Brauchen wir den Welttag gegen Rassismus?

Ja, leider brauchen wir diesen Tag. Wir brauchen ihn aber nicht nur für Demonstrationen, weise Politkerworte und Gedenkminuten. Eigentlich brauchen wir ihn um einfach mal über unsere eigene innere Einstellung zu den Anderen nachzudenken.

Mal ehrlich, fühlt ihr euch unwohl, z.B. am Telefon wenn ihr Waldemar Müller anruft und dieser sich, trotz des deutschen Namens, mit starkem slavischen Akzent meldet? Oder wenn euer Kind von der neuen Freundin Claire aus dem Kindergarten erzählt und ihr dann nach Wochen feststellt, dass diese dunkelhäutig ist? Zuckt ihr zusammen, wenn der angemeldete Heizungsableser Ali heißt und arabisch aussieht und klingt?

Aber ist es auch irgendwie seltsam für euch, wenn Waldemar sagt „ich muss mal meinen Mann fragen“,wenn Claire auf die Frage nach ihrer Mami fragt „Meinst Du Rita oder Peggy?“ und wenn der Heizungsableser plötzlich als Frau mit dem Gesicht des Mannes vom letzten Jahr daherkommt?

Dann brauche wir den Welttag gegen Rassismus

und gegen die Diskriminierung der Anderen.

Mich beunruhigt nicht der plakative Rassismus der Rechtspopulisten am meisten. Der un-normale Umgang des normalen Bürgers mit Menschen, die auf Grund äußerlicher Merkmale oder anderer Abweichungen von einer fiktiven Norm anders sind, ist das Problem. Dieser un-normale Umgang bringt mit sich, dass es auf der anderen Seite einen positiven Rassismus oder eine positive Diskriminierung gibt. Diese beinhaltet in ihrer extremsten Ausführung das Verschweigen und Leugnen von Verfehlungen, die von von einzelnen die anders sind begangen wurden. Von Menschen mit eben diesen Merkmalen.

Wir haben hier eine Situation in der keiner gewinnen kann. Jede Aktion von rechts ruft eine Gegenreaktion von links hervor. Und umgekehrt. Der/die Andere kann dabei nur verlieren, um ihn/sie geht es ja meist nicht mehr. Es geht oft nur um unsere Befindlichkeiten, unsere Seelenruhe und die Pflege unserer Vorurteile.

Ich bleibe hier leise und nachdenklich, laute Aktionen erregen zwar Aufmerksamkeit aber sie verschärfen oft das Problem.

Was hindert uns an der Normalität?

Die Unterscheidung in Wir und Andere hindert uns.

NachbarInnen lehne ich wenn überhaupt aus einem konkreten Grund ab. Ich lehne sie z.B. ab, weil ihre Musik zu laut ist oder weil starker Geruch aus der Wohnung kommt. Für mich und die meisten ist es dabei unerheblich, ob es sich um deutsche oder arabische Musik, um Knoblauch- oder Krautgeruch handelt. Das wird immer so bleiben – das ist normal. Ich kann nicht alle lieben. Lehne ich sie aber beim Einzug bereits ab, weil ich durch ihr Aussehen, die Sprache und/oder andere äußere Merkmale voraussetze, dass es laute Musik und Essensgerüche geben wird;

dann brauchen wir diesen Welttag.

Die lauten Aktionen um Asylbewerberheime sind eine ganz andere Sache. Ich kann nur vermuten, dass dies entweder von der so Politik gewollt ist – oder die Politiker sind einfach dumm. Allerdings tendiere ich mehr zu Erstgenanntem, ohne das zweite auszuschließen.

Diese Heime sind in der heutigen Struktur ein Instrument welches verhindert, dass die BewohnerInnen dieser Heime unsere NachbarInnen und somit Mit-BürgerInnen werden.

Ich überspitze bewusst. Was sollen Menschen machen die man kaserniert, denen man eine Residenzpflicht auferlegt und die man an jeglicher Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben hindert? Menschen die man daran hindert zu arbeiten und ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten? Die man nach einem statistischen Schlüssel einem Ort zuweist, ohne Beachtung von Familienzugehörigkeit und eventuell noch nach Geschlecht separiert?

Leute, ist das nicht so, als ob ich Hungernde an eine reich gedeckte Tafel setze –  mit der Androhung körperlicher Züchtigung, für den Fall sie versuchen etwas zu essen?

Wenn von diesen einige, längst nicht alle, kriminell oder anders auffällig werden – ist das nicht eine selbsterfüllende Prophezeiung?

Wenn wir ihnen dann, nach jahrelangem Warten, genehmigen bei uns zu bleiben – wen wundert es, wenn sie sich selbst von uns abschließen?

Die Schlüsse aus diesen Fragen überlasse ich euch.

