Diesel – Kartell – Homöopathie

Ein Aufschrei geht durch deutsche Lande:

„Die (böse) Automobilindustrie hat Kartellabsprachen bei der Abgasreinigung der Dieselmotoren getroffen!“

Guten Morgen,

schön, dass wir uns wieder mal so richtig empören können.

Aber habt ihr schon mal darüber nachgedacht, ob dieser ganze Dieselskandal ohne Kartellabsprachen überhaupt möglich gewesen wäre?

Kurz zum technischen Hintergrund:

AdBlue (auch AUS 32 für aqueous urea solution oder Arla 32) ist eine wässrige Harnstofflösung, bestehend aus 32,5 Prozent Harnstoff und 67,5 Prozent demineralisiertem Wasser. Mit dieser Lösung wird der Ausstoß von Stickoxiden (NOx) bei Dieselmotoren um bis zu 90 Prozent reduziert.Der deutsche Verband der Automobilindustrie e.V. hat die Marke schützen lassen…

So ist das  bei Wikipedia nachzulesen und welche Überraschung, das technische Prinzip stimmt wirklich.

Was ist falsch gelaufen?

Nichts, nur dass im Zuge der Entwicklung des schadstoffarmen Dieselmotors ein zu hoher Verbrauch von Adblue (5 – 10% des verbrauchten Dieselkraftstoffs) festgestellt wurde. Bei einem Verbrauch von 10l Diesel/100km (also 0,5 – 1l Adblue) wäre ein 20 l Adblue-Tank nach 2000 bis 4000 km Fahrt leer gewesen.

Der in einem Artikel der AutoBild genannte Verbrauch von ca. 2% Adblue, als Herstellerangabe, ist also schon eine geradezu homöopathische Lösung des Problems – die Idee eines Adblue-Anteils wird schon ihre Wirkung entfalten.

Dieser Verbrauch wurde, wie wir heute wissen, durch eine Abschaltung der Adblue Einspritzung im Fahrbetrieb erreicht, die natürlich zu ungemindertem Schadstoffausstoß führte.

Wozu das alles?

Die deutsche Automobilindustrie will bis heute den Dieselmotor nicht hergeben und wollte ihn, aus Wettbewerbsgründen, auch in den USA salonfähig machen.

Gab es Kartellabsprachen?

Klar, ohne diese hätte ja ein Mitbewerber bemerkt, dass mit dem Adblue-Verbrauch etwas nicht stimmt und diesen angezweifelt. Außerdem lässt man ja Motorelektronik und Abgasanlagen bei den gleichen Herstellern fertigen.

Alle anderen haben nichts gewusst?

Das bezweifle ich. Ob TÜV, Dekra oder zuständige politische Organe – überall müssen ja ein paar zweifelnde,  besser gesagt kompetente, Fachleute gesessen haben. Deren Schweigen sollte auch mal untersucht werden.

CDU/CSU, Peter Tauber und die Arbeit

Im Internet tobt ein Shitstorm gegen die CDU/CSU und ihr Regierungsprogramm, weil sie in diesem die Vollbeschäftigung in Deutschland als Ziel benennt.

Bevor ich auf diese Zielstellung komme, einige Bemerkungen zum Generalsekretär der CDU Peter Tauber und seinem Tweet von gestern.

Ich hätte diesen Tweet gern als Wahlversprechen mit der Aussage:

„Wir kämpfen dafür, dass zukünftig jede/r mit guter (ordentlicher) Ausbildung einen Job hat, der menschenwürdige Arbeitsbedingungen und eine auskömmliche Bezahlung bietet.“

Vielleicht hätte er auch von „in Würde davon leben können“ sprechen können, das wäre aber zu viel Schulz für ihn gewesen.

Schön wäre es gewesen, zwar nicht ausreichend aber ein Anfang. Er hat das heute aber selbst korrigiert, indem er schrieb:

Es tut mir leid, dass ich mein eigentliches Argument – wie wichtig eine gute Ausbildung und die richtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, damit man eben nicht auf drei Minijobs angewiesen ist.

Die Wichtigkeit dieser Kriterien steht außer Frage, also buche ich diese Diskussion als sinnlos ab und wende mich dem Regierungsprogramm der CDU/CSU (pdf), in Sachen Arbeit, zu.

