Griechenland und die EU – Zeitungsschau

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Auch wenn das Titelbild* aus der BILD ist, um diese geht es heute nicht – das Bild dient nur der Illustration des Problems.

Was war heute zu lesen?

Die WELT schrieb „Schäuble lässt die Griechen abblitzen“ und Focus-Online bedankt sich mit „Danke für die harte Linie, Herr Schäuble!“. Die deutschen Mainstream-Medien scheinen glücklich zu sein.

Ja, diese Griechen sollen doch erst einmal ihre Milliardäre besteuern und mit diesem Geld und dem eingesparten Geld aus dem Sparprogramm der Troika die Schulden zahlen und gleichzeitig ihr Land wirtschaftlich nach oben bringen.

Das klingt ja so logisch und vernünftig.

Aber es gibt noch eine andere Meldung betreffs der EU:

Das EU-Parlament und „Luxleaks“: Untersuchung light schreibt die Deutsche Welle (DW).

Worum geht es dort?

Grüne und Linke im EU-Parlament verlangten einen echten Untersuchungsausschuss zu Luxemburgs Steuergeschenken für große Konzerne. Doch die großen Fraktionen witterten zu große Gefahr für Kommissionspräsident Juncker.

Im Klartext: Der heutige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der ca. 20 Jahre als Finanzminister und Regierungschef der Luxemburger Regierung die Voraussetzungen für massenhafte Steuerflucht der Milliardäre, auch aus Griechenland, geschaffen hat, darf nicht „beschädigt werden“. Deshalb gibt es nur einen Sonderausschuss, keinen Untersuchungsausschuss.

Ich bestreite nicht, dass die ehemaligen griechischen Regierungen die aktuelle Krise zum größten Teil verursacht haben.

Durch die geduldete Schaffung von Steuerparadiesen auf EU-Gebiet hat aber die EU auch ein Versagen einzugestehen. Die Konservativen in der EU, zufällig sind Juncker und Schäuble beide Christdemokraten, halten aber lieber an dem untauglichen Konzept des Sparens um jeden Preis fest.

Ich befürchte nur, dass uns, die Bürger der EU, diese Form der „Rettung“ teurer zu stehen kommt als Hilfen für die neue griechische Regierung, vor allem aber für das griechische Volk.

Ich wiederhole mich:

Wenn die EU Griechenland erpresst, zu Boden spart und dann fallen lässt, dann hat sie den Namen Union nicht verdient.

Dieser Vertrauensverlust würde teurer als eine gerechte Hilfe.

* Bildquelle: https://twitter.com/KaiDiekmann/status/559817002303627264

Die Griechische Anmaßung

Wenn man die heutige Ausgabe der BILD* (ich wage es nicht „Zeitung“ zu schreiben) sieht, dann muss man einfach die griechische Linke für ihre Anmaßung verfluchen. Die armen Deutschen sollen ja schließlich jetzt alle Geschenke der griechischen Linken an ihr Volk bezahlen. Dabei hatte doch die BILD bereits 2010 die Lösung mit „Verkauft doch eure Inseln – Ihr Pleite-Griechen“ präsentiert. Die Griechen haben das nicht gemacht, hätten sie doch auf die BILD gehört.

Zugegeben, ich bin auch irritiert über die Koalitionsbildung von Syriza und ANEL. Ich denke aber, dass Alexis Tsiparas sich etwas dabei gedacht hat. Weitere Ausführungen zu der Koalition will ich nicht machen, die Parteienlandschaft in Griechenland ist für mich terra incognita, es wäre also anmaßend zu urteilen.

Zurück zur BILD und den Kosten für ein griechisches Experiment, welches darin bestünde den aufgezwungenen Sparkurs aufzukündigen und in Griechenland Politik für die Menschen zu machen.

Was wollen Alexis Tsiparas und die Syriza eigentlich? Sie wollen den alten Filz aus Vetternwirtschaft und Korruption beseitigen und das griechische Sozialsystem und die Wirtschaft retten.

Griechenland ist am Boden, finanziell und wirtschaftlich, und das schon seit Jahren. Ich schrieb bereits 2011 mehrfach zu diesem Thema. Eine Aufzählung der Gründe für den damaligen Zustand ist unnötig weil Korruption, Verschwendung und ähnliches allgemein bekannt sind.

Schlimm ist, was danach passierte. Es wurden Milliarden nach Griechenland gepumpt und ein Sanierungsplan durch die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF durchgesetzt. Das klingt erst einmal gut, aber es ist alles Andere.

