Trumputin – ein Rant

Ein Trumputin ist die Maßeinheit für die Wahrscheinlichkeit, mit der die Ursache eines künftigen Ereignisses dem Ergebnis der US-Wahl 2016 und der unterstellten Nähe des designierten US-Präsidenten zum russischen Präsidenten zugewiesen wird.

Ich habe mich bei der Definition der neuen Maßeinheit an Micromort orientiert.

Ein Mikromort ist eine Maßeinheit für Risiko und bezeichnet eine Wahrscheinlichkeit von 0,000001 (eins zu einer Million), zu sterben. (Wikipedia)

Allerdings habe ich das „mikro“ weggelassen. Die meisten Ergebnisse kann man hier mit 1 oder 0 ausdrücken – also „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ oder „eher unwahrscheinlich“.

Die Definition ist natürlich unvollständig und auch nicht korrekt. Richtig müsste es heißen:

Ein Trumputin ist die Maßeinheit für politische Ausreden.

Ein Beispiel gefällig?

Das Erstarken der nationalistischen Bewegungen in Westeuropa ist bereits seit einigen Jahren zu verzeichnen. Ob nun die FN in Frankreich oder die AfD in Deutschland, nationalistisches Gedankengut (ich rede hier nur von dem nationalistischen Teil des Gedankengutes) hat zu Wahlergebnissen geführt, bei denen diese Parteien starke Stimmenzuwächse verzeichnen konnten.

Nun gibt es einen nationalistischen „make america great again“ designierten US-Präsidenten und einen ebenso nationalistischen russischen Präsidenten, deren Zusammenarbeit befürchtet wird.

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit werden also zukünftige Erfolge der nationalistischen Parteien in Westeuropa eben dieser eventuellen Zusammenarbeit und deren Auswirkung in den Köpfen der Wähler zugeschrieben. Das ist bequem, die europäischen Politiker konnten das ja nicht beeinflussen. Schuld sind Amerikaner und Russen.

Nun hat diese Bequemlichkeit aber ihre Tücken:

Wenn Amerikaner und Russen schuld sind, dann müssen wir uns dagegen wehren.

Wehren wir uns da als Europäer?

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit nicht, da Amerikaner und Russen die einzelnen europäischen Staaten beeinflussen werden. Die einen mit der Androhung von wirtschaftlichen Nachteilen – die anderen mit militärischen Drohungen. So wird zumindest behauptet werden, wenn kein sofortiger Konsens erreicht wird.

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit müssen wir uns also auf nationaler Ebene wehren – mit Abschottung und Protektionismus. Leider wird das die stärken, die das schon immer gesagt haben – die nationalistischen Bewegungen.

Und dann?

Mit 1 Trumputin Wahrscheinlichkeit sind dann die Amerikaner und Russen schuld!

Nicht etwa unsere politische Bequemlichkeit, Sturheit und Unfähigkeit.

Da sollten wir uns alle Gedanken machen – gemeinsam.

P.S. Die kleinere Maßeinheit ist, wie zu erwarten, „Trump“ und ist wie folgt definiert: „Ein Trump ist die Maßeinheit für die Wahrscheinlichkeit, mit der die Ursache eines künftigen Ereignisses dem Ergebnis der US-Wahl 2016 zugewiesen wird.“

Bequem ist das auch, oder?

President Trump

hätte das Zeug zu einem großen US-Präsidenten!

Das meine ich ganz ehrlich. Allerdings wird er das nur, wenn er am 21. Januar 2017 seinen Rücktritt mit den Worten „Es war doch nur Spaß“ erklärt.

Ich weiß, dass er das nicht tun wird. Aber dann wäre er wirklich groß – weil er damit die Demokratie in den USA entgültig in die Krise stürzen würde.

Viele behaupten ja, die Wahl des Donald Trump zum Präsidenten hätte die Demokratie zerstört.

Hat sie das?

