Freiheit ein Euphemismus

Die Freiheit, die ich meine“ schrieb Max von Schenkendorff 1813 und hier beginnt schon mein Zweifel. Schrieb er wirklich „meine“ in der Bedeutung von „Meinung“, oder schrieb er „minne“ in der Bedeutung von „Die Freiheit, die ich liebe“?

Aber das nur nebenbei, es geht mir hier um die Begriffe „Freiheit“, „frei“ und die Ableitungen aus dem französischen Wort „Liberté“ – also Liberalismus und liberal.

In einem Gespräch wurde ich letztens gefragt, was eigentlich mit Neoliberalismus gemeint sei. Als ich sagte der Begriff sei ein Euphemismus musste ich erklären, was das nun wieder ist.

Also schreibe ich es hier mal auf.

Freiheit und frei

Wir gebrauchen die Worte gern um Werte zu beschreiben, so in Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Freihandel oder auch für andere Aussagen wie Freibier. Gemeint ist immer „frei von Einschränkungen“, im Falle Freibier natürlich „frei von der Pflicht es zu bezahlen“.

Euphemistisch wird die Verwendung des Begriffes allerdings, wenn wir anfangen den Begriff „Meinungsfreiheit“ so auszulegen, dass jeder Mensch das Recht auf seine Meinung hat (was richtig ist) und das Recht auf „Widerspruchs-Freiheit“ besteht. Schlimmer wird es noch, wenn das „Recht auf Verteidigung der Meinung mit allen Mitteln“ eingefordert wird. Das ist dann das Ende des Diskurses, der Demokratie und auch der Freiheit.

Also gibt es entweder Meinungsfreiheit für alle oder Un-Freiheit. Rosa Luxemburg hat das in ihrem, leider meist verkürzt zitierten, Ausspruch auf den Punkt gebracht.

Freihandel

Dem Thema widme ich einen eigenen kurzen Absatz, ich habe es 2014 bereits ausführlich beschrieben. Das Wort ist ein Euphemismus, da es immer die Freiheit für den ökonomisch und auch militärisch Stärkeren beschreibt. Ob in den Opiumkriegen oder bei TTIP – es werden Interessen von Staaten oder Konzernen mit dem Wort „Frei“ umschrieben. Es geht nicht um den freien gleichberechtigten Handel zwischen Partnern. In diesen Kontext gehört auch die viel beschworene „Freiheit des Marktes“, die in der Endkonsequenz einen brutalen Verdrängungswettbewerb (besser wäre Kampf) fordert.

Liberalismus und liberal

In Deutschland gibt es eine Partei die sich „Freie Demokratische Partei“ (FDP) oder auch „Die Liberalen“ nennt. Laut dem Namen müssten also alle Menschen die die Freiheit wollen dieser angehören oder sie wählen. Da aber der Name nicht dem Programm entspricht, kann man ihn nur als Euphemismus bezeichnen. Diese Partei vertritt den Wirtschafts-Liberalismus, also die oben beschriebene „Freiheit des Marktes“. Dazu gehört die „Liberalisierung des Arbeitsmarktes“, die gleich doppelte Freiheit verspricht. Zum einen die Freiheit des Arbeitnehmers dorthin zu gehen wo er hin will – wenn man ihn dort nimmt – oder zu Grunde zu gehen. Zum anderen umschreibt der Begriff die Freiheit der Arbeitgeber von (fast) jeder Verantwortung für ihre Beschäftigten.

Die Umsetzung dieser „Freiheit“ überließ man aber gern der Arbeiterpartei SPD, die mit den HARTZ IV-Gesetzen die Liberalisierung des Arbeitsmarktes durchführte. Das führte zu einer Verminderung der Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig wuchs der Niedriglohnsektor überproportional.

Die Freiheit, die diese Liberalen meinen, ist „frei von staatlichen Beschränkungen“ und wird gern mit dem Euphemismus „Neoliberalismus“ bezeichnet.

Neoliberalismus

Ist der oben beschriebene Wirtschafts-Liberalismus ein Vertreter des freien Marktes, so steht der Neoliberalismus für die quasi Abschaffung des Staates in der Daseinsvorsorge für die BürgerInnen. Nicht allein die Partei des Namens „Die Liberalen“, auch andere Politiker stimmen in diesen Chor ein, voran der Wirtschaftsminister Peter Altmeier der in einem Spiegel-Interview sagte

„Der Staat ist ein lausiger Unternehmer.“

Wobei ein weiterer Euphemismus ins Spiel kommt, nämlich die Zuschreibung einer Qualifikation namens „Wirtschaftskompetenz“ für Politiker und Parteien. Dieser Begriff bedeutet nicht, dass die als solche bezeichneten ein Unternehmen erfolgreich führen könnten, oder in der Lage wären den von Altmeier geschmähten Staat zu verbessern. Er beschreibt nur die Fähigkeit den verbliebenen staatlichen Sektor meistbietend zu veräußern und somit Unternehmen größtmöglichen Profit, ohne Verantwortung für die Gesellschaft, zu garantieren.

