Leipzig – Franz Dominic Grassi

Ein Beispiel für den Bürgersinn und den Einfluss Leipziger Bürger für die Entwicklung der Stadt Leipzig.

Am 14. November 1880 verstarb in Leipzig der Kaufmann Franz Dominic Grassi. Wenige Stunden, nachdem er mit

seltener Feierlichkeit auf dem alten Johannisfriedhof im Familienbegräbnis beigesetzt

worden war, ließ Leipzigs Oberbürgermeister Otto Georgi die Stadträte auf das Rathaus bestellen. Er teilte ihnen mit,

dass Herr Grassi die Stadt zur Universalerbin eingesetzt habe. Es seien zwar Legate im Betrag von 1.150.000 Mark im Testament ausgesetzt, den übrigen Nachlass solle aber die Stadt erhalten. Der Umfang des Vermögens lasse sich noch nicht genau übersehen, es werde wahrscheinlich ein Betrag von gegen 1.150.000 Mark sein.

Zehn Tage später hatte man sich Klarheit verschafft: Das Grassische Vermögen umfasste gegen 3,3 Millionen Mark, davon fielen 2,3 Millionen Mark an die Stadt. Bereits eine Woche nach Grassis Tod notierte der Protokollant der Ratssitzung:

Man beschließt die Erbauung eines Museum Grassi zur Aufnahme des Völkermuseums und des Kunstgewerbemuseums mit Majorität.

Franz Dominic Grassi wurde am 7. Mai 1801 in Leipzig geboren. Seine Familie stammte aus Lucca, in der Toskana und wanderte Mitte des 18. Jahrhunderts nach Deutschland ein.

Dem finanziellen Nachlass des Franz Dominic Grassi, und dem Entscheid des Leipziger Rates verdankt Leipzig das Gebäude der Stadtbibliothek am Wilhelm-Leuschner-Platz (Königsplatz), welches als erstes Grassimuseum gebaut wurde. Der Bau entstand ab 1891, Architekt was Hugo Licht und das Museum wurde am 5. Februar 1896 in Anwesenheit des sächsischen Königspaares König Albert und Königin Carola eröffnet. Nach dem Bau des Neuen Grassimuseumsam Johannisplatz (1925), diente das alte Museum bis 1945 als Textil-Messehaus. Nach dem Wiederaufbau wurde es ab 1951 als Verwaltungsgebäude genutzt und seit 1991 als Leipziger Stadtbibliothek.

Grassi-Museum, Entwurf v. Hugo Licht

Besucher von Leipzig müssen sich aber bis 2012 gedulden, das Gebäude wird saniert.

Ein kleiner Auszug aus den Legaten des Testamentes von Franz Dominic Grassi zeigt, dass er nicht nur die Stadt Leipzig, seine Verwandten und Freunde bedachte.

So bekamen je 5.000 Taler:

– die Leipziger Armenanstalt

– die Heilanstalt für arme Augenkranke zu Leipzig

– die Taubstummenanstalt zu Leipzig

– die Stiftung zur Beköstigung Studierender außerhalb des Convictes

– der Unterstützungsverein der Handlungsgehilfen zu Leipzig

– der Pensionsfonds des Leipziger Stadttheaters

– der Leipziger Kunstverein für Gemäldeankauf für das städtische Museum

– die Gesellschaft Erholung zu Leipzig und

– Max Meyer, Bankhaus Meyer & Co., zur Weiterreichung an das Personal.

Quelle: Die Leipziger Stadtbibliothek, SAX-Verlag, ISBN 3-934544-14-2, Herausgeber: Stadt Leipzig, Der Oberbürgermeister, Amt Leipziger Bibliotheken und der Verein zur Förderung der Leipziger Stadtbibliothek e.V.

alea iacta est (der Würfel ist gefallen)

In der Nacht hat nun der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou die Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen.

Es wird also keine Volksabstimmung um das Rettungspaket geben, die Opposition fordert sofortige Neuwahlen, die Medien überschlagen sich und wir sind ratlos.

Was ist nun eigentlich passiert? Ist Papandreou nun umgefallen, erpresst von der EU? Hat er nichts erreicht?

Meiner Meinung nach hat er einiges erreicht. Stellen wir hier mal unsere Befindlichkeiten hintenan und denken daran, dass Papandreou griechischer Ministerpräsident ist. Er ist dem griechischen Volk und dem griechischen Staat verpflichtet. Was wir darüber denken ist egal.

Sehen wir uns also die Lage vor der Drohung mit dem Volksentscheid an. Papandreou und seine Pasok-Partei regieren mit einer hauchdünnen Mehrheit, das „Rettungspaket“ ist geschnürt (wie immer man dieses bewertet) und Teile seiner Partei, in der Hauptsache aber die Opposition verweigern die Zustimmung, wegen unzumutbarer Härten die auf das griechische Volk zukommen.