Das Geld wurde zur Sanierung der Staatsfinanzen verwendet was bedeutet, die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates nach außen wurde damit gewährleistet. Das Geld ging letztendlich an Finanzinstitute.

Der Sanierungsplan ist ein Sparplan mit dem Kontext „Sparen, koste es was es wolle“ und es hat viel gekostet. Richtig ist, die aus dem Ruder gelaufene Bürokratie wurde gestutzt, was auch nötig war. Aber es wurden Ausgaben für Soziales auf ein Minimum zurückgefahren. Ob Gesundheitswesen, Bildungswesen, soziale Absicherung im Alter – alles liegt am Boden. Der Kreislauf ist logisch: Massenhafte Entlassungen mit minimalem Arbeitslosengeld in den genannten Bereichen senken die Kaufkraft, was sich wieder auf die Beschäftigung in anderen volkswirtschaftlichen Bereichen auswirkt. Das führt zu weiteren Entlassungen und so weiter…

Dazu kamen Verschärfungen in der Steuergesetzgebung, diese waren notwendig weil die alten Regierungen mit ihrer Klientelpolitik die Steuereinnahmen permanent reduziert hatten. Aber eine Immobiliensteuer in einem Land mit hohem Anteil an Wohneigentum einführen, das ist ein Risiko wenn die Immobilienbesitzer kein Einkommen mehr haben. Das Resultat aus dieser Steuer ist eine weitere Verelendung der Bevölkerung.

Besonders absurd ist hier die Rolle von Jean-Claude Juncker, dem Präsident der Europäischen Kommission, der bereits vor der Wahl einer neuen griechischen Regierung sagte:

„Ich denke, die Griechen wissen sehr genau, was ein falsches Wahlergebnis für Griechenland und die Euro-Zone bedeuten würde“

Auch nach der Wahl der Syriza als Regierungspartei und den damit anstehenden Neuverhandlungen mit der EU bleibt Juncker hart und besteht auf der Erfüllung der Troika-Forderungen. Wenn ich absurd schrieb, dann meinte ich zum Ersten, dass Juncker in seiner EU-Funktion dem Volk eines EU-Staates droht und versucht ein Wahlergebnis zu beeinflussen. Zweitens ist Herr Juncker, als ehemaliger Premierminister von Luxemburg, in erheblichem Maße dafür verantwortlich, dass die Steuereinnahmen der EU-Staaten zurückgehen. Er war an der Schaffung des Steuerparadieses Luxemburg maßgeblich beteiligt.

Genug der Schuldzuweisungen für die verfahrene Situation in Griechenland. Wie soll es nun weitergehen?

Auch wenn ich das Spardiktat der Troika, im Politik-Sprech Sanierungsplan, nicht wie Gregor Gysi mit dem Versailler Vertrag gleich setzen will, seine Forderung nach einem Marshallplan für Griechenland erscheint mir vernünftig.

Fazit:

Die Konsolidierung Griechenlands kostet Geld, da führt kein Weg dran vorbei. Bleiben die EU und ihre Kommission bei dem derzeitigen Konzept, dann wird es noch teurer. Wenn die EU Griechenland erpresst, zu Boden spart und dann fallen lässt, dann hat sie den Namen Union nicht verdient.

* Die Titelseite der Print-Ausgabe ist online leider nicht verfügbar, der Screenshot ist von Kai Diekmann auf Twitter gepostet worden. Somit sollte es keine Urheberrechtsprobleme geben.

Google muss zerschlagen werden!

Das meint die EU-Kommission und reichte einen Entschließungsantrag ein. Diesen zu lesen ist eine Herausforderung für einen normalen Menschen, wichtig ist aber der Titel des Antrages:

„zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt (2014/2973(RSP))“.

Ich will jetzt nicht den Nico Lumma machen, er hat das von seiner Warte aus schon durchaus satirisch beschrieben. Seinem Text kann man zustimmen, muss man aber nicht.

Mir geht es vielmehr um die Verbraucherrechte mit denen die EU-Kommission ihre Forderung begründet.

Nach ganz vielem ‚gestützt auf‘ und ‚unter Hinweis auf‘ kommt die Kommission dann gleich auf den Punkt:

A. in der Erwägung, dass der digitale Binnenmarkt ein Bereich des Fortschritts ist, in dem zwar Herausforderungen bestehen, jedoch Potenzial für hohe Effizienzgewinne vorhanden ist, die sich auf bis zu 260 Milliarden EUR im Jahr belaufen könnten und somit dazu beitragen, dass Europa die Krise überwindet; [1]

Vor den Verbraucherrechten kommt also erst mal das Geld.

Was lese ich denn nun über Google? Namentlich ist Google nicht genannt, aber hier ist die Forderung:

10. weist darauf hin, dass der Markt der Online-Suche von besonderer Bedeutung für die Wahrung der Wettbewerbsbedingungen im digitalen Binnenmarkt ist, da Suchmaschinen sich zu Gatekeepern entwickeln und über die Möglichkeit verfügen können, die bezogenen Informationen kommerziell weiter zu verwerten; fordert die Kommission daher auf, die Wettbewerbsregeln entschlossen durchzusetzen, die anhand der Beiträge sämtlicher einschlägiger Interessenträger erstellt wurden, und die gesamte Struktur des digitalen Binnenmarkts zu berücksichtigen, damit Lösungen ermittelt werden, die tatsächlich Verbrauchern, Internetnutzern und Online-Unternehmen zugutekommen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, Vorschläge in Betracht zu ziehen, die darauf abzielen, Suchmaschinen von anderen kommerziellen Dienstleistungen abzukoppeln, da dies ein langfristiges Mittel sein kann, die vorstehend genannten Ziele zu erreichen; [1]

Also die Suchmaschine soll nichts anderes machen als eben suchen und Suchergebnisse ausgeben. Da hat die Kommission aber die Entwicklung des Internets verschlafen. Google war eine Suchmaschine als die EU-Wirtschaft noch dachte, dass mit dem Internet kein Geld zu verdienen ist. Heute ist Google ein Internetkonzern der eine Suchmaschine, als Gatekeeper für seine anderen Produkte, betreibt. Von diesem Konzern strikte Neutralität der Suchergebnisse zu verlangen ist absurd.

11. betont, dass bei der Nutzung von Suchmaschinen der Suchvorgang und die Suchergebnisse frei von Verzerrungen sein sollten, damit die Internetsuche frei von Diskriminierung bleibt, mehr Wettbewerb und Auswahl für Nutzer und Verbraucher sichergestellt werden sowie die Vielfalt an Informationsquellen erhalten bleibt; stellt daher fest, dass die Auflistung, Bewertung, Darbietung und Reihenfolge von Ergebnissen bei Suchmaschinen frei von Verzerrungen und transparent sein und dass Suchmaschinen bei verknüpften Dienstleistungen umfassende Transparenz gewährleisten müssen; fordert die Kommission auf, jeglichen Missbrauch bei der Vermarktung von verknüpften Dienstleistungen durch Suchmaschinenbetreiber zu unterbinden; [1]

Mehr Wettbewerb und Auswahl für Nutzer und Verbraucher wird sich mit einem Google Algorithmus nicht erreichen lassen. Das ist nicht im Sinne des Konzerns Google.

Die Konsequenz der EU-Kommission besteht nun darin zu fordern, dass Google zerschlagen werden muss. Ist das erforderlich?

Ich meine, dass der einfache Weg der Zerschlagung falsch ist und keinesfalls die Verbraucherrechte stärkt.

Wichtiger wäre mir die Bildung der Verbraucher, z.B. die Aufklärung wie eine kommerzielle Suchmaschine arbeitet und wie die Suchergebnisse zu bewerten sind.

Der Verbraucher muss in der Lage sein sich für eine Suchmaschine zu entscheiden, dafür kann die EU-Kommission viel tun. Zum Beispiel kann auf EU-Ebene die Entwicklung und den Betrieb einer nicht kommerziellen Suchmaschine gefördert werden.

Die Erwägung, dass in einigen Bereichen des digitalen Binnenmarkts aufgrund einer übermäßigen Marktkonzentration und marktbeherrschender Akteure Schwachstellen zu verzeichnen sind;[1] ist korrekt aber nicht das Verschulden von Google. Diese Konzentration ist dem Versagen der europäischen Wirtschaft geschuldet. Durch dieses Versagen konnte Google seine Marktmacht erringen.

Die Forderung nach der Zerschlagung von Google ist eine Kapitulation, nichts anderes.

[1] Entschließungsantrag 24.11.2014 eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt (2014/2973(RSP))

P.S. Ich bin kein Google-Fan. Zwar habe ich einen Account bei G+ und eine gmail-Adresse, diese nutze ich aber wenig. Es würde auch ganz ohne Google gehen, Suchmaschinen gibt es zur Genüge und ich bin ein mündiger Bürger.