Mein Schluss daraus ist;

Wir brauchen NachbarInnendafür brauchen wir den Welttag gegen Rassismusund gegen die Diskriminierung der Anderen.

Nahles wird zur Konkurrenz für Merkel,

nicht als Kandidat für das Kanzleramt, aber für den Titel Mutti.

Dazu aber im zweiten Teil. Als erstes eine kleine Betrachtung zu aktuellen Problemen in meiner Partei. Betonung liegt auf meiner, nicht als Eigentumsbegriff – es drückt meine Zugehörigkeit aus.

Ich will aber nur über Themen schreiben und über deren Verlust. Die Hashtags #gates, #BuVo, #Rücktritt überlasse ich den 140-Zeichen-Schreibern auf Twitter, da lässt sich das mit einigen kurzen dreckigen Bemerkungen inkl. dem entsprechenden Hashtag abhandeln.

Leute, wir vergeigen gerade unsere Kernthemen. Schon gemerkt?

Ich erinnere euch an den Januar, da hat der BIM versucht eines unserer Kernthemen, den Datenschutz, zu kapern. Natürlich mit dem kriminellen Drall. Reaktion unsererseits – fast keine. Ach ja, wir hatten ja ein #flaggengate, das war wichtiger. Ich hatte in dem Zusammenhang etwas zur Mitte der Gesellschaft geschrieben. Kritik an diesem Begriff war für einige auf den verschiedenen Plattformen wichtiger als der Drall den der BIM dem Datenschutz gab. Vorher hatten wir bereits das Thema Internet im allgemeinen an Frank Schirrmacher und die FAZ abgetreten. Er ließ Sascha Lobo das Internet kaputtreden und dann E. Morozov und andere dieses wieder flicken. Die Frage der Privatsphäre haben wir längst an Michael Seemann abgetreten, da reagieren wir nur noch. Aber auch das nur manchmal, vereinzelt und zaghaft.

Und jetzt komme ich zum nächsten Kernthema, welches wir erfolgreich vergeigen können. Nicht als solches postuliert, gehört die Bildung, als Grundlage für alle unserer Ziele, dazu.

Warum nun wehrt sich niemand wenn Mutti Nahles die Bildung auf eine rein ökonomische Stufe herabzieht.

„Mutti“ und „herabziehen“ sind wohl zwei Begriffe die einer Erklärung bedürfen. Erstere beruht für mich auf der Tatsache, dass Frau Nahles sich in muttihafter Art bedenklich zeigt, die Kinderlein könnten arbeiten gehen statt lernen – wenn sie Mindestlohn bekämen. Herabziehen sage ich, weil es nicht um die Verbesserung der (Aus)Bildung geht. Es geht einzig uns allein darum, dass jede/r eine wie-auch-immer-Ausbildung machen soll – sonst gibt’s keinen Mindestlohn. Keine Rede davon, dass die Job-Center einigen Jugendlichen empfehlen einen Job zu suchen, um die Zahlungen an deren Eltern minimieren zu können. Nichts davon zu hören, dass unsere Jung-Akademiker sich von Praktikum zu Praktikum hangeln (wenn sie Glück haben), oder Hartz IV beziehen (wenn die Eltern nicht zu viel verdienen). Auch kein ernstzunehmender Vorschlag zu Maßnahmen die verhindern, dass Arbeitgeber diese Ausnahme ausnutzen. Nein, Mutti Nahles ist es wichtig, dass (aus)gebildet wird. Egal wie.

Der Vorschlag eignet sich unter meinen „Freunden(?)“ auf Twitter und G+ hervorragend um „Jugendliche vs. Rentner“ (bin ich der einzige der meint, dass das gewollt ist?) auszuspielen oder sogar den Nazi-Vergleich* zu bringen und die Abschaffung der Schulpflicht zu fordern.

Vielleicht sollten wir Piraten mal die (Aus)Bildungsinhalte und die Qualität der (Aus)Bildung hinterfragen. Wir sollten mal über die Kosten nachdenken, Vorschläge dazu machen und uns auf unsere Grundkompetenzen und Ziele besinnen.

Eines ist für mich aber bei der ganzen Sache wichtig. Der Mindestlohn ist nicht das Gelbe vom Ei, er ist eine Übergangslösung. Aber:

Der Mindestlohn ist nicht verhandelbar!

P.S. Ich meine nicht, dass 16jährige arbeiten gehen sollen. Wenn sie aber egal aus welchen Gründen dies tun, dann sollen sie auch den Lohn bekommen – der für diese Arbeit gezahlt wird. Nicht den für ihr Alter.

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* Es gibt wirklich Leute, die fordern die Abschaffung der Schulpflicht mit dem Argument, dass diese von den Nazis eingeführt wurde und bezeichen den Staat als repressiv, weil er „die Schüler mit bewaffneter Gewalt in die Schule zwingt.“

Michael Seemann ist mein Held!