Gute Arbeit auch für Morgen – Vollbeschäftigung für Deutschland

So die Überschrift für den Teil Arbeit – dem stimme ich zu, wenn ich hier auch Widerspruch aus meinem eigenen politischen Lager erwarte. Dieser Widerspruch wird sich nicht gegen die Forderung nach „Guter Arbeit“ sondern gegen die auf „Vollbeschäftigung“ richten.

Zum politischen Aspekt der Vollbeschäftigung habe ich meine Meinung lang und breit dargelegt, das kann jede/r hier nachlesen.

Zurück zum Regierungsprogramm der CDU/CSU.

Unter „Arbeitsplätze sichern“ wird etwas angestrebt, was nicht funktionieren wird. Die alte Industrie, besonders die Automobilindustrie, soll mit ihren Arbeitsplätzen erhalten werden. Das ist Utopie, denn mit der so genannten „Industrie 4.0“, der Einführung der Elektromobilität und anderen Fortschritten wird sich die alte Industrielandschaft verändern – sie tut es jetzt schon.

Somit werden die unter „Neue Arbeitsplätze schaffen“ im ersten Punkt benannten Arbeitsplätze nicht zusätzlich entstehen. Sie werden alte Arbeitsplätze ersetzen und dies erwartbar in geringerer Anzahl.

Hier rede ich natürlich von Arbeitsplätzen in der Industrie – die Arbeit wird uns, meiner Meinung nach, aber nicht ausgehen. Dazu komme ich später.

Der später aufgeführte Fachkräftemangel ist hausgemacht.

Zum einen haben wir die Fachkräfte, sie sind aber am falschen Ort. Ein Ortswechsel scheitert oft daran, dass der Zuzug zum neuen Arbeitsort (das gilt besonders in den Ballungsräumen) an fehlendem oder unbezahlbarem Wohnraum scheitert. Für Familien mit schulpflichtigen Kindern kommt dazu, dass der Umzug in ein anderes Bundesland für das Kind schon fast vergleichbar ist mit einem Umzug ins Ausland – Grund: unser föderales Bildungssystem.

Ein anderer Grund liegt in den Versäumnissen bei der (betrieblichen) Aus- und Weiterbildung. Fachkräfte, die benötigt werden, kommen ja meist nicht aus einem Studiengang – sie sind in ihrer beruflichen Tätigkeit dazu geworden. Wenn die Wirtschaft heute Fachkräfte aus dem Ausland fordert, dann will sie diese in ausländischen Unternehmen abwerben – weil sie sich der Aus- und Weiterbildung eigener Kräfte, aus kurzfristigen Profitgründen, verweigert hat.

Dass die zwei Punkte bei der Ausbildungs- und Fachkräfteproblematik, die ich nachfolgend zitiere, nicht in Übereinstimmung gebracht werden können, sehe vielleicht nicht nur ich so.

Zudem wollen wir gerade junge Menschen zwischen 25 und 35 ohne Abschluss nachqualifizieren , …

und

Dieser Bedarf wird in den nächsten Jahren weiter steigen aufgrund unserer guten wirtschaftlichen Entwicklung und wegen der rückläufigen Zahl junger Menschen, die neu ins Erwerbsleben eintreten.

Ein großer, wenn nicht der größte, Teil der im ersten Zitat genannten jungen Menschen ist während der Regierungszeit von CDU/CSU aus dem Bildungs- und/oder Ausbildungssystem ausgestiegen. Wenn die Anzahl der jungen Menschen jetzt geringer wird, leisten wir uns das dann erneut?

Bevor ich das Thema Regierungsprogramm beende noch ein Hinweis:

Auf Seite 12 des Regierungsprogramms findet sich folgende Aussage:

Leistung muss sich lohnen. Wer sich anstrengt, muss mehr haben als derjenige, der dies nicht tut. CDU und CSU stehen für Leistungsfreude und Fairness.