Der Neoliberalismus und seine Vertreter werden gern und oft als konservativ beschrieben, was ebenso euphemistisch ist.

Konservativ

Das schöne Wort konservativ kommt vom lateinischen conservare „erhalten“, – was im Wortsinne mit haltbar machen und aufbewahren in Verbindung gebracht werden kann. Die gesellschaftspolitische Bedeutung ist allerdings „rückwärts gewandt“ – schade eigentlich, das Wort sagt viel mehr aus.

Ich sehe hier immer meine Oma vor mir, wie sie Erdbeeren, Kirschen, Apfelstücke und vieles andere zum Einkochen (das ist eine Form des Konservierens) vorbereitete. Wichtig war, das lernte ich schon als Kind, dass nur die besten Früchte oder Stücke verwendet wurden. Alles was beschädigt oder angefault war wurde sofort verzehrt oder entsorgt. Konservative Politik hätte für sie bedeutet, dass die Politiker den Zustand in dem sie sich am wohlsten gefühlt hatte erhalten oder wiederherstellen .

Die konservativen Politiker behaupten, sie würden „bewahren“ was sich als gut und nützlich für die Gesellschaft erwiesen hat. Sie sind aber nur selektiv konservativ. Sie wollen nicht das Bewahrenswerte für die Gesellschaft erhalten, sie wollen konservativ die Politik des Neoliberalismus fortsetzen. Sie führen eine Politik fort, die zum Ansteigen der Unternehmensgewinne bei gleichzeitigem (teilweise gefühlten) Absinken des Lebensniveaus großer Teile der Bevölkerung geführt hat.

Fazit

Im politischen Diskurs (so dieser geführt wird) ist Worten nicht zu trauen. Begriffe wie Freiheit, Liberalismus und Konservativismus umschreiben oft euphemistisch das Gegenteil.

Es wird Zeit für eine Rückkehr zur richtigen Verwendung der Begriffe.

Eine Anmerkung noch. Der Begriff „Alternative“, zumindest wie er heute von der Partei gleichen Namens gebraucht wird, ist kein Euphemismus. Er drückt präzise aus was er meint. Eine Alternative zum demokratischen Staat, zur freien Gesellschaft und zum Rechtsstaat – in der Ausprägung „Gleiches Recht für alle“ – bzw. einfach zu den Menschenrechten.

Bildnachweis:

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Worte, nichts als Worte – heute „Heimat“

Das Wort „Heimat“ ist zu einem Kampfbegriff zwischen links und rechts geworden – beide Seiten blamieren sich da gerade. Die linke Seite leider mehr.

Nachfolgend ein typischer Dialog zwischen K, also einem Konservativem (rechtem), und P, also einem Progressivem (linkem), Teilnehmer. Zuhörer sind Hans Franz und Lieschen Müller (vulgo: die politisch weniger interessierte Mitte der Gesellschaft).

Grundsätzlich zum Wortbegriff „Heimat“, die Definition der Gebrüder Grimm, also eine konservative Definition, lautet:

heimat, das land oder auch nur der landstrich, in dem man geboren ist oder bleibenden aufenthalt hat

Dialog:

K: „Wir müssen unsere Heimat schützen! Ausländer haben hier nichts zu suchen!“

P: „Verdammter Nazi, Heimat ist ein nationalistischer Begriff!“

Hans Franz und Lieschen Müller stehen daneben und stimmen dem Konservativen zu – weil sie ihre Heimat lieben.

Keine Pointe.

Was läuft hier falsch?

K will nicht, dass der Zuwanderer (egal ob nun Flüchtling oder aus anderen Gründen zugewandert) in seinem Land „bleibenden Aufenthalt“ nimmt und es zu seiner „Heimat“ macht. Übrigens, das würde bedeuten: sie wird zur gemeinsamen Heimat von K und dem Zuwanderer.

