erwirb es um es zu besitzen. (J.W.v.Goethe – Faust I)
Nein ich möchte hier nicht über Erbschaftssteuer sprechen, obwohl das vielleicht interessanter wäre.
Es geht, wie bei mir nicht anders zu erwarten, um Demokratie, Freiheit der Rede, die Andersdenkenden und den ganzen Quatsch. Sozusagen also um unser gesellschaftliches Erbe.
Ich fange mal ganz banal mit einem Aufruf an. Der beinhaltet nicht viel, nur 5 Worte.
Hört endlich auf zu ningeln!
Wer nicht weiß was „ningeln“ ist, andere sagen „nörgeln“ oder „meckern“ – es gibt auch andere Ausdrücke dafür. Allen gemeinsam ist, dass sie absolut inhaltsleeren Widerspruch bedeuten. Widerspruch des Widersprechens wegen.
Wenn ihr also etwas tun wollt, dann bitte einen richtigen rituellen Vatermord. Ich gehöre als Älterer auch dazu, bekenne mich auch zu dieser Rolle – also los.
Ja wir haben die sozialistische Volksdemokratie gegen eine parlamentarische Demokratie eingetauscht. Also alle 4 Jahre die Stimme abgeben und dann die Schnauze halten. Es war 1990 von uns ja nicht so gemeint als sich die DDR der Bundesrepublik anschloss. Viele von uns vermeinten die Freiheit zu wählen und erkannten (oder meist eben nicht), dass dazu auch die Freiheit gehört zugrunde zu gehen. Jetzt heulen viele rum und sagen „Es war ja nicht alles schlecht“, stimmt ja auch. Aber das Gute und das Schlechte gehörten eben zusammen. Ohne das Eine hätte es das Andere nicht gegeben. Ohne Diktatur keine Vollbeschäftigung, keine 10-Klassen Schule für alle, keine allgemeine Sozialversicherung ohne Zuzahlung für ärztliche Behandlung und Medikamente, kein ÖPNV für 20 Pfennig innerstädtisch und so weiter und so fort. Zumindest in der damaligen Form. Also alles was ihr wollt war da – so wollt ihr es aber nicht.
Was wollten wir eigentlich? Nachgesagt wird uns, dass wir Bananen wollten, Mallorca-Reisen, Farbfernseher, VW & Co und die vielen anderen Dinge des Lebens die wir nicht hatten. Mag sein, aber wir wollten auch die Freiheit der Rede – nicht nur die Reisefreiheit. Jetzt haben wir sie, ihr habt sie geerbt also erwerbt sie und fangt etwas damit an.
Also als Erste schlagt den Vater tot! Natürlich rhetorisch. Mit seinen ganzen Worten von Nationen, Ländern, Völkern, Rassen und dem ganzen Ausschluss der Anderen aus der Gesellschaft.
Ach das macht ihr schon? Habe ich noch gar nicht gemerkt. Ja ihr redet nicht mehr über Andersfarbige, Andersstämmige usw, aber ihr schließt schon wieder Andersdenkende aus der Diskussion aus.
Rhetorisch seid ihr leider genau auf dem Level von uns Alten. „Ich liebe alle Menschen“ und „Mit Nazis/Rassisten/Antifeministen/Religiösen rede ich nicht“ schließen sich aus. Wenn ich alle Menschen liebe (den Anspruch habe ich nicht!), dann muss ich mit allen reden. Wenn ich mit jemandem nicht rede, dann spreche ich ihm das Menschsein ab. Somit sind wir also wieder bei „entmenscht“ und anderen Ausdrücken die wir Alten schon hatten und zum großen Teil ablehnten.
Falls ihr es noch nicht gemerkt habt, ihr seid mit dieser Einstellung bereits wieder auf dem Weg in eine Gesinnungs-Diktatur. Eure Welt wird bunter durch Andersfarbige, dritte und vierte Geschlechter und Ähnliches, wird aber grauer durch den Ausschluss von Andersdenkenden. Ihr müsst und sollt sie nicht lieben aber ihr müsst und sollt euch mit ihnen auseinandersetzen. Also mit ihnen, nicht nur über sie, reden. Oder habt ihr Angst vor ihren Gedanken? Ihr selbst wohl nicht aber ihr habt Angst, dass diese Gedanken auf Leute übergreifen die auf ihre Fragen einfache Antworten suchen.
Allein diese These führt schon wieder dazu, dass ihr euch als Elite betrachtet. Somit schließt ihr schon wieder Andere aus. Nämlich diejenigen die euren Gedankengängen nicht folgen können oder wollen. Fazit, sie gehen zu den Andersdenkenden, zu denen die einfache Antworten bieten, und vergrößern die Anzahl der Ausgeschlossenen.
Wenn ihr also den rituellen Vatermord endlich mal richtig durchziehen wollt, anders als wir es getan haben, dann überlegt mal ob ihr vielleicht den Ausschluss aus der Gesellschaft und dem Diskurs als Erbe ausschlagt.
Sucht euch etwas anderes aus unserem Erbe aus. Etwas was sich lohnt, dass ihr es erwerbt und besitzt.