Vielleicht erinnert sich jemand an die Jacobs-Werbung mit Frau Sommer, da hieß es:

„Ich gebe mir doch immer so viel Mühe!“ Antwort: „Das allein genügt nicht…“

So klingt „Wer sich anstrengt…“. Ein Arbeitnehmer in dessen Arbeitszeugnis steht: „Er hat sich immer angestrengt.“ hat es bei der Arbeitssuche schwer. Der Begriff ist geradezu ein Verstoß gegen das Leistungsprinzip – aber damit kann ich leben.

Die Arbeit wird uns nicht ausgehen

Das habe ich als meine Meinung geschrieben und ich möchte es begründen.

Natürlich wird der Anteil der industriellen (wertschöpfenden bei Marx) zurückgehen. Wir leiden aber jetzt schon an Arbeitskräftemangel im medizinischen Bereich, in der Pflege, in der Kinderbetreuung, im Bildungswesen und anderen Bereichen, nicht zu vergessen den Arbeitskräftebedarf für die Instandsetzung und Erweiterung der maroden Infrastruktur.

Der eine Teil des Problems ist die finanzielle Ausstattung der Bereiche – ein fast wichtigeres Problem ist aber die schlechte Bezahlung der Arbeitskräfte. Aus dem Mangel an Arbeitskräften (nicht nur, aber zu großen Teilen) entstehen dann unerträgliche Arbeitsbedingungen.

Wir müssen, meiner Meinung nach, hier die alte Bewertung der Arbeitskraft, nach Höhe der Wertschöpfung, durch die Bewertung nach gesellschaftlicher Relevanz ersetzen.

Sonst behalten wir den Zustand bei, dass ein Bandarbeiter bei BMW für eine angelernte Tätigkeit ein Mehrfaches des Lohnes einer ausgebildeten Altenpflegern erhält. Damit behalten wir auch die o.g. Probleme.

Zum Abschluss:

Sollte uns bei Vollbeschäftigung doch einmal die Arbeit ausgehen, dann möchte ich daran erinnern, dass auch eine Verkürzung der Tages-, Wochen- oder Lebensarbeitszeit für alle möglich ist.

 

SPD: „Wir beschließen Quellen-TKÜ!“

Ach ja, liebe alte Tante SPD – das bedeutet ja „Wir stimmen alle dafür!“ und ist leider wieder mal eine Frage der Fraktionsdisziplin – nicht der freien Entscheidung der Abgeordneten.

Aber lassen wir doch mal diese Ausflüge in die Niederungen der Un-Demokratie und kommen wir zur „Quellen-TKÜ“.

Was ist das eigentlich?

TKÜ bedeutet einfach „Telekommunikations-Überwachung“ und Quellen-TKÜ ist das Abschöpfen an der Quelle, also am Endgerät. Vergleichbar ist der Einbau einer Wanze am Telefonapparat, wie man es aus alten Filmen kennt.

Die neue Wanze ist der „Staatstrojaner“.

Was macht der Staatstrojaner?

Der Staatstrojaner nistet sich auf dem Endgerät des Überwachten ein und gewährt vollen Zugriff auf alle Daten auf dem Gerät und jegliche Kommunikation die mit diesem durchgeführt wird. Endgeräte können PC, Laptop, Smartphone, Server, Smart TV und andere sein.

Was ist daran gefährlich?

Ich sage mal: „Einfach Alles!“

Zum Ersten ist diese Art von „Quellen-TKÜ“ keine Telekommunikationsüberwachung im Sinne der entsprechenden Gesetze sondern sie geht viel weiter. Durch den möglichen Zugriff auf Kameras und Mikrofone der Endgeräte und somit die Möglichkeit der Raumüberwachung entspricht diese „Quellen-TKÜ“ eher dem Großen Lauschangriff.

Zweitens werden die Staatstrojaner wohl nicht über infizierte Webseiten oder Emailanhänge sondern über Hintertüren (Backdoors) eingeschleust. Wie bereits mehrfach geschehen werden diese Backdoors aber auch von kriminellen Hackern genutzt. Das Einrichten von Backdoors ist ein Angriff auf die Sicherheit der Systeme!

Wenn Kriminelle überwacht werden, was ist schlimm daran?