P müsste also, damit Hans Franz und Lieschen Müller ihn verstehen, darauf eingehen und seine Ablehnung des konservativen Heimatbegriffs begründen. Dieser beschränkt sich auf „in dem man geboren ist“ (s.o), eigentlich aber auf den Begriff „Vaterland“ oder „Land meiner Väter“.

Statt dessen lehnt P den Begriff in Bausch und Bogen ab und raubt somit vermeintlich Hans Franz und Lieschen Müller ihre Heimat.

Ich würde lieber, ganz konservativ und dem christlichen Ideal gemäß, darum kämpfen:

„Den Heimatlosen eine Heimat zu geben“

als immer wieder um die dümmliche Ablehnung eines Begriffs.

Vielleicht würden Hans Franz und Lieschen Müller das besser verstehen, oder?

Stellt euch vor, der Heimat-Minister müsste für diese „Heimat“ eintreten.

Bildnachweis: CCO Creative Commos by geralt – Thank you

Tom Clancy ist tot

und SPON ist mir mit dem Nachruf zuvor gekommen. Macht nichts, mein Nachruf ist ein anderer.

Dass er Antikommunist war spielt für mich die geringere Rolle und offensichtliche Fehler im SPON Text, wie der Bezug auf „Ehrenschuld“ mit einem Drogenhändler jagenden John Clark (in dem Buch hieß er noch Kelly) der eigentlich zu „Gnadenlos“ gehört, ignoriere ich gelassen.

Ehrenschuld“ ist eher bekannt dafür, dass sich vor 9/11 ein japanischer Pilot mit seinem Flugzeug ins Kongressgebäude stürzt.

Was ist aber das Wichtigste für mich persönlich an Clancys Werk?

Wer meine früheren Artikel gelesen hat, der weiß es vielleicht. Ich habe mich ja bereits des Öfteren auf ihn bezogen.

Clancy prägte, mit Jack Ryan (Marine), John Clark (Seal), Portagee (Coast Guard), Chaves (LI) und vielen anderen seiner Helden, das heute US Serien immanente Heldenbild.

Sehen wir uns diese Serien an, dann finden wir den ehrlichen Amerikaner und Gesetzeshüter meist mit militärischem Hintergrund. Und dieser ist bevorzugt, wie bei Clancy,  beim USMC.

Aber auch das heutige Thema der Datensammlung und Verarbeitung zur Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung beginnt schon in den frühen Büchern. So bei „Red Rabbit“ wo Clancy ausführlich die  Datenverarbeitungszentren der UdSSR und USA Geheimdienste behandelte. Gut, dort ging es noch um den kalten Krieg, aber das setzt sich auch nach dem von ihm übersprungenen Zerfall des Ostblocks fort.

Sein Jack Ryan, der aufrechte US Amerikaner geht nach dem Marine Corps in die Privatwirtschaft, wird reich und entschließt sich das Geldverdienen zu beenden und eine Lehrtätigkeit aufzunehmen. Als die patriotische Pflicht ihn ruft geht er zur CIA und bringt es bis zum Präsidenten. Obwohl stock konservativ holt er sich natürlich Underdogs in seine Regierung – keine Politiker, nein Praktiker. Merke: nur Konservative beherrschen das. Die Progressiven sind immer schöngeistige und natürlich feige Politiker. Hier als Beispiel eine Figur aus „Das Echo aller Furcht“, die Sicherheitsberaterin Elisabeth Elliot.

Auch in seinem Spätwerk* ließ Clancy nichts zu wünschen übrig. Da wird die Überwachung der Welt gleich in private Hände, letztendlich natürlich die von Jack Ryan, gelegt. Grund dafür ist, dass nach Ryan natürlich wieder ein Demokrat Präsident wird. Der fährt die Geheimdienste zurück, reduziert das Militär und kämpft lieber mit Drohnen.

Fazit, die Welt von Tom Clancy funktionierte nur durch konservative patriotische US Amerikaner, starke US Streitkräfte und den allwissenden Geheimdienst.

Tom Clancy fasste das Ganze nun in spannende Handlungen und hatte so viel literarisches Talent, dass die Bücher durchaus lesenswert sind.

Bedenklich ist aber, dass sie eine Botschaft transportieren.

Die Botschaft könnte man banal so formulieren:

Aufrechte und ehrliche Männer und Frauen werden beim Militär geformt.

Die USA sind der Garant für Frieden und Freiheit in der Welt.

Die Geheimdienste wollen nur das Beste für Euch.

Demokraten sind feige Schwätzer.

Trotzdem habe ich seine Bücher mit Vergnügen gelesen.

* Die weitern Bücher sind hier mit gemeint.