Wenn die Diktatur wiederkommt, dann wird sie sagen: "Danke Demokratie, dass Du für mich die optimalen Voraussetzungen geschaffen hast." [Thomas Köhler]
Wenn ich meine Sympathie für Katja Diehl oder den ADAC äußern sollte, dann läge die wohl eher bei der Erstgenannten, obwohl ich durchaus für den ADAC auch gewisse Sympathie hege. Hier aber liegt Katja falsch.
Im Artikel, auf den sie sich bezieht, wird keineswegs behauptet, dass Verbrennerautos die Klimaanlagen „for free“, zumindest enrgetisch, betreiben. Das wird einfach nicht thematisiert, was durchaus Kritik hervorrufen kann.
Nein, es geht ausschließlich um die Reichweite von Elektroautos bei Betrieb der Klimaanlage, also bei hohen Temperaturen. Zumindest beim Thema Klimaanlage, ansonsten geht es im Artikel um Akkus und Ladesäulen.
Klar, wenn alles, also Motor und sämtliche anderen Verbraucher, ihre Energie von einem Akku beziehen dann ist der Akku schneller leer, wenn mehr Verbraucher eingeschaltet werden.
Das ist übrigens beim Verbrenner genau so, schaltet man mehr Verbraucher ein dann wird für diese mehr Energie benötigt. Schaltet man die Klimaanlage bei einem Verbrenner ein, dann nimmt der Klimakompressor etwas von der Motorleistung weg und der Kraftstofferbrauch erhöht sich – ergo die Reichweite des Fahrzeuges sinkt. Der Winterbetrieb ist da effektiver, die Motorwärme die sonst sinnlos an die Außenluft abgegeben wird dient der Heizung des Fahrzeuginnenraumes.
Auch elektrische Verbraucher haben beim Verbrenner diesen Effekt, d.h. die Lichtmaschine muss mit höherer Leistung laden, der vom Motor abgezapfte Energieverbrauch steigt – weiter siehe oben.
Der Unterschied ist, wir merken es nicht gleich.
Die Fahrer von Verbrenner-Autos wissen das natürlich zum Teil und versuchen gegenzusteuern, deshalb, also wegen der Energiebilanz, verzichten manche Fahrer auf das Blinken beim Abbiegen.
Liest man den Artikel, nicht nur die Überschrift, dann steht da auch nichts anderes drin.
Für das Kerngeschäft des ADAC, die Pannenhilfe, ergibt sich hier tatsächlich ein Problem. War früher bei Verbrennerautos mit Kraftstoffmangel der Kanister Sprit eine erfolgreiche Pannenhilfe, muss ein Elektroauto mit Strommangel zur nächsten Ladesäule abgeschleppt werden.
Das nun wieder, liebe Katja, macht der ADAC. Deshalb ist es sinnlos auszutreten – mangels Alternativen.
P.S. Ich bin der Meinung, dass Elektroautos bei der Mobilitätswende eine Rolle spielen – sie sind aber nicht die Lösung des Mobilitätsproblems. Zumindest nicht wenn Verbrenner 1:1 durch Elektro ersetzt werden.
Dass die Bild Unsinn schreibt – oder auch Tatsachen in abweichender Form präsentiert, das ist nicht nur mir bekannt. In letzter Zeit hat sie sich auf die Callcenter-Branche, in der ich arbeite, eingeschossen.
Ich will das nicht unkommentiert lassen.
Wie unschwer aus der Überschrift zu sehen, geht es um die Arbeitenden an den Hotlines und somit in den Callcentern.
Die letzten Beiträge in „Deutschlands größter Tageszeitung“ stellten die Lage so dar, als ob dort nur inkompetente, faule, betrügerische und unterbezahlte Menschen arbeiten. Den letzten Punkt kann man vielleicht so stehen lassen – der Rest ist eine „urban Legend“, die eben von solchen „Qualitätsjournalisten“ und „Zeitungen“ willfährig bedient, besser gesagt geschaffen, wird.
Hotline – technische Support
Das ist mein Arbeitsgebiet, ich mache diesen Job schon eine Weile und meist auch gern. Wer Interesse hat, kann dazu einiges hier lesen. Im heutigen Artikel:
Die größte Telefonaktion zu DSL- und Mobilfunk-Ärger
verspricht die Bild nun, dass morgen „Im ersten Anlauf geholfen wird“ – das haben die Anbieter der Bild versprochen.
Unsere tägliche Arbeit
Genau das ist es, im ersten Anlauf helfen – das machen wir täglich. Aber es gibt da Missverständnisse mit den Kunden. Wenn ich selbst Kunde bin, dann muss ich mir das auch immer wieder in Erinnerung rufen.
