Nationale Feiertage sollten verboten werden,

zumindest in Deutschland, wo sie stets in Peinlichkeiten ausarten. So war der offizielle Nationalfeiertag der Deutschen, der 3. Oktober, in diesem Jahr bedeutungslos, da es erst der 24. Jahrestag war. Dafür wurde der 25. Jahrestag des Mauerfalls zum Quasi-Feiertag für die Deutsche Nation erklärt.

Es passte ja auch perfekt. Ohne den Kalender ändern zu müssen, hatte die Republik aufgrund des Sonntages frei – also konnte es so richtig krachen.

Bevor ich es krachen lasse, einige kurze Vorbemerkungen zum Verständnis:

Für viele der sich 1989 bereits im Erwachsenenalter befindlichen DDR-Bürger ist der wichtigere Gedenktag der 9. Oktober, der Tag, an dem die SED-Regierung kapitulierte und die Demonstrationen in Leipzig und anderswo trotz lauten Nachdenkens über eine chinesische Lösung nicht zerschlug.

Der 9. November ist eine Farce: Ob nun beabsichtigt oder wegen eines dubiosen Zettels verkündete Schabowski die Reisefreiheit „ab sofort“ und der durch das Stillschweigen der Vorgesetzten in die Resignation getriebene Oberstleutnant Jäger öffnete den ersten Grenzübergang.

Sorry Leute, da war von der „friedlichen Revolution“ keine Rede – das war der (un)organisierte Zusammenbruch des DDR-Grenzregimes, das war die Vorwegnahme einer anstehenden politischen Entscheidung der entmachteten DDR-Führung, um auch die Ostberliner an der „Revolution“ zu beteiligen.

Ein erster organisierter Versuch, die „ernsthaften Dissidenten“ an die Spitze der Revolution zu stellen, war ja schon am 4. November 1989 von der DDR-Bevölkerung nicht genügend gewürdigt worden. Da gab es die Alexanderplatz-Demonstration, die wenigstens ordentlich genehmigt war und auf der endlich mal die richtigen Namen ins Spiel gebracht wurden. In Leipzig war es ja nur eine inhomogene Menschenmasse – das konnte ja kein Dauerzustand bleiben.

Das ZK der SED hatte aber nicht weit genug gedacht, sonst hätte Schabowski die Reisefreiheit einen Tag früher oder später verkündet und somit die Überschneidung mit dem Gedenken an die Reichspogromnacht vermieden. Aber wer ist schon perfekt?

Aber jetzt Vorwärts zum 25. Jahrestag des Mauerfalls und hier bekommt auch Wolf Biermann seinen Auftritt, der ihm am 4. November 89 von den bösen DDR-Behörden verwehrt worden war. Also setzt er auch an jenem Punkt an und erklärt unter dem Beifall demokratisch gewählter Abgeordneter des Deutschen Parlaments die Partei „Die Linke“ zum „elenden Rest dessen, was zum Glück überwunden ist“. Genau, er ist beim 89er Stand und hat gerade so bemerkt, dass es die SED nicht mehr gibt und ein kleiner Teil ehemaliger SED Angehöriger beschlossen hat, linke Politik in Deutschland zu machen. Zusammen mit Westdeutschen, denen nicht einmal Nähe zur DDR-Staatspartei nachgesagt werden kann und mit vielen durch den Zeitpunkt ihrer Geburt unverdächtigen, jungen Menschen in den östlichen Bundesländern. Er bezeichnet diese Partei als „Drachenbrut“, erhebt sich selbst zum „Drachentöter“ und ist doch nicht einmal der elende Rest einer DDR-Opposition. Er war schließlich nur ein Provokateur mit Sonderstatus, so wie viele DDR-Künstler. Andere Oppositionelle wurden nicht an der Wiedereinreise gehindert – sie wurden einfach eingesperrt.

Sein Auftritt ist auch nur wichtig, weil er etwas über unser Parlament und das Selbstverständnis sogenannter Demokraten zeigt. Dazu sage ich nichts, das hat Hans Christian Ströbele besser ausgedrückt, als ich es könnte.

Gregor Gysi, der nach Biermann dran war, machte das einzige, was kein Fehler sein kann: Er reagierte wie der deutsche Waldbaum, wenn sich das rauhäutige Wildtier an ihm reibt – er blieb unerschütterlich. Danke dafür.

Ich habe oben schon angedeutet, dass es natürlich die Schuld des ZK der SED ist, wenn auf Grund des Datums aus einem „Lichtermeer“ in Erfurt ein „Fackelaufzug“ gemacht wird. Dafür sollte man die Betreffenden heute noch einsperren.

So bleibt also nur eines:

Verbietet den Deutschen nationale Feiertage!

Die können nicht feiern, es wird immer nur peinlich.

Aber wir können ja nicht mal Ostern – so wegen Tanzverbot und „Leben des Brian“. Schade eigentlich.

Aktivismus und Journalismus, geht das?

Die in der ZEIT aufgeworfene Frage lässt sich wohl an einem Beispiel von gestern leicht beantworten. Allerdings nicht aus der ZEIT sondern aus der WELT. Der „Chef-Journalist“ Günther Lachmann, wobei ich Chef nicht bestreite, schreibt über den Parteitag der Piratenpartei.

Bereits der Einstieg ist aktivistisch.

…Partei, die bei der Bundestagswahl scheiterte.*

Also eine allgemeine Beschreibung aller Parteien die nicht im Parlament vertreten sind. Sollte man meinen, wenn da nicht gleich in einem der ersten Sätze die Kampfrhetorik ganz aktivistisch zuschlagen würde.

Es könnte das letzte Aufbäumen einer Partei sein, die schon bei der Bundestagswahl im vergangenen September vernichtend geschlagen schien.*

„Letztes Aufbäumen“ und „vernichtend geschlagen“ welch schöne Ausdrücke. Besonders wenn man sie im Zusammenhang mit dem Schlussabsatz sieht.

Dort zitiert er Peter Schaar:

Es reiche nicht aus, wenn die Piraten nur die richtigen Fragen stellten, … Sie müssten auch überzeugende Antworten geben. „Davon aber sind sie derzeit weit entfernt“*

Das stimmt schon, aber auch Peter Schaar meint mit überzeugenden Antworten wohl nicht unbedingt einfache Antworten.

Das folgende Zitat von Wolfgang Merkel, Direktor des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, hat ihm wohl noch besser gepasst:

…die Frage, ob die Piraten noch gebraucht würden, „wurde bei der vergangenen Bundestagswahl von 97,8 Prozent der Wähler mit Nein beantwortet“. Merkel wörtlich: „Ich schließe mich diesem überwältigenden Votum an.“*

Ehrlich, eine private Meinung eines Direktors eines Instituts interessiert mich wenig. Zumal wenn ich bedenke, dass die Große Koalition bestehend aus CDU/CSU die von 58,5 % der Wähler und SPD die von 74,3 % der Wähler nicht gewollt sind, uns regiert.**

Politischer Aktivismus eines Glenn Greenwald ist mir da weitaus lieber.

piraten-antworten

Ich hab meinen „Wahlkampfslogan“ nicht bearbeitet, der gilt auch für die Europawahl.

* Quelle:  der oben verlinkte Artikel WELT 04.01.2013

** Quelle der Zahlen: Endgültiges amtliches Ergebnis der Bundestagswahl 2013