Es werden ja in den seltensten Fällen Kriminelle sondern Verdächtige überwacht, schließlich soll die „Quellen-TKÜ“ der Prävention dienen. Eine solche Überwachung wird, wenn auch vielleicht nicht am Anfang, alle Kommunikationsgeräte umfassen auf die der Verdächtige Zugriff hat.

Ein Beispiel: A wird überwacht und in Zuge der Ermittlung wird B ebenfalls als potentieller Verdächtiger identifiziert. Er kommuniziert per Smartphone mit A und nutzt mehrfach andere Geräte. Er nutzt, außer seinem eigenen, das Smartphone seiner Frau und ein dienstliches Smartphone. Wer glaubt, dass nur das Smartphone von B zukünftig überwacht wird, der hat nicht verstanden was „lückenlos“ bei Überwachung bedeutet. Es werden also künftig auch die Frau B und die Kollegen die, z.B. bei einem Bereitschaftshandy, das dienstliche Smartphone nutzen. Das sind dann Kollateralschäden. Sollte im Falle eines Verdächtigen ein gemeinsam von der Familie genutzter PC existieren, dann wird eben die ganze Familie überwacht – und das lückenlos.

Es werden doch nur die Daten des Verdächtigen ausgewertet?

Wers glaubt wird selig. Telefongespräche können ja eventuell noch per Stimmerkennung dem Verdächtigen zugeordnet werden (wenn man das will), aber Email oder Chats müssen ausgewertet werden da ja der Verdächtige der Urheber sein könnte. Es werden also auch die Daten von Familienangehörigen oder anderen Mitnutzern ausgewertet. Das lässt sich nicht vermeiden – im Dienste der Sicherheit.

Die Daten werden doch gelöscht?

Ja – nein – vielleicht. Die Masse von Daten wird ja nicht in jedem Verdachtsfall ausgewertet. Meist geschieht das erst, wenn sich der Verdacht erhärtet – oder wenn aus dem Verdächtigen nachweislich ein Täter wird. So wie in fast allen Terrorismusfällen der letzten Zeit – die Täter waren bekannt, wurden aber als nicht allzu gefährlich eingestuft. Bei kompletter Datenauswertung hätte das vielleicht anders ausgesehen, diese erfordert aber manpower die kein Ermittlungsorgan leisten kann. Somit steht fest, dass die Daten jedenfalls zwischengespeichert bleiben. Sie stehen für den Fall der Fälle abrufbereit, einschließlich der Daten der Mitnutzer.

Fazit:

Die „Quellen-TKÜ“ ist ein untaugliches Instrument. Wird sie massenhaft angewendet entstehen Datensätze die nicht ausgewertet werden können, die aber einen massiven Eingriff in die Privatsphäre darstellen. Massenhaft wird sie angewendet werden, das ist schon daran zu sehen, dass der Begriff „schwere Straftaten“ verwendet wird.

Meiner Meinung nach haben hier Politiker und andere „Sicherheitsexperten“ zu viele amerikanische Crime-Serien gesehen, in denen anhand von facebook-Statusmeldungen Verbrecher zeitnah gefasst wurden. Ein Hinweis für diese: In diesen Serien macht Abby Sciuto auch jede DNA-Analyse in 5 Minuten und knackt nebenbei noch Passwörter.

Was wir meiner Meinung nach brauchen, um die Kriminalität nachhaltig zu bekämpfen, sind mehr gut ausgebildete PolizistInnen die Polizeiarbeit machen. Die Polizei wurde personell abgebaut und ein Neuaufbau dauert lange.

Dazu eine kleine Story:

Napoleon Bonaparte befahl, dass entlang der Landstraßen Bäume gepflanzt werden sollten, damit die marschierenden Truppen Schatten hätten. Auf Den Einwand, die Bäume bräuchten 20 Jahre bis sie groß genug wären soll er geantwortet haben: „Um so wichtiger ist es sofort anzufangen!“

P.S. Ein Hinweis an einige meiner Leser: Justiert mal eure Einstellung zur Polizei. ACAB ist keine Alternative, schon gar kein politisches Statement.

P.P.S. Es gibt ältere Artikel von mir zum Thema – ich erspare mir Verlinkungen. Empfehlenswert sind wie immer die Artikel von netzpolitik.