Jugendparlament – Chance für die Bildung

Am 16. Juli 2014 stimmte der Leipziger Stadtrat über die Beschlussvorlage „Grundsatzbeschluss Jugendparlament“ (Drucksache Nr. V/3745) ab. Die Einrichtung eines Jugendparlaments ist jetzt beschlossene Sache. Das Regelwerk mit Beirat und Online-Wahl ist kompliziert und mag in Teilen strittig sein (vgl. Artikel im Weltnest) aber ein Jugendparlament ist für die politische Teilhabe der jungen Leipziger, im Alter zwischen 14 und 21 Jahren, ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Was fehlt mir persönlich noch?

Ich wünsche mir ein Jugendparlament, welches nicht ausschließlich der verlängerte Arm der Parteien und ihrer Jugendorganisationen ist.

Der erste Schritt dazu wäre die Integration der Arbeit des Jugendparlaments in den Unterricht an den Leipziger Bildungseinrichtungen.

Dafür gibt es auch prädestinierte Unterrichtsfächer, etwa Gesellschaftskunde. Die Vorrausetzung ist,die entsprechenden Fachlehrer weiterzubilden und zu informieren sowie die Lehrpläne anzupassen.

Ich bin mir dessen bewusst, dass trotz solcher Maßnahmen die Zusammensetzung des Jugendparlaments wahrscheinlich die Parteienlandschaft widerspiegeln wird.

Es ist aber eine Chance, den Leipziger Jugendlichen die Möglichkeiten aufzuzeigen wie sie Einfluss auf politische Prozesse nehmen können und sie an Politik heranzuführen.

Diese Möglichkeit sollten wir nutzen.

 

Katholikentag 2016 in Leipzig

Dr. Heiner Koch, Bischof von Dresden-Meißen, hat im Novemer 2013 die deutschen Katholiken für 2016 nach Leipzig zum 100. Katholikentag eingeladen. Dagegen ist nichts einzuwenden.

Einwände habe ich allerdings gegen die im Juni 2014 erhobene Forderung nach Beteiligung der Stadt Leipzig an den Kosten des Katholikentages mit dem Betrag von 1.000.000 Euro.

In Leipzig werden seit Jahren Gelder für kulturelle Projekte gestrichen bzw. gekürzt und das Event einer reichen Religionsgemeinschaft soll aus der klammen Stadtkasse gefördert werden? Der Betrag von einer Million Euro könnte einige Kulturprojekte am Leben erhalten.

Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat ist, wie zu erwarten, für die finanzielle Beteiligung und lässt die Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla Argumente vortragen. Frau Kudla vergleicht hier die Katholikentage Mannheim 2012 und Leipzig 2016 – die Grünen springen leider auf diese Argumente an.

Wenn die Zahlen von Mannheim 2012 zu Vergleichszwecken herangezogen werden, dann wird zumindest Verschleierungstaktik betrieben. 2014 fand schließlich der bisher letzte Katholikentag in Regensburg statt und für diesen liegen die Zahlen für die Finanzierung vor. Ein Vergleich der Zahlen bietet sich an. In Regensburg stellte die Stadt 1,0 Mio. Euro, der Freistaat Bayern 1,6 Mio Euro zur Verfügung. In Leipzig soll die Stadt 1,0 Mio, der Freistaat Sachsen 3,0 Mio Euro einbringen.

Die Akzeptanz des Einsatzes städtischer Mittel zur Finanzierung eines Katholikentages in Leipzig stellt sich schon aus Gründen der Religionszugehörigkeit der Leipziger Einwohner anders dar als in Regensburg. Die Regensburger Bevölkerung ist zu ca. 60% katholisch, in Leipzig sind es zwischen 4 und 5%.

Leipzig kann und darf ein kultrelles Event fördern, das steht außer Frage. Dafür sollte aber erst einmal ein Veranstaltungsprogramm vorliegen, welches auch für die Nichtchristen in Leipzig akzeptabel ist.

Die Aussage von Frau Kudla „Gerade in der Stadt der Friedlichen Revolution ist es gut, christliche Themen wieder in den Vordergrund zu rücken.“ lässt darauf schließen, dass es sich um eine missionarische Veranstaltung handelt. Für eine solche ist eine Forderung nach Beteiligung der Stadt geradezu absurd zu nennen.

Ich denke, Leipzig wird auch ohne den Zuschuss von 1.000.000 Euro den katholischen Menschen ein großartiger Gastgeber sein. Möglicherweise werden sich auch konfessionslose oder andersgläubige Leipziger an Spendenaktionen für kulturelle Veranstaltungen zum Katholikentag beteiligen. Bei meinem Einspruch gegen die Finanzierung geht es nicht gegen Menschen katholischen Glaubens, es geht mir um Widerspruch gegen die Finanzierung einer missionarischen Veranstaltung.

