Die Scheckheftpolitik ist am Ende

Ich möchte nicht den Eindruck machen, dass ich für die nachfolgend geschilderten Krisen eine Lösung habe, nur ist die Scheckheftpolitik meiner Meinung nach am Ende.

Krisen haben für Deutschland immer etwas mit Geld zu tun. Es ist entweder zu wenig Geld da, wie in der Bankenkrise, oder es wird versucht Probleme mit Geld zu lösen wie die so genannte Flüchtlingskrise. Die von mir, in Anlehnung an meine Jugend, als Scheckheftpolitik bezeichnete Krisenbewältigung klappt momentan weder bei den unsäglichen Zuständen unter denen, nicht nur in Griechenland, die geflüchteten Menschen leiden, noch bei der Bekämpfung einer Pandemie.

Geflüchtete Menschen

Meiner Meinung nach ist das Framing von „offenen Grenzen“ in Europa oder „Asylrecht“ einfach falsch. Nach der „Flüchtlingskrise“ 2015/16 und dem „Wir schaffen das!“ zückte die EU das Scheckheft und bezahlte die Türkei dafür, dass sie die EU-Außengrenze für geflüchtete Menschen dicht macht. Das hatte den Charme, dass man immer behaupten konnte die Binnengrenzen und auch die Außengrenzen wären ja offen. Durch das Dublin-Abkommen hatte nicht nur Deutschland den Vorteil der Abschiebemöglichkeit von geflüchteten Menschen in die Mittelmeer-Anrainerstaaten, weil diese ja die meisten Erstaufnahmen machten. Allerdings ging es von dort nicht auf legalem Weg weiter, obwohl sich die EU-Staaten zu einer Aufnahme von geflüchteten Menschen prinzipiell verpflichtet hatten.

Schlimmer noch, die anderen EU-Staaten ließen die Staaten am Mittelmeer mit diesen Problemen allein. In Griechenland, einem EU-Staat der bereits riesige wirtschaftliche Probleme hat, füllten und überfüllten sich die Lager und alle sahen zu. Wenn wir also in Deutschland von einem Rechtsruck seit 2015 reden, dann haben wir nicht das Recht verzweifelte griechische Menschen, die sich jetzt gegen die weitere Aufnahme von Flüchtlingen wehren, als „Faschisten“ zu bezeichnen. Hier meine ich selbstverständlich nicht rechte Parteien, die diese Menschen instrumentalisieren. Wenn wir uns den Spiegel vorhalten sehen wir darin, dass wir Griechenland, die griechischen Menschen und die geflüchteten Menschen allein gelassen haben.

Die EU muss jetzt handeln – Geld allein wird diesmal nicht genügen.

Das Virus

Wie ich bereits im letzten Artikel schrieb, habe ich keine medizinischen Kenntnisse aber ich habe mich in den 80ern unter anderem mit Zivilschutz (Bevölkerungsschutz) beschäftigt. Was konstatiere ich heute? Die SARS-Pandemie 2002/03 und andere drohende Epidemien hatten auf den Zivilschutz in Deutschland keinerlei Einfluss. Es wurden damals enorme Bestände an „Tamiflu“ hergestellt, eingekauft, gelagert und anschließend vernichtet – aber wo ist der Bestand an Schutzkleidung für medizinisches Personal, der seitdem für den Pandemiefall angelegt wurde? Wahrscheinlich gab es diesen nie.

In der „schlechten alten Zeit“ der 80er war auch Konsens, das in Falle eines Bio-Krieges oder einer Pandemie (die Auswirkungen auf die Bevölkerung sind ähnlich) kasernierte Einheiten der Armee und Polizei unter Urlaubs- und Ausgangssperre gestellt werden, da diese im Notfalle für die Aufrechterhaltung der Versorgung eine wichtige Rolle spielen. Wir reden hier nicht von einem Militär- oder Polizeistaat – es geht um banale aber lebenswichtige Dienste für das Land. Soldaten können z.B. LKW fahren um Versorgungsgüter zu transportieren oder ähnliches, wenn die Infrastruktur kollabiert. Urlaubs- und Ausgangssperre bedeutet für geschlossene Einheiten nicht mehr und nicht weniger als Quarantäne. Was lese ich heute früh?

