Katastrophentourismus

Die Nützlichkeit des Katastrophentourismus ist spätestens seit 2002 bekannt, als Gerhard Schröder eine Bundestagswahl gewann weil er in Gummistiefeln, medienwirksam posierend, die Rettungsarbeiten beim Elbehochwasser behinderte.

Auch die aktuelle Katastrophe um den Germanwingsflug 4U9525 brachte Bilder einer Bundeskanzlerin mit sich, die das Katastrophengebiet medienwirksam überflog.

Die Aussage die dahinter steht ist immer die gleiche „Die BürgerInnen erwarten das von ihren PolitikerInnen“.

Wer sagt eigentlich, dass wir das erwarten?

Es ist die vierte Gewalt im Staate die uns das einredet.

Es sind eben jene Medien die mit der Vermarktung von Katastrophen ihre Auflagen oder Einschaltquoten steigern und sich sogar anmaßen Ermittlungen zu den Unfallursachen nicht nur zu kontrollieren, sondern diese sogar durchzuführen.

Bilder entscheiden heute über die Arbeit von PolitikerInnen und wir fallen darauf herein.

Eine Kanzlerin die betroffen in der Nähe der Unfallstelle steht oder ein fast heulender Präsident bei einer Trauerrede, erwarten wir das wirklich?

Wenn es nach den Medien geht, scheinbar ja.

Mir wären PolitikerInnen lieber, die entsprechende Abteillungen anweisen sich Unterlagen über die Opfer erarbeiten zu lassen, um zu sehen wie sie Angehörigen helfen können. Sind Kinder elternlos geworden und brauchen materielle Unterstützung? Brauchen Hinterbliebene psychiatrische Hilfe die von den Kassen nicht bezahlt wird? Kurz, gibt es Probleme die die betreffenden PolitikerInnen wirklich lösen können?

Diese „Haushaltsarbeit“ wäre nicht spektakulär, sie würde aber wirklich helfen. Das aber honoriert die vierte Gewalt nicht. Es gäbe ja keine Bilder.

Bilder und Schlagzeilen sind alles was die vierte Gewalt interessiert, auch wenn einige etwas anderes behaupten. Auch die Schlagzeile die eine Entschuldigung für das vorher gebrachte Bild vom Elternhaus des Copiloten beinhaltet oder die Schlagzeile „Wir löschen unangemessene Beiträge“ sollen Aufmerksamkeit erregen, Auflagen und Einschaltquoten steigern.

Was brauchen wir wirklich?

Wir brauchen Respekt für die Opfer und die Hinterbliebenen.

Wie sich dieser manifestieren soll, darüber sollten wir alle nachdenken.

Das „Wort zum Sonntag“ des Pfarrers Gauck

in der ARD war leider eine Verlautbarung, die eben jener in seinem Amt als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland abgab.

Heute schon an dieser Stelle der Disclaimer:

Ich habe, als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland, die gebührende Achtung für das Amt des Bundespräsidenten. Es liegt nicht in meiner Absicht das Amt oder den Amtsinhaber zu verunglimpfen. (Ich hoffe, dass das reicht.)

Was macht diese Verlautbarung eigentlich so gefährlich für die Demokratie?

Betrachten wir zuerst den Bundespräsidenten. Dieser ist, im Gegensatz zu der von ihm kritisierten Partei „Die Linke“, nicht durch das Volk in seine Regierungsverantwortung gewählt. Seine Person im Amt ist das Ergebnis eines politischen Kuhhandels (sorry, ich muss das mal so deutlich sagen), was sein Amt aber nicht entwertet. Gerade dieses Wahlprocedere sollte ihm aber eine scharfe Sicht auf demokratische Prozesse im Land gewähren.

Zu seinen Aussagen im „Wort zum Sonntag“ ist eigentlich nicht viel zu sagen.

„Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren“

Herr Gauck, haben Sie sich schon einmal gefragt wie viele Menschen Ihrer Altersklasse sich, abseits von Ostalgie, fragen warum sie sich heute Sorgen um Altersarmut machen – dies aber in der DDR nicht taten – und dann Die Linke wählen?

„Ist die Partei, die da den Ministerpräsidenten stellen wird, tatsächlich schon so weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können?“

Beschränkt man die Sicht auf Thüringen, dann erhebt sich doch eher die Frage welcher Partei, in der heute noch Mitglieder von DDR-Parteien sitzen, die BürgerInnen Thüringens vertrauen können. Wichtig ist das aber nicht wirklich. Bodo Ramelow ist kein ehemaliges SED-Mitglied. Viele der Partei-Mitglieder sehen, vielleicht naiverweise, eher die Vorstellung eines wirklich demokratischen Sozialismus (nein, das ist kein Widerspruch) als die Unterdrückungsmentalität der alten SED-Führung , als Motiv ihres politischen Handelns an.

„Es gibt Teile in dieser Partei, wo ich – wie viele andere auch – Probleme habe, dieses Vertrauen zu entwickeln.“

Herr Gauck, in welcher Partei gibt es die nicht?

