Die Griechische Anmaßung

Wenn man die heutige Ausgabe der BILD* (ich wage es nicht „Zeitung“ zu schreiben) sieht, dann muss man einfach die griechische Linke für ihre Anmaßung verfluchen. Die armen Deutschen sollen ja schließlich jetzt alle Geschenke der griechischen Linken an ihr Volk bezahlen. Dabei hatte doch die BILD bereits 2010 die Lösung mit „Verkauft doch eure Inseln – Ihr Pleite-Griechen“ präsentiert. Die Griechen haben das nicht gemacht, hätten sie doch auf die BILD gehört.

Zugegeben, ich bin auch irritiert über die Koalitionsbildung von Syriza und ANEL. Ich denke aber, dass Alexis Tsiparas sich etwas dabei gedacht hat. Weitere Ausführungen zu der Koalition will ich nicht machen, die Parteienlandschaft in Griechenland ist für mich terra incognita, es wäre also anmaßend zu urteilen.

Zurück zur BILD und den Kosten für ein griechisches Experiment, welches darin bestünde den aufgezwungenen Sparkurs aufzukündigen und in Griechenland Politik für die Menschen zu machen.

Was wollen Alexis Tsiparas und die Syriza eigentlich? Sie wollen den alten Filz aus Vetternwirtschaft und Korruption beseitigen und das griechische Sozialsystem und die Wirtschaft retten.

Griechenland ist am Boden, finanziell und wirtschaftlich, und das schon seit Jahren. Ich schrieb bereits 2011 mehrfach zu diesem Thema. Eine Aufzählung der Gründe für den damaligen Zustand ist unnötig weil Korruption, Verschwendung und ähnliches allgemein bekannt sind.

Schlimm ist, was danach passierte. Es wurden Milliarden nach Griechenland gepumpt und ein Sanierungsplan durch die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF durchgesetzt. Das klingt erst einmal gut, aber es ist alles Andere.

Das Geld wurde zur Sanierung der Staatsfinanzen verwendet was bedeutet, die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates nach außen wurde damit gewährleistet. Das Geld ging letztendlich an Finanzinstitute.

Der Sanierungsplan ist ein Sparplan mit dem Kontext „Sparen, koste es was es wolle“ und es hat viel gekostet. Richtig ist, die aus dem Ruder gelaufene Bürokratie wurde gestutzt, was auch nötig war. Aber es wurden Ausgaben für Soziales auf ein Minimum zurückgefahren. Ob Gesundheitswesen, Bildungswesen, soziale Absicherung im Alter – alles liegt am Boden. Der Kreislauf ist logisch: Massenhafte Entlassungen mit minimalem Arbeitslosengeld in den genannten Bereichen senken die Kaufkraft, was sich wieder auf die Beschäftigung in anderen volkswirtschaftlichen Bereichen auswirkt. Das führt zu weiteren Entlassungen und so weiter…

Dazu kamen Verschärfungen in der Steuergesetzgebung, diese waren notwendig weil die alten Regierungen mit ihrer Klientelpolitik die Steuereinnahmen permanent reduziert hatten. Aber eine Immobiliensteuer in einem Land mit hohem Anteil an Wohneigentum einführen, das ist ein Risiko wenn die Immobilienbesitzer kein Einkommen mehr haben. Das Resultat aus dieser Steuer ist eine weitere Verelendung der Bevölkerung.

Besonders absurd ist hier die Rolle von Jean-Claude Juncker, dem Präsident der Europäischen Kommission, der bereits vor der Wahl einer neuen griechischen Regierung sagte:

„Ich denke, die Griechen wissen sehr genau, was ein falsches Wahlergebnis für Griechenland und die Euro-Zone bedeuten würde“

Auch nach der Wahl der Syriza als Regierungspartei und den damit anstehenden Neuverhandlungen mit der EU bleibt Juncker hart und besteht auf der Erfüllung der Troika-Forderungen. Wenn ich absurd schrieb, dann meinte ich zum Ersten, dass Juncker in seiner EU-Funktion dem Volk eines EU-Staates droht und versucht ein Wahlergebnis zu beeinflussen. Zweitens ist Herr Juncker, als ehemaliger Premierminister von Luxemburg, in erheblichem Maße dafür verantwortlich, dass die Steuereinnahmen der EU-Staaten zurückgehen. Er war an der Schaffung des Steuerparadieses Luxemburg maßgeblich beteiligt.