„Die Bundeswehr ist nicht direkt in die nationale Planung zur Eindämmung einer länderübergreifenden Ausbreitung einer Infektionskrankheit, einer sogenannten Pandemie, eingebunden“

Warum nicht und wozu leisten wir uns eine Armee?

Über die Frage Geld und Gesundheitswesen will ich nicht wirklich reden. Außer der fehlenden Schutzkleidung fehlt es an Personal und auch hier an Notfallplänen. Wir sind auf eine Pandemie, die sich seit fast 20 Jahren immer wieder ankündigt nicht vorbereitet – wahrscheinlich weil die Vorbereitung Geld kostet. Man denke nur an die Bertelsmann-Studie, die fast 50% unserer Krankenhäuser für überflüssig erklärte.

Aber jetzt steht auch hier bei der Krisenbewältigung das Geld im Vordergrund. Es ist natürlich sinnvoll Unternehmen und Bürger zu unterstützen um diese Krise durchzustehen. Allerdings kann der Staat damit weder die Pandemie verhindern, noch hilft es denen die eventuell keine adäquate Hilfe erhalten weil kein Intensivbett zur Verfügung steht.

Fazit

Wir sind am Ende der Scheckheftpolitik angekommen. Sollte es uns doch gelingen den geflüchteten Menschen humanitäre Hilfe zu leisten und die Pandemie, ohne einen Zusammenbruch der Gesellschaft, zu überstehen – dann dürfen wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und auf die alten Mittel und Methoden vertrauen. Es wird unbequem werden sich damit auseinanderzusetzen.

Bild von angelo luca iannaccone auf Pixabay

Der arme alte Alexander

Diese Elegie ist eine Verteidigung der Psyche des, von der Jugend diskriminierten, „alten weißen Mannes“ in personae von Alexander G. – dem führenden Kopf einer Partei, deren Namen ich ungern nenne.

Das Alexander-Syndrom

Alexander wird langsam alt und bemerkte vor einigen Jahren, dass er die Welt noch nicht gerettet hat – also seine kleine deutsche Welt. Das Symptom ist nicht auf ihn beschränkt, selbst ich erwische mich manchmal dabei, dass ich denke: „Es wird Zeit etwas zu tun, sonst ist es (für mich) zu spät.“ Psychologisch gesehen ist es also ein gerontologisches Symptom, es wird allerdings gefährlich, wenn es in der Politik Einzug hält. Dieses Syndrom ist aber weder auf so genannte „rechte alte weiße“ noch auf Männer beschränkt. In der niedlichen Form will auch Uroma die Welt retten, wenn sie die heillos zerstrittene Familie zum gemeinsamen Weihnachtsessen zusammen holt. Aber das nur nebenbei.

Rassismus bei Alexander

Alexander behauptet immer, dass er nicht rassistisch wäre. Das stimmt soweit – er ist einfach in der alten deutsch-dörflichen Tradition verhaftet. Wer diese nicht kennt, man nennt sie Fremdenfeindlichkeit. Die Älteren erinnern sich wahrscheinlich, noch 40 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges sprachen alte Menschen, besonders in Dörfern, von „Zugewanderten“ – sie meinten die Vertriebenen, also Menschen die zu dem Zeitpunkt schon über 30 Jahre dort lebten. Diese waren schwerer zu identifizieren als die geflüchteten Menschen heute, welche aus anderen Weltgegenden stammen, aber sie sprachen ein anderes Deutsch oder waren (wie meine Großeltern) katholisch in der Form des 19. Jahrhunderts – u.a. die Frau mit Kopftuch und bodenlangem Kleid. Dazu kam, dass man ihre Selbstdarstellung – also Werdegang, Bildung usw. – auf Grund der Verluste von Dokumenten bei der Vertreibung nur schwer überprüfen konnte. Julian Pitt-Rivers drückte das so aus:

Das Wesen eines Fremden besteht darin, und das ist tautologisch genug, dass er unbekannt ist. Potentiell mag er alles mögliche bleiben: mutig oder wertlos,von guter Abstammung, mit guten Beziehungen, reich oder das Gegenteil davon, da aber seine Selbstvorstellung nicht überprüft werden kann, ist ihm vor allem nicht zu trauen.