Über die Motive der US-WählerInnen kann ich nicht schreiben, ich lebe nicht dort und wenn ich US-Bürger wäre hätte ich eine andere Einstellung zu vielen Dingen. Wen ich, würde ich dort leben, gewählt hätte weiß ich nicht.

Meine Kontakte in den sozialen Medien kennen solche Selbstzweifel nicht und Journalisten, Kolumnisten und Analysten – merke, das sind diejenigen, die Hillary Clinton als Wahlsiegerin prognostizierten – zweifeln berufsbedingt nicht an sich selbst.

So überschreibt zum Beispiel Klaus Brinkbäumer seinen Leitartikel im Spiegel Nr. 46/2016 „Der absurde Präsident“ (da stimme ich ihm zu) mit dem Untertitel

„Die Armee der Abgehängten gefährdet die Demokratie.“

Lieber Herr Brinkbäumer, wir haben ein Problem!

Mir stellt sich die Frage:

Wer ist das Volk (Demos) in der Demokratie?

In einem älteren Artikel schrieb ich wie folgt darüber:

Mit der parlamentarischen Demokratie hat sich nicht viel verändert. Es gibt Wahlen, es gibt sogar eine Stelle im Grundgesetz über die Rolle der Parteien (da steht nicht drin, dass sie die Herrschaft ausüben), aber regiert wird von gebildeten, (manchmal) wohlhabenden und skrupellosen (auch zielstrebig genannten) Männern und Frauen. Gleiches gilt für die ob nun parlamentarische oder außerparlamentarische Opposition. Da haben wir wieder den Demos in der Demokratie. Wo bleibt aber Das Volk? Es ist weiterhin eine graue, gesichtslose Masse, gemeinhin als Stimmvieh, in Extremsituationen auch als Mob, bezeichnet.

Wenn es also in einem Staat eine „Armee der Abgehängten“ gibt, dürfen diese sich dann nicht an der Demokratie beteiligen? Ich beziehe mich hier ausdrücklich auf die Überschrift, nicht auf den Inhalt des Artikels.

Wichtiger ist aber die Frage, wie in einer Demokratie eine „Armee der Abgehängten“ entstehen kann und warum sich die Demokraten (hier ist nicht nur die Partei gemeint) nicht um diese kümmern.

Somit wählen diese Abgehängten einen Populisten – einen der alles darstellt was sie nicht sind, aber gern wären. Sie wählen einen von dem sie wissen, dass er sie belügt und betrügt – weil er es nicht mal bestreitet. Sie wählen einen der so ist wie sie – nur eben reich, mächtig und skrupellos. Oder wie Miranda in „Der Teufel trägt Prada“ sinngemäß sagt: „Seien Sie nicht albern. Alle wollen so sein wie wir!“

Sie wählen die Inkarnation des „american dream“ für Arme.

Ich konstatiere: Ein komplettes Versagen aller Demokraten!

Und das nicht nur in den USA.

„Die Armee der Abgehängten gefährdet die Demokratie.“ das bedeutet: Die Demokratie ist am Ende und hat die Abgehängten aufgegeben!

Also wählen diese die Populisten und sei es nur um den so genannten Demokraten den Stinkefinger zu zeigen. Schlimmer noch die meisten wissen, dass sich für sie nichts ändert.

Oder meint jemand, jeder AfD-Wähler in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt glaubt wirklich, dass eine AfD-Regierung seine Probleme lösen würde?

Jetzt bin ich also in Deutschland angekommen, wo ich mit Menschen reden kann und mir eine eigene Meinung zu ihren Motiven erarbeitet habe.

Auch hier gibt es eine „Armee der Abgehängten“, damit meine ich nicht unbedingt Hartz IV Empfänger oder prekär Beschäftigte. Es gibt eine Masse von Menschen die der „real existierenden Demokratie“ das Vertrauen entzogen haben. Eine Masse von Menschen die sich nicht mehr von Parlamenten, Parteien und Regierungen vertreten fühlen. Diese werden uns bei der Bundestagswahl 2017 ebenso den Stinkefinger zeigen wie die US-WählerInnen dem US-Polit-Establishment.