Der erste Anlauf
Ich weiche mal vom Callcenter ab und gehe auf meine alte Arbeit, also Pannenhilfe und Abschleppdienst im Auftrag des ADAC, zurück. Es war Samstagnacht, kalt und nass, ein Kunde aus Bayern stand mit seinem defekten Auto auf der A1 bei Bremen. Er war ADAC-Mitglied und hatte Anspruch auf Pannenhilfe oder Abschleppen zur nächsten Werkstatt. Das Auto hat einen Motorschaden, also nichts mit Pannenhilfe, ich schleppte es zur nächsten Werkstatt und bot dem Kunden an ihn zu einem Hotel zu fahren oder ihm einen kostenpflichtigen Mietwagen zur Verfügung zu stellen. Das war „im ersten Anlauf geholfen“, auch wenn der Kunde seine Fahrt nicht wie geplant fortsetzen konnte.
An der Hotline
Nochmal, dort sitzen meist gut ausgebildete und kompetente Mitarbeiter, versehen mit modernster Technik zur Behebung von Fehlern, die mit Fernwartung behebbar sind. Oft beschäftigen wir uns auch mit dem „Fehlerbild User“, welches nicht selten auftritt. Trotzdem ist die „Hilfe im ersten Anlauf“ oft, also öfter als uns lieb ist, z.B. der Einsatz eines Außendienst-Technikers vor Ort. Der muss terminiert werden und kann oft nicht so schnell erscheinen wie der Kunde es sich wünscht – wir würden die Kollegen gern sofort schicken, leider ist das oft nicht möglich.
Es wird wohl noch schlechter werden
Grund dafür sind weniger die Tekommunikations-Anbieter, es wollen einfach zu wenige junge Menschen diese Berufe erlernen und ein erheblicher Teil der Service-Techniker ist näher an meinem Alter, als in dem zwischen 25 und 35 Jahren.
Fazit zum Bild-Arikel
Dieser Artikel suggeriert, dass die Bild die Kunden rettet und uns ins Gesäß tritt. In Wirklichkeit machen wir diese Arbeit täglich – an 365 Tagen im Jahr und oft 24 Stunden am Tag (für die Korinthenkacḱer: Hier ist natürlich Schichtarbeit gemeint).
Zur Einleitung sei mir eine kleine Fiktion des Jahres 2040 gestattet.
Seit einem Jahr sind Benzin- und Dieselautos in Leipzig verboten, die Straßen werden von autonomen Elektroautos (AEA) dominiert. Am Morgen eines sommerlichen Werktages gegen 04.00 Uhr, stehen in ehemals wild zugeparkten Straßen diese AEAs mit 20 cm Abstand zueinander wie an einer Schnur aufgereiht – ein schönes ordentliches Bild. Dieses ändert sich, als gegen 5.30 Uhr die Autos leise schnurrend erwachen, autonom ausparken und sich auf die Suche nach ihrem Besitzer begeben. Da der Parkraum knapp ist löst sich der morgendliche autonome Stau gegen 07.00 Uhr auf, als jedes Auto seinen Besitzer gefunden hat. Dieser steigt mit einem Coffee-To-Go und Smartphone ein und beginnt seine Fahrt zur Arbeitsstelle. Der allmorgendliche Stau auf dem Weg dahin ist nicht so schlimm, denn seit er sich nicht mehr mit dem Fahrzeug beschäftigen muss, loggt er sich schon mal ins Firmennetzwerk ein und beginnt mit der Arbeit. Am Arbeitsplatz angekommen, steigt der Besitzer des AEA aus und dieses begibt sich leise surrend auf die Suche nach einem Parkplatz für den Tag.
Hier breche ich ab.
Es sei mir hier eine persönliche Betrachtung gestattet. Ich war 1976 stolz als ich mein erstes Auto kaufte (Bild). Autofahren machte Spaß und es war uncool mit der Straßenbahn zu fahren. Heute fahre ich Fahrrad oder ÖPNV, nicht weil ich Autogegner bin, sondern weil das Autofahren purer Stress für mich geworden ist.
Ein wenig Geschichte
Seit meinem ersten Auto (Baujahr 1962, 45 PS, 12 l Benzin 79 Oktan/100 km, Einkreisbremssystem, Diagonalreifen) hat sich vieles geändert und ich konnte das live miterleben, unter anderem als Mitarbeiter beim Straßendienst des ADAC. Das Gewicht der Fahrzeuge hat sich verringert, die Motorenleistung ist gestiegen bei gleichzeitigem Rückgang des Verbrauchs und des Schadstoffausstoßes. Auch die Sicherheitsvorkehrungen haben sich verbessert. Sicherheitsgurt, ABS, ESP und ähnliche Vorrichtungen schützen den Autofahrer und bedingt auch andere Verkehrsteilnehmer. Jetzt kommt die nächste Stufe: Für die Umwelt soll es der Elektroantrieb sein und für die Sicherheit der Fahrassistent, dieser soll in der höchsten Stufe den Fahrer völlig ersetzen.
Stimmt das alles so?