Genug der Schuldzuweisungen für die verfahrene Situation in Griechenland. Wie soll es nun weitergehen?

Auch wenn ich das Spardiktat der Troika, im Politik-Sprech Sanierungsplan, nicht wie Gregor Gysi mit dem Versailler Vertrag gleich setzen will, seine Forderung nach einem Marshallplan für Griechenland erscheint mir vernünftig.

Fazit:

Die Konsolidierung Griechenlands kostet Geld, da führt kein Weg dran vorbei. Bleiben die EU und ihre Kommission bei dem derzeitigen Konzept, dann wird es noch teurer. Wenn die EU Griechenland erpresst, zu Boden spart und dann fallen lässt, dann hat sie den Namen Union nicht verdient.

* Die Titelseite der Print-Ausgabe ist online leider nicht verfügbar, der Screenshot ist von Kai Diekmann auf Twitter gepostet worden. Somit sollte es keine Urheberrechtsprobleme geben.

Spielschulden sind Ehrenschulden? – oder Griechenland und die Volksabstimmung

Die wenigen Leute, die mein Blog lesen, können sich vielleicht noch an meine Überlegungen zum Thema „Wo ist das Geld“ erinnern. Hintergrund der ganzen Geschichte war ja die Euro-Krise die, mit der Verlautbarung der griechischen Regierung über eine geplante Volksabstimmung, eine neue Qualität erreicht hat.

Also der Abschluß meiner damaligen Überlegungen war, dass es gar kein Geld gibt, wir würden nur daran glauben. Also Geld = Vertrauen, oder auch nicht.

Betrachte ich nun die Krise in Griechenland, den Rettungsschirm und die Absicht eine Volksabstimmung über die Annahme der Hilfe durchzuführen, dann muss ich sagen „Hut ab!“.

Zurückgehend auf meine damaligen Überlegungen also erst mal die Frage „Was verlieren oder gewinnen die Banken beim Schuldenschnitt?“

Sie verlieren Geld. Das ist falsch, denn sie haben nie welches gehabt. Eine Eigenkapitalquote von 9% wird angestrebt. Sie hatten also weniger. Viel weniger. Der Rest war geliehen – bei anderen Banken – die genauso nichts hatten.

Sie verlieren Vertrauen. Das ist richtig, allerdings nicht das Vertrauen der Sparer, sondern das Vertrauen in das System. Wenn jeder weiß, dass kein Geld im System ist, dann funktioniert es eben nicht mehr.

Was gewinnen die Banken im Falle des Schuldenschnitts? Eine griechische Staatsanleihe über 1 Mio € ist zur Zeit eigentlich nichts wert. Wird ihnen diese also mit 50% garantiert, dann gewinnen sie 500 000 €.

Was ist nun aber mit der Volksabstimmung? Das griechische Volk muss darüber abstimmen, ob es für die Garantiezahlungen an das Finanzsystem auf seine fiskalische und staatliche Souveränität verzichtet und harte Jahre vor sich hat.

Oder ob sie ihre Souveränität behalten und harte Jahre vor sich haben.

Es ist zwar alles nicht ganz so einfach wie ich es hier schreibe. Aber irgendwie läuft es darauf hinaus.

Wer nun aber beweisen kann um welches Geld es nun wirklich geht, ich meine hier nicht einen virtuellen Vertrauensvorschuss, der hat nach meiner Meinung den nächsten Nobelpreis für Wirtschaft verdient.