Alexander hatte das Glück, dass seine Herkunft und sein Stand, bei seiner Flucht in die Bundesrepublik, überprüfbar waren. Möglicherweise gab es Vorbehalte gegen ihn, weil er „von drüben“ kam oder wegen des sächsischen Dialektes – aber es gab Menschen die sagten „Wir sind alle Deutsche“, das prägt.

Weltrettung 1. Versuch

Geladen mit diesem dörflichen Weltbild und ergänzt durch die Erkenntnis, dass ein Deutscher kein Fremder sein kann, ging Alexander in die Politik. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Art. 116 sagt schließlich:

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

Nach dieser schlichten Definition sind die Fremden also die „Nicht-Deutschen“, vor denen musste das Land geschützt werden. Nach Jahren der Arbeit in der CDU kam er zu der Erkenntnis, dass er mit dieser Partei seine (deutsche) Welt nicht retten kann und schloss sich einer neu gegründeten fremdenfeindlichen Partei an.

Die neue Partei

Diese Partei ist monothematisch fremdenfeindlich – das soll heißen: Alle Themen fußen auf den oben geschilderten Vorbehalten gegen das Fremde. Beginnend mit dem „EURO-Skeptizismus“ des Bernd L., über Angriffe auf homo- und transsexuelle Menschen bis hin zu brennenden Flüchtlingsheimen und der Forderung nach Abschottung, alle diese Aktionen sind auf der Furcht vor „Überfremdung“ aufgebaut. Diese Furcht existiert, meines Erachtens nach, nicht in den Köpfen der Propagandisten, wie Alexander, – sie wird als Propagandainstrument missbraucht. Perfiderweise stellen sich Anführer wie Alice W., aufgrund ihrer Lebensumstände, als nicht homophob und nicht rassistisch dar, was allerdings auf die Parteipropaganda keinen Einfluss hat. Diese Partei hatte und hat bisher nur zwei konkrete Aussagen getroffen:

1. Die EU und der Euro sind Gift für Deutschland, wir bluten wirtschaftlich aus! (Griechenlandhilfe)

2. Flüchtlingsströme überschwemmen uns – die Flüchtlinge nehmen den Deutschen etwas weg!

Fazit dieser Partei ist:
Wenn es die EU nicht gäbe und die Flüchtlinge nicht kommen würden – dann ginge es den Deutschen viel besser.

Viele kleine Alexanders

Um zu erklären, wieso es viele Anhänger dieser fremdenfeindlichen Thesen gibt – vulgo: warum so viele kleine Alexander entstehen konnten – müssen wir uns mit den Urängsten der Menschen beschäftigen.

Die Angst vor Verlust ist die treibende Angst.
Ich beschränke mich hier auf materiellen Verlust, obwohl damit natürlich der soziale Verlust (Verlust des sozialen Status) und somit ein gewisser Verlust der persönlichen Identität einhergehen.
Hier kommt der/das Fremde seit Urzeiten ins Spiel. Bekannte Gefahren für Leib, Leben und Besitz bestanden immer – der Mensch arrangierte sich mit ihnen – die eigentliche Gefahr war gefühlt aber das Fremde (Unbekannte). Die Überlebensstrategie bestand darin: Das Unbekannte zu meiden oder zu vernichten. Fremdenfeindlichkeit übernimmt diese Urangst und dämonisiert den Fremden.

Die heutige fremdenfeindliche Propaganda ist sehr einfach gestrickt:

Du arbeitest und hast nicht den Lebensstandard, der dir (vermeintlich) zusteht: Wenn der Fremde kommt, wird es schlimmer!“

oder:

Du arbeitest und hast nicht den Lebensstandard, der dir (vermeintlich) zusteht: Wenn der Fremde nicht gekommen wäre, wäre es nicht so gekommen!“

Und der Alexander-Klon glaubt daran – weil es gefühlt logisch ist.

Propaganda – warum wirkt sie?