Das Schlimme daran ist, sie wissen was sie tun!

Sie haben resigniert – Wir haben versagt – Wir als Demokraten

Ich will nicht resignieren.

Aber, so lange sich die etablierten Parteien öffentlichkeitswirksam um den Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten streiten und die wirklichen Probleme ignorieren, solange sie keine Konzepte vorlegen und somit den WählerInnen nur anbieten sie zu wählen weil sie das geringere Übel sind – so lange haben auch hier Populisten Konjunktur.

Ein Nachwort noch:

Hätte ich gewettet, ich hätte den Jackpot bei der US-Präsidenten-Wahl gewonnen.

Meine nächste These ist:

Die 200jährige Demokratie in den USA wird sich als robuster erweisen als die ohnehin fragile Demokratie in Deutschland.

Wer hält mit gutem Gewissen dagegen?

Ich habe keine Ahnung von Ihrem Job

Wie ihr wisst arbeite ich im Callcenter. Letztens saß ein Coach neben mir und konnte sich vor Lachen kaum halten. Der Grund war folgender Dialog mit einer älteren Frau:

Kundin: „Ich habe keine Ahnung von diesem ganzen Internetzeug, ich nutze es nur“

Ich: „Was haben Sie beruflich gemacht? Ich nehme an, Sie sind schon in Pension.“

Kundin: „Ich war Steuerberaterin, warum fragen Sie?“

Ich: „Von Steuern habe ich keine Ahnung. Wenn ich Hilfe brauche hole ich mir einen Profi. So wie Sie jetzt.

Kundin lacht, Coach fällt fast vom Stuhl.

Ein Problem im Callcenter ist für mich eben dieses Missverständnis: Die MitarbeiterInnen erwarten vom Kunden ein Grundverständnis der Materie und die KundInnen fordern Service und nicht Hilfe. Meiner Meinung nach führt das zu vermeidbaren Eskalationen im Kundengespräch.

Lasst mich ein wenig ausholen.

Vor meiner Tätigkeit im Callcenter, hier mache ich technischen Support für einen Telekommunikationsanbieter, arbeitete ich jahrelang beim Straßendienst des ADAC. Bei der Pannenhilfe erwarteten meine Kollegen und ich von den KundInnen, dass sie vielleicht über Motorleistung, technische Besonderheiten seines Fahrzeuges und Ausstattungsmerkmale seines Autos Bescheid wussten (also über alles womit man angeben kann), wir erwarteten aber keine wirklichen technischen Kenntnisse und Fertigkeiten. Das war schließlich unser Job. Die KundInnen erwarteten von uns Hilfe in einer Notlage.

Warum erwarten also MitarbeiterInnen im Callcenter tiefer gehende Hardware Kenntnisse von ihren KundInnen und diese ihrerseits einfach Service statt Hilfe?

Ich wiederhole mich: „Ich habe keine Ahnung!

Darüber spekulieren mag ich nicht, Gründe finden sich immer – ob sie nun zutreffen oder nicht.

Allerdings meine ich, dass es nicht allzu schwierig ist das zu ändern.

Im Kundengespräch ist es oft hilfreich folgendes herauszustellen:

In Ihrem Job sind Sie der Profi! (Das gilt auch für Hausfrauen)

Hier bin ich der Profi, der Ihnen hilft!

Damit sind KundInnen und AgentInnen auf Augenhöhe – das hilft im Gespräch.

Immer klappt das nicht, aber nach meiner Erfahrung oft. Ausprobieren kann nicht schaden, meine ich.

Übrigens, das mit dem Profi müssen wir auch unseren Chefs manchmal 🙂 (oder immer) erklären. Zum Beispiel, dass wir für professionelles Arbeiten auch die Ausbildung zum Profi brauchen. Dazu aber später.