Wenn Menschen, ob nun katholisch oder nicht, für Menschlichkeit und Frieden eintreten, dann bin auch ich als Pirat dabei.

 

 

Diskriminierung geht uns alle an.

Keine Angst, ich mache nicht den Prof. Stefanowitsch. Ich möchte über Sprache und Diskriminierung zwar schreiben, habe aber am Ende eines Artikels immer noch Kommata übrig, die Anatol nutz- und gewinnbringend einsetzen könnte. Das ist jetzt kein Angriff auf A.S., den ich trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten schätze.

Mein Thema ist auch weder die Diskriminierung wegen Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Dazu habe ich bereits geschrieben.

Wer es gelesen hat, der erinnert sich vielleicht an den 2. Teil meiner Gedanken zum „Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum“ in Leipzig. Da ging es um den Fußverkehr und ich schrieb:

Die Gehwegsanierung, sollte sie nicht zu einer großräumigen „absoluten Flächenversiegelung“ führen, ist bedingt durch die Pflasterarten nur mit manpower durchführbar. Die in Leipzig überwiegend vorhandenen Pflasterarten auf Gehwegen lassen nur eine Teilmechanisierung der Arbeiten zu.

Ich bekam auch von einem Bekannten ein Feedback zu diesem Satz. Es lautete „Da können sich die Hartzer mal nützlich machen.“

Bevor ich darauf eingehe, eine kleine Anmerkung.

Steinsetzer oder Pflasterer machen heute coole Dinge. Ob nun die Garageneinfahrt für den Benz oder den Gehweg zum Einfamilienhaus, da wird für diese Handwerksarbeit richtig Geld ausgegeben und das Ergebnis wird bewundert. Man unterhält sich sogar mit ihnen – sie werden als „Kreative“ betrachtet.

Wenn nun aber die ersten kniend die ca. 8×8 cm großen Pflastersteine unserer Gehwege entfernen, den Untergrund planen und dann die Steine wieder einsetzen würden, dann würden die meisten Passanten wohl ebenso reagieren wie mein Bekannter. „Unterqualifizierte Arbeit für Doofe“ wäre wohl eine mögliche Bezeichnung. Also genau das Richtige für die „Hartzer“.

Hier fängt Diskriminierung an; durch Sprache und den Sinn, in dem wir sie verwenden.

Der „Handwerker“ arbeitet mit den Händen – im Kopf muss er nicht viel haben. Der „Dienstleister“ ist ein Diener im feudalen Sinne. Ob er überhaupt denkt ist fraglich und wenn, dann interessiert es fast niemanden. Schlussendlich der Hartzer, der entspricht in Kopf und sprachlicher Verwendung dem Niveau einiger Privatsender.

Das sagt etwas über die gebildete(?) und fortschrittliche(?) Gesellschaft aus!

Vielleicht sollten wir mal einen Schritt zurück (oder vorwärts) gehen und die Arbeit die jemand erledigt unter dem Aspekt des gesellschaftlichen Nutzens sehen. Ehrlich, dann wäre mancher coole Beruf im Ansehen deutlich unter dem Handwerks- oder Dienstleistungsberuf angesiedelt.

Bevor ihr mich schlagt, eine Anmerkung zum „Nutzen“. Ich gehöre zu den wenigen in meinem Umfeld (beruht auf Beobachtung), die, wenn sie am Morgen aus dem Haus kommen, den Straßenkehrer grüßen. Sein „Nutzen“ für mich ist ein persönlicher. Ich würde nämlich in unser aller Dreck ersticken – wenn er seine Arbeit nicht machen würde. Seine Arbeit ist wichtig für mich, da hat er auch Anspruch auf Achtung und Freundlichkeit.

Am Ende natürlich etwas zur Bildung. Es würde ja etwas fehlen, wenn ich nicht darauf kommen würde.

Im Gegensatz zu früheren Zeiten hat das Ganze nämlich nichts mehr mit „gebildet“ und „ungebildet“ zu tun. Wir wollen doch keine Bildung, die nur eine Vorbereitung auf das Berufsleben ist, oder?

Was spricht eigentlich gegen einen hochgebildeten Pflasterer?

Unser Bild im Kopf, unsere Verwendung von Sprache und daraus resultierend eine gesellschaftliche Missachtung. Das ist das einzige, was dagegen spricht.

Also Diskriminierung, zumindest sehe ich das so.

P.S. Eine Frage steht noch. Wenn wir Menschen auf Grund ihres ausgeübten Berufs diskriminieren, wie wollen wir dann die anderen Diskriminierungen abschaffen?

P.P.S. Wie wollen wir eigentlich die Versäumnisse der letzten -zig Jahre aufarbeiten, wenn wir die Menschen die wir dazu brauchen diskriminieren?