Save Your Internet II

Eigentlich sollte ein Geier auf dem Buch sitzen – man nimmt was man findet…

Heute ist Demo-Tag, ich nehme selbstverständlich an der Demonstration in Leipzig teil. Entgegen meinen früher gemachten Aussagen habe ich mich auch entschieden noch mal „in den Sattel“ zu steigen. Das heißt: Ich kandidiere für die Piratenpartei bei der Wahl zum Leipziger Stadtrat im Wahlkreis 8. Zwar bin ich nicht mehr (noch nicht wieder) Mitglied der Piratenpartei, aber trotz meines Austritts habe ich mich nie von den ursprünglichen Zielen distanziert. Das ist aber ein anderes Thema.

Urheber-Rechte

Eine kurze Anmerkung zu meiner Teilnahme an der heutigen Demo. Für mich ist die europäische Richtlinie zum Urheberrechtsschutz, besonders die Artikel 11-13 (15-17), ein Angriff auf die open-source-Kultur im Internet. Sie dient weniger dem Schutz der Urheber – sie dient dem Schutz der Rechte-Verwerter. Ich möchte das an einem Beispiel erläutern, aber erst ein Hinweis zum Framing – besser der Propaganda. Die Diskussion wird oft beschränkt auf Videos, Musik und Zeitungsartikel, im Hintergrund geht es für mich aber oft um den Zugang zum Weltwissen und zur Bildung.

Rechte am Weltwissen

-s geht nicht (nur) um Wikipedia, es geht um die Branche der Wissenschaftsverlage und besonders der Schulbuchverlage. Hier wird das Recht am Weltwissen Verlagen zugestanden die damit Geld-Druckmaschinen betreiben. Dieses Wissen wurde teilweise in der Vergangenheit erarbeitet und erforscht – teilweise mit öffentlichen Geldern finanziert erforscht – es wird oft verbunden mit pädagogischen Ansätzen die ebenfalls so erarbeitet wurden, Jedes Jahr muss eine neue Generation (Jahrgang) von SchülerInnen und StudentInnen diese Bücher erwerben. Leichter kann Geld nicht verdient werden. Dieses Modell soll nun in der digitalen Welt zementiert werden – d.h. die digitalen Ausgaben sollen ebenso geschützt werden wie die analogen. Open-Source-Bildungsplattformen wird damit die Arbeit erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht.

Urheberrecht

Ich bin für das Recht der Urheber an ihrem Werk, einschließlich des Rechtes von ihrer Arbeit leben zu können – meinetwegen können sie damit auch reich werden. Daraus leitet sich für mich aber kein Recht auf Besitz von Wissen ab.

Das Recht auf Zugang zu Wissen und Bildung ist in der DNA der PIRATEN verankert – dafür stehe ich – dafür steige ich wieder in den Sattel.

Wir sehen uns heute Mittag auf dem Markt in Leipzig!

Bildnachweis: under CCO by Clker-Free-Vector-Images

30. Januar – update

IMG_20150130_194838Wie zur Bestätigung meines gestrigen Artikels waren es gestern nur 1.500 Legida-Teilnehmer. Die Mitläufer waren wohl ausgeblieben. Lag das am Fußball im Fernsehen, am schlechten Wetter oder woran sonst?

War es vielleicht die Erkenntnis den falschen Leuten hinterherzulaufen? Die LVZ schrieb jedenfalls im Live-Ticker folgende Meldungen:

++ 18.05 Uhr ++ Aus Richtung Dresden und Meißen sind etwa 50 Personen, anscheinend aus der Neonazi-Szene, am Hauptbahnhof eingetroffen.

++ 19.53 Uhr ++ Unter den Legida-Anhängern sind auffällig viele Neonazis. So unter anderem die regionalen Szene-Größen Thomas Gerlach und Tommy Naumann sowie Dieter Riefling, Vertreter nationaler Kräfte aus Nordrhein-Westfalen. Auch viele Menschen aus dem Spektrum der sogenannten Freien Kräfte sind vor Ort.

Das bestätigt die falsche Richtung die die Proteste nehmen. Scheinbar haben die Mitläufer es gemerkt.

Wichtiger als das wogegen Du zu einer Demo gehst ist es, wem Du hinterherläufst.

30. Januar – demokratisch zur Diktatur?

Ich will mich hier bewusst nicht in die Reihen der ‚Alles Nazi‘-Rufer einreihen, aber trotz alledem möchte ich daran erinnern, dass der 30. Januar der Jahrestag der Machtergreifung durch die NSDAP ist.

Warum erscheint mir das im Zusammenhang mit der heutigen Legida-Demonstration wichtig zu sein?

Auf dem Podest der Legida stehen wieder „charismatische (An)Führer“, die des Volkes Meinung beschwören und eine Massenbewegung organisieren wollen. Diese Massenbewegung richtet sich wahlweise gegen „politically correctness“, Gender Mainstreaming, Gutmenschen, Altersarmut, System- oder Lügenpresse, gegen die Parteien und Politiker, die das Recht einseitig auslegen usw, erst ganz am Ende gegen die Islamisierung Deutschlands. Jeder kann etwas Zutreffendes für sich finden.

Viele der Sympathisanten mögen sich aus dem einen oder anderen nachvollziehbaren Grund der Demonstration anschließen, aber wollen die alle wirklich das Gesamtpaket und wie stehen sie zu den Menschen auf der Tribüne?

Wenn ich oben von „charismatischen (An)Führern“ sprach, so meine ich diejenigen, die die für fast alle Menschen auf beiden Seiten des politischen Spektrums annehmbaren Punkte aus dem Programm der Legida rhetorisch gut vortragen.

Aber was würde geschehen, wenn diese Charismatiker an die Macht kämen?

Redner die sich gern als „Einer aus dem Volk“ darstellen, sollte man nach den vorher gemachten Aussagen und nach ihren Taten bewerten. Bei einigen der Legida-Redner kann man dabei auf Sympathie für diktatorische Systeme, erzkonservative Aussagen zur Familienpolitik, ein überholtes Bild der Geschlechterrollen, Homophobie, Nationalismus, Rassismus und ähnliches stoßen. Bei anderen bestand die Deutsche Leitkultur bis zum Legida-Start aus ihrem fanatisch vertretenen Fußballverein. Was ist also von ihnen zu erwarten, wenn sie an die Macht kommen?

Hier ziehe ich den Vergleich zum 30. Januar 1933.

Im Vorfeld der Machtergreifung wurde die NSDAP demokratisch gewählt. Die vorherigen Aussagen und Schriften ihrer Anführer hätten darauf hinweisen können, dass sie keine demokratische Gesellschaft wollten.

Damals war der Zugriff auf die älteren Meinungsäußerungen der (An)Führer technisch schwer möglich. Diese Ausrede gibt es heute nicht, wer sich informieren will kann es auch tun. Wer es nicht tut, der demonstriert sehenden Auges gegen die Demokratie.

Wenn solch charismatische (An)Führer an die Macht kommen, dann endet die freie Meinungsäußerung des Volkes – obwohl sie diese vorher propagieren.

Die Parallele bietet sich geradezu an.

Erst eine Massenbewegung gegen wirkliche und/oder konstruierte Missstände und ihre wahren und/oder konstruierten Ursachen in Gang bringen, dann mittels demokratischer Wahlen die Regierung übernehmen.Bevor sich die Enttäuschung des Volkes über die gebrochenen Versprechen demokratisch äußern kann, wird dieses Volk per „Ermächtigung“ zum Schweigen gebracht.

Unsere jetzige parlamentarische Demokratie mag nicht perfekt sein – sie ist aber besser als eine demokratisch errungene Diktatur.

Deshalb:

Wichtiger als das wogegen Du zu einer Demo gehst ist es, wem Du hinterherläufst.

P.S. Es könnten viele Beispiele genannt werden. Ich betone an dieser Stelle, dass der Text auf charismatische (An)Führer aller Ideologien anwendbar sind. Bezüge zu den Montagsdemonstrationen von 1989 verbieten sich geradezu, es gab keine vergleichbaren Anführer – nur eine allgemeine Ablehnung des Systems.