Ich gebe zu, dass ich da skeptisch bin. Das Elektroauto soll mit Öko-Strom betrieben werden, aber der ökologische Fußabdruck der Solar- und Windanlagen ist für mich noch nicht völlig nachvollziehbar. Das heißt: Wann wird dieser ökologische Fußabdruck, zieht man den Material- und Energieaufwand für Produktion, Aufstellung und Unterhaltung in Betracht, wirklich kleiner? Was passiert, wenn die Anlagen der ersten Generation ersetzt werden müssen? Gleiches gilt für das Auto selbst, besonders für die Akkumulatoren. Auch hier gilt: Ich bin kein Gegner der Energiewende, aber in welcher Form sind Autos ein Garant für diese?
Mein größtes Problem ist aber das autonome Auto. Nun hat unser allseits beliebter Herr Bundesverkehrsminister Dobrindt eine Ethikkommission einberufen um ethische (besser rechtliche) Fragen des autonomen Fahrzeuges zu klären.
Brauchen wir autonome Autos?
Ich werde später auf die Frage eingehen, ob wir überhaupt immer mehr Autos brauchen. Aber hier schon mal ein Zitat aus einem älteren Beitrag, welches meine Desillusion für eine vernünftige Verkehrspolitik ausdrückt:
Wie ernst ist den Politikerndie Forderung nach einer neuen Verkehrspolitik?
Diese Frage ergibt sich zwangsläufig aus der Tatsache, dass Deutschland im allgemeinen und Leipzig im speziellen „am Tropf der Automobilindustrie hängen“. Eine Abnahme des „motorisierten Individualverkehrs“ bringt zwangsläufig eine Verringerung der Absatzzahlen dieser Industrie und der damit verbundenen Wirtschaftszweige mit sich.
Für mich ist das autonome Auto für den motorisierten Individualverkehr einfach eine Absurdität. Es mag sein, dass der Fahrassistent eine Gefahr schneller erkennt als ein menschlicher Fahrer und effizienter reagieren kann, aber was bedeutet das? Das Auto fährt mit einer angepassten Geschwindigkeit (natürlich orientiert an der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) auf dem effektivsten Weg (gesteuert über GPS, gekoppelt mit der aktuellen Verkehrslage) von A nach B. Tritt eine Gefahrensituation auf, dann entscheidet das Auto nach Effizienzkriterien – also dem geringst möglichen Schaden über die Reaktion.
Wo sind die ethischen Aspekte?
Ich habe mit Absicht meine Vision an den Anfang des Artikels gestellt. Wenn das autonome Auto erst einmal eingeführt und für den Straßenverkehr zugelassen ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis dem Gesetzgeber einfällt, dass nur noch dieses im Straßenverkehr genutzt werden darf. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Der Fahrassistent macht nicht die Fehler menschlicher Fahrer. Dominiert dann das fehlerfreie autonome Auto, sind es nur noch Fußgänger und Radfahrer die Fehlerquellen im Straßenverkehr darstellen. Diese werden also juristisch gesehen generell die Verursacher von Unfällen sein, sieht man von technischem Versagen ab. Dem Effizienzkriterium des Fahrassistenten, welcher ja ethisch und juristisch programmiert sein wird, entspricht es dann eher, einen Fußgänger (schuldig) zu verletzen als den Insassen eines anderen autonomen Autos (schuldlos). Der Fahrassistent entscheidet dann vielleicht noch zwischen den verschiedenen Fußgängern und Radfahrern, die er verletzen könnte, aber damit hat es sich.
Wo hat die Fiktion Anhänger?
Wo ist die Anhängerschaft des autonomen Autos zu finden. Die Hardcore-Fans finden sich gehäuft in den Vorstandsetagen der DAX-Konzerne (für Deutschland). Wen wundert es, es geht schließlich letztendlich um die Erneuerung des gesamten Kfz-Bestandes. Die Politik handelt hier wieder als Interessenvertreter der Wirtschaft. Für Juristen ist die Einführung autonomer Autos ebenfalls ein Glücksfall. Nachdem das Rechtssystem die Digitalisierung des merkelschen Neulandes verpasst hat, wollen sie hier von vornherein dabei sein. Es geht um Gesetzesänderungen, Zulassungen für den Straßenverkehr, Haftungsfragen aber auch um die grundsätzliche Frage des Führerscheinrechts. Braucht der Mensch noch einen solchen, wenn nur noch das Ziel eingegeben werden muss? Da gibt es über viele Jahre viel Geld zu verdienen.
Brauchen wir autonome Autos?
Etwas scherzhaft haben es die Freunde von CriticalmassMuenchen mit dem nebenstehenden Tweet ausgedrückt. Aber ganz ernsthaft: Wir brauchen autonome Autos nicht als Massenware für den motorisierten Individualverkehr. Wir brauchen neue ÖPNV-Konzepte, Car-Sharing, Verbesserung der Infrastruktur für Radfahrer und Fußgänger und alles was den motorisierten Individualverkehr überflüssig macht – ganz ohne Feindschaft zu autofahrenden Mitmenschen.