Das ist natürlich ihr Recht und auch ihre Pflicht als Volksvertreter. Aber ist es auch ehrlich?

Papandreou holt nun einen Trumpf (vielleicht auch einen gezinkten Würfel, das werden wir wohl nie erfahren) aus dem Ärmel und ruft den Souverän an. Er fordert ein Plebiszit.

Er hat recht, die Regierung kann nicht regieren, das Parlament ist nicht handlungsfähig. Was soll er sonst tun?

Neuwahlen wären eine Alternative, aber was wären die anderes als ein Plebiszit?

Rücktritt und einem anderen den ganzen Mist überlassen? Das wäre ja wohl wenig hilfreich. Ehrenhaft, man verzeihe mir den Ausdruck, wäre es auch nicht.

Nun kommt der Knüppel aus Deutschland und Frankreich. Was passiert?

Die Opposition knickt ein!

Nach außen hin zwar Papandreou, weil er die Volksabstimmung (man denke an den gezinkten Würfel) zurückruft, aber in Wirklichkeit seine Gegner. Die die ihn blockierten, seine Regierung handlungsunfähig machten um selbst an die Macht zu kommen – die haben Angst!

Also bietet Papandreou seinen Rücktritt an und stellt sich der Vertrauensfrage. Das kann er, er ist reich, hat Macht gehabt und kann auch in den Ruhestand gehen.

Er gewinnt.

Warum?

Weil er „alternativlos“ ist. Die Opposition will seinen Namen mit den Einschnitten, die kommen werden, für das griechische Volk verbinden. Die Abgeordneten der Pasok wollen natürlich an der Macht bleiben. Einigen hat vielleicht auch seine Haltung imponiert.

Nun wird von der Opposition der Rücktritt Papandreous gefordert, damit sie sich an der Übergangsregierung beteiligt. Was für eine Heuchelei.

Sehen wir also was weiter passiert.

Es war ein Lehrstück der parlamentarischen Demokratie, nicht der Demokratie.

P.S. Ich gehe davon aus, dass hier keiner der Beteiligten ein wirklich höheres Motiv für sein Handeln hatte. Das ist vielleicht nicht schön, aber vielleicht verständlich.

DIE ZEIT und der deutsche Held

Auf dem Titelblatt der ZEIT war heute ein stilisierter NVA-Offizier zu sehen mit der Unterschrift Ist das ein deutscher Held?

Es handelt sich hierbei um die Frage, ob man Harald Jäger, den Offizier der am 9. November 1989 den Grenzübergang an der Bornholmer Straße geöffnet hat, als Helden bezeichnen kann.

Man muss hierbei beachten, dass der Bundesminister für Verteidigung diese Frage aufgeworfen hat. Fazit daraus für mich „Unserer Armee gehen die Helden aus!“.

In seiner Rede sagte er:

Lassen sie mich heute – hier in Dresden – darum die Frage aufwerfen, ob man auch in der NVA Traditionswerte finden kann.

Kann vorbildlich genannt werden, wie einige Soldaten der NVA − ihre nahende Auflösung vor Augen − zuverlässig und diszipliniert ihre Waffen und Munitionsbestände vor Missbrauch geschützt haben? Ist es für das Urteil wichtig, dass manche überzeugte Kommunisten waren?

Ein anderes Beispiel: War die Gehorsamsverweigerung des Stasi-Oberstleutnant Harald Jäger am Berliner Grenzübergang Bornholmer Straße am Abend des 9. November 1989 eine vorbildliche Einzeltat? Von seinen Vorgesetzten allein gelassen, hatte dieser, nur auf sein Gewissen hörend, auf eigene Faust entschieden, die Kontrollen einzustellen und die Grenzübergangsstelle zu öffnen.

Ich kann und will für solche Beispiele heute keine Antwort geben. Ich will sie aber zur Diskussion stellen. Was macht es aus, dass aus einer Einzeltat eine Tradition werden kann?

Ich möchte hier nicht auf die Diskussion in der ZEIT eingehen, so interessant sie auch ist.

Aber, Herr Minister, eigentlich war es ja keine Gehorsamsverweigerung die Jäger begangen hat. Seine Vorgesetzten waren nicht erreichbar, oder gaben keine Befehle und ein hohes Regierungsmitglied hatte eine „Reiseregelung“ ab sofort verkündet, die missverständlich war. Er versuchte also den Anschein einer Reiseregelung aufrecht zu erhalten, indem er erst noch Ausweise stempeln ließ, später resignierte er einfach.

Resignation ist aber nicht heldenhaft.

Dass die NVA inzwischen durchaus Anteil an den Traditionen der Bundeswehr hat, ist für mich klar. Es wurden ja schließlich Angehörige der NVA integriert.

Nehmen wir doch lieber die als Helden die, trotz großer Bedenken gegen ihren Einsatz, ihre Befehle heute ausführen und dabei fallen oder verwundet werden.