Das ist zwar etwas ironisch, aber es ist schon was dran. Wer außer Michael Seemann, könnte in Kurzform (erstens, zweitens, drittens) präzise und lesbar zusammenfassen worum es bei dem Kampf für den Schutz der Privatsphäre nicht geht. Zumindest mir nicht.

Warum stimme ich ihm nicht zu?

„Für die überwachende Instanz ist es egal, ob sie mich wegen eines öffentlichen Tweets oder einer privaten E-Mail zur Verantwortung zieht. Mir übrigens auch.“ [1]

Mir hingegen ist es nicht egal, ob die Kenntnisse der Strafverfolgungsbehörden aus einem öffentlichen Tweet oder aus einer privaten E-Mail kommen. Schon gar nicht ist mir egal, wenn sie von meiner Festplatte kommen. Dort habe ich meine Gedanken skizziert. Gedanken, die ich nicht oder noch nicht mit der Öffentlichkeit teilen will. Genau so wenig ist es mit egal, wenn die Erkenntnisse aus einem Brief stammen, den ich jemandem geschickt habe. Dem Autor Michael Seemann, ist es gewiss auch nicht egal, wenn sein nächster Artikel vorzeitig bekannt wird.

Ich habe mich bereits zum Schutz der Privatsphäre im Social Media, im Speziellen, und im Net im Allgemeinen geäußert. Dort gibt es keinen Schutz. Was ich dort öffentlich mache, sei es auch anfangs für einen geschlossenen Empfängerkreis, ist öffentlich.

Michael Seemann schreibt:

„Gäbe es eine intakte Privatsphäre, könnte sie uns nur dann vor Unterdrückung bewahren, wenn wir unsere Eigenschaften und Meinungen in ihr verbergen. „ [1]

Und wenn ich das will?

Steht mir das nicht zu? Es geht ja nicht um Hautfarbe, sexuelle Orientierung und andere Eigenschaften, die Michael Seemann im Artikel beschreibt. Es geht um die generelle Frage; „Habe ich das Recht etwas für mich zu behalten?“ oder gibt es Jemanden der alles über mich wissen muss.

Bevor ein falscher Eindruck entsteht, Michael Seemann hat einen mir wichtigen Terminus vergessen. Dieser ist anlasslos. „Für mich behalten“ bedeutet keinen Freibrief für kriminelle Taten. Für die Verfolgung dieser ist aber immer die Verhältnismäßigkeit der Überwachung ausschlaggebend. Ein konkreter „Tatverdacht“ muss vorliegen. Dann gibt es auch kein Brief- oder Telefongeheimnis mehr.

Wenn Michael Seemann also schreibt;

„Statt die Privatsphäre gegen die Beobachtung zu verteidigen, sollten wir vielmehr gegen die Instanzen der Bestrafung kämpfen: Autoritäre Grenzkontrollen, rassistische Polizeianordnungen, homophobe Strukturen in der Gesellschaft, ungerechte Gesundheitssysteme und institutionelle Diskriminierung sind die eigentlichen Problemfelder der Überwachung.“ [1],

dann frage ich mich, ob es eigentlich Zufall ist, dass viele Aktivisten des Schutzes der Privatsphäre gleichzeitig gegen die von Michael Seemann aufgezählten Probleme ankämpfen und sich öffentlich positionieren?

Das ist kein Widerspruch, meine ich.

Zum Abschluss noch folgendes. Im Text wird oft das (verniedlichende) Wort „Beobachtung“ verwendet. So hier;

„Die Macht, mich zu bestrafen, wenn ich mich den Vorstellungen des Überwachers nicht gemäß verhalte, ist der entscheidende Unterschied zwischen Überwachung und einer einfachen Beobachtung.“ [1]

Wir leben alle in einem Staat. In diesem Staat gibt es ein „Machtgefüge“, ein „Regelwerk“ und ein „Bestrafungssystem“ für Regelverstöße.

Wenn der Staat, in der Form seiner Organe, mich also beobachtet – wo ist dann der Unterschied zur Überwachung? Das gilt nicht nur für den Staat. Auch meine Bank, mein Arbeitgeber, mein Vermieter und andere können mich disziplinieren.

Eines ist sicher, wir müssen anders über Überwachung reden. Vielleicht anders als Michael Seemann – wahrscheinlich auch anders als ich. Aber reden wir darüber.

Wir habe übrigens nur über die online Menschen geredet. Was ist mit denen, die offline sind und trotzdem überwacht werden?

P.S. Wer es nicht bemerkt hat, ich habe mich auf „drittens“ konzentriert. „Erstens und zweitens“ sind für mich nur der rhetorische Einstieg.