Der Begriff Spielschulden in der Überschrift bezieht sich auf den mehrfach erwähnten älteren Artikel.

Haircut und nun?

Wie so viele habe ich auch heute schon die neuesten Meldungen von der „Finanzfront“ der EU gelesen.

Mal ehrlich gesagt, ich verstehe es nicht. Bei G+ habe ich schon einen Hilferuf abgesetzt, den ich nun auch hier etwas ausführlicher verfassen möchte. Aber erst mal der Originaltext von 07.09 Uhr. Es geht um den Artikel aus der FTD.

Muss ich nun Finanzen oder Politik studieren um das zu verstehen?

1. Die privaten Gläubiger Griechenlands verzichten auf 50 Prozent ihrer Forderungen, um eine Pleite des Landes abzuwenden.
2. Die 50 Prozent Verzicht auf den Nominalwert ihrer Forderungen entspricht rund 100 Mrd. Euro…
3. Die Euro-Staaten werden zur Absicherung der Privatgläubigerbeteiligung rund 30 Mrd. Euro beisteuern,…
4. Zudem stellen die Staaten noch einmal bis zu 100 Mrd. Euro bis 2014 zur Rettung Griechenlands bereit.

Fazit:Sollte die Summe von 100 Mrd. Euro Privatbeteiligung tatsächlich zusammenkommen, reduziert sich aber nicht automatisch die Staatschuld um diese Summe. Das erklärt sich wie folgt: Angaben aus EU-Kreisen zufolge halten griechische Banken und anderen Investoren rund 50 Mrd. Euro an griechischen Staatsanleihen. Wenn sie einen Schnitt von 50 Prozent hinnehmen müssen, brauchen vor allem Banken frisches Kapital. Das aber kommt wiederum von staatlicher Seite, was die Schuldenquote wieder erhöhen würde.

Die Banken und Gläubiger halten also 50 Mrd. griechische Staatsanleihen, verzichten auf 50 % – diese sind 100 Mrd. wert, die Staaten schießen nochmals 130 Mrd. zu (bis 2014) und das reicht nicht.

Finanzmathematik, Politikmathematik – Wer findet den Fehler?

Wie schon gesagt, diese Art von Mathematik ist mir fremd, logisch ist sie auch nicht so richtig.

In der FAZ wird die Verschuldungssumme Griechenlands nicht erwähnt, aber interessant ist hier schon mal der Satz:

Die Euroländer mussten handeln, da Griechenlands Schuldenlast nicht mehr tragfähig war. Es dürfte 2012 nach Prognosen eine Staatsverschuldung von rund 170 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen – das ist Rekord in Europa. Als tragfähig gilt ein Wert von 120 Prozent – bei einer funktionierenden Regierung.

Ich nehme nun mal an, dass hier die Gesamtverschuldung gemeint ist. Trotzdem frage ich mich, wie sich das mit der folgenden Festlegung verträgt.

Im Stabilitäts- und Wachstumspakt ist konkret geregelt, dass Staaten die Höhe ihres jährlichen Haushaltsdefizits auf 3% ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) und den Stand ihrer öffentlichen Verschuldung auf 60% ihres BIPs begrenzen müssen. (Quelle Wikipedia)

Wenn 120% tragfähig wären, dann hätte die EU doch wohl nicht auf 60%, also auf die Hälfte, begrenzt. Diese Begrenzung muss doch einen Sinn gehabt haben.

Aber ich will das gar nicht weiter ausdehnen. Wie gesagt ich verstehe es nicht, schon gar nicht von der mathematischen Seite her.

Eines noch, im FAZ-Artikel steht zu lesen:

Um gefährdete Staaten wie Italien und Spanien aus dem Fokus der Finanzmärkte zu nehmen, zieht die Eurozone eine Art Schutzwall hoch. Anleihen von Staaten mit beschädigter Kreditwürdigkeit sollen für Investoren wieder attraktiv werden.

Ich hoffe nur, für uns, dass es sich um Investoren – nicht um Spekulanten handelt.