem. Wenn bei beim heutigen „Design“ noch mehr Leute mit Taschen und „Lastenträgern“* dazu kämen, dann wäre „Schicht im Schacht“.

Wie gesagt, ich fahre Fahrrad oder ÖPNV, nicht aus ideologischen Gründen oder Begeisterung. Aber ich bin 30 Jahre lang alles mit dem Auto gefahren, aus den o.g. Gründen und kann jeden verstehen der das tut.

Ein kleiner Einwurf noch zur anfangs erwähnten Ästhetik. Mich stören die voll gestellten Straße und die Blechlawinen – es ist unschön.

Hier hilft aber kein Lärm- und Luftreinhalteplan. Anwohnerparken, Schaffung von Parkflächen für Anwohner wäre ein erster Schritt. Gekoppelt mit echter Attraktivität des ÖPNV würde vielleicht auch der Eine oder Andere zumindest auf den Zweitwagen verzichten.

* Hawazuzie und Lastenträger, damit sind Einkaufswagen gemeint, natürlich nicht die vom Supermarkt.