Ich fasse mich kurz. Nicht die fremdenfeindliche Partei hat gute Propaganda gemacht: Die Propaganda wurde von den Medien vorbereitet und durch die exzessive Beschäftigung mit dieser Partei unter die Massen gebracht. Sie tun es weiter: In Leitartikeln, Talkshows und anderen Formaten gibt es nur das Thema „Flüchtlinge“ – die Politik springt auf und redet von Recht und Gesetz – besser, darüber wie man so viele geflüchtete Menschen wie nur möglich abschieben kann. Und die fremdenfeindliche Partei kann sich zurücklehnen und muss nichts tun und nichts erklären – nur ihr Ziel: „Fremde raus!“

Fremdenfeindlichkeit vs. Rassismus

Auch wenn es einige mir übel nehmen, für mich ist die Fremdenfeindlichkeit das Problem. Wenn Menschen mit ihrem Rassismus konfrontiert werden, dann kommt oft die stereotype Antwort: „Ich bin nicht rassistisch, ich habe türkische (oder andere) Freunde (oder Kollegen o.a.).“ – Freunde und Kollegen sind eben keine Fremden, da liegt der Hund begraben. Es gibt selbstverständlich Menschen, die andere wegen ihrer Hautfarbe generell ablehnen und somit mit Fug und Recht als Rassisten bezeichnet werden können – diese sind in der aktuellen Diskussion nicht die überwiegende Mehrheit.
Das Problem sind Menschen, die sich vor Fremden fürchten und sie somit ablehnen.

Was tun?

Als Erstes sollten wir aufhören, uns mit den Forderungen der fremdenfeindlichen Partei zu beschäftigen. Es gibt genug Themen und sogar, fast bin ich geneigt zu sagen, Erfolgsgeschichten.

Erzählen wir doch mal die Geschichte der Senkung der Arbeitslosenquote und gleichzeitigen Integration von ¼ Million geflüchteter Menschen in das Arbeitsleben (gemeint sind die in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen). Die haben niemandem den Job weggenommen, diese Jobs wollte/konnte niemand machen.

Erzählen wir die Geschichte vom Rekord-Haushaltüberschuss im Jahre 2017 für den deutschen Staat, nicht trotz – sondern vielleicht auch wegen der Zuwanderung geflüchteter Menschen.

Und – verdammt nochmal – sagen wir doch den Menschen die Wahrheit, warum dieser Überschuss sich nicht für alle monetär auswirkt. Sagen wir doch, warum wir Fonds und Spekulanten reich machen:

Wegen unseres neoliberalen Wirtschaftssystems!

Das würde die Glaubwürdigkeit steigern, wenn auch nicht die Zufriedenheit. Es würde aber die fremdenfeindliche Propaganda teilweise entwerten.

Was noch?

Zweitens ist wichtig, nicht nur Erklärungen abzugeben, sondern etwas zu tun. Momentan stellt sich die Lage so dar, dass de jure ausreisepflichtige, aber voll integrierte Menschen abgeschoben werden aber kriminelle, ebenso ausreisepflichtige Menschen im Lande bleiben dürfen. Meist ist der Grund, dass das Herkunftsland die erforderlichen Papiere für letztgenannte nicht ausstellt. Wen wunderts? Wer würde nicht lieber „ehrliche Bürger“ statt Kriminelle zurücknehmen? Dazu kommt, dass erstgenannte für die Vollzugsbehörden einfach auffindbar sind – es ist pervers, dass es als einfacher betrachtet wird, Eltern von ihrem Arbeitsplatz und Kinder aus ihren Schulen abzuholen und abzuschieben, als politischen Druck auf die Herkunftsländer Krimineller zu machen. Vielleicht sollte auch darüber nachgedacht werden, Kriminelle (nicht nur aus dem Ausland stammende) statt Schwarzfahrer in die Gefängnisse zu stecken – das aber auch nur nebenbei.

Spurwechsel

So nennt sich ein Vorschlag zur Änderung in der Asylpolitik, den die konservativen Parteien CDU und CSU vehement ablehnen – die fremdenfeindliche Partei natürlich auch. Persönlich vertrete ich hier sogar noch eine extremere Linie als den Spurwechsel:

Wer 2 Jahre in Deutschland lebt, sich verständigen kann, einer sozialversicherungsspflichtigen Arbeit nachgeht und nicht kriminell auffällig geworden ist – der hat das Recht zu bleiben.“

Um den Rest müssen wir uns kümmern, wer länger da ist und integrationswillig ist, muss unterstützt werden – wer kriminell ist, muss ins Gefängnis oder zurück in sein Herkunftsland.

Integration

Dieses Wort wird oft gebraucht und missbraucht. Integration ist nicht Assimilation – das an die Apologeten der „deutschen Leitkultur“. Maßstab für die Integration ist für mich das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Besonders die dort in den Artikeln 1-5 beschriebenen Freiheitsrechte. Somit gibt es für mich auch keine andere Antwort als „Nein“ auf die Frage „Gehört der Islam zu Deutschland“ aber auch die Antwort „Ja“ auf die Frage „Gehören muslimische Menschen zu Deutschland“. Wir brauchen nicht eine weitere Religion mit staatlich garantierten Sonderrechten, aber jeder, der für sich und andere die Religionsfreiheit in Anspruch nimmt, gehört zu uns. Wobei die Ausübung einer Religion nicht mit den Freiheitsrechten im Grundgesetz kollidieren darf. Ihr wisst, ich rede von Austrittsverboten und anderen Einschränkungen der persönlichen Freiheit – die es nicht nur im Islam gibt.

Was ist mit Alexander?

Ich hoffe, ihr habt wie ich den „armen alten Alexander“ und seine Idee, die kleine deutsche Welt zu retten, an dieser Stelle bereits vergessen. Er ist nämlich unwichtig, seine Thesen und die ganze fremdenfeindliche Partei sind unwichtig – wichtig werden sie nur, wenn wir ihnen das zugestehen.

Also lassen wir es doch.

Kümmern wir uns doch um das Wesentliche.

Disclaimer: Die Darstellung des vorstehenden Sachverhaltes ist meine persönliche Einschätzung und kann somit naturgemäß von den Meinungen Anderer abweichen. Das ist beabsichtigt, schließlich ist es mein Ziel einen Diskurs über verschiedene Themen anzuregen. Ebenso liegt es in der Natur der Sache, dass ich stark verkürzt auf das Problem und Lösungsansätze eingehe. Alos bitte keine Korinthenkackerei betreiben.

#Aufstehen oder sollte man lieber liegen bleiben?

Einleitend sei gesagt, dass ich Sahra Wagenknecht als Politikerin achte und auch viele ihrer Gedanken (z.B. in „Reichtum ohne Gier“) gut, richtig und auch diskussionswürdig finde. Jetzt hat sie also eine „Sammlungsbewegung“ mit dem Namen Aufstehen gegründet und reflexartig wird sie für diese Gründung von der linken Seite her angegriffen.
Ich frage mich: „Warum verzetteln sich die linken Parteien immer wieder in Grabenkämpfen?“

Die Person Sahra Wagenknecht

Ich kenne Sahra natürlich nicht persönlich, aber ich weiß, dass sie schon immer polarisiert. Als leitendes Mitglied der Kommunistischen Plattform innerhalb der damaligen PDS galt sie lange als linksextrem – so ist sie mir auch noch gut in Erinnerung. Als politisch-ökonomische Publizistin erreichte sie Leserkreise die gewöhnlich nicht als linke Sympathisanten auftreten und als Rednerin im Bundestag war sie nach Gregor Gysi eine der beliebtesten Personen der Linken in vielen Bevölkerungskreisen. Für eine Parteifunktion ist sie, meines Erachtens nach, allerdings völlig ungeeignet. Sie ordnet sich keiner Parteidisziplin unter und sagt ihre Meinung – das ist schon wieder sympathisch – leider bekommt sie dafür oft Beifall von der rechten Seite, allerdings macht das ihre Aussagen nicht automatisch zu rechten Aussagen.

Beispiel „Kriminelle Schlepperbanden“

In einem Gastbeitrag traf Sahra, gemeinsam mit Bernd Stegemann diese (verstörende) Aussage:

Die politisch sinnvolle Grenze verläuft nicht zwischen den Ressentiments der AfD und der allgemeinen Moral einer grenzenlosen Willkommenskultur. Eine realistische linke Politik lehnt beide Maximalforderungen gleichermaßen ab. Sie unterstützt die vielen freiwilligen Helfer in der Zivilgesellschaft, die sich um die Integration der Flüchtlinge kümmern. Und zugleich lässt sie sich nicht von kriminellen Schlepperbanden vorschreiben, welche Menschen auf illegalen Wegen nach Europa gelangen.“

Ich möchte nicht auf den Begriff „grenzenlose Willkommenskultur“ eingehen sondern auf die „kriminellen Schlepperbanden“. Ein Ergebnis der Aussage war nämlich, dass sie von links angegriffen wurde – sie würde gegen geflüchtete Menschen* sein.
Meine Meinung ist, trennen wir doch mal die Themen geflüchtete Menschen, Seenotrettung und Schlepper.

– Die meisten der geflüchteten Menschen sind vor Gewalt, Krieg, Hunger und Elend geflohen – ergo: Sie sind in Not.

– Die meisten Schlepper haben ein knallhartes Geschäftsmodell: Für viel Geld bringen sie geflüchtete Menschen bewusst in Seenot.

– Die Seenotretter machen das, was ihnen das menschliche Gewissen befiehlt: Sie retten die in Not befindlichen Menschen.

Merkt ihr etwas?

Dieser Zustand ist untragbar, er bedeutet in keiner Weise eine „sichere Passage“ für geflüchtete Menschen – der Einsatz der Seenotretter minimiert nur die Zahl der Todesopfer. Die Schlepper treffen nach pekuniären Gesichtspunkten eine Vorauswahl unter den geflüchteten Menschen – sie entscheiden wer durch die Seenotretter gerettet werden darf. Opfer nehmen sie bewusst in Kauf – diese interessieren sie nicht – Hauptsache ist, dass die Kasse stimmt. Die anderen geflüchteten Menschen, also diejenigen die kein Geld haben, sterben einen leisen Tod in der Wüste oder sitzen in überfüllten Flüchtlingslagen in anderen Ländern, in Ländern die selbst arm sind.
Und jetzt lest die Aussage im Gastbeitrag noch einmal.
Ich hätte mir an dieser Stelle allerdings einen Entwurf für die Unterstützung der geflüchteten Menschen gewünscht – einen akzeptablen Entwurf.

Jetzt doch noch eine Einlassung

Ich komme doch noch auf die „Grenzenlose Willkommenskultur“ zurück. Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass in Kürze eventuell die Menschen auf der Flucht sind, vor denen heute Menschen fliehen. Konkret könnte das bedeuten, Assad-treue Syrer fliehen nach einem Sturz des Assad-Regimes zu uns und treffen hier auf ihre Opfer. Ich rede hier nicht von Regierungsmitgliedern (die kommen mit Flugzeugen und haben Geld) sondern von ihren „willigen Vollstreckern“ – also von den Menschen die dann von Schleppern in seeuntüchtige Boote gesteckt werden. Wenn diese auf der Flucht sind, dann sind sie in Not – wie heißen wir sie willkommen?

Zurück zu #Aufstehen

Ich bin der Meinung, dass diese Aktion sinnvoll ist. Den Begriff „Sammlungsbewegung“ sehe ich persönlich kritisch, er weckt Befürchtungen bei den linken Parteien (Konkurrenz) und Hoffnungen bei den Menschen (sie sehen hier eine Bewegung wie „En Marche“) – ich sehe darin eher eine Plattform auf der sich progressive Menschen ohne parteipolitische Einschränkungen austauschen können. Auf dieser Plattform könnten die linken Parteien neue Ideen finden für ihre weitere Politik. Ich hoffe, dass sich Sahra hier nicht auf einen missionarischen Trip begibt und sich als Schulmeisterin des linken Spektrums geriert. Dafür schätze ich allerdings ihre Intelligenz zu sehr, außerdem liegt das ja an den Teilnehmern.
Am Ende könnte daraus etwas werden woraus die linken Parteien dazu befähigt werden:

Getrennt marschieren – vereint schlagen!

Also redet es nicht von vornherein kaputt.

* Ich vermeide den Begriff „Flüchtlinge“ die Gründe dafür lest ihr hier.

Bildnachweis: CCO Creative Commos by geralt – Thank you