Welche Teile von welchen Parteien verstecken sich eigentlich hinter den ständigen Bestrebungen uns alle, selbstverständlich zu unserem Besten, zu überwachen?

Welche Teile von welchen Parteien wollen uns, die StaatsbürgerInnen, entmündigen indem man uns, unter dem Deckmantel des Geheimnisschutzes, Informationen vorenthält die für den demokratischen Prozess wichtig sind? Ich denke da an TTIP und den NSA-Untersuchungsausschuss.

Welche Teile von welchen Parteien klüngeln in Hinterzimmern mit Lobbyisten um nach dem „Dienst am Volke“ einen einträglichen Job in der Wirtschaft zu erhalten? (Ich weiß, Sie tun das nicht.)

Welchen Parteien sollen die BürgerInnen, nicht nur die in Thüringen, vertrauen?

Das müssen die BürgerInnen selbst entscheiden – ganz demokratisch.

Das haben diese getan – und das ist gut so. Wenn die SPD-Basis nun entscheidet, dass ihre Partei an einer von Bodo Ramelow geführten Regierung teil hat – dann ist das Ergebnis eines demokratischen Prozesses.

Die Bedenken des Bürgers Joachim Gauck dürfen nicht das Amt des Bundespräsidenten beschädigen.

P.S. Aus Achtung vor dem Amt des Bundespräsidenten habe ich die Verlautbarung zur Thüringen-Wahl als „Wort zum Sonntag“ betrachtet.

Eine unwahrscheinliche Allianz

formiert sich in Nahost. Der große Satan* USA und der Gottesstaat Iran werden eventuell gemeinsam oder zumindest zeitgleich gegen die sunnitischen „Gotteskrieger“ der ISIS kämpfen.

Es scheint, als erfülle sich eine Vermutung, die ich schon länger habe. Mit dem Sturz Sadam Husseins und seiner Baath-Partei durch die USA veränderte sich das Machtgefüge in der Region entscheidend. Mag jeder über die Diktatur der Baath Partei denken, was er will (Ich bin der festen Meinung, dass es ein verbrecherisches Regime war!), aber es darf nicht vergessen werden, dass diese sunnitische Partei ein Volk regierte, welches zu mehr als 60% aus Schiiten besteht. Die schiitische Bevölkerungsmehrheit und die kurdische Minderheit wurden von der regierenden Baath-Partei unterdrückt, wobei die Schiiten schon immer, zumindest moralisch, vom schiitischen Iran unterstützt wurden. Wir Europäer und die US-Amerikaner verkennen oft, dass der Islam, in diesem Falle in der schiitischen Ausprägung, als einigendes Element für seine Gläubigen über den ethnischen Differenzen zwischen Persern und Arabern steht.

George Bush sen. und seine Regierung führten deshalb den ersten Golfkrieg mit dem begrenzten Ziel**, den Irak aus Kuweit zu vertreiben und ihn zu schwächen. Es ging ihnen nicht darum die Baath-Regierung zu stürzen.

Der größenwahnsinnige Junior hingegen war der Meinung, dass er mit der Vertreibung der Baath -Partei aus der Regierung einen pro-amerikanischen Staat aufbauen könne.

Der heutige US-Präsident Barack Obama steht nun vor einem Dilemma. Da die USA, trotz aller Absichtserklärungen und gegenteiligen Beteuerungen, den Irak in einem chaotischen Zustand zurück gelassen haben, kann er den Vormarsch der sunnitischen ISIS Krieger nicht hinnehmen. Als geringeres Übel werden die USA vermutlich die Einmischung des Iran betrachten, der seine Glaubensbrüder schützen wird. Dabei dürfte ausschlaggebend sein, dass der derzeitige iranische Präsident Rohani gegenüber seinem Vorgänger als moderat erscheint.

Wie die Auswirkungen für den Irak sein werden, ist noch nicht absehbar. Allerdings ist es denkbar, dass die Regierungsallianz aus Präsident Talabani (Kurde) und seinen Vize-Präsidenten al-Haschemi (Schiit) und al-Khozaei (Sunnit) durch einen mit Hilfe des Iran errungenen Sieg über die ISIS-Truppen zerbricht. Sieger, wenn man von einem solchen sprechen kann, wäre dann wohl der schiitische Flügel.

Die von Bush sen. befürchtete Allianz von Iran und Irak unter Führung des Iran könnte bevorstehen.

Über die Auswirkungen auf die Region brauchen wir uns keine Illusionen zu machen.

Unser Bundespräsident sollte dies als warnendes Beispiel für sein „Ja zu einer aktiven Teilnahme an Konfliktlösungen im größeren Rahmen“ nehmen.

Militärisch gelöste Konflikte haben die Tendenz, nie aufzuhören.

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* „Großer Satan“ ist eine auf Chomeini zurückgehende Bezeichnung für die USA.

** „begrenztes Ziel“ oder begrenzte Militäraktion steht im militärischen Sprachgebrauch für einen Militäreinsatz der nicht zur Zerschlagung